Samuel Collenbusch

Arzt, Pietist, Biblizist (1724-1803)

Ilona Schröder (Düsseldorf)

Samuel Collenbusch, Scherenschnitt (Gemeinfrei).

Schlagworte

Der in Duis­burg, spä­ter in Schwelm als (Brun­nen-)Arzt prak­ti­zie­ren­de Sa­mu­el Col­len­busch war ein wich­ti­ger Ver­tre­ter des rhei­ni­schen Pie­tis­mus. Auf­grund zwei­er Er­we­ckungs­er­leb­nis­se wird er auch „zu den Vä­tern der Er­we­ckungs­be­we­gung am Nie­der­rhein und im Ber­gi­schen Lan­d“ (Hei­ner Fau­len­bach) ge­zählt. Um sei­ne Per­son ent­spann sich ein weit über die nie­der­rhei­ni­schen Gren­zen rei­chen­des Netz­werk kon­fes­sio­nell un­ter­schied­lich ge­präg­ter Pie­tis­ten, Theo­lo­gen, Pfar­rer und Pro­fes­so­ren. Sei­ne theo­lo­gi­schen Über­zeu­gun­gen ver­brei­te­te der Laie Col­len­busch in Ge­sprä­chen, Brie­fen und Auf­sät­zen, die im Freun­des­kreis zir­ku­lier­ten. Über sei­ne Freun­de und Schü­ler wur­den sei­ne Ide­en in den süd- und nord­deut­schen Raum ge­tra­gen und zeig­ten Wirk­sam­keit bis ins 19. Jahr­hun­dert hin­ein.

Sa­mu­el Col­len­busch kam am 1.9.1724 in Wich­ling­hau­sen (heu­te Stadt Wup­per­tal) zur Welt und wur­de am 10.9.1724 in der lu­the­ri­schen Kir­chen­ge­mein­de Schwelm ge­tauft. Col­len­busch war der Sohn des Kauf­manns und Fa­brik­be­sit­zers für Spit­zenz­wirn, Schreib­fe­dern und Sie­gel­lack Jo­hann Wil­helm Col­len­busch (1686-1758) und sei­ner Ehe­frau An­na Eli­sa­beth ge­bo­re­ne Bruse.[1]  Seit sei­ner Kind­heit war Sa­mu­el Col­len­busch von ge­sund­heit­li­chen Pro­ble­men und Krank­heits­schü­ben ge­plagt. Ei­ge­nen An­ga­ben zu­fol­ge er­krank­te er mit sie­ben Jah­ren an den Blat­tern (Po­cken), mit 36 Jah­ren an Dys­en­te­rie, ei­ner Durch­fall­er­kran­kung, und mit 52 Jah­ren an Faul­fie­ber. Je­der Krank­heits­ver­lauf wirk­te sich auf sei­ne Seh­kraft aus, so dass er im Er­wach­se­nen­al­ter bis zu sei­ner völ­li­gen Er­blin­dung um 1791 mit dem Grau­en und Schwar­zen Star zu kämp­fen hat­te. Die mit den Blat­tern be­gin­nen­de Seh­be­ein­träch­ti­gung führ­te beim Kna­ben Sa­mu­el zu ei­nem ge­min­der­ten Lern­ver­mö­gen. Erst neun­jäh­rig war er des Le­sens mäch­tig. Im Ver­gleich zu den Lern­er­fol­gen und Fort­schrit­ten an­de­rer ge­sun­der Kin­der ent­wi­ckel­te er Min­der­wer­tig­keits­kom­ple­xe, die sich in dem Emp­fin­den aus­drück­ten, zu den Nie­de­ren und Ge­straf­ten zu ge­hö­ren. Sei­ne ge­sund­heit­li­che Kon­sti­tu­ti­on er­schien ihm nicht fair und die Fra­ge nach der Ge­rech­tig­keit Got­tes stell­te sich Col­len­busch schon als Kind.

