Peter Lo

Reformator (1530–1581)

Volkmar Wittmütz (Köln)
Veröffentlicht am 13.01.2020, zuletzt geändert am 08.05.2020

Die Stadt Elberfeld um 1850, links mit dem Doppelturm die Laurentiuskirche, an der Peter Lo predigte.

Der Ka­plan an der Lau­ren­ti­us­kir­che in El­ber­feld (heu­te Stadt Wup­per­tal) gab wich­ti­ge Im­pul­se zur Ein­füh­rung der Re­for­ma­ti­on in El­ber­feld.

Dem Ehe­paar Jo­han­nes Lo, Rats­schrei­ber und Schul­meis­ter in der ber­gi­schen Frei­heit El­ber­feld und sei­ner Frau Ger­trud, ge­bo­re­ne Hol­ters wur­de 1530 der Sohn Pe­ter ge­bo­ren. Von sei­nem Va­ter er­hielt der Kna­be den ers­ten Un­ter­richt, be­vor er zu wei­te­ren Stu­di­en nach Dort­mund an das dor­ti­ge Gym­na­si­um ging. Erst 1543 hat­te der Rat der Frei­en Reichs­stadt die Schu­le ge­grün­det, die bald als hu­ma­nis­ti­sche Re­form­an­stalt sich ei­nes vor­züg­li­chen Ru­fes er­freu­te. Ob Lo al­le acht Klas­sen der Schu­le ab­sol­vier­te, ist nicht be­kannt.

Un­be­kannt ist gleich­falls, ob der jun­ge Mann nach dem Be­such des Dort­mun­der Gym­na­si­ums zu­min­dest kur­ze Zeit an ei­ner Uni­ver­si­tät im­ma­tri­ku­liert war, ver­mut­lich eher nicht. 1552 je­den­falls ist Lo wie­der in El­ber­feld be­legt, und zwar als Ka­plan an der Lau­ren­ti­us­kir­che und Vi­kar des Ka­tha­ri­nen­al­tars, ei­ner der ins­ge­samt sechs Al­tä­re der Kir­che. Er ist ent­we­der in Köln oder in Müns­ter ge­weiht wor­den. Als Vi­kar des Ka­tha­ri­nen­al­tars muss­te Lo auch die Ka­pel­le in Cro­nen­berg (heu­te Stadt Wup­per­tal) auf den süd­li­chen Hö­hen des Wup­per­tals ver­sor­gen.

Lo be­gann in El­ber­feld, das Abend­mahl in bei­der­lei Ge­stalt aus­zu­tei­len, und zwar nicht al­lein in der Kir­che, son­dern auch in Pri­vat­häu­sern, in de­nen er zu­dem Bi­bel­stun­den hielt. Ge­ra­de die Abend­mahls­pra­xis des jun­gen Vi­kars ist ein deut­li­cher Hin­weis auf des­sen re­for­ma­to­ri­sche Ge­sin­nung. Da­mit traf er – so scheint es – in sei­ner Ge­mein­de auf Zu­stim­mung, und auch Pe­ter Snu­te, alt­gläu­bi­ger Pfar­rer an Sankt Lau­ren­ti­us, ließ ihn ge­wäh­ren. Ge­fähr­lich aber wur­de es für Lo, als sein Kol­le­ge Ar­nold ten Ei­cken, Vi­kar am An­to­ni­us­al­tar der Lau­ren­ti­us­kir­che, ihn als „Sa­kra­men­tie­rer“ be­zeich­ne­te und da­mit in die Nä­he der von al­len geist­li­chen und welt­li­chen Au­to­ri­tä­ten, auch vom ber­gi­schen Lan­des­herrn ver­folg­ten Wie­der­täu­fer rück­te. Um ei­ner dro­hen­den Un­ter­su­chung und Ver­haf­tung zu ent­ge­hen, flüch­te­te Lo nach Bar­men ins Amt Bey­en­burg (bei­des heu­te Stadt Wup­per­tal), das da­mals als Pfand an die Gra­fen von Wal­deck aus­ge­ge­ben wor­den war. Et­was spä­ter fin­den wir ihn, in­zwi­schen ver­hei­ra­tet, als Vi­kar in Men­ge­ring­hau­sen in der Nä­he von Arol­sen, dem Sitz der wal­de­cki­schen Gra­fen. Dort konn­te Lo mit sei­ner Fa­mi­lie in Ru­he le­ben und ei­ne mehr als drei­hun­dert­sei­ti­ge Schrift ver­fas­sen, in der er sei­ne Abend­mahls­pra­xis ver­tei­dig­te:

