Samuel Collenbusch

Arzt, Pietist, Biblizist (1724-1803)

Ilona Schröder (Düsseldorf)

Samuel Collenbusch, Scherenschnitt (Gemeinfrei).

Schlagworte

Der in Duis­burg, spä­ter in Schwelm als (Brun­nen-)Arzt prak­ti­zie­ren­de Sa­mu­el Col­len­busch war ein wich­ti­ger Ver­tre­ter des rhei­ni­schen Pie­tis­mus. Auf­grund zwei­er Er­we­ckungs­er­leb­nis­se wird er auch „zu den Vä­tern der Er­we­ckungs­be­we­gung am Nie­der­rhein und im Ber­gi­schen Lan­d“ (Hei­ner Fau­len­bach) ge­zählt. Um sei­ne Per­son ent­spann sich ein weit über die nie­der­rhei­ni­schen Gren­zen rei­chen­des Netz­werk kon­fes­sio­nell un­ter­schied­lich ge­präg­ter Pie­tis­ten, Theo­lo­gen, Pfar­rer und Pro­fes­so­ren. Sei­ne theo­lo­gi­schen Über­zeu­gun­gen ver­brei­te­te der Laie Col­len­busch in Ge­sprä­chen, Brie­fen und Auf­sät­zen, die im Freun­des­kreis zir­ku­lier­ten. Über sei­ne Freun­de und Schü­ler wur­den sei­ne Ide­en in den süd- und nord­deut­schen Raum ge­tra­gen und zeig­ten Wirk­sam­keit bis ins 19. Jahr­hun­dert hin­ein.

Sa­mu­el Col­len­busch kam am 1.9.1724 in Wich­ling­hau­sen (heu­te Stadt Wup­per­tal) zur Welt und wur­de am 10.9.1724 in der lu­the­ri­schen Kir­chen­ge­mein­de Schwelm ge­tauft. Col­len­busch war der Sohn des Kauf­manns und Fa­brik­be­sit­zers für Spit­zenz­wirn, Schreib­fe­dern und Sie­gel­lack Jo­hann Wil­helm Col­len­busch (1686-1758) und sei­ner Ehe­frau An­na Eli­sa­beth ge­bo­re­ne Bruse.[1]  Seit sei­ner Kind­heit war Sa­mu­el Col­len­busch von ge­sund­heit­li­chen Pro­ble­men und Krank­heits­schü­ben ge­plagt. Ei­ge­nen An­ga­ben zu­fol­ge er­krank­te er mit sie­ben Jah­ren an den Blat­tern (Po­cken), mit 36 Jah­ren an Dys­en­te­rie, ei­ner Durch­fall­er­kran­kung, und mit 52 Jah­ren an Faul­fie­ber. Je­der Krank­heits­ver­lauf wirk­te sich auf sei­ne Seh­kraft aus, so dass er im Er­wach­se­nen­al­ter bis zu sei­ner völ­li­gen Er­blin­dung um 1791 mit dem Grau­en und Schwar­zen Star zu kämp­fen hat­te. Die mit den Blat­tern be­gin­nen­de Seh­be­ein­träch­ti­gung führ­te beim Kna­ben Sa­mu­el zu ei­nem ge­min­der­ten Lern­ver­mö­gen. Erst neun­jäh­rig war er des Le­sens mäch­tig. Im Ver­gleich zu den Lern­er­fol­gen und Fort­schrit­ten an­de­rer ge­sun­der Kin­der ent­wi­ckel­te er Min­der­wer­tig­keits­kom­ple­xe, die sich in dem Emp­fin­den aus­drück­ten, zu den Nie­de­ren und Ge­straf­ten zu ge­hö­ren. Sei­ne ge­sund­heit­li­che Kon­sti­tu­ti­on er­schien ihm nicht fair und die Fra­ge nach der Ge­rech­tig­keit Got­tes stell­te sich Col­len­busch schon als Kind.