Col­len­busch wur­de von sei­nen El­tern im Geist des Hal­le­schen Pie­tis­mus er­zo­gen. Durch das Vor­le­sen aus der Bi­bel, na­ment­lich der Er­zäh­lun­gen aus dem Al­ten Tes­ta­ment, wur­de das kränk­li­che Kind von klein auf an die Hei­li­ge Schrift her­an­ge­führt. Da­bei wur­de ihm ein Le­ben in Ver­trau­en auf Gott und De­mut ver­mit­telt. Gro­ßen Ein­fluss auf die Er­zie­hung nahm auch der Bar­mer Pre­di­ger Jo­han­nes Pe­ter Wülfing (1707-1757), der der ers­te Pfar­rer der 1744 ge­grün­de­ten Kir­chen­ge­mein­de Wich­ling­hau­sen wur­de. Er war Beicht­va­ter Col­len­buschs und un­ter­wies ihn in ka­te­che­ti­schen Fra­gen. In sei­nem Un­ter­richt hat­te Sa­mu­el Col­len­busch auch sein ers­tes Be­keh­rungs­er­leb­nis, von wel­chem er spä­ter schrieb: An­no 1742 kam ich durch Bu­ße und den Glau­ben an die Er­lö­sung, die durch Jes­um Chris­tum ge­sche­hen ist, zum Frie­den mit Gott […], weil mich der se­li­ge Pas­tor Wülfing in sei­ner Ka­te­chi­sa­ti­on von die­sem Ge­heim­nis ‚Chris­tus für uns‘ gut un­ter­rich­tet hat­te.

Im Jah­re 1745 im­ma­tri­ku­lier­te sich Col­len­busch für ein Me­di­zin­stu­di­um an der re­for­mier­ten Uni­ver­si­tät Duis­burg. Den Lehr­stuhl für Me­di­zin hat­te seit 1743 Jo­hann Gott­lieb Lei­den­frost (1715-1794) in­ne. Die Hin­wen­dung zu den Na­tur­wis­sen­schaf­ten rief bei Col­len­busch Zwei­fel her­vor. Er war im Glau­ben an die Un­fehl­bar­keit der Hei­li­gen Schrift er­zo­gen wor­den, die Bi­bel da­her für ihn die ein­zi­ge Er­kennt­nis­quel­le. Er frag­te sich nun, ob sein christ­li­ches Le­ben mit ei­ner na­tur­wis­sen­schaft­li­chen Be­tä­ti­gung über­haupt in Ein­klang zu brin­gen sei. Seel­sor­ger­li­chen Rat such­te er bei Ger­hard Ters­tee­gen, den er 1745 im Hau­se des Pfar­rers Jo­hann Chris­toph Hen­ke (1700-1780) ken­nen lern­te. Ters­tee­gens in De­mut ge­führ­tes Le­ben, sei­ne Un­ter­wer­fung un­ter den gött­li­chen Wil­len so­wie sei­ne For­de­rung nach Got­tes­furcht und Hei­li­gung, das hei­ßt dem Stre­ben nach Ver­ei­ni­gung mit Gott, be­ein­druck­ten Col­len­busch. Der Kon­takt zu Ters­tee­gen, des­sen Mys­tik Col­len­busch spä­ter als mit der Bi­bel nicht ver­ein­ba­res Men­schen­werk kri­ti­sier­te, blieb fort­an, wenn auch nur spo­ra­disch, be­ste­hen.

Zwei Jah­re spä­ter wech­sel­te Col­len­busch an die Uni­ver­si­tät Straß­burg, wo er sich am 25.9.1747 ein­schrieb. In Straß­burg führ­te er sein Me­di­zin­stu­di­um fort. Ne­ben­her wid­me­te er sich dem Fach Che­mie, wel­ches noch un­ter dem Ge­sichts­punkt der Al­che­mie ge­lehrt wur­de. Sei­ne Stu­di­en schloss er nach sechs Jah­ren ab, oh­ne je­doch pro­mo­viert zu ha­ben. Sei­ne Dis­ser­ta­ti­on reich­te er erst mit 65 Jah­ren ein. 

Sa­mu­el Col­len­buschs Va­ter ver­leg­te 1754 sei­ne Fa­brik nach Duis­burg. Das be­wog den Sohn, sich dort nach sei­nem Stu­di­um als prak­ti­zie­ren­der Arzt nie­der­zu­las­sen. Im Orts­teil Knipp rich­te­te er sich ein klei­nes Schmelz­werk ein, um sei­ne che­mi­schen Stu­di­en fort­zu­füh­ren. Die Be­schäf­ti­gung mit Al­che­mie des me­di­cus prac­ti­cus Col­len­busch, des­sen Le­bens­ge­stal­tung sich zu­dem of­fen an ei­nem ri­go­ro­sen Bi­bel­ver­ständ­nis ori­en­tier­te, pro­vo­zier­te bei Kol­le­gen Skep­sis, die an sei­nen fach­li­chen Kom­pe­ten­zen zwei­feln ließ.