„Eyn­fel­ti­ge be­kannt­niß und un­ver­felsch­ter Evan­ge­li­scher Be­richt / der wa­ren Christ­li­chen / Apos­to­li­schen unnd alt Ca­tho­li­schen mut­ter Kir­chen / Wel­cher ge­stalt man das hey­li­ge Nacht­mal un­sers herrn Je­su Chris­ti au­ß­tey­len und ent­pfa­hen sol­le / Auß drei­en Evan­ge­lis­ten / Pau­lo und der h. Vät­tern Schriff­ten zu­sam­men ge­tra­gen / unnd in zwey teyl ver­fas­set / Durch PE­TRUM LO / von El­ver­veld ab­ge­zo­gen“. Der Trak­tat, den er den Gra­fen von Wal­deck wie den from­men Chris­ten in El­ber­feld wid­me­te, wur­de 1556 in Mar­burg ge­druckt."

In ihm zeig­te sich der El­ber­fel­der Vi­kar als ein An­hän­ger der lu­the­ri­schen Abend­mahls­leh­re, der al­le „Schwarm­geis­ter“ ver­ur­teilt, die das Abend­mahl „al­lein fi­gür­li­ch“ ver­ste­hen. Und aus­führ­lich be­grün­de­te Lo, war­um er das Abend­mahl mit Brot und Wein aus­ge­teilt ha­be. Da­zu trug er Hin­wei­se auf die Recht­mä­ßig­keit die­ser Übung aus dem Al­ten und Neu­en Tes­ta­ment so­wie Stel­len aus den Schrif­ten der Kir­chen­vä­ter zu­sam­men und be­müh­te sich, Ein­wän­de ge­gen sei­ne Pra­xis zu wi­der­le­gen.

Die Nä­he zur wal­de­cki­schen Herr­schaft führ­te da­zu, dass Lo von ihr zu wei­te­ren als nur zu geist­li­chen Auf­ga­ben her­an­ge­zo­gen wur­de. Er dien­te als Se­kre­tär und mit zahl­rei­chen Rei­sen im Auf­trag sei­ner Herr­schaft auch als Di­plo­mat und Kir­chen­po­li­ti­ker. Als er sich kurz nach El­ber­feld wag­te, wur­de er prompt ent­deckt und ver­haf­tet, konn­te dann aber wohl mit der Hil­fe von Freun­den flie­hen. Doch auch in Men­ge­ring­hau­sen be­kam er all­mäh­lich Schwie­rig­kei­ten. Die Be­woh­ner be­schwer­ten sich, dass er zu sel­ten Got­tes­dienst hal­te und kaum in sei­ner Pfar­rei an­zu­tref­fen sei. Hin­ter­grund die­ser Be­schwer­den wa­ren ver­mut­lich Span­nun­gen in­ner­halb der gräf­li­chen Fa­mi­lie. Los Hin­wei­se auf die gräf­li­chen Auf­trag­ge­ber all sei­ner Rei­sen nütz­ten ihm we­nig, 1558 wur­de er aus sei­ner Pfar­rei aus­ge­wie­sen, konn­te aber in Bey­en­burg, noch auf wal­de­cki­schem Pfand­ge­biet, sei­nen Wohn­sitz neh­men. Und auch dort war er wei­ter­hin für die Gra­fen von Wal­deck tä­tig.

Aber er ar­bei­te­te auch für die ei­ge­ne Fa­mi­lie. Sei­ne Frau war an ei­ner Garn­blei­che­rei und an ei­nem Garn­han­del be­tei­ligt und Lo un­ter­stütz­te sie nach Kräf­ten. Von Bey­en­burg aus konn­te er da­zu die Ent­wick­lung in sei­ner Va­ter­stadt gut ver­fol­gen, wo 1555 der neue Vi­kar Jo­han­nes Vol­mar (ge­stor­ben 1582) als sein Nach­fol­ger be­ru­fen wor­den war. Die­ser pre­dig­te eben­falls evan­ge­lisch und teil­te Brot und Wein aus, und jetzt dul­de­te der El­ber­fel­der Amt­mann die­se Pra­xis.

