Karl Joseph Schulte

Erzbischof von Köln (1871-1941)

Andreas Burtscheidt (München)

Erzbischof Karl Joseph Kardinal Schulte. (Dombauarchiv Köln)

Karl Jo­seph Kar­di­nal Schul­te durch­lief in der ers­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts ei­ne bei­spiel­haf­te kir­chen­hier­ar­chi­sche Kar­rie­re – mit 38 Jah­ren wur­de er 1910 Bi­schof von Pa­der­born, 1920 Erz­bi­schof von Köln und ein Jahr spä­ter noch nicht ein­mal 50-jäh­rig Kar­di­nal – den­noch blieb der zu­rück­hal­tend-nüch­ter­ne Sau­er­län­der in dem ex­po­nier­ten Hir­ten­amt in der rhei­ni­schen Me­tro­po­le weit­aus we­ni­ger im Ge­dächt­nis haf­ten als et­wa sein Nach­fol­ger Jo­seph Kar­di­nal Frings. Doch hat­te wohl kaum ein Köl­ner Ober­hir­te un­ter der­art schwie­ri­gen po­li­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen zu re­gie­ren wie ­die­ser Köl­ner Erz­bi­schof in den Jah­ren nach dem Ers­ten Welt­krieg bis in die ers­ten Jah­re des Zwei­ten Welt­kriegs. 

Schul­te wur­de am 14.9.1871 auf Haus Val­bert bei Ödin­gen (heu­te Len­nestadt) im Kreis Me­sche­de (heu­te Kreis Ol­pe) als Sohn des Guts­päch­ters Os­wald Schul­te und des­sen Ehe­frau An­to­net­ta, ge­bo­re­ne Schlün­der, in der länd­li­chen Ab­ge­schie­den­heit des Sau­er­lan­des ge­bo­ren und ver­leb­te dort ei­ne wohl glück­li­che wie prä­gen­de frü­he Kind­heit. Auf­grund ei­ner neu­en Tä­tig­keit des Va­ters in der Ver­wal­tung der Krupp-Wer­ke sie­del­te die Fa­mi­lie am Be­ginn der Schul­zeit des Soh­nes nach Es­sen, in die pul­sie­ren­de Me­tro­po­le des Ruhr­ge­bie­tes, über. Der Schü­ler des Es­se­ner Burg-Gym­na­si­ums er­leb­te dort den Auf­schwung die­ses wich­ti­gen west­deut­schen In­dus­trie­re­viers in den ers­ten Jah­ren des ge­ra­de ge­grün­de­ten Kai­ser­rei­ches un­mit­tel­bar mit. Sein Re­li­gi­ons­leh­rer An­to­ni­us Fi­scher - der ei­ner sei­ner Vor­gän­ger auf dem Köl­ner Bi­schofs­stuhl wer­den soll­te (Epis­ko­pat 1902-1912) - mahn­te die so­zia­le Fra­ge als ei­ne zu­neh­mend wich­ti­ge für die ka­tho­li­sche Kir­che an. Und tat­säch­lich er­leb­te der Gym­na­si­ast Schul­te vie­le kirch­li­che In­itia­ti­ven, die in die­se Rich­tung wie­sen, wie et­wa die Grün­dung des „Volks­ver­eins für das ka­tho­li­sche Deutsch­lan­d“ (1890) oder die En­zy­kli­ka „Rer­um No­var­um“ Papst Le­os XIII. (Pon­ti­fi­kat 1878-1903), die 1891 er­schien - in dem Jahr, in dem Schul­te sein Ab­itur ab­leg­te. 

