Richeza

Königin von Polen (1000-1063)

Ingrid Heidrich (Bonn)

Schiefertafel mit dem Bildnis der Richeza, 14. Jahrhundert. Original in der Johanneskapelle des Kölner Domes neben der heutigen Begräbnisstelle, Foto: Elke Wetzig.

Ri­che­za war ei­ne Ver­wand­te des ot­to­ni­schen Herr­scher­hau­ses, die im Rah­men der kai­ser­li­chen Hei­rats­po­li­tik 1013 mit dem spä­te­ren pol­ni­schen Kö­nig Mies­z­ko II. (Re­gie­rungs­zeit 1025-1034) ver­hei­ra­tet und 1025 zur pol­ni­schen Kö­ni­gin ge­krönt wur­de. Nach Mies­z­kos Tod im Jahr 1034 über­nahm sie ge­mein­sam mit ih­rem Sohn Ka­si­mir Karl I. (Re­gie­rungs­zeit 1034-1058) die Re­gie­rung in Po­len, muss­te aber bald vor ih­ren Geg­nern flie­hen und ver­brach­te den Rest ih­res Le­bens auf den Ei­gen­gü­tern ih­rer Fa­mi­lie an Rhein und Mo­sel. Seit 1047 war sie ez­zo­ni­sche Ge­sam­ter­bin und er­wies sich vor al­lem als För­de­rin des Klos­ters Brau­wei­ler.

Ri­che­za wur­de um die Wen­de vom 10. zum 11. Jahr­hun­dert als Toch­ter des Pfalz­gra­fen Ez­zo von Loth­rin­gen (954-1034) und des­sen Frau Mat­hil­de (978-1025), ei­ner Toch­ter Kai­ser Ot­tos II. (Re­gie­rungs­zeit 973-983) und der Kai­se­rin Theo­pha­nu ge­bo­ren. Sie war da­mit ei­ne Nich­te Kai­ser Ot­tos III. (Re­gie­rungs­zeit 983-1002). Ih­re Mut­ter Mat­hil­de, die ein­zi­ge Toch­ter des Kai­ser­paa­res Ot­to II. und Theo­pha­nu, die ver­hei­ra­tet wur­de, hat­te wie ih­re dem Klos­ter­le­ben ge­weih­ten Schwes­tern ei­ne kirch­lich ge­präg­te Er­zie­hung ge­nos­sen, die sie auch ih­ren Kin­dern zu­kom­men ließ. Ri­che­zas Bil­dung wird von Gal­lus An­ony­mus (ge­stor­ben nach 1116), dem Ge­schichts­schrei­ber Po­lens im 12. Jahr­hun­dert, ge­rühmt. Al­le sechs Schwes­tern Ri­che­zas wur­den Äb­tis­sin­nen, ihr jüngs­ter Bru­der war der Köl­ner Erz­bi­schof Her­mann II.

Für die Ez­zo­nen­fa­mi­lie be­deu­te­te die Ehe­ver­bin­dung mit dem Ot­to­nen­haus ei­ne er­heb­li­che Stei­ge­rung ih­rer Be­deu­tung. Über das Hei­rats­gut von Ri­che­zas Mut­ter ka­men höchst­wahr­schein­lich ne­ben an­de­ren säch­si­schen Gü­tern auch die thü­rin­gi­schen Be­sit­zun­gen um Saal­feld an die bis da­hin zwi­schen Nie­der­rhein, Mit­tel­mo­sel und Al­zey be­gü­ter­te Fa­mi­lie. Die Na­men von zwei Brü­dern (Li­udolf, Ot­to) und von fünf der sechs Schwes­tern Ri­che­zas (Mat­hil­de, Theo­pha­nu, Adel­heid, So­phie, Ida) be­zeu­gen die von der Fa­mi­lie mit Stolz ge­pfleg­te ver­wandt­schaft­li­che Ver­bin­dung zum ot­to­ni­schen Kai­ser­haus.

 

Die wahr­schein­lich schon un­ter Ot­to III. im Jahr 1000 ver­ein­bar­te ehe­li­che Ver­bin­dung zwi­schen Ri­che­za und Mies­z­ko, dem zwei­ten Sohn des Po­len­fürs­ten und ers­ten pol­ni­schen Kö­nigs Bo­le­s­law Chro­bry (967-1025) wur­de trotz der krie­ge­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen Bo­le­s­law und Kai­ser Hein­rich II. (Re­gie­rungs­zeit 1002-1024), dem Nach­fol­ger Ot­tos III., nach dem Mer­se­bur­ger Frie­den von 1013 rea­li­siert. Der ge­mein­sa­me Sohn Ka­si­mir wur­de 1016 ge­bo­ren und er­hielt, wie Gal­lus An­ony­mus be­zeugt, auf Be­trei­ben Ri­che­zas ei­ne sorg­fäl­ti­ge Er­zie­hung. Au­ßer­dem gin­gen aus der Ehe zwei Töch­ter her­vor, von de­nen die Äl­te­re 1043 mit dem Groß­fürs­ten Iz­jaslaw I. von Kiew (1024-1078) und die Jün­ge­re 1045 von Ka­si­mir mit sei­nem Bun­des­ge­nos­sen und spä­te­ren un­ga­ri­schen Kö­nig Bé­la I. (1015/1020-1063) ver­hei­ra­tet wur­de.