Ne­ben sei­ner Ar­beit las Col­len­busch viel. Er wid­me­te sich vor al­lem der Lek­tü­re von Phil­ipp Ja­kob Spe­ner (1635-1705), Paul An­ton (1661-1730) und der Theo­di­zée von Gott­fried Wil­helm Leib­niz (1646-1716). Zwi­schen 1750 und 1760 ha­der­te je­doch der ge­sund­heit­lich an­ge­schla­ge­ne Col­len­busch mit ei­ner Glau­bens­kri­se. Wie­der ein­mal rang er mit dem Ge­fühl, als Mensch un­ter­le­gen, un­ge­nü­gend und von Gott ge­straft zu sein. In der Ge­stalt Jo­hann Lud­wig Fri­ckers (1729-1766) fand er ei­nen Aus­weg aus sei­nem Di­lem­ma. Das Tref­fen mit Fri­cker 1760, mut­ma­ß­lich bei Pfar­rer Hen­ke, mar­kier­te ei­nen Wen­de­punkt in Col­len­buschs Le­ben. Dar­über hin­aus wi­der­fuhr ihm ein zwei­tes Er­we­ckungs­er­leb­nis, als er in der Bi­bel die Stel­le Eph. 1, 4-7 las. 

Jo­hann Lud­wig Fri­cker, der von ei­nem län­ge­ren Auf­ent­halt in Lon­don in Duis­burg ein­kehr­te, war Schü­ler der würt­tem­ber­gi­schen Pie­tis­ten Jo­hann Al­brecht Ben­gel (1687-1752) und Fried­rich Chris­toph Oe­tin­ger (1702-1782). Die Schrif­ten bei­der Theo­lo­gen wa­ren Col­len­busch nicht un­be­kannt. Fri­cker ver­mit­tel­te ihm in­des ein tie­fer­ge­hen­des Ver­ständ­nis ih­rer Lehr­mei­nun­gen, die gleich­zei­tig in sei­ne ei­ge­nen An­sich­ten flos­sen. So über­nahm Col­len­busch Ben­gels Schrift­ver­ständ­nis, ge­nau­er die Auf­fas­sung, dass die Hei­li­ge Schrift in sich kon­gru­ent und auch nur aus sich her­aus in­ter­pre­tier­bar sei. Hier fand er die Be­stä­ti­gung, dass die Bi­bel, die wort­ge­nau von Gott selbst stamm­te, un­fehl­bar sei. Sie galt so­mit als obers­tes Ge­bot und Richt­schnur für ei­ne christ­li­che Le­bens­füh­rung. Bei Oe­tin­ger hin­ge­gen, mit dem er auch brief­lich kor­re­spon­dier­te, stimm­te er mit der Idee über­ein, dass die Lei­den Chris­ti Prü­fungs­lei­den und kei­ne Straf­lei­den sei­en. Die­sen Ge­dan­ken griff Col­len­busch nur all­zu ger­ne auf, bot er ihm doch auch Ant­wor­ten auf sei­ne ei­ge­nen aus sei­ner Krank­heits­ge­schich­te re­sul­tie­ren­den Zwei­fel an sei­nem Da­sein. Gott straf­te al­so den Men­schen nicht mit Leid, viel­mehr leg­te er ihm Prü­fun­gen auf. Folg­lich muss­te der Mensch, um die­se zu be­ste­hen, de­mü­tig die Hei­li­ge Schrift le­sen, nach ihr le­ben und al­le Prü­fun­gen er­tra­gen. Der Ge­dan­ke der De­mut wur­de so in Col­len­buschs Leh­re es­sen­ti­ell. 

Das Schwelmer Brunnenhäuschen, Samuel Collenbuschs Wirkungsstätte, Fotografie um 1920 (Stadtarchiv Schwelm, Bestand 33.01, Stadtbauamt).

