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Wilhelm Schneider-Clauß war Autor und Herausgeber hochdeutscher und mundartlicher Werke. Seine Stärke lag eindeutig auf der Mundart; bis heute gilt er als maßgeblicher Vertreter dieser Gattung.
Wilhelm Schneider-Clauß, ursprünglich Wilhelm Schneider, wurde am 29.1.1862 in Köln, in der Großen Witschgasse Nr. 14, geboren. Sein Vater Ludgerus Rüdiger Schneider (1830-1918), ein Schmiede- und Schlossermeister, stammte aus Hermülheim (heute Stadt Hürth), seine Mutter Katharina Schneider (1834-1912), geborene Segschneider, aus Gymnich (heute Erftstadt). Er war das einzige Kind seiner Eltern.
Nach dem Besuch der Elementarschulen in Köln in der Waisenhausgasse und an St. Mauritius wechselte er auf das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium. 1882 nahm er in Heidelberg das Studium der Medizin auf. Nach einer Unterbrechung wegen des Militärdienstes im Leibregiment des Königs von Bayern entschloss er sich, in Straßburg Philologie zu studieren. Dieses Studium schloss er 1888 mit dem Staatsexamen und der Promotion ab. In seiner Doktorarbeit befasste er sich mit dem Werk des römischen Dichters Properz (um 48 v.-15 n. Chr.). Anschließend absolvierte er ein Jahr als Kandidat des höheren Lehramtes am Kaiser-Wilhelm-Gymnasium in der Heinrichstraße in Köln.
Dann übernahm er für 17 Jahre als Schulleiter und Privatunternehmer die Rektoratsschule für Knaben mit Pensionat in Kerpen. 1906 wechselte er als Oberlehrer an das Städtische Paritätische Progymnasium in Eupen. 1907 wurde er zum Professor ernannt. Er war verheiratet mit Agnes Friedel Schneider-Clauß (gestorben 1967), die allerdings kaum Erwähnung findet.
1913 kehrte er nach Köln zurück. Bis zu seiner Pensionierung 1927 unterrichtete er als Oberlehrer beziehungsweise Studienrat am Städtischen Realgymnasium in Köln-Lindenthal. Er wohnte in Köln-Junkersdorf und benannte sein Haus nach dem Titel seines ersten Theaterstücks „Heimgefunge“.
Wilhelm Schneider-Clauß war Mitglied des 1902 gegründeten Vereins Alt-Köln, heute Heimatverein Alt-Köln, der ihn 1909 zum Ehrenmitglied ernannte. 1912 richtete der Verein zu seinem 50. Geburtstag einen „Schneider-Clauß-Abend“ aus, 1932 zum 70. Geburtstag eine Ausstellung. Er war - mit dem Spitznamen „Rutsteff“ - Mitglied der Roten Funken, deren Präsidentschaft er zweimal für kurze Zeit (1923, 1931-1932) innehatte. Der offizielle Name „Kölsche Funke rut-wieß vun 1823 e.V." geht auf ihn zurück.
Seit 1889 veröffentlichte er Texte, zunächst unter einem Pseudonym, da er Schwierigkeiten mit seinen Vorgesetzten befürchtete. Als A. Kestes schrieb er seine ersten Karnevalslieder, später verwendete er den Namen Dr. Wilhelm Clauß. Der Erfolg seiner Bücher führte schnell zur Aufdeckung seiner wahren Identität. Seitdem benutzte er den Namen Wilhelm Schneider-Clauß, der später auch amtlich anerkannt wurde. Er selbst hat die Geschichte „Wie ich an der Name Schneider-Clauß kummen ben?“ aufgeschrieben.