Nach dem Tod des Bo­le­s­law Chro­bry 1025 wur­de, trotz er­folg­ter Kö­nigs­krö­nung, Mies­z­kos Herr­schaft von sei­nem äl­te­ren Halb­bru­der Bez­prym (986-1032) an­ge­foch­ten. Zum Bru­der­krieg ka­men mi­li­tä­ri­sche Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit dem Reich un­ter Kon­rad II. (Re­gie­rungs­zeit 1024-1039) hin­zu, die erst 1032 be­en­det wur­den. Die in­ter­nen Strei­tig­kei­ten in Po­len bra­chen je­doch nach Mies­z­kos Tod 1034 wie­der aus, ge­fähr­de­ten die Herr­schaft des Kö­nigs­soh­nes Ka­si­mir und der Kö­ni­gin­wit­we Ri­che­za, die sich schlie­ß­lich zur Flucht ins Reich ge­zwun­gen sah. Ka­si­mir wich nach Un­garn aus, floh aber we­gen der an­hal­ten­den Kämp­fe in Po­len eben­falls zur Fa­mi­lie der Mut­ter. Wäh­rend Ri­che­za im Reich ver­blieb, kehr­te Ka­si­mir 1038 nach Po­len zu­rück, konn­te sich dort durch­set­zen und ver­lo­re­ne Ge­bie­te zu­rück­ge­win­nen.

Gal­lus An­ony­mus, der sei­ne Chro­nik zwi­schen 1113 und 1117 ver­fass­te, schöpf­te für die Zeit Mies­kos II., Ri­che­zas und Ka­si­mirs of­fen­bar nur aus kar­ger münd­li­cher Über­lie­fe­rung; er nennt nicht ein­mal Ri­che­zas Na­men, was al­ler­dings in mit­tel­al­ter­li­chen Quel­len für Fürs­tin­nen nicht un­ge­wöhn­lich ist, denn nur ih­re Funk­ti­on und nicht die Per­son wur­den für wich­tig er­ach­tet. Au­ßer­dem be­schreibt er sie fälsch­li­cher­wei­se als Schwes­ter Ot­tos III.. Ri­che­zas ho­he Ab­stam­mung dient ihm je­doch vor al­lem zur Auf­wer­tung und Glo­ri­fi­zie­rung des Piasten­hau­ses. In den wich­tigs­ten his­to­rio­gra­fi­schen Wer­ken Deutsch­lands, der Chro­nik des Thiet­mar von Mer­se­burg (975-1018) und Wi­pos (ge­stor­ben 1046) Le­bens­be­schrei­bung Kai­ser Kon­rads II., fin­det Ri­che­za hin­ge­gen kei­ne Er­wäh­nung. Die meis­ten Nach­rich­ten über Ri­che­za und die Ez­zo­nen­fa­mi­lie sind durch den Be­richt über die Grün­dung der Ab­tei Brau­wei­ler, die von Ez­zo und sei­ner Frau Mat­hil­de als pfalz­gräf­li­ches Ei­gen­klos­ter ge­stif­tet, als Fa­mi­li­en­grable­ge aus­er­se­hen und von Ri­che­za reich be­schenkt wur­de, über­lie­fert. Ri­che­za ver­füg­te ge­gen­über Brau­wei­ler nicht nur Gü­ter­schen­kun­gen, son­dern lei­te­te im Jahr 1048 auch den Neu­bau von Klos­ter und Kir­che ein, der 1061 voll­endet wur­de.

Ri­che­za wur­de schlie­ß­lich zur Ge­sam­ter­bin des Fa­mi­li­en­be­sit­zes, da al­le ih­re Brü­der vor ihr star­ben oh­ne recht­mä­ßi­ge Er­ben zu hin­ter­las­sen. Früh war Ri­chen­z­as Bru­der Li­udolf ver­stor­ben, Ot­to folg­te 1047, Her­mann im Jahr 1056. Des­sen Nach­fol­ger als Köl­ner Erz­bi­schof, An­no II. er­wies sich als en­er­gi­scher Geg­ner der mäch­ti­gen Ez­zo­nen­fa­mi­lie und führ­te 1059/ 1060 ei­ne Feh­de ge­gen den Pfalz­gra­fen Hein­rich von Loth­rin­gen (ge­stor­ben 1060) um die ter­ri­to­ria­le Vor­herr­schaft im Rhein­land. Der Kon­flikt en­de­te mit ei­ner schwe­ren Nie­der­la­ge der Ez­zo­nen, die auch, die rei­chen Gü­ter Ri­che­zas be­droh­te. Die­se ver­stand es je­doch, An­nos ter­ri­to­ria­le For­de­run­gen durch Schen­kun­gen im thü­rin­gi­schen Saal­feld, in Co­burg und Or­la, für die sie sich al­ler­dings le­bens­lan­ge Nut­zung vor­be­hielt, zu­nächst zu­frie­den­zu­stel­len. Dem Zu­griff An­nos auf ih­re mo­sel­län­di­schen Gü­ter ver­such­te sie durch ei­ne Schen­kung an das Klos­ter Brau­wei­ler zu­vor­zu­kom­men. Der Würz­bur­ger Kir­che schenk­te sie 1057/ 1058 ih­re, wahr­schein­lich von der Mut­ter ge­erb­ten, Gü­ter in Salz. Da ihr Sohn Ka­si­mir auf sein müt­ter­li­ches Er­be ver­zich­tet hat­te und auch kei­ne Erb­an­sprü­che ih­rer Töch­ter be­kannt sind, sah Ri­che­za of­fen­bar ver­schie­de­ne Kir­chen als ih­re Er­ben an.

