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Werner Peiner galt im „Dritten Reich“ als einer der profiliertesten Maler. Neben Albert Speer (1905-1981) als Architekt und Arno Breker als Bildhauer war er von Adolf Hitler (1889-1945) dazu bestimmt, mit Monumentalmalerei und großformatigen Wandteppichen die neue Hauptstadt Germania (Berlin) nach erfolgreichem Kriegsausgang als Mittelpunkt des großgermanischen Weltreichs zu gestalten. 1944 setzte Hitler ihn deshalb zum Schutz vor Fronteinsatz mit elf weiteren auf die Sonderliste der „Unersetzlichen Künstler“ (sogenannte Gottbegnadeten-Liste).
Werner Peiner ist am 20.7.1897 in Düsseldorf geboren. Seine Eltern stammten aus Mechernich in der Eifel. Die Familie war katholisch. Vater Josef Peiner (1867-1945), aus landwirtschaftlichen Verhältnissen kommend, erlernte den Beruf des Kaufmanns und siedelte nach verschiedenen Anstellungen in Düsseldorf, wo er zum Geschäftsführer einer Holzgroßhandlung aufstieg. Mutter Sophia Maintz‘ (1871-1951) Geburtshaus ist ein Gutshof im Ortszentrum. Neben ihrem Ältesten hatte das Ehepaar Peiner zwei Töchter, Elisabeth (1899-1974) und Maria (1901-1987).
Bei Kriegsausbruch meldete sich Werner Peiner zu einem Ulanen-Regiment. Nach Kriegsende versuchte er in Bad Münstereifel die kaufmännische Lehre, wechselte aber bald zum Studium der Malerei. Ausschlag gab ein Freund des Vaters, Prof. Wilhelm Döringer (1862-1929), Lehrer der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf. Im Februar 1919 wurde Peiner in Düsseldorf immatrikuliert. Nach etwa zwei Jahren verließ er die Akademie als Meisterschüler und gründete 1920 mit Fritz Burmann (1892-1936) und Richard Gessner (1894-1989) die „Dreimannwerkstätte“ - ein Zusammenschluss von nur kurzer Dauer. 1923 heiratete Peiner Marie Therese Lauffs und zog zu den Schwiegereltern nach Bonn. Das Ehepaar hatte keine eigenen Kinder. 1950 nahm es Hilde Peiner, die verwaiste Tochter eines Vetters als Adoptivtochter auf. Mitte 1925 richtete Peiner in Düsseldorf sein Atelier ein. Sein Galerist in dieser Zeit war Hermann Abels, Inhaber des „Kunstsalon Hermann Abels“ in Köln.
Über die Bekanntschaften mit dem Architekten Emil Fahrenkamp und dem Shell-Manager Dr. Walter Kruspig (1895-1939) erhielt Peiner nach der Mitte der 1920er Jahre Aufträge für die Ausgestaltung von Kirchen-, Versicherungs- und Industriebauten. 1933 wurde er als Lehrer an die Staatliche Kunstakademie Düsseldorf berufen. Durch Kruspig gelang es ihm, seine Klasse für Monumentalmalerei von der Düsseldorfer Akademie für ein Jahr zu trennen, um in Kronenburg (heute Gemeinde Dahlem) zu unterrichten. Kruspig konnte als Wehrwirtschaftsführer in dieser Zeit Hermann Göring (1893-1946) von einer eigenen Hermann Göring-Meisterschule für Malerei (HGM) begeistern, die Peiner in Kronenburg aus Mitteln der Preußischen Staatskasse aufbaute. Bis 1944 führte er mit seinen Studierenden hier Staatsaufträge, unter anderem die Entwürfe der Wandteppiche für die „Neue Reichskanzlei“ aus. Am 13.7.1937 trat der Künstler der NSDAP bei. Der Eintritt wurde aus unbekannten Gründen auf den 1.5.1937 rückdatiert. 1938 wurde er Mitglied der Preußischen Akademie der Künste. 1940 berief ihn Göring zum Preußischen Staatsrat.
Beim Vorrücken der Alliierten wechselte Peiner 1944 ins Bergische Land. Nach seiner Internierung versuchte er, ab Frühjahr 1946 die Rückkehr nach Kronenburg zu organisieren. Doch seine Immobilie wurde für die Kunstakademie Düsseldorf beschlagnahmt. In Leichlingen fand Werner Peiner 1949 mit der Burganlage Haus Vorst einen neuen Wohnsitz. Dort starb er am 19.8.1984.
Werner Peiner hatte seine Einstellung zur diffusen Kunsttheorie des „Dritten Reichs“ unbewusst schon in jungen Jahren mit „seinem Kampf“ gegen die modernen Kunstrichtungen gefestigt. Seine Antipathie gegen die Moderne entnahm er sicherlich noch vage reflektiert den Theorien Alfred Rosenbergs (1892-1946, „Mythus des 20. Jahrhunderts“, 1930) und Paul Schultze-Naumburgs (1869-1949, „Kunst und Rasse“, 1928), die neben der Publikation Wolfgang Willrichs (1897-1949) aus dem Jahr 1937„Säuberung des Kunsttempels“, die Aktion „Entartete Kunst“ ermöglichten.