Wilhelm Schneider-Clauß begann seine literarische Laufbahn mit hochdeutschen und kölschen Karnevalsliedern für die „Große Karnevals-Gesellschaft“, zu deren 50-jährigem Jubiläum er 1894 außerdem einen Festbericht und eine geschichtliche Skizze „Unsere Große, wie sie ward und war“ verfasste. Zwei Jahre später gab er das „Kölner Kommersbuch“ dieser Gesellschaft heraus, welches Liedtexte aus 72 Jahren enthält. Zwischen 1893 und 1897 veröffentlichte er seine ersten literarischen Mundarttexte, die vier Erzählungen „Us unse Lotterbovejohre“, die in Köln zwischen 1870 und 1880 spielen. Weitere Sammlungen mit Gedichten und Erzählungen folgten, darunter „Em ahle Poßhoff. Veer Verzällcher üvver einfache Lück“ und „Fletten un Blotsdröppcher“ (beide 1907).
1908 erschien sein Roman „Alaaf Kölle. En Schelderei us großer Zick“, der als Höhepunkt seines Schaffens gilt. Die Handlung spielt im Köln der Gründerzeit und beginnt an Gründonnerstag 1880 und endet an Weihnachten 1885. Bedeutende stadtgeschichtliche Ereignisse und Entwicklungen bilden den Rahmen. So schildert der Autor ausführlich die Feierlichkeiten zur Vollendung des Domes 1880, thematisiert den Abbruch der mittelalterlichen Stadtmauer und die Planungen zum Bau der Neustadt sowie zur Stadterweiterung. „Alaaf Kölle“ ist bis heute der einzige Roman, der in kölnischer Mundart geschrieben wurde. Er stellt die Fülle und den Reichtum dieser Mundart mit ihren Redewendungen und Sprichwörtern sowie ihrer bildlichen Ausdrucksweise exemplarisch unter Beweis.
Nach 1910 wandte er sich, angeregt durch seine Erfahrungen bei Lesungen, dem kölnischen Volksschauspiel zu, und begann, Theaterstücke in Mundart zu verfassen. Sein erstes Stück „Heimgefunge“ hatte am 1.6.1912 im Städtischen Schauspielhaus Premiere, aufgeführt von Berufsschauspielern. Schon eine Woche später stellte Schneider-Clauß sein zweites Volksschauspiel „De Eierkönegin“ vor, fünf weitere folgten in den nächsten Jahren: „Unger der Krützblom“ (1913), „D’r wirkliche Geheime...“ (1914), „Et große Loß“ (1916), „D’r Schudderhot“ (1919) und „Aachunveezig“ (1920). Nach dem Ersten Weltkrieg regte Wilhelm Schneider-Clauß an, dass zukünftig statt Berufsschauspielern Laien seine Stücke spielen sollten und gründete 1919 die „Schneider-Clauß-Bühne“. Sie nahm auch Werke von Hans Jonen (1892-1958) in ihr Repertoire auf. Solange es die politische und finanzielle Situation erlaubte, fanden Aufführungen statt, auch nach dem Zweiten Weltkrieg nahm sie ihre Spieltätigkeit mit den Stücken „Heimgefunge!“ und „D’r Schudderhot“ wieder auf.
Für die „Cäcilia Wolkenburg“, die Bühnenspielgemeinschaft des Kölner Männer-Gesang-Vereins, schrieb Wilhelm Schneider-Clauß das Divertissementchen „Vun Meddernaaks bes Morgens“, das 1929 zur Musik von Josef Boden (1873-1941) aufgeführt wurde. Für das Hänneschen-Theater verfasste er zehn Puppenspiele, zum Beispiel „D’r Düxer Bock“ oder „Wann ahl Schöre brenne“.
Ein weiter Band mit Erzählungen erschien 1925 „Altfränsche Lück. Fünf ähnze Stöckelcher“. In den Folgejahren veröffentlichte er seine Werke nur in Zeitungen und Zeitschriften. Erst in den 1940er Jahren publizierte er noch zwei schmale Bändchen mit Erzählungen. Er war außerdem als Herausgeber tätig und stellte mit dem „Kölnischen Vortragsbuch“ 1920 die erste maßgebliche Anthologie in Kölner Mundart zusammen. Wilhelm Schneider-Clauß schrieb auch hochdeutsche Gedichte und Romane, wie „Der Gymnicher Ritt. Eine romantische Erzählung“ (1894) oder den Roman „Auf dem platten Lande“ (1902).