In ih­ren letz­ten Le­bens­jah­ren zog sich Ri­che­za auf ih­re thü­rin­gi­schen Be­sit­zun­gen in Saal­feld zu­rück, wo sie am 21.3.1063 ver­starb. Ihr Leich­nam wur­de ins Rhein­land über­führt. Ent­ge­gen den Be­stre­bun­gen der Brau­wei­ler Mön­che, sie in der ez­zo­ni­schen Fa­mi­li­en­grable­ge Brau­wei­ler bei­zu­set­zen, wur­de sie, auf Ge­heiß An­nos II. im Köl­ner Stift Ma­ria ad gra­dus be­gra­ben.

Zu­gleich be­gab­te er das Stift - zur Ver­bit­te­rung des Klos­ters Brau­wei­ler - mit dem ez­zo­ni­schen Gut Klot­ten. Erst nach hef­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen kam Klot­ten, wo sich ein leb­haf­ter Ri­che­za-Kult ent­wi­ckel­te, im Jahr 1090 an Brau­wei­ler.

Ei­ni­ge im Zu­sam­men­hang mit dem Streit zwi­schen Brau­wei­ler und Ma­ri­en­gra­den be­zie­hungs­wei­se dem Erz­bi­schof von Köln um die Be­sitz­rech­te an Klot­ten ste­hen­de Schen­kungs­ur­kun­den ha­ben sich als Fäl­schun­gen er­wie­sen. Auch die Echt­heit der bei­den be­sie­gel­ten an­geb­li­chen Ori­gi­na­le ist um­strit­ten. Das Wachs­sie­gel mit dem Sie­gel­bild ei­ner ge­krön­ten Kö­ni­gin und mit der Um­schrift RI­CHE­ZA RE­GI­NA wä­re, könn­te man es als echt be­trach­ten, das frü­hes­te Sie­gel ei­ner Fürs­tin in Deutsch­land, hät­te aber auch dann kei­nes­falls Por­trät­cha­rak­ter. Ur­kun­den, ob echt oder ge­fälscht, lie­fern oh­ne­hin nur Nach­rich­ten über Be­sitz und Auf­ent­halts­or­te der Aus­stel­ler, kaum über de­ren Per­son.

Als die Kir­che Ma­ria ad gra­dus 1817 ab­ge­tra­gen wur­de, wur­de Ri­che­zas Leich­nam in den Köl­ner Dom über­führt, wo sie in der Jo­han­ne­s­ka­pel­le ih­re letz­te Ru­he­stät­te fand.

Quellen

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Pabst, Her­mann, Fun­da­tio mo­nas­te­rii Brun­wi­la­ren­sis in: Ar­chiv der Ge­sell­schaft für äl­te­re deut­sche Ge­schichts­kun­de 12 (1874), S. 147-192.
Sz­lach­tow­ski, Jan/Ko­ep­ke, Ru­dolf (Hg.), Gal­lus An­ony­mus. Chro­ni­con Po­lon­o­rum, in: Mo­nu­men­ta Ger­ma­nia His­to­ri­ca Scrip­to­res 9 (1851) S. 428-439.

Literatur

Ni­ko­lay-Pan­ter, Mar­le­ne, Ri­che­za, Kö­ni­gin von Po­len, in: Rhei­ni­sche Le­bens­bil­der 12 (1991), S. 25-46.
Schrei­ner, Pe­ter, Ri­che­za - Kö­ni­gin von Po­len und Gön­ne­rin der Ab­tei Brau­wei­ler, in: Pul­hei­mer Bei­trä­ge zur Ge­schich­te und Hei­mat­kun­de 11 (1987), S. 15-65.
Stiel­dorf, An­drea, Rhei­ni­sche Frau­en­sie­gel. Zur recht­li­chen und so­zia­len Stel­lung welt­li­cher Frau­en im 13. und 14. Jahr­hun­dert, Köln/Wei­mar/Wien 1999, S. 71-76.

Online

Fö­ßel, Ama­lie, Ar­ti­kel "Ri­che­za, Kö­ni­gin von Po­len", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 21 (2003) S. 516-517. [On­line]

Schädel der seligen Königin Richeza mit Goldnetzhaube, Farblithographie, 1852. (Privatbesitz Anton Legner)

 
Zitationshinweis

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Heidrich, Ingrid, Richeza, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/richeza/DE-2086/lido/57cd1e9ba1e476.83090871 (abgerufen am 12.12.2024)