1560 wur­de Pfar­rer Pe­ter Snu­te in den Ru­he­stand ver­ab­schie­det. Sein Nach­fol­ger wur­de Wil­helm Heim­bach (ge­stor­ben 1588), der die Übung des neu­en Vi­kars fort­setz­te und als ers­ter wirk­lich evan­ge­li­scher Pfar­rer El­ber­felds be­zeich­net wer­den kann. Jetzt trau­te sich auch Lo er­neut nach El­ber­feld. Doch er galt im­mer noch als „Sa­kra­men­tie­rer“ und wur­de al­so im Ok­to­ber 1561 er­neut ver­haf­tet und in So­lin­gen ins Ge­fäng­nis ge­steckt. In sei­ner an den Her­zog ge­rich­te­ten Ver­tei­di­gungs­chrift dis­tan­zier­te er sich en­er­gisch von den „Sa­kra­men­tie­rern“ und Wie­der­täu­fern, und als der re­for­ma­ti­ons­freund­li­che So­lin­ger Amt­mann und die Grä­fin An­na von Wal­deck (Pfand­her­rin von Bey­en­burg 1539-1560) sich auch noch für ihn ein­setz­ten, kam er im No­vem­ber 1561 wie­der frei, blieb aber aus El­ber­feld ver­bannt.

Wahr­schein­lich war es die­se aus­führ­li­che Ver­tei­di­gungs­schrift, die den her­zog­li­chen Hof auf die Idee brach­te, Pe­ter Lo 1565 mit der Be­keh­rung ge­fan­ge­ner Wie­der­täu­fer zu be­auf­tra­gen. Sein Be­keh­rungs­ver­such war nicht er­folg­reich, was sei­ner Re­pu­ta­ti­on aber nicht ge­scha­det hat. Er wur­de wei­ter um ein Gut­ach­ten zu ei­nem neu­en Re­for­ma­ti­ons­ver­such des ber­gi­schen Her­zogs ge­be­ten und er­hielt von die­sem so­gar das An­ge­bot ei­nes kirch­li­chen Am­tes – ein An­ge­bot, das er ab­lehn­te. Schlie­ß­lich wur­de auch sei­ne Ver­ban­nung aus El­ber­feld auf­ge­ho­ben. En­de 1565 war Lo wie­der in sei­ner Hei­mat­stadt. Zu­sam­men mit Pfar­rer Heim­bach und Vi­kar Vol­mar über­führ­te er die El­ber­fel­der Ge­mein­de bei­na­he ge­schlos­sen zum neu­en Glau­ben. Nur sechs Fa­mi­li­en sol­len ka­tho­lisch ge­blie­ben sein. Kir­chen­ge­bäu­de, Kir­chen­ver­mö­gen und al­le Stif­tun­gen blie­ben er­hal­ten und ka­men jetzt der „um­ge­wan­del­ten“ Ge­mein­de zu­gu­te, ein Streit um das Ver­mö­gen der Ge­mein­de, wie er häu­fig an an­de­ren Or­ten bei sol­cher Ge­le­gen­heit aus­brach, ist da­durch in El­ber­feld ver­mie­den wor­den.

Al­ler­dings bil­de­te die Grund­la­ge der neu­en Kon­fes­si­on jetzt der re­for­mier­te Hei­del­ber­ger Ka­te­chis­mus, der erst drei Jah­re vor­her in der Kir­chen­ord­nung der Kur­pfalz er­schie­nen war. Da­bei war Lo vor sei­ner Ver­ban­nung als über­zeug­ter An­hän­ger Lu­thers auf­ge­tre­ten. Of­fen­sicht­lich hat­te er – so scheint es – in­zwi­schen sei­ne theo­lo­gi­schen Auf­fas­sun­gen ge­än­dert. Was ihn da­zu be­wo­gen hat, ent­zieht sich an­hand der dürf­ti­gen Quel­len un­se­rer Kennt­nis. Es ist mög­lich, dass die in­ten­si­ve theo­lo­gi­sche Dis­kus­si­on mit den Wie­der­täu­fern an sei­nem Wech­sel An­teil hat, mög­lich ist auch, dass der Über­gang zur re­for­mier­ten Kon­fes­si­on schon vor sei­ner Rück­kehr nach El­ber­feld von den Geist­li­chen Heim­bach und Vol­mar voll­zo­gen wor­den war und Lo sich der Maß­nah­me ein­fach an­ge­schlos­sen hat. Letzt­lich ist so­gar frag­lich, ob Lo wirk­lich die trei­ben­de Kraft hin­ter der El­ber­fel­der Re­for­ma­ti­on war, denn ein kirch­li­ches Amt hat er nach sei­ner Rück­kehr nach El­ber­feld nicht mehr über­nom­men. Al­ler­dings hat er im­mer wie­der Got­tes­dienst ge­hal­ten.