 

1766 freun­de­te sich Col­len­busch eng mit Jo­hann Ger­hard Ha­sen­kamp (1736-1777) an, dem neu­en Rek­tor des Duis­bur­ger Gym­na­si­ums. Der Theo­lo­ge Ha­sen­kamp avan­cier­te zum gro­ßen Ver­eh­rer des „Pro­fes­sor­s“ Col­len­busch. Ha­sen­kamp stell­te auch den Kon­takt zu dem Schwei­zer Theo­lo­gen Jo­hann Cas­par La­va­ter (1741-1801) her. Um die bei­den Män­ner her­um ver­sam­mel­ten sich zu­neh­mend wei­te­re Freun­de und Be­kann­te. Mit­tel­punkt und trei­ben­de Kraft die­ses Freun­des­krei­ses wur­de der cha­ris­ma­ti­sche Col­len­busch. Der Zir­kel um ihn war nicht ge­hei­mer Na­tur, son­dern man stand viel­mehr kon­fes­si­ons­über­grei­fend mit an­de­ren Theo­lo­gen und Pre­di­gern in re­gem Aus­tausch. Zu nen­nen sind hier der lu­the­ri­sche Pas­tor Hen­ke, der würt­tem­ber­gi­sche Ma­gis­ter Ru­dolf Da­vid Ca­me­rer (ge­stor­ben 1780), der re­for­mier­te Pre­di­ger Ot­ter­bein (1731-1800), Pro­fes­sor Schlech­ten­dahl, Pro­fes­sor Jo­hann Pe­ter Berg (1737-1800) oder der Arzt Dr. Hein­rich Ja­cob Schö­nen­berg.

Der Duis­bur­ger Zir­kel dehn­te schlie­ß­lich sei­ne Be­zie­hun­gen nach Düs­sel­dorf und das Wup­per­tal et­wa um Fried­rich Hein­rich Ja­co­bi, Fried­rich Chris­ti­an Hoff­mann (1759-1829), Pfar­rer Theo­dor Mül­ler (1732-1775) und Tho­mas Wi­zen­mann (1759-1787) aus. Aus die­sem um Col­len­busch ge­spon­ne­nen Netz­werk war Do­ro­thea Wup­per­mann (1747-1820) be­son­ders au­gen­fäl­lig. Sie gab an, seit ih­rem sechs­ten Le­bens­jahr Vi­sio­nen zu ha­ben, die sie für Be­su­che aus der Geis­ter­welt hielt. 1772 weil­te sie in Duis­burg, um sich von Col­len­busch ärzt­lich be­han­deln zu las­sen. Im Zu­ge des­sen er­zähl­te sie ihm von ih­ren Vi­sio­nen, die er und vor al­lem Ha­sen­kamp als Be­kräf­ti­gung sei­ner Stu­fen­leh­re sa­hen. Die Theo­rie der sie­ben Stu­fen, die den Men­schen in Über­win­dung von sie­ben Prü­fun­gen zur Hei­li­gung brin­gen, hat­te Col­len­busch seit 1768 pos­tu­liert.

1774 kam es bei An­ton Phil­ipp Cas­pa­ry (1732-1793) zu ei­nem denk­wür­di­gen Tref­fen, zur so­ge­nann­ten „El­ber­fel­der Zu­sam­men­kunf­t“. Die Gäs­te Jo­hann Wolf­gang Goe­the (1749-1832), Fried­rich Hein­rich Ja­co­bi, Jo­hann Cas­par La­va­ter, Jo­hann Hein­rich Jung-Stil­ling (1740-1817), Jo­hann Ger­hard Ha­sen­kamp und Col­len­busch dis­ku­tier­ten theo­lo­gisch-phi­lo­so­phi­sche Fra­ge­stel­lun­gen, die die Hei­li­ge Schrift und das Ver­hält­nis von Glau­be und Ver­nunft be­tra­fen, oh­ne auf ei­nen Nen­ner zu kom­men. Nach die­sem Tref­fen kühl­te das Ver­hält­nis zwi­schen Ha­sen­kamp und La­va­ter ab. Letz­te­rer mo­nier­te zu­dem die Ab­hän­gig­keit sei­nes Freun­des von Col­len­busch. 

Nach dem Tod sei­nes Freun­des Ha­sen­kamp 1777 und wohl auch auf­grund zu­neh­men­der ge­sund­heit­li­cher Pro­ble­me zog Col­len­busch Weih­nach­ten 1783 ins Wup­per­tal. Hier hat­te er Kon­tak­te zu den Fa­mi­li­en Wup­per­mann, Sie­bel, Hoff­mann und Evers­ten.