Col­len­busch wur­de von sei­nen El­tern im Geist des Hal­le­schen Pie­tis­mus er­zo­gen. Durch das Vor­le­sen aus der Bi­bel, na­ment­lich der Er­zäh­lun­gen aus dem Al­ten Tes­ta­ment, wur­de das kränk­li­che Kind von klein auf an die Hei­li­ge Schrift her­an­ge­führt. Da­bei wur­de ihm ein Le­ben in Ver­trau­en auf Gott und De­mut ver­mit­telt. Gro­ßen Ein­fluss auf die Er­zie­hung nahm auch der Bar­mer Pre­di­ger Jo­han­nes Pe­ter Wülfing (1707-1757), der der ers­te Pfar­rer der 1744 ge­grün­de­ten Kir­chen­ge­mein­de Wich­ling­hau­sen wur­de. Er war Beicht­va­ter Col­len­buschs und un­ter­wies ihn in ka­te­che­ti­schen Fra­gen. In sei­nem Un­ter­richt hat­te Sa­mu­el Col­len­busch auch sein ers­tes Be­keh­rungs­er­leb­nis, von wel­chem er spä­ter schrieb: An­no 1742 kam ich durch Bu­ße und den Glau­ben an die Er­lö­sung, die durch Jes­um Chris­tum ge­sche­hen ist, zum Frie­den mit Gott […], weil mich der se­li­ge Pas­tor Wülfing in sei­ner Ka­te­chi­sa­ti­on von die­sem Ge­heim­nis ‚Chris­tus für uns‘ gut un­ter­rich­tet hat­te.

Im Jah­re 1745 im­ma­tri­ku­lier­te sich Col­len­busch für ein Me­di­zin­stu­di­um an der re­for­mier­ten Uni­ver­si­tät Duis­burg. Den Lehr­stuhl für Me­di­zin hat­te seit 1743 Jo­hann Gott­lieb Lei­den­frost (1715-1794) in­ne. Die Hin­wen­dung zu den Na­tur­wis­sen­schaf­ten rief bei Col­len­busch Zwei­fel her­vor. Er war im Glau­ben an die Un­fehl­bar­keit der Hei­li­gen Schrift er­zo­gen wor­den, die Bi­bel da­her für ihn die ein­zi­ge Er­kennt­nis­quel­le. Er frag­te sich nun, ob sein christ­li­ches Le­ben mit ei­ner na­tur­wis­sen­schaft­li­chen Be­tä­ti­gung über­haupt in Ein­klang zu brin­gen sei. Seel­sor­ger­li­chen Rat such­te er bei Ger­hard Ters­tee­gen, den er 1745 im Hau­se des Pfar­rers Jo­hann Chris­toph Hen­ke (1700-1780) ken­nen lern­te. Ters­tee­gens in De­mut ge­führ­tes Le­ben, sei­ne Un­ter­wer­fung un­ter den gött­li­chen Wil­len so­wie sei­ne For­de­rung nach Got­tes­furcht und Hei­li­gung, das hei­ßt dem Stre­ben nach Ver­ei­ni­gung mit Gott, be­ein­druck­ten Col­len­busch. Der Kon­takt zu Ters­tee­gen, des­sen Mys­tik Col­len­busch spä­ter als mit der Bi­bel nicht ver­ein­ba­res Men­schen­werk kri­ti­sier­te, blieb fort­an, wenn auch nur spo­ra­disch, be­ste­hen.

Zwei Jah­re spä­ter wech­sel­te Col­len­busch an die Uni­ver­si­tät Straß­burg, wo er sich am 25.9.1747 ein­schrieb. In Straß­burg führ­te er sein Me­di­zin­stu­di­um fort. Ne­ben­her wid­me­te er sich dem Fach Che­mie, wel­ches noch un­ter dem Ge­sichts­punkt der Al­che­mie ge­lehrt wur­de. Sei­ne Stu­di­en schloss er nach sechs Jah­ren ab, oh­ne je­doch pro­mo­viert zu ha­ben. Sei­ne Dis­ser­ta­ti­on reich­te er erst mit 65 Jah­ren ein. 

Sa­mu­el Col­len­buschs Va­ter ver­leg­te 1754 sei­ne Fa­brik nach Duis­burg. Das be­wog den Sohn, sich dort nach sei­nem Stu­di­um als prak­ti­zie­ren­der Arzt nie­der­zu­las­sen. Im Orts­teil Knipp rich­te­te er sich ein klei­nes Schmelz­werk ein, um sei­ne che­mi­schen Stu­di­en fort­zu­füh­ren. Die Be­schäf­ti­gung mit Al­che­mie des me­di­cus prac­ti­cus Col­len­busch, des­sen Le­bens­ge­stal­tung sich zu­dem of­fen an ei­nem ri­go­ro­sen Bi­bel­ver­ständ­nis ori­en­tier­te, pro­vo­zier­te bei Kol­le­gen Skep­sis, die an sei­nen fach­li­chen Kom­pe­ten­zen zwei­feln ließ.