Lo leb­te von sei­nen Ein­künf­ten aus dem Garn­ge­schäft. Man muss ihn wohl als ver­mö­gend be­zeich­nen, denn als er 1574 nach dem Tod des eme­ri­tier­ten Pfar­rers Pe­ter Snu­te des­sen Ren­ten er­hal­ten soll­te, die aus dem Stif­tungs­ver­mö­gen des An­to­ni­us­al­tars stamm­ten, über­ließ er das Vi­ka­rie­haus nebst Gar­ten dem „Schul­meis­ter“. In die­sem Ein­kom­mens­ver­zicht des Vi­kars ist der Be­ginn ei­nes in­sti­tu­tio­na­li­sier­ten Schul­we­sens in El­ber­feld zu er­bli­cken. Bis zu die­sem Zeit­punkt scheint, wenn wir den Hin­wei­sen der Quel­len fol­gen, Un­ter­richt hier nur im Rah­men ei­ner „ne­ben­amt­li­chen“ Tä­tig­keit er­teilt wor­den zu sein, et­wa durch ei­nen Kle­ri­ker oder ei­nen des Schrei­bens kun­di­gen Lai­en. Jetzt wur­de kirch­li­ches Ver­mö­gen für ei­ne Schu­le ver­wen­det, so dass ein El­ber­fel­der Leh­rer sei­ne Lehr­tä­tig­keit zum Haupt­in­halt sei­ner Ar­beit ma­chen konn­te. Die Schu­le er­hielt ei­ne ma­te­ri­el­le Ba­sis, die die Kon­ti­nui­tät des Un­ter­richts ga­ran­tier­te und die or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ei­gen­stän­dig­keit die­ser neu­en In­sti­tu­ti­on Schu­le be­grün­de­te.

Pe­ter Lo starb am 6. (oder 13.).9.1581 in El­ber­feld an der Pest. Er wur­de in der Ap­sis der El­ber­fel­der Kir­che be­gra­ben.

Werke

Ein­fäl­ti­ges Be­kennt­nis. Abend­mahlstrak­tat an die Chris­ten in El­ber­feld von 1556. [(als Fak­si­mi­le hg. und ein­ge­lei­tet von Her­mann-Pe­ter Eber­lein), Waltrop 2002.

Literatur

Bou­ter­wek, Karl Wil­helm, Die Re­for­ma­ti­on im Wup­pertha­le und Pe­ter Lo’s An­theil an der­sel­ben, in: Zeit­schrift des Ber­gi­schen Ge­schichts­ver­eins 4 (1867), S. 273-336.
Eber­lein, Her­mann-Pe­ter, Pe­ter Lo, der Re­for­ma­tor El­ber­felds, in: Mo­nats­hef­te für Evan­ge­li­sche Kir­chen­ge­schich­te des Rhein­lan­des 52 (2003), S. 271-295.
Eber­lein, Her­mann-Pe­ter, Von Lu­ther bis Na­po­le­on, in: En­gels, Syl­via /Eber­lein, Her­mann-Pe­ter (Hg.), Die tau­send­jäh­ri­ge Ge­schich­te der Al­ten re­for­mier­ten Kir­che. Pris­ma der Stadt- und Kir­chen­ge­schich­te El­ber­felds, Ka­men 2009, S. 31-42.
Witt­mütz, Volk­mar, Auf den Spu­ren der Re­for­ma­ti­on, in: Goe­bel, Klaus [u.a.], Ge­schich­te der Stadt Wup­per­tal, Wup­per­tal 1977, S. 42-50. 

 
Zitationshinweis

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Wittmütz, Volkmar, Peter Lo, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peter-lo/DE-2086/lido/5e1c4bd0901159.54018754 (abgerufen am 14.01.2025)