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Texwindis (auch Tenxwind oder Teghwind) von Andernach war Vorsteherin der Frauenkonvente Springiersbach und Andernach, die einer strengen kirchlichen Reformbewegung des 12. Jahrhunderts angehörten.
Texwindis von Andernach stammte nicht aus der gleichnamigen Stadt am Rhein, sondern wuchs in der Eifel auf. Ihre Eltern waren der pfalzgräfliche Ministeriale Ruker und seine Ehefrau Benigna. Nach dem Tod des Vaters (um 1100) entschloss sich ihre Mutter, in der südlichen Eifel im Kondelwald an einem einsamen Ort („locus solitarius") namens Thermunt (südlich vom heutigen Bad Bertrich gelegen) mit Erlaubnis des rheinischen Pfalzgrafen Siegfried von Ballenstedt (1075-1113) eine „cella" zu erbauen, in der Kanoniker ein gemeinsames geistliches Leben führen sollten. Die „cella" wurde an den Erzbischof von Trier Bruno von Lauffen übertragen, der diesen Akt 1107 bestätigte. Aus dieser Gründung ging das spätere Kanonikerstift Springiersbach hervor.
Texwindis kam wie ihr Bruder Richard (gestorben 1158) wahrscheinlich minderjährig in diese Gemeinschaft und erhielt dort ihre Ausbildung. Richard leitete den Konvent ab circa 1115 als Propst und seit 1129 als Abt.
Die 1123/1128 entstandenen „Consuetudines" (Regeln) von Springiersbach hatten großen Einfluss auf die Kanonikerreform im Reich: sie verpflichteten zur strikten Befolgung des Armutsgebotes, zu körperlicher Arbeit, ausgedehntem Fasten, nächtlichen Gebeten und zur Aufnahme auch von Nichtadeligen und Armen. Richard spielte innerhalb der radikaleren Richtung der Reformkanonikerbewegung eine große Rolle. Um diese Reformimpulse an andere geistliche Institute weiterzugeben, wurden Kanoniker aus Springiersbach unter anderem nach Steinfeld, Klosterrath/Rolduc, Frankenthal und Bolanden gerufen.
Wohl bis 1128 lebte Texwindis in Springiersbach. Nach dem nicht näher datierbaren Tod ihrer Mutter leitete sie in ihrer Nachfolge als „magistra" den Frauenkonvent, der eng mit dem von ihrem Bruder Richard geführten Kanonikerstift verbunden war. Danach verlegte sie die Schwesterngemeinschaft in die unmittelbare Nähe von Andernach. Die Ansiedlung erfolgte in einem verlassenen Kloster vor den Toren der Stadt. Dieses Haus hatte der Trierer Erzbischof Meginher von Vianden erworben und ihnen zur Verfügung gestellt. Bereits im August 1129 konnte das Gotteshaus eingeweiht werden. Dort lebte man nicht nach der Benedikt-, sondern – wie schon in Springiersbach – nach der strengeren zweiten Augustinusregel („ordo monasterii"). Texwindis war die erste Vorsteherin dieser Gemeinschaft. Unter ihrer Leitung blühte der Konvent auf und erhielt viele Stiftungen. Bis zu 100 Schwestern sollen dort gelebt haben. Das Kloster war das älteste und bedeutendste innerhalb der Springiersbacher Observanz und die älteste Frauengemeinschaft mit der Augustinusregel in der alten Diözese Trier. Texwindis war somit nicht nur die leibliche Schwester Richards, sondern auch eine starke Förderin der Reformbewegung. Der Andernacher Konvent blieb weiterhin Springiersbach unterstellt, um auf diese Weise die Einhaltung der strengen Regeln der Reformkanonikerbewegung zu gewährleisten.
Bekannt geworden ist Texwindis vor allem durch einen Briefwechsel mit der Benediktinerinnenäbtissin Hildegard von Bingen (1098-1179) in der Zeit zwischen dem Ende des Jahres 1147 und 1153, wahrscheinlich zwischen 1148 und 1150: In dieser Korrespondenz kritisierte die Andernacherin eine Reihe von Gewohnheiten, die Hildegard in ihrem Kloster praktizierte. Sie monierte den prunkvollen Gottes- und Chordienst, an dem die Schwestern mit gelösten Haaren, Schmuck und kostbaren Gewändern bekleidet teilnahmen, da dies nicht ihren Vorstellungen und den Idealen des Neuen Testamentes entsprach. Darüber hinaus übte sie Kritik an den Eintrittsmöglichkeiten ins Kloster, da in Hildegards Konvent nur Frauen aufgenommen wurden, die adelig oder reich waren. Auch dies widerspreche dem Neuen Testament und dem Leben in der Urkirche. Hildegard rechtfertigte die von Texwindis kritisierten Praktiken mit der zeitgenössischen hierarchischen Ständelehre und der besonderen Stellung der im Kloster lebenden Jungfrauen. Überlieferungsgeschichtlich setzte sich Hildegards autoritativ vorgetragene, inhaltlich aber schwach begründete Antwort durch und führte sogar zu einer redaktionellen Verfälschung von Texwindis` Anfrage.
Diese Auseinandersetzung war nicht nur eine persönliche zwischen der Andernacherin und Hildegard, sondern repräsentiert vielmehr größere zeitgenössische kirchenpolitische Strömungen. Als Schwester einer Persönlichkeit wie Richard, der in einer der wirksamsten Armuts- und Bußbewegungen des Mittelalters führend tätig war, nahm Texwindis daher eine wichtige Rolle ein.
Das genaue Sterbejahr von Texwindis ist unbekannt. Nach einem 1319 gefertigten und heute in der Stadtbibliothek Trier liegenden Nekrolog ist nur bekannt, dass der Todestag auf einen 22. April fiel; sie ist wohl nicht vor 1152/1153 gestorben.
Literatur
Acker, Levien von, Der Briefwechsel der heiligen Hildegard von Bingen, in: Revue Bénédictine 98 (1988), S. 144–146.
Aris, Marc-Aeilko, Tenxwind von Andernach, in: Lexikon des Mittelalters, Band 8, München 1997, Sp. 544.
Boockmann, Hartmut, Das Mittelalter. Ein Lesebuch aus Texten und Zeugnissen des 6. bis 16. Jahrhunderts, München 1989, S. 81–84.
Haverkamp, Alfred, Tenxwind von Andernach und Hildegard von Bingen. Zwei „Weltanschauungen" in der Mitte des 12. Jahrhunderts, in: Fenske, Lutz/Rösener, Werner/Zotz, Thomas (Hg.), Institutionen, Kultur und Gesellschaft im Mittelalter. Festschrift für Josef Fleckenstein zu seinem 65. Geburtstag, Sigmaringen 1984, S. 515–548.
Rosen, Wolfgang, Hildegard von Bingen und Texwindis von Andernach. Zwei Konventsvorsteherinnen streiten über das rechte Klosterleben, in: Andernacher Annalen 3 (1999/2000), S. 5–25.
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Rosen, Wolfgang, Texwindis von Andernach, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/texwindis-von-andernach/DE-2086/lido/57c93cfa0fb195.13161351 (abgerufen am 07.10.2024)