Für seine Gedichte in Kölner Mundart gewann er viermal den Preis der Fastenrath-Stiftung bei den „Kölner Blumenspielen“ (1902, 1903, 1904 und 1911). Außerdem erhielt er zwei außerordentliche Preise für seine hochdeutschen Gedichte.
Wilhelm Schneider-Clauß starb am 7.11.1949 in Köln-Junkersdorf und wurde auf dem dortigen Friedhof begraben. Ihm zu Ehren hat die Stadt Köln am Friedhofseingang einen Gedenkstein anbringen lassen, auf dem zwei Grielächer das Kölner Wappen tragen und der Spruch „Herr, ich danke dir für das, was du mir gabst“ zu lesen ist. In Köln-Junkersdorf, in Köln-Nippes sowie in Hürth sind Straßen nach ihm benannt.
Werke (Auswahl)
Us unse Lotterbovejohre, Köln 1893-1897.
Kölsch Gemööt. Verzällcher un Bildcher en Rüümcher, Köln 1903.
Em ahle Poßhoff. Veer Verzällcher üvver einfache Lück, Köln 1907.
Fletten un Blotsdröppcher, Köln 1907.
Alaaf Kölle. En Schelderei us großer Zick, Köln 1908.
Zwesche Vringspooz un Eigelstein. Kölsche Bildcher un Verzällcher, Köln 1909.
Kölnisches Vortragsbuch, hg. von Wilhelm Schneider-Clauß, Köln 1920.
Von kölnischer Mundart und Dichtung, in: Handbuch von Köln, hg. von Hermann Wieger, Köln 1925, S. 376-389.
Altfränsche Lück. Fünf ähnze Stöckelcher, Köln 1925.
Husmannskoß. Lück un Levve us dem ale Kölle en Verzällcher, Köln 1941.
Nohbersch-Kinder. Sibben Bildcher us dem Minschelevve, Essen 1947.
Gesamtausgabe der Werke in kölnischer Mundart, 7 Bände, hg vom Heimatverein Alt-Köln, Köln 1967-1992.
Literatur (Auswahl)
Faulhaber, Gabriele, Zum Gedenken an Wilhelm Schneider-Clauß zum 150. Geburtstag am 29. Januar 2012, in: Krune un Flamme – Mitteilungen des Heimatvereins Alt-Köln, Heft 60, Februar 2012, S. 22-23.
Goettert, Klaus, Vorwort, in: Wilhelm Schneider Clauß, Us unse Lotterbovejohre, Gesamtausgabe der Werke in kölnischer Mundart, Band1, hg. vom Heimatverein Alt-Köln e.V., Köln 1967, S. 5-12.
Hilgers, Heribert A., Schneider-Clauß, Wilhelm, in: Kölner Autoren-Lexikon 1750-2000, Band 1: 1750-1900, bearb. von Enno Stahl, Köln 2000, S. 205-207.
Nitt, Ingeborg, Alaaf Kölle – Wilhelm Schneider-Clauß zum 150. Geburtstag, in: Klaaf – Magazin der Akademie för uns kölsche Sproch, Heft 1/2012, Köln 2012, S. 32-35.
Oelsner, Wolfgang, Schneider-Clauß, Wilhelm, Dr., in: Soénius, Ulrich S./Wilhelm, Jürgen (Hg.), Kölner Personen-Lexikon, Köln 2008, S. 483.
Salm, Carl (Hg.), Das Schneider-Clauß-Buch – Festgabe zum 60. Geburtstage des Dichters Wilhelm Schneider-Clauß, Köln 1922.
Schneider-Clauß, Wilhelm, „Jet vu‘ meer“ und „Wie ich an der Name ‚Schneider-Clauß‘ kummen ben?“, in: Wilhelm Schneider Clauß, Us unse Lotterbovejohre, Gesamtausgabe der Werke in kölnischer Mundart, Band1, hg. vom Heimatverein Alt-Köln e.V., Köln 1967, S. 15-21.
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Nitt, Ingeborg, Wilhelm Schneider-Clauß, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/wilhelm-schneider-clauss/DE-2086/lido/6024d9b9edf133.80040928 (abgerufen am 07.10.2024)