An­schlie­ßend be­gann Schul­te das Stu­di­um der Theo­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Bonn und be­leg­te weit mehr Fach­ge­bie­te als es der theo­lo­gi­sche Lehr­plan vor­schrieb – phi­lo­so­phi­sche, his­to­ri­sche und kunst­his­to­ri­sche The­men fan­den eben­falls sein In­ter­es­se. Den ers­ten und wahr­schein­lich ein­zi­gen Bruch in sei­ner Vi­ta er­leb­te der jun­ge Stu­dent aus­ge­rech­net in sei­ner Bon­ner Stu­di­en­zeit: ein un­er­laub­ter Wirts­haus­be­such trug ihm den Ver­weis aus dem Col­le­gi­um Al­ber­ti­num, dem Theo­lo­gen­kon­vikt der Köl­ner Erz­diö­ze­se in Bonn, ein, so dass er sein Stu­di­um au­ßer­halb der Köl­ner Diö­ze­san­gren­zen in Müns­ter und an­schlie­ßend im Pa­der­bor­ner Pries­ter­se­mi­nar fort­set­zen muss­te. Der da­ma­li­ge Pa­der­bor­ner Bi­schof Hu­bert Theo­phil Si­mar (1835-1902, 1891-1899 Bi­schof von Pa­der­born, da­nach bis 1902 Erz­bi­schof von Köln) weih­te Schul­te schlie­ß­lich am 22.3.1895 zum Pries­ter. 

In den fol­gen­den sechs Jah­ren wirk­te Schul­te als Vi­kar in Wit­ten an der Ruhr, ei­ner Dia­spor­a­ge­mein­de, die vom Stein­koh­le­berg­bau ge­prägt war. Dies soll­ten sei­ne ein­zi­gen Er­fah­run­gen in der prak­ti­schen Seel­sor­ge blei­ben, denn der neue Pa­der­bor­ner Bi­schof Wil­helm Schnei­der (1847-1909, Epis­ko­pat 1900-1909) be­rief Schul­te 1901 als Re­pe­tent an das Theo­lo­gen­kon­vikt der Bi­schofs­stadt und 1903 in glei­cher Stel­lung an das dor­ti­ge Pries­ter­se­mi­nar. Es zeich­ne­te sich ei­ne mög­li­che wis­sen­schaft­li­che Kar­rie­re ab, denn Schul­te wur­de eben­falls 1903 in Tü­bin­gen zum Dr. theol. mit ei­ner Ar­beit über „Theo­do­ret von Cy­rus als Apo­lo­ge­t“ pro­mo­viert und 1905 zum Pro­fes­sor für Apo­lo­ge­tik und Kir­chen­recht an der Theo­lo­gisch-Phi­lo­so­phi­schen Lehr­an­stalt in Pa­der­born er­nannt. 1909 ge­hör­te er zu den Mit­be­grün­dern der Zeit­schrift „Theo­lo­gie und Glau­be“, als mit dem Tod von Bi­schof Schnei­der der bi­schöf­li­che Stuhl in Pa­der­born va­kant wur­de. Über­ra­schend fiel am 30.11.1909 die Wahl des Dom­ka­pi­tels ein­stim­mig auf den 38-jäh­ri­gen Schul­te, der nach der päpst­li­chen Be­stä­ti­gung im Fe­bru­ar am 19.3.1910 von sei­nem ehe­ma­li­gen Re­li­gi­ons­leh­rer An­to­ni­us Kar­di­nal Fi­scher im Pa­der­bor­ner Dom zum Bi­schof ge­weiht wur­de. Am 12.4.1910 er­nann­te ihn der Hei­li­ge Stuhl zu­dem zum Ad­mi­nis­tra­tor des Apos­to­li­schen Vi­ka­ri­ats An­halt. 