Col­len­busch, der zeit­le­bens un­ver­hei­ra­tet blieb, führ­te ein zu­rück­ge­zo­ge­nes und ein­fa­ches Le­ben. Das el­ter­li­che Er­be war schnell auf­ge­bracht, die Ein­nah­men als Schwel­mer Brun­nen­arzt wa­ren be­schei­den. Um An­fech­tun­gen sei­ner be­ruf­li­chen Kom­pe­tenz ent­ge­gen zu tre­ten, reich­te Col­len­busch 1789 sei­ne erst in la­tei­ni­scher, dann in deut­scher Spra­che ver­fass­te Dis­ser­ta­ti­on über Vor- und Nach­tei­le des Schwel­mer Brun­nens bei der me­di­zi­ni­schen Fa­kul­tät in Duis­burg ein. Sei­ne Er­blin­dung zwang ihn, sei­nen Be­ruf auf­zu­ge­ben. Ab da war er auf fi­nan­zi­el­le und ma­te­ri­el­le Hil­fe sei­ner Freun­de an­ge­wie­sen. 

Die­se lie­ßen ihm un­ter an­de­rem auch Wer­ke von Jo­hann Sa­lo­mo Sel­mer (1725-1791) und Im­ma­nu­el Kant (1724-1840) zu­kom­men. Col­len­busch, der beim Le­sen und Schrei­ben auf die Hil­fe sei­ner Haus­häl­te­rin an­ge­wie­sen war, be­schäf­tig­te sich ein­ge­hend mit den Auf­klä­rern sei­ner Zeit, die er scharf kri­ti­sier­te. Kants Ver­nunft­re­li­gi­on lehn­te er ab, da der Mensch in sei­ner Er­kennt­nis­mög­lich­keit über­höht und da­mit von Gott ent­frem­det wer­de. Sei­ne An­sich­ten leg­te er Kant erst­mals in ei­nem Brief vom 6.1.1795 dar, er­hielt je­doch nie Ant­wort, was ihn sehr em­pör­te. Am 1.9.1804 ver­starb Sa­mu­el Col­len­busch nach mehr­wö­chi­gem Brust­lei­den in sei­ner Woh­nung „im Wer­t­h“. 

Sa­mu­el Col­len­busch war stu­dier­ter Me­di­zi­ner, nicht Theo­lo­ge. Trotz­dem ver­stand es der Laie, mit sei­nen re­li­giö­sen An­sich­ten Men­schen um sich zu ver­sam­meln und zu über­zeu­gen. Er­staun­lich ist, dass Theo­lo­gen wie Ha­sen­kamp oder Gott­fried Men­ken (1768-1831) bei ihm Rat und Er­klä­rung such­ten. Bei Col­len­busch selbst lie­fen vie­le un­ter­schied­li­che theo­lo­gi­sche An­sät­ze zu­sam­men, aus de­nen er sei­ne ei­ge­ne Leh­re form­te. Bei ihm fin­den sich Ele­men­te ei­nes re­for­mier­ten wie lu­the­ri­schen Pro­tes­tan­tis­mus, ei­nes ra­di­ka­len Pie­tis­mus, der Mys­tik ei­nes Ters­tee­gens und über Fri­cker auch Im­pul­se des eng­li­schen Me­tho­dis­mus. Sei­ne Be­zie­hun­gen und Be­kannt­schaf­ten reich­ten weit über die nie­der­rhei­ni­schen, teil­wei­se so­gar deut­schen Lan­des­gren­zen hin­aus. Kon­tak­te pfleg­te er nach Würt­tem­berg und in die Schweiz. 

Col­len­busch hat zu sei­nen Leb­zei­ten sei­ne theo­lo­gi­schen An­sich­ten nie pu­bli­ziert, son­dern sie le­dig­lich in Brie­fen und Auf­sät­zen nie­der­ge­schrie­ben. Die­se Schrift­stü­cke zir­ku­lier­ten in sei­nem Freun­des­kreis, wel­cher ver­schie­de­ne Kon­fes­sio­nen oder Mei­nun­gen nicht als Gren­zen mensch­li­chen Mit­ein­an­ders sah. Bei Col­len­busch „wird das Wet­ter­leuch­ten er­weck­lich-unio­nis­ti­scher Ten­den­zen sicht­bar“ (Uwe Ren­fordt). 