Peiners Bekenntnis zum Nationalsozialismus wird in der wissenschaftlichen Literatur relativ spät mit dem Eintritt in die NSDAP und mit der Adaption von NS-Ideologien in seinen Staatsaufträgen angesetzt. Er selbst bekräftigt seine Haltung zur „Nationalsozialistischen Revolution“ schon 1931/1932 in seinem Aufsatz „Die neue Aufgabe der Malerei“: „Aus dieser allgemeinen Not wuchs die gewaltige Erhebung, in der wir zur Zeit stehen. Ein Ruf geht durch das Land um Befreiung aus unerträglicher Lage; eine Besinnung auf die Kräfte, die uns verblieben sind, kehrt wieder...“ Mit diesem „Glaubensbekenntnis“ trat er schon vor der Machtergreifung als Werber für die Nationalsozialisten auf. Und er dokumentierte seine politische Einstellung in Landschaftsgemälden, die Blut-und-Boden-Ideologie widerspiegeln. Seine nationalsozialistische Malweise belegte er 1933 mit dem Schlüsselbild „Deutsche Erde“, das er als seine wertvollste Arbeit bezeichnete, die aus Begeisterung für den Führer und dessen „großes Gedankengut“ entstanden wäre.
Seinen Malstil hatte der Künstler Mitte der 1930er Jahre nicht endgültig gefunden. Er wechselte zwischen der Adaption altdeutscher Kunst vermischt mit neoromantischen Tendenzen und einer an die Neue Sachlichkeit angelehnten Weise. Die Gemälde, die bisher bei seinen bürgerlichen Kunden im Rheinland problemlosen Absatz gefunden hatten, passten in das von den NS-Machthabern gewünschte Schema einer neuen deutschen Kunst. Insofern musste Peiner seinen Stil nicht ändern. Denn er suchte in seinen Werken schon längst in geistiger Übereinstimmung die Nähe zu nationalsozialistischen Auftraggebern. Es war nicht wirtschaftlicher Anreiz, der ihn in das Lager der Nationalsozialisten wechseln ließ. Es war Überzeugung von der Wahrhaftigkeit deren Weltanschauung und Politik.
In der Nachkriegszeit ließ der Künstler keinen Zweifel an seiner weltanschaulichen Ausrichtung. Da ihm, dem Katholiken, Vertreter der römisch-katholischen Kirche den Rückweg nach Kronenburg verschlossen und Versuche eine Meisterschule nach Kronenburger Vorbild an anderem Ort zu installieren, fehlschlugen, suchte er sowohl neue spirituelle Wege als auch den Schulterschluss mit NS-Exponenten, wie Albert Speer, Erich Gritzbach (1896-nach 1955, „Chef des Stabsamtes des Reichsmarschalls des Deutschen Reiches“) und Alfred Stange (1894-1968, Lehrstuhlinhaber für Kunstgeschichte in Bonn, Vertrauter Rosenbergs). Ihm fiel es deswegen im Nachkriegsdeutschland mit Hilfe solch alter Bekannter leicht, in Politik und Wirtschaft zahlungskräftige Kunden für seine Arbeiten zu finden.
Das Wissen um Peiners Haltung zum Nationalsozialismus vorausgesetzt, mutet es wie das Stockholm-Syndrom an, wenn seine Schüler noch in den 1970er und 80er Jahren behaupten, ihren Lehrer nie als Nationalsozialisten erkannt zu haben. Einerseits hat wohl die „strenge Zucht“ der HGM diese Antworten beeinflusst, andererseits war es die Sorge, mit dem NS-Staat in Verbindung gebracht zu werden. Denn die Unterweisung der Schüler in nationalsozialistischen Themen durch die beiden Kunsthistoriker der HGM, die Beteiligung an NS-Veranstaltungen und das regelmäßige, gemeinsame Anhören von „Führerreden“ im Rundfunk, die Besichtigung von „NS-Kultstätten“ in München und Nürnberg, wie sie das Tagebuch der Schule beweisen, rückten auch sie in die ideologische Nähe ihres Meisters.
Peiner litt an der Kunstakademie Düsseldorf an der Beschneidung der Freiheit seiner Lehre. Er entwarf deshalb seine Vision von Dependancen als Werkstätten nach mittelalterlichem Vorbild. Das Statut der HGM, das „Geistige Gesetz“ dieser Schule, wohl schon 1936 verfasst, war Bekenntnis zur Staatskunst, die von ihren Auftraggebern und nicht von den Ausführenden bestimmt wurde. Denn nicht der Künstler, sondern Schirmherr Göring war mit der Eröffnung am 8.6.1938 „Chef“ der Institution.
