Fuhrer, Armin, Hugo Junkers. Das Leben ist ein Kampf. Eine Biographie, Reinbek 2024

698 S., ISBN 978-3-95768-247-5, 38 Euro

Henning Türk (Bonn)

Hu­go Jun­kers ist den meis­ten als Luft­fahrt­pio­nier be­kannt. Ins­be­son­de­re die Ju52 gilt als le­gen­dä­res Flug­zeug. Im Fo­kus von Ar­min Fuh­rers sehr gut re­cher­chier­ter Bio­gra­phie ste­hen al­ler­dings we­ni­ger die tech­nik­ge­schicht­li­chen As­pek­te, son­dern das Le­ben des um­trie­bi­gen Er­fin­ders und Un­ter­neh­mers. Jun­kers Bio­gra­phie ist eng mit dem Rhein­land ver­knüpft. Er stamm­te aus Rhe­ydt, wo sein Va­ter ei­ne Tex­til­fa­brik be­trieb. Nach dem 1878 ab­ge­leg­ten Ab­itur auf der Hö­he­ren Ge­wer­be­schu­le in Bar­men be­gann er ein Ma­schi­nen­bau-Stu­di­um in Ber­lin, das er nach ei­nem In­ter­mez­zo in Karls­ru­he an der Tech­ni­schen Hoch­schu­le in Aa­chen fort­setz­te. Dort schloss Jun­kers sein Stu­di­um 1883 ab. Nach­dem er zu­nächst in der el­ter­li­chen Fir­ma und in Aa­chen ge­ar­bei­tet hat­te, kehr­te er spä­ter wie­der an die Tech­ni­sche Hoch­schu­le zu­rück, um dort ei­ne Pro­fes­sur für Ther­mo­dy­na­mik zu über­neh­men.

Jun­kers ent­wi­ckel­te sich zu ei­nem Mul­ti-Er­fin­der. Er forsch­te in zahl­rei­chen Be­rei­chen, wie et­wa im Mo­to­ren­bau, oder in der Ent­wick­lung von Gas­ther­men und Ba­de­öfen. Jun­kers mel­de­te vie­le Pa­ten­te an und grün­de­te im­mer wie­der neue Fir­men. Zu­neh­mend ver­leg­te er sich dann auf den Flug­zeug­bau in Des­sau, der ihn sehr fas­zi­nier­te. Ein­schnei­dend für sei­ne Fir­men in die­sem Be­reich wa­ren be­son­ders zwei Er­eig­nis­se: 1926 fu­sio­nier­te, nach Druck der Reichs­re­gie­rung, sei­ne „Jun­kers Luft­ver­kehr AG" mit der „Deut­schen Ae­ro-Lloyd" zur „Deut­schen Luft Han­sa AG". Der grö­ß­te Ein­schnitt kam dann mit der Er­nen­nung Adolf Hit­lers zum Reichs­kanz­ler am 30.1.1933.

Fuh­rer ge­lingt es hier sehr an­schau­lich, die sich wan­deln­den Sicht­wei­sen Hu­go Jun­kers auf die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten her­aus­zu­prä­pa­rie­ren. So setz­te Jun­kers zu­nächst durch­aus wirt­schaft­li­che Hoff­nun­gen in Hit­ler, be­grü­ß­te die Re­du­zie­rung der Par­tei­en und die Gleich­schal­tung. Es stell­te sich je­doch sehr schnell her­aus, dass sei­ne Hoff­nun­gen auf Sand ge­baut wa­ren. Sein Ziel, die For­schung im Be­reich der Luft­fahrt aus­zu­bau­en, kol­li­dier­te mit dem Ziel der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten, mög­lichst schnell, mög­lichst vie­le mi­li­tä­risch nutz­ba­re Flug­zeu­ge her­zu­stel­len. Und da­für bot sich die ge­ra­de neu auf den Markt ge­kom­me­ne Ju52 per­fekt an. Den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten, ins­be­son­de­re Reichs­luft­fahrt­mi­nis­ter Her­mann Gö­ring, ging es da­her dar­um, dass Jun­kers zu­nächst sei­ne pri­va­ten Pa­ten­te auf sei­ne Un­ter­neh­men über­tra­gen und dann die Mehr­heit an sei­nen Un­ter­neh­men ab­ge­ben soll­te. Zu­neh­mend per­sön­lich und in sei­nem fa­mi­liä­ren und wirt­schaft­li­chen Um­feld un­ter Druck ge­setzt, wil­lig­te Jun­kers schlie­ß­lich im Ok­to­ber 1933 in bei­de Punk­te ein. An­schlie­ßend zog er sich ge­zwun­ge­ner­ma­ßen, für Des­sau be­stand et­wa ein Auf­ent­halts­ver­bot, ins Pri­vat­le­ben zu­rück. Zu­letzt wohn­te er in Mün­chen, wo er am 5.2.1935 starb.

Ins­ge­samt ge­lingt es Fuh­rer ein­drück­lich her­aus­zu­ar­bei­ten, dass Jun­kers im­mer an der For­schung und der Wis­sen­schaft ori­en­tiert war. Das wa­ren sei­ne Fix­punk­te und die­sen Fo­kus woll­te er, un­ter Ver­ken­nung der Tat­sa­chen, auch in der NS-Zeit noch durch­set­zen. Fuh­rer stützt sei­ne Bio­gra­phie auf ein sehr er­gie­bi­ges Quel­len­ma­te­ri­al. So konn­te er bei­spiels­wei­se zahl­rei­che Quel­len von Hu­go Jun­kers aus dem Ar­chiv des En­kels Bernd Jun­kers nut­zen und In­ter­views aus­wer­ten, wel­che die His­to­ri­ke­rin Mar­ga­re­te Con­zel­mann noch in den 1930er und 1940er Jah­ren mit Weg­ge­fähr­ten von Hu­go Jun­kers ge­führt hat­te.

Auf die­ser Ba­sis ent­fal­tet Fuh­rer das Pan­ora­ma ei­nes wech­sel­vol­len Le­bens zwi­schen Kai­ser­reich, Wei­ma­rer Re­pu­blik und na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Herr­schaft. Ihm ge­lingt da­bei ei­ne span­nen­de und strin­gen­te Er­zäh­lung über Jun­kers, die nicht die tech­ni­schen De­tails sei­ner Er­fin­dun­gen in den Vor­der­grund rückt, son­dern sei­nen wirt­schaft­li­chen Auf­stieg und sei­ne Ide­en ge­schickt in die Zeit­läuf­te ein­ord­net.

Zitationshinweis

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Türk, Henning, Fuhrer, Armin, Hugo Junkers. Das Leben ist ein Kampf. Eine Biographie, Reinbek 2024, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Verzeichnisse/Literaturschau/fuhrer-armin-hugo-junkers.-das-leben-ist-ein-kampf.-eine-biographie-reinbek-2024/DE-2086/lido/6847e6b4609ce1.44996508 (abgerufen am 15.07.2025)

Buchcover: Hugo Junkers. Das Leben ist Kampf. (Lau Verlag)

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 12.06.2025