Sei­ne Freun­de, noch mehr sei­ne Schü­ler und Be­wun­de­rer tru­gen schlie­ß­lich Col­len­buschs Ide­en bis ins 19. Jahr­hun­dert wei­ter. Der in Duis­burg stu­dier­te Theo­lo­ge Chris­ti­an Krafft (1784-1845) brach­te sie in die „Er­lan­ger Schu­le“ ein, Gott­fried Tho­ma­si­us‘ (1802-187) Keno­sis ist eben­falls von Col­len­busch in­spi­riert. Über Col­len­buschs wich­tigs­ten Schü­ler Gott­fried Men­ken wur­den sei­ne An­sich­ten zu De­mut und Be­schei­den­heit nach Bre­men über­mit­telt, wo­hin­ge­gen Fried­rich Wil­helm Krum­ma­cher (1796-1868) sein Schrift­prin­zip und sei­nen Hei­li­gungs­ak­ti­vis­mus bis nach Ber­lin brach­te. Über Her­mann Cre­mer (1843-1903) wa­ren Spu­ren Col­len­buschs schlie­ß­lich noch in der „Greifs­wal­der Schu­le“ aus­zu­ma­chen. 

Werke

Er­klä­rung bib­li­scher Wahr­hei­ten ge­sam­melt aus der Nach­las­sen­schaft, Neue Samm­lung, 2. Auf­la­ge, El­ber­feld 1807-1808.
 
Mitt­hei­lun­gen aus dem Le­ben und Wir­ken des se­li­gen Sa­mu­el Col­len­busch, Bar­men 1853.
 
Pa­ra­gra­phen zu aus­ge­wähl­ten Schrift­stel­len, Reut­lin­gen 1871.
 
Theo­lo­gi­sche Ab­hand­lun­gen, Reut­lin­gen 1872.
 
Doc­tor Col­len­busch. Aus­zü­ge aus sei­nem Ta­ge­buch, Stutt­gart 1877.
 
Ta­ge­buch 1781-1782, o.J.
 
Gol­de­ne Äp­fel in sil­ber­nen Scha­len oder Er­klä­rung bib­li­scher Wahr­hei­ten ge­sam­melt aus dem Nach­las­se Dr. Col­len­buschs und sei­ner Freun­de, Duis­burg 1930.
 
Gol­de­ne Äp­fel in sil­ber­nen Scha­len oder Er­klä­rung bib­li­scher Wahr­hei­ten, ge­sam­melt aus den Pa­pie­ren des Ver­stor­be­nen,2. Auf­la­ge, Bar­men 1829.

Literatur

Bautz, Fried­rich Wil­helm: Col­len­busch, Sa­mu­el, in: Bio­gra­phisch-Bi­blio­gra­phi­sches Kir­chen­le­xi­kon, Band 1, Hamm 1975, Sp. 1097f.
 
Cre­mer, Her­mann (Hg.), Aus dem Nach­laß ei­nes Got­tes­ge­lehr­ten. Auf­sät­ze, Brie­fe und Ta­ge­buch­blät­ter von Dr. Sa­mu­el Col­len­busch, wei­land prak­ti­scher Arzt in Bar­men, Stutt­gart 1902.
 
Fau­len­bach, Hei­ner, Col­len­busch, Sa­mu­el, in: Theo­lo­gi­sche Rea­len­zy­klo­pä­die 8 (1981), S. 154-156.
 
Ren­fordt, Uwe, Sa­mu­el Col­len­busch (1724-1803). Arzt, Pie­tist und Kri­ti­ker der Auf­klä­rung, Dis­ser­ta­ti­on, Kirch­li­che Hoch­schu­le Wup­per­tal 2013, 2014.

Online

Bar­ni­kol, Ernst, Col­len­busch, Sa­mu­el, in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 3 (1957), S. 322. [On­line]

Brief Samuel Collenbuschs an seinen Freund Johann Caspar Lavatar vom 30.6.1787. (Collenbusch, Samuel: 11 Briefe an Johann Caspar Lavater/S. Collenbusch an J.C. Lavater, 30.6.1787, FA Lav Ms 505.288/Public Domain Mark).

 
Zitationshinweis

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Schröder, Ilona, Samuel Collenbusch, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/samuel-collenbusch/DE-2086/lido/615edfc8b9b0a8.38665111 (abgerufen am 25.04.2024)