Mit den Staatsaufträgen reduzierte Peiner seine Kunst auf handwerklich gekonnte, symbolhaltige Dekorationsmalerei, befähigt, NS-Ideologien zu visualisieren. Private Aufträge schloss er aus, als er Göring bat, zu bestimmen, wer ihn mit der Herstellung von Kunstwerken beauftragen dürfe. Die an der Düsseldorfer Akademie geforderte freie Lehre hatte er freiwillig aufgegeben. Auch wenn er noch nicht ahnen konnte, was die Zukunft des NS-Staates nach siegreichem Krieg für ihn bereithielt, so schmeichelte ihm schon jetzt das herzliche Verhältnis seines Patrons, der ihn als den Einzigen in der Lage sah, der „maroden deutschen Kunst“ zu helfen.
Nach 1945 verharrte Peiner im Zeitgeist des „Dritten Reichs“, weil man ihn nicht mehr als großen Maler anerkannte und als Nationalsozialisten anprangerte. Er zog keine Lehren aus seinem Untergang mit dem Nazi-Regime. Er machte in seiner Autobiografie 1975/1976 nicht einmal den Versuch, seine exponierte Rolle im „Dritten Reich“ zu hinterfragen. Stattdessen verfasste er seine Lebenslüge. Er schloss das Manuskript mit der Rechtfertigung: „Ich diente nur meiner Kunst und war mir bewußt, daß ich sie durch die Tiefe dieser Zeit tragen mußte … Für den Geist allein, aus dem es entstand, bin ich dem Schöpfer verantwortlich.“
Hauptwerke während der NS-Zeit
1933 - Deutsche Erde, Geschenk der Kommune Mechernich an Adolf Hitler. Verbleib unbekannt.
1936-1937 – Zyklus von vier Wandteppichen: „Die Falkenjagden“, gefertigt für das „Haus der Flieger“, Berlin. Verbleib unbekannt.
1937/38 - Triptychon: „Das schwarze Paradies“, Ankauf durch Adolf Hitler für die Neue Staatskanzlei, Berlin. Verbleib unbekannt.
1938-1939 – Zyklus von zehn Wandteppichen: „Die weiblichen Tugenden“, geplant für das „Führerhaus“ in München, von Hermann Göring für den großen Speisesaal seines Landhauses Carinhall übernommen. Verbleib unbekannt.
1939 – Zyklus von fünf Wandteppichen: „Die fünf Erdteile“, gefertigt für das „Auswärtige Amt“. Verbleib Deutsches Historisches Museum, Berlin.
1939-1941 – sieben Kartons zum Zyklus von acht Wandteppichen: „Marksteine deutscher Geschichte“, gefertigt für die Marmorgalerie der Neuen Staatskanzlei, Berlin. Verbleib unbekannt.
Schriften
Vom Wesen der Kunst, Sonderdruck o.O. u. J. (um 1931/32).
Die Malerei und ihre Aufgabe, Typoskript o.O. (Kronenburg), o.J. (1942).
Sinn- und Sinnlosigkeit der zeitgemässen Kunst, Typoskript o.J. (September 1950).
Ein Künstlerleben in Sturm und Stille, Typoskript, o.O. (Leichlingen), o.J. (1975/76).
Nachlass
Der Nachlass befindet sich im Rheinischen Archiv für Künstlernachlässe: Tagebuch der Hermann Göring-Meisterschule für Malerei, Gästebuch der Hermann-Göring-Meisterschule für Malerei, Werkverzeichnis, Sammlung von Zeitungsausschnitten, Fotosammlung, Korrespondenz, nachgelassene Schriften.
Literatur
Baur, Otto, Werner Peiner und die Meisterschule für Malerei in Kronenburg/Eifel, in: Kronenburg. Festschrift anläßlich der 700-Jahr-Feier der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahre 1277, Kronenberg 1977, S. 38-62.
Cremers, Paul Joseph, Werner Peiner, in: Westermanns Monatshefte, 75. Jg., Heft 889, September 1930, Sonderdruck, S. 1-16.
Doll, Nikola, Mäzenatentum und Kunstförderung im Nationalsozialismus. Werner Peiner und Hermann Göring, Weimar 2010.
Dreyer, Ernst Adolf, Werner Peiner. Vom Wesen seiner Kunst, Sonderdruck o.O. u. J. (um 1931/32).
Dreyer, Ernst, Werner Peiner. Vom geistigen Gesetz deutscher Kunst. Mit einem Geleitwort von Universitätsprofessor Dr. Karl Koetschau, Direktor des Kaiser-Friedrich-Museums Berlin, Hamburg 1936.
Eberlein, Karl Kurt, Werner Peiner, Ausstellungskatalog der Preußischen Akademie der Künste, Berlin 1938.
Hesse, Anja, Malerei des Nationalsozialismus. Der Maler Werner Peiner (1897-1984), Hildesheim 1995.
Pesch, Dieter/Pesch, Martin, Kunst im Dritten Reich, Werner Peiner, Verführer oder Verführter, München 2012.
Stange, Alfred, Werner Peiner. Der Meister der monumentalen Malerei, Typoskript, o.O. (Bonn), o.J. (1942/43).
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Pesch, Dieter, Werner Peiner, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/werner-peiner/DE-2086/lido/5e14a18880ae31.38109058 (abgerufen am 12.12.2024)