Ne­ben sei­ner Ar­beit las Col­len­busch viel. Er wid­me­te sich vor al­lem der Lek­tü­re von Phil­ipp Ja­kob Spe­ner (1635-1705), Paul An­ton (1661-1730) und der Theo­di­zée von Gott­fried Wil­helm Leib­niz (1646-1716). Zwi­schen 1750 und 1760 ha­der­te je­doch der ge­sund­heit­lich an­ge­schla­ge­ne Col­len­busch mit ei­ner Glau­bens­kri­se. Wie­der ein­mal rang er mit dem Ge­fühl, als Mensch un­ter­le­gen, un­ge­nü­gend und von Gott ge­straft zu sein. In der Ge­stalt Jo­hann Lud­wig Fri­ckers (1729-1766) fand er ei­nen Aus­weg aus sei­nem Di­lem­ma. Das Tref­fen mit Fri­cker 1760, mut­ma­ß­lich bei Pfar­rer Hen­ke, mar­kier­te ei­nen Wen­de­punkt in Col­len­buschs Le­ben. Dar­über hin­aus wi­der­fuhr ihm ein zwei­tes Er­we­ckungs­er­leb­nis, als er in der Bi­bel die Stel­le Eph. 1, 4-7 las. 

Jo­hann Lud­wig Fri­cker, der von ei­nem län­ge­ren Auf­ent­halt in Lon­don in Duis­burg ein­kehr­te, war Schü­ler der würt­tem­ber­gi­schen Pie­tis­ten Jo­hann Al­brecht Ben­gel (1687-1752) und Fried­rich Chris­toph Oe­tin­ger (1702-1782). Die Schrif­ten bei­der Theo­lo­gen wa­ren Col­len­busch nicht un­be­kannt. Fri­cker ver­mit­tel­te ihm in­des ein tie­fer­ge­hen­des Ver­ständ­nis ih­rer Lehr­mei­nun­gen, die gleich­zei­tig in sei­ne ei­ge­nen An­sich­ten flos­sen. So über­nahm Col­len­busch Ben­gels Schrift­ver­ständ­nis, ge­nau­er die Auf­fas­sung, dass die Hei­li­ge Schrift in sich kon­gru­ent und auch nur aus sich her­aus in­ter­pre­tier­bar sei. Hier fand er die Be­stä­ti­gung, dass die Bi­bel, die wort­ge­nau von Gott selbst stamm­te, un­fehl­bar sei. Sie galt so­mit als obers­tes Ge­bot und Richt­schnur für ei­ne christ­li­che Le­bens­füh­rung. Bei Oe­tin­ger hin­ge­gen, mit dem er auch brief­lich kor­re­spon­dier­te, stimm­te er mit der Idee über­ein, dass die Lei­den Chris­ti Prü­fungs­lei­den und kei­ne Straf­lei­den sei­en. Die­sen Ge­dan­ken griff Col­len­busch nur all­zu ger­ne auf, bot er ihm doch auch Ant­wor­ten auf sei­ne ei­ge­nen aus sei­ner Krank­heits­ge­schich­te re­sul­tie­ren­den Zwei­fel an sei­nem Da­sein. Gott straf­te al­so den Men­schen nicht mit Leid, viel­mehr leg­te er ihm Prü­fun­gen auf. Folg­lich muss­te der Mensch, um die­se zu be­ste­hen, de­mü­tig die Hei­li­ge Schrift le­sen, nach ihr le­ben und al­le Prü­fun­gen er­tra­gen. Der Ge­dan­ke der De­mut wur­de so in Col­len­buschs Leh­re es­sen­ti­ell. 

Das Schwelmer Brunnenhäuschen, Samuel Collenbuschs Wirkungsstätte, Fotografie um 1920 (Stadtarchiv Schwelm, Bestand 33.01, Stadtbauamt).