 

Schon früh zeich­ne­te sich ab, dass der Stil des neu­en Bi­schofs bei al­ler in­ner­diö­ze­sa­nen Tat- und Schaf­fens­kraft nie auf all­zu vor­der­grün­di­ge und öf­fent­lich­keits­wirk­sa­me Ak­ti­vi­tä­ten aus war – im Ge­gen­teil: durch sei­ne aus­glei­chen­de, Schär­fen ver­mei­den­de Art ern­te­te er bei kirch­li­chen wie auch staat­li­chen Stel­len Wohl­wol­len und emp­fahl sich auch des­halb schon früh für ho­he und noch hö­he­re kirch­li­che Äm­ter. In sei­ne Pa­der­bor­ner Amts­zeit fie­len enor­me po­li­ti­sche wie in­ner­kirch­li­che Aus­ein­an­der­set­zun­gen: der Ers­te Welt­krieg und der Hö­he­punkt des An­ti­mo­der­nis­ten­streits in den Pon­ti­fi­kats­jah­ren Papst Pi­us X. (Pon­ti­fi­kat 1903-1914), der sich im deut­schen Ka­tho­li­zis­mus in den Vor­kriegs­jah­ren bei­spiels­wei­se am so­ge­nann­ten Ge­werk­schafts­streit ab­le­sen ließ. Der stär­ker so­zi­al-ka­tho­lisch ori­en­tier­te und von Köln her ge­präg­te Ka­tho­li­zis­mus im Wes­ten trat eher für über­kon­fes­sio­nel­le, christ­li­che Ge­werk­schaf­ten ein, der bis 1914 am­tie­ren­de Bres­lau­er Kar­di­nal Ge­org von Kopp (1837-1914, seit 1887 Fürst­bi­schof von Bres­lau) ver­tei­dig­te ve­he­ment die rein kon­fes­sio­nel­le Ge­gen­po­si­ti­on. Der so­zi­al­po­li­tisch ein­ge­stell­te Köl­ner Erz­bi­schof Fi­scher fand bis zu sei­nem Tod 1912 sei­nen Pa­der­bor­ner Kol­le­gen und Schü­ler Schul­te an sei­ner Sei­te und nur mit Mü­he konn­te Schul­te be­reits 1912 ei­ne vie­len Ent­schei­dungs­trä­gern nur all­zu na­he­lie­gen­de Be­ru­fung auf den Köl­ner Bi­schofs­stuhl noch ab­weh­ren.

Wäh­rend des Ers­ten Welt­krie­ges mach­te Schul­te durch ei­ne Kriegs­ge­fan­ge­nen­hil­fe über die Gren­zen sei­ner Diö­ze­se hin­aus von sich re­den. Mit­tels ei­nes Such­diens­tes lie­ßen sich tau­sen­de Sol­da­ten al­ler Na­tio­nen er­mit­teln, die an­schlie­ßen­de Für­sor­ge für die Kriegs­ge­fan­ge­nen brach­te Schul­te ho­he An­er­ken­nung ein. Da­mit ent­sprach er vor al­lem den In­ten­tio­nen des neu­en Paps­tes Be­ne­dikt XV. (Pon­ti­fi­kat 1914-1922), der auf den Pa­der­bor­ner Ober­hir­ten auf­merk­sam wur­de. Als Kar­di­nal Fi­schers Nach­fol­ger Fe­lix Kar­di­nal von Hart­mann ein Jahr nach dem En­de des ver­lo­re­nen Ers­ten Welt­krie­ge­s ­plötz­lich starb, lief die Nach­fol­ge end­gül­tig auf Schul­te zu und trotz in­ne­rer per­sön­li­cher Wi­der­stän­de nahm Schul­te den Ruf nach Köln an, ge­treu sei­nem bi­schöf­li­chen Wahl­spruch „In ob­se­qui­um Chris­ti“, zum ge­hor­sa­men Dienst an Chris­tus. 

Nach der fast ein­stim­mi­gen Wahl durch das Köl­ner Me­tro­po­li­tan­ka­pi­tel am 15.1.1920 und der päpst­li­chen Be­stä­ti­gung An­fang März er­griff der einst­mals in Un­gna­de aus dem Erz­bis­tum ent­las­se­ne Bon­ner Kon­viktsstu­dent Karl Jo­seph Schul­te am 25.3.1920 Be­sitz von der Köl­ner Erz­diö­ze­se und er­hielt ein knap­pes Jahr spä­ter am 7.3.1921 von Papst Be­ne­dikt XV. den Kar­di­nals­hut. 

