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Peter Franz Reichensperger war ein Jurist und katholischer Politiker. Seine politische Karriere begann im Revolutionsjahr 1848. Nach seiner Teilnahme am im Vorparlament in Frankfurt am Main und der Abgeordnetentätigkeit in der preußischen Nationalversammlung in Berlin gehörte er 1850 dem Erfurter Unionsparlament an und wurde 1858 in das preußische Abgeordnetenhaus gewählt. Von 1867 bis zu seinem Tod gehörte er zuerst dem Norddeutschen Reichstag, dann dem Deutschen Reichstag an. Peter Reichensperger war Gegner einer preußischen Vorherrschaft in Deutschland und Verfechter einer föderativen Ordnung. Auf politischer Ebene arbeitete er häufig mit seinem älteren Bruder August Reichensperger zusammen. Obwohl er eine eigenständige Politik betrieb, stand er zu Lebzeiten oft in dessen Schatten.
1870/1871 war Peter Reichensperger an der Gründung der Zentrumspartei beteiligt, dessen Programm er maßgeblich beeinflusste. Bis zu seinem Tod gehörte er zum Fraktionsvorstand der Partei. Reichensperger veröffentlichte eine Vielzahl von juristischen und politischen Schriften.
Peter Reichensperger wurde am 28.5.1810 in Koblenz geboren. Sein Vater war Richter und Präfekturrat in Koblenz, dem Sitz der Präfektur des Rhein-Mosel-Departements. Er starb, als sein Sohn zwei Jahre alt war. Nach dem Abitur studierte Reichensperger in Bonn und Heidelberg Wirtschaft, Physik, Chemie und Rechtswissenschaften. Nach seinem Studium absolvierte er eine juristische Ausbildung als Auskultator (Gerichtsreferendar) in Trier. Von 1839 bis 1841 war er Assessor in Elberfeld (heute Stadt Wuppertal) und wechselte dann nach Koblenz, wo er bis 1850 am Landgericht tätig war. In der Folgezeit arbeitete er als Rat am Appellhof in Köln und wurde 1859 Rat am preußischen Obertribunal in Berlin. Diese Tätigkeit übte er bis 1879 aus.
Seit dem Wiener Kongress gehörte das katholische Rheinland zum mehrheitlich protestantischen Preußen und viele Einwohner nahmen das neue preußische Regierungssystem nur sehr widerwillig an. Auch Reichensperger fühlte sich durch den preußischen Staat bevormundet. Der unterschwellige Konflikt entlud sich, als der Erzbischof von Köln, Clemens August Droste Freiherr zu Vischering durch seine Haltung in der so genannten Mischehenfrage 1837 die „Kölner Wirren" einleitete. Obwohl diese Konfrontation vordergründig konfessionell motiviert war, verkörperte sie auch die politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung zwischen dem rheinischen Bürgertum und dem preußischen Regierungssystem. Für Reichensperger war diese Auseinandersetzung ein Impuls, der ihn, wie viele Rheinländer, politisierte. Seine parlamentarische Karriere begann er im Vorfeld der Revolution 1848/49 mit einer Teilnahme am Vorparlament. 1848 wurde er Mitglied der preußischen Nationalversammlung in Berlin für den Wahlbezirk Kempen, nachdem er ein Kandidatur für die Frankfurter Nationalversammlung in Mayen verloren hatte. 1850 gehörte er dem Erfurter Unionsparlament an. Reichensperger stimmte gegen ein preußisches Erbkaisertum und war Befürworter eines gemeinsamen deutschen Staates mit Preußen und Österreich im Sinne der „großdeutschen" Lösung. 1858 wurde er in das Preußische Abgeordnetenhaus gewählt und präsentierte sich als unermüdlicher Vertreter des politischen Katholizismus. Im Jahr 1865 wurde ihm hierfür das Kommandeurkreuz des päpstlichen St.-Gregorius-Ordens verliehen.
Nach dem Sieg Preußens über Österreich und der Gründung des Norddeutschen Bundes wurde Reichensperger 1867 Mitglied des Norddeutschen Reichstags. Im neu gegründeten Deutschen Reich von 1870/1871 gehörte er dem neuen Reichstag an. Bereits in den 1860er Jahren hatte er sich für die Bildung einer katholischen Partei eingesetzt. Zusammen mit Politikern wie Hermann von Mallinckrodt (1821-1874) und Karl Friedrich von Savigny (1814-1875) wirkte er 1870 an der Gründung der Zentrumspartei mit, dessen Programm er maßgeblich beeinflusste. Bis zu seinem Tode gehörte er dem Fraktionsvorstand der Partei und dem Deutschen Reichstag an.
Neben seiner juristischen und politischen Arbeit, war Reichensperger auch Publizist. Sein bekanntestes Werk ist „Die Agrarfrage aus dem Gesichtspunkt der Nationalökonomie, der Politik und des Rechts" von 1847. Als wichtige juristische Publikationen gelten „Über Öffentlichkeit, Mündlichkeit und Schwurgerichte" und „Die preußische Nationalversammlung und die Verfassung vom 5. Dezember 1848".
Peter Reichensperger starb am 31.12.1892 in Berlin.
Literatur
Fuchs, Konrad, Artikel „Reichensperger, Peter Franz", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 7 (1994), Spalten 1505-1506.
Hehl, Ulrich von (Hg.), Peter Reichensperger 1810-1892, Paderborn u.a. 2000.
Mergel, Thomas, Peter Reichensperger, der katholische Liberale, in: Freitag, Sabine (Hg.), Die 48er. Lebensbilder aus der deutschen Revolution 1848/49, München 1997, S. 185-199, S. 326-327.
Ruehl, Thomas, Gesellschaft und Recht bei Peter Franz Reichensperger, Bonn 1960.
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Arnold, Georg, Peter Reichensperger, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peter-reichensperger/DE-2086/lido/57cd1d1976e1d3.78103335 (abgerufen am 03.10.2024)