 

1766 freun­de­te sich Col­len­busch eng mit Jo­hann Ger­hard Ha­sen­kamp (1736-1777) an, dem neu­en Rek­tor des Duis­bur­ger Gym­na­si­ums. Der Theo­lo­ge Ha­sen­kamp avan­cier­te zum gro­ßen Ver­eh­rer des „Pro­fes­sor­s“ Col­len­busch. Ha­sen­kamp stell­te auch den Kon­takt zu dem Schwei­zer Theo­lo­gen Jo­hann Cas­par La­va­ter (1741-1801) her. Um die bei­den Män­ner her­um ver­sam­mel­ten sich zu­neh­mend wei­te­re Freun­de und Be­kann­te. Mit­tel­punkt und trei­ben­de Kraft die­ses Freun­des­krei­ses wur­de der cha­ris­ma­ti­sche Col­len­busch. Der Zir­kel um ihn war nicht ge­hei­mer Na­tur, son­dern man stand viel­mehr kon­fes­si­ons­über­grei­fend mit an­de­ren Theo­lo­gen und Pre­di­gern in re­gem Aus­tausch. Zu nen­nen sind hier der lu­the­ri­sche Pas­tor Hen­ke, der würt­tem­ber­gi­sche Ma­gis­ter Ru­dolf Da­vid Ca­me­rer (ge­stor­ben 1780), der re­for­mier­te Pre­di­ger Ot­ter­bein (1731-1800), Pro­fes­sor Schlech­ten­dahl, Pro­fes­sor Jo­hann Pe­ter Berg (1737-1800) oder der Arzt Dr. Hein­rich Ja­cob Schö­nen­berg.

Der Duis­bur­ger Zir­kel dehn­te schlie­ß­lich sei­ne Be­zie­hun­gen nach Düs­sel­dorf und das Wup­per­tal et­wa um Fried­rich Hein­rich Ja­co­bi, Fried­rich Chris­ti­an Hoff­mann (1759-1829), Pfar­rer Theo­dor Mül­ler (1732-1775) und Tho­mas Wi­zen­mann (1759-1787) aus. Aus die­sem um Col­len­busch ge­spon­ne­nen Netz­werk war Do­ro­thea Wup­per­mann (1747-1820) be­son­ders au­gen­fäl­lig. Sie gab an, seit ih­rem sechs­ten Le­bens­jahr Vi­sio­nen zu ha­ben, die sie für Be­su­che aus der Geis­ter­welt hielt. 1772 weil­te sie in Duis­burg, um sich von Col­len­busch ärzt­lich be­han­deln zu las­sen. Im Zu­ge des­sen er­zähl­te sie ihm von ih­ren Vi­sio­nen, die er und vor al­lem Ha­sen­kamp als Be­kräf­ti­gung sei­ner Stu­fen­leh­re sa­hen. Die Theo­rie der sie­ben Stu­fen, die den Men­schen in Über­win­dung von sie­ben Prü­fun­gen zur Hei­li­gung brin­gen, hat­te Col­len­busch seit 1768 pos­tu­liert.

1774 kam es bei An­ton Phil­ipp Cas­pa­ry (1732-1793) zu ei­nem denk­wür­di­gen Tref­fen, zur so­ge­nann­ten „El­ber­fel­der Zu­sam­men­kunf­t“. Die Gäs­te Jo­hann Wolf­gang Goe­the (1749-1832), Fried­rich Hein­rich Ja­co­bi, Jo­hann Cas­par La­va­ter, Jo­hann Hein­rich Jung-Stil­ling (1740-1817), Jo­hann Ger­hard Ha­sen­kamp und Col­len­busch dis­ku­tier­ten theo­lo­gisch-phi­lo­so­phi­sche Fra­ge­stel­lun­gen, die die Hei­li­ge Schrift und das Ver­hält­nis von Glau­be und Ver­nunft be­tra­fen, oh­ne auf ei­nen Nen­ner zu kom­men. Nach die­sem Tref­fen kühl­te das Ver­hält­nis zwi­schen Ha­sen­kamp und La­va­ter ab. Letz­te­rer mo­nier­te zu­dem die Ab­hän­gig­keit sei­nes Freun­des von Col­len­busch. 

Nach dem Tod sei­nes Freun­des Ha­sen­kamp 1777 und wohl auch auf­grund zu­neh­men­der ge­sund­heit­li­cher Pro­ble­me zog Col­len­busch Weih­nach­ten 1783 ins Wup­per­tal. Hier hat­te er Kon­tak­te zu den Fa­mi­li­en Wup­per­mann, Sie­bel, Hoff­mann und Evers­ten.