Ein in ers­ter Li­nie gu­ter Seel­sor­ger für sei­ne Diö­ze­se zu sein, war für den neu­en Erz­bi­schof ei­nes sei­ner wich­tigs­ten An­lie­gen – dies hat­te schon für sei­ne Pa­der­bor­ner Bi­schofs­jah­re ge­gol­ten. Vie­le Ak­ti­vi­tä­ten in den 21 Jah­ren sei­nes Wir­kens in Köln zeu­gen da­von: Schul­te hielt re­gel­mä­ßi­ge Tref­fen mit den De­chan­ten ab, die De­ka­na­te selbst wur­den ver­klei­nert und neu ein­ge­teilt, zwei Diö­ze­san­syn­oden fan­den statt (1922, 1937), 1921 wur­de das His­to­ri­sche Ar­chiv des Erz­bis­tums Köln be­grün­det und 1930 ein neu­es Ge­sang- und Ge­bet­buch her­aus­ge­ge­ben. Die Ver­le­gung des Köl­ner Pries­ter­se­mi­nars in das ab­ge­schie­de­ne Bens­berg (heu­te Ber­gisch Glad­bach) 1929 wur­de je­doch nicht als ei­ne ge­schick­te Maß­nah­me an­ge­se­hen und von Kar­di­nal Frings 1958 wie­der rück­gän­gig ge­macht. 

Im Köl­ner Erz­bis­tum leb­ten schon da­mals die meis­ten Ka­tho­li­ken im Reich, so dass es für Schul­te aus eben­so seel­sorg­li­chen Grün­den kei­nen un­will­kom­me­nen Schritt be­deu­te­te, dass das Kon­kor­dat Preu­ßens mit dem Hei­li­gen Stuhl von 1929 die Er­rich­tung der Köl­ner Suf­fra­gan­diö­ze­se Aa­chen vor­sah, was zu ei­ner Ver­klei­ne­rung der Ka­tho­li­ken­zahl im Erz­bis­tum um ei­ne Mil­li­on führ­te. Köln hat­te mit 2,4 Mil­lio­nen da­na­ch­ im­mer noch die meis­ten Ka­tho­li­ken und neu­er Aa­che­ner Bi­schof wur­de mit dem bis­he­ri­gen Köl­ner Ge­ne­ral­vi­kar Jo­seph Vogt oh­ne­hin ein Ver­trau­ter Schul­tes.

Über sei­ne seel­sorg­li­chen Am­bi­tio­nen hin­aus fiel Schul­te nach dem En­de der Ho­hen­zol­lern-Mon­ar­chie auch als be­tont stand­fest auf, was die Ver­tre­tung na­tio­na­ler In­ter­es­sen in der durch­aus fra­gi­len Wei­ma­rer De­mo­kra­tie be­traf. Den Kurs der ka­tho­li­schen Zen­trums­par­tei un­ter­stütz­te Schul­te bis 1933 mit ei­ni­gen Ab­stri­chen. An­ders als sein Mün­che­ner Amts­bru­der Mi­cha­el Kar­di­nal von Faul­ha­ber (1869-1952, seit 1917 Erz­bi­schof von Mün­chen und Frei­sing, 1921 Kar­di­nal), der noch lan­ge Zeit der Mon­ar­chie nach­trau­er­te, nahm Schul­te die Re­pu­blik im Grun­de nüch­tern und emo­ti­ons­los an, ent­pupp­te sich aber als durch­aus ent­schie­de­ner Geg­ner ei­ner Los­lö­sung des Rhein­lan­des von Preu­ßen. Se­pa­ra­tis­ti­sche Be­we­gun­gen, die in der frü­hen Wei­ma­rer Re­pu­blik am Rhein ho­he Kon­junk­tur hat­ten, lehn­te er strikt ab. Statt­des­sen ließ er das Dom­ge­läut mit der „Deut­schen Glo­cke vom Rhein“ – der welt­weit grö­ß­ten frei­schwin­gen­den Glo­cke –  wie­der ver­voll­stän­di­gen. 

Pro­ble­ma­tisch wirk­ten sich für Schul­tes Köl­ner Jah­re zwei Ein­schrän­kun­gen aus, die mit fort­schrei­ten­der Amts­dau­er, die seit 1933 in die Jah­re des Drit­ten Rei­ches fiel, sein Er­schei­nungs­bild be­reits in der da­ma­li­gen Öf­fent­lich­keit und stär­ker noch in der Ge­schich­te letzt­lich auch ne­ga­tiv be­ein­fluss­ten: Schul­tes west­fä­lisch-sau­er­län­disch ge­präg­te Men­ta­li­tät war im Ge­gen­satz zu sei­nen Jah­ren in Pa­der­born nicht ver­ein­bar mit der rhei­ni­schen. Schon sei­ne ab­sur­de Idee in den frü­hen 1920er Jah­ren, den Kar­ne­val in Köln un­ter­bin­den zu wol­len, muss­te bei sei­nen Zeit­ge­nos­sen höchst be­fremd­lich wir­ken. Die in­tro­ver­tiert-stil­le Art Schul­tes, der sich nicht nur zur Kar­ne­vals­zeit lie­ber aus der Öf­fent­lich­keit zu­rück­zog, wur­de deut­lich vi­ru­len­ter, als ab 1927 ein schwe­res Herz­lei­den auf­trat, von dem er sich nie er­ho­len soll­te. Für ei­nen mu­ti­gen öf­fent­li­chen Auf­tritt wi­der das na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Sys­tem bei­spiels­wei­se im Sti­le sei­nes Müns­te­ra­ner Kol­le­gen im Bi­schofs­amt, Cle­mens Au­gust Graf von Ga­len (1878-1946, seit 1933 Bi­schof von Müns­ter, 1946 Kar­di­nal), brach­te Schul­te von sei­ner Per­sön­lich­keit her kei­ne Vor­aus­set­zung mit, wenn­gleich er die NS-Ideo­lo­gie stets klar ab­ge­lehnt hat. 

Schul­te blieb nach der Macht­er­grei­fung 1933 miss­trau­isch ge­gen­über der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Welt­an­schau­ung, doch fiel es ihm schwer, staat­li­chen Au­to­ri­tä­ten ge­gen­über den staats­bür­ger­li­chen Ge­hor­sam zu ver­wei­gern. Auch in­ner­halb des deut­schen Epis­ko­pats nahm er ei­ne zu­rück­hal­ten­de Po­si­ti­on ein und bil­de­te mit dem Vor­sit­zen­den der Ful­da­er Bi­schofs­kon­fe­renz Adolf Kar­di­nal Ber­tram (1859-1945, seit 1914 Fürst­erz­bi­schof von Bres­lau, 1919 Kar­di­nal), den er noch von des­sen Hil­des­hei­mer Bi­schofs­jah­ren (1906-1914) gut kann­te, ei­ne eher de­fen­si­ve Li­nie ge­gen­über dem Hit­ler­re­gime, an­ders als et­wa die Bi­schö­fe Ga­len oder Graf von Prey­sing (1880-1950, seit 1935 Bi­schof von Ber­lin, 1946 Kar­di­nal). Hier­bei spiel­ten auch die Rück­sicht auf Kle­rus und Gläu­bi­ge sei­ner Erz­diö­ze­se, die er nicht un­nö­ti­gen Span­nun­gen aus­ge­setzt se­hen woll­te, eben­so ei­ne Rol­le wie die Ein­sicht, im Grun­de chan­cen- und macht­los ei­ner staat­li­chen Ober­herr­schaft ge­gen­über­zu­ste­hen. Ei­ne per­sön­li­che Be­geg­nung mit Adolf Hit­ler (1889-1945) am 7.2.1934 hat­te die­sen Ein­druck bei Schul­te zu­sätz­lich ver­stärkt. 