Col­len­busch, der zeit­le­bens un­ver­hei­ra­tet blieb, führ­te ein zu­rück­ge­zo­ge­nes und ein­fa­ches Le­ben. Das el­ter­li­che Er­be war schnell auf­ge­bracht, die Ein­nah­men als Schwel­mer Brun­nen­arzt wa­ren be­schei­den. Um An­fech­tun­gen sei­ner be­ruf­li­chen Kom­pe­tenz ent­ge­gen zu tre­ten, reich­te Col­len­busch 1789 sei­ne erst in la­tei­ni­scher, dann in deut­scher Spra­che ver­fass­te Dis­ser­ta­ti­on über Vor- und Nach­tei­le des Schwel­mer Brun­nens bei der me­di­zi­ni­schen Fa­kul­tät in Duis­burg ein. Sei­ne Er­blin­dung zwang ihn, sei­nen Be­ruf auf­zu­ge­ben. Ab da war er auf fi­nan­zi­el­le und ma­te­ri­el­le Hil­fe sei­ner Freun­de an­ge­wie­sen. 

Die­se lie­ßen ihm un­ter an­de­rem auch Wer­ke von Jo­hann Sa­lo­mo Sel­mer (1725-1791) und Im­ma­nu­el Kant (1724-1840) zu­kom­men. Col­len­busch, der beim Le­sen und Schrei­ben auf die Hil­fe sei­ner Haus­häl­te­rin an­ge­wie­sen war, be­schäf­tig­te sich ein­ge­hend mit den Auf­klä­rern sei­ner Zeit, die er scharf kri­ti­sier­te. Kants Ver­nunft­re­li­gi­on lehn­te er ab, da der Mensch in sei­ner Er­kennt­nis­mög­lich­keit über­höht und da­mit von Gott ent­frem­det wer­de. Sei­ne An­sich­ten leg­te er Kant erst­mals in ei­nem Brief vom 6.1.1795 dar, er­hielt je­doch nie Ant­wort, was ihn sehr em­pör­te. Am 1.9.1804 ver­starb Sa­mu­el Col­len­busch nach mehr­wö­chi­gem Brust­lei­den in sei­ner Woh­nung „im Wer­t­h“. 

Sa­mu­el Col­len­busch war stu­dier­ter Me­di­zi­ner, nicht Theo­lo­ge. Trotz­dem ver­stand es der Laie, mit sei­nen re­li­giö­sen An­sich­ten Men­schen um sich zu ver­sam­meln und zu über­zeu­gen. Er­staun­lich ist, dass Theo­lo­gen wie Ha­sen­kamp oder Gott­fried Men­ken (1768-1831) bei ihm Rat und Er­klä­rung such­ten. Bei Col­len­busch selbst lie­fen vie­le un­ter­schied­li­che theo­lo­gi­sche An­sät­ze zu­sam­men, aus de­nen er sei­ne ei­ge­ne Leh­re form­te. Bei ihm fin­den sich Ele­men­te ei­nes re­for­mier­ten wie lu­the­ri­schen Pro­tes­tan­tis­mus, ei­nes ra­di­ka­len Pie­tis­mus, der Mys­tik ei­nes Ters­tee­gens und über Fri­cker auch Im­pul­se des eng­li­schen Me­tho­dis­mus. Sei­ne Be­zie­hun­gen und Be­kannt­schaf­ten reich­ten weit über die nie­der­rhei­ni­schen, teil­wei­se so­gar deut­schen Lan­des­gren­zen hin­aus. Kon­tak­te pfleg­te er nach Würt­tem­berg und in die Schweiz. 

Col­len­busch hat zu sei­nen Leb­zei­ten sei­ne theo­lo­gi­schen An­sich­ten nie pu­bli­ziert, son­dern sie le­dig­lich in Brie­fen und Auf­sät­zen nie­der­ge­schrie­ben. Die­se Schrift­stü­cke zir­ku­lier­ten in sei­nem Freun­des­kreis, wel­cher ver­schie­de­ne Kon­fes­sio­nen oder Mei­nun­gen nicht als Gren­zen mensch­li­chen Mit­ein­an­ders sah. Bei Col­len­busch „wird das Wet­ter­leuch­ten er­weck­lich-unio­nis­ti­scher Ten­den­zen sicht­bar“ (Uwe Ren­fordt). 

Sei­ne Freun­de, noch mehr sei­ne Schü­ler und Be­wun­de­rer tru­gen schlie­ß­lich Col­len­buschs Ide­en bis ins 19. Jahr­hun­dert wei­ter. Der in Duis­burg stu­dier­te Theo­lo­ge Chris­ti­an Krafft (1784-1845) brach­te sie in die „Er­lan­ger Schu­le“ ein, Gott­fried Tho­ma­si­us‘ (1802-187) Keno­sis ist eben­falls von Col­len­busch in­spi­riert. Über Col­len­buschs wich­tigs­ten Schü­ler Gott­fried Men­ken wur­den sei­ne An­sich­ten zu De­mut und Be­schei­den­heit nach Bre­men über­mit­telt, wo­hin­ge­gen Fried­rich Wil­helm Krum­ma­cher (1796-1868) sein Schrift­prin­zip und sei­nen Hei­li­gungs­ak­ti­vis­mus bis nach Ber­lin brach­te. Über Her­mann Cre­mer (1843-1903) wa­ren Spu­ren Col­len­buschs schlie­ß­lich noch in der „Greifs­wal­der Schu­le“ aus­zu­ma­chen. 

Werke

Er­klä­rung bib­li­scher Wahr­hei­ten ge­sam­melt aus der Nach­las­sen­schaft, Neue Samm­lung, 2. Auf­la­ge, El­ber­feld 1807-1808.
 
Mitt­hei­lun­gen aus dem Le­ben und Wir­ken des se­li­gen Sa­mu­el Col­len­busch, Bar­men 1853.
 
Pa­ra­gra­phen zu aus­ge­wähl­ten Schrift­stel­len, Reut­lin­gen 1871.
 
Theo­lo­gi­sche Ab­hand­lun­gen, Reut­lin­gen 1872.
 
Doc­tor Col­len­busch. Aus­zü­ge aus sei­nem Ta­ge­buch, Stutt­gart 1877.
 
Ta­ge­buch 1781-1782, o.J.
 
Gol­de­ne Äp­fel in sil­ber­nen Scha­len oder Er­klä­rung bib­li­scher Wahr­hei­ten ge­sam­melt aus dem Nach­las­se Dr. Col­len­buschs und sei­ner Freun­de, Duis­burg 1930.
 
Gol­de­ne Äp­fel in sil­ber­nen Scha­len oder Er­klä­rung bib­li­scher Wahr­hei­ten, ge­sam­melt aus den Pa­pie­ren des Ver­stor­be­nen,2. Auf­la­ge, Bar­men 1829.

Literatur

Bautz, Fried­rich Wil­helm: Col­len­busch, Sa­mu­el, in: Bio­gra­phisch-Bi­blio­gra­phi­sches Kir­chen­le­xi­kon, Band 1, Hamm 1975, Sp. 1097f.
 
Cre­mer, Her­mann (Hg.), Aus dem Nach­laß ei­nes Got­tes­ge­lehr­ten. Auf­sät­ze, Brie­fe und Ta­ge­buch­blät­ter von Dr. Sa­mu­el Col­len­busch, wei­land prak­ti­scher Arzt in Bar­men, Stutt­gart 1902.
 
Fau­len­bach, Hei­ner, Col­len­busch, Sa­mu­el, in: Theo­lo­gi­sche Rea­len­zy­klo­pä­die 8 (1981), S. 154-156.
 
Ren­fordt, Uwe, Sa­mu­el Col­len­busch (1724-1803). Arzt, Pie­tist und Kri­ti­ker der Auf­klä­rung, Dis­ser­ta­ti­on, Kirch­li­che Hoch­schu­le Wup­per­tal 2013, 2014.

Online

Bar­ni­kol, Ernst, Col­len­busch, Sa­mu­el, in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 3 (1957), S. 322. [On­line]

Brief Samuel Collenbuschs an seinen Freund Johann Caspar Lavatar vom 30.6.1787. (Collenbusch, Samuel: 11 Briefe an Johann Caspar Lavater/S. Collenbusch an J.C. Lavater, 30.6.1787, FA Lav Ms 505.288/Public Domain Mark).

 
Anmerkungen
  • 1: In der Literatur finden sich differierende Angaben zu den Rufnamen der Eltern. Bei Uwe Renford etwa wird nur der Vater mit dem Namen Johann Wilhelm Collenbusch angegeben. Heiner Faulenbach nennt Hans Wilhelm Kollenbusch und Anna Elisabeth, geborene Bruse, Ernst Barnikol, ledig. Bei Klaus Goebel wiederum heißen die Eltern Johann Peter Collenbusch und Anna Margarethe, geborene Eichholtz.
Zitationshinweis

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Schröder, Ilona, Samuel Collenbusch, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/samuel-collenbusch/DE-2086/lido/615edfc8b9b0a8.38665111 (abgerufen am 23.09.2023)