Ein viel­leicht gnä­di­ges Schick­sal er­spar­te Schul­te, das NS-Re­gime und den Zwei­ten Welt­krieg bis zum En­de er­tra­gen zu müs­sen – wäh­rend ei­nes schwe­ren Bom­ben­an­griffs auf die Köl­ner In­nen­stadt starb er knapp 70-jäh­rig in der Nacht zum 11.3.1941 an aku­tem Herz­ver­sa­gen. Am 17.3.1941 wur­de er in der Bi­schofs­gruft des Köl­ner Do­mes bei­ge­setzt. 

Bis heu­te steht Karl Jo­seph Kar­di­nal Schul­te in der kir­chen­ge­schicht­li­chen Be­trach­tung im Schat­ten sei­ner bei­den über die Gren­zen der Köl­ner Erz­diö­ze­se weit hin­aus­ra­gen­den Nach­fol­ger Frings un­d Höff­ner; auch ei­ne wis­sen­schaft­li­che Mo­no­gra­phie über sein Le­ben und Wir­ken sucht man no­ch ­ver­ge­bens. Doch wird man bei hin­ter­grün­di­ge­rer Re­cher­che sich nicht wun­dern dür­fen, auch et­li­che po­si­ti­ve Stim­men sei­ner un­mit­tel­ba­ren Zeit­ge­nos­sen über sein Wir­ken ein­fan­gen zu kön­nen: so über­mit­telt et­wa der Schul­te eng ver­trau­te rö­mi­sche Zen­trums­pres­se­kor­re­spon­den­t Ed­mund Raitz von Fr­entz ei­nen Aus­spruch Papst Pi­us’ XI. (Pon­ti­fi­kat 1922-1939), der Schul­tes ab­wä­gen­de Ur­teils­fä­hig­keit hoch­schätz­te un­d ihn von al­len deut­schen Bi­schö­fen „il più pru­den­te di tut­ti“, al­so den klügs­ten von al­len nann­te.[1] 

Die Stadt Pa­der­born ver­lieh ihm 1920 nach sei­ner Er­nen­nung zum Erz­bi­schof von Köln die Eh­ren­bür­ger­wür­de. Sei­nen Na­men trägt das von ihm ge­grün­de­te ehe­ma­li­ge Pries­ter­se­mi­nar in Ber­gisch Glad­bach-Bens­berg, heu­te Ta­gungs­zen­trum der Erz­diö­ze­se (Kar­di­nal Schul­te Haus). In Ber­gisch Glad­bach ist auch ei­ne Stra­ße nach ihm be­nannt. 

Werke

Theo­do­ret von Cy­rus als Apo­lo­get, Diss. theol. Tü­bin­gen 1903.

Literatur

He­gel, Edu­ard, Das Erz­bis­tum Köln zwi­schen der Re­stau­ra­ti­on des 19. Jahr­hun­derts und der Re­stau­ra­ti­on des 20. Jahr­hun­derts. 1815-1962 (Ge­schich­te des Erz­bis­tums Köln 5), Köln 1987.
Hehl, Ul­rich von, Ka­tho­li­sche Kir­che und Na­tio­nal­so­zia­lis­mus im Erz­bis­tum Köln 1933–1945, Mainz 1977.
Hehl, Ul­rich von, Karl Jo­seph Kar­di­nal Schul­te. In: Rhei­ni­sche Le­bens­bil­der 10 (2001), S. 61-73.
In Ob­se­qui­um Chris­ti. Ge­denk­aus­stel­lung des His­to­ri­schen Ar­chivs des Erz­bis­tums Köln zum 50. To­des­tag von Karl Jo­seph Kar­di­nal Schul­te am 10. März 1991, Köln 1991.
Sta­siew­ski, Bern­hard, Die Stel­lung Karl Jo­seph Kar­di­nal Schul­tes zum Na­tio­nal­so­zia­lis­mus. Ein Bei­trag zur Ver­tei­di­gung der Äm­ter und Stän­de der Kir­che im Erz­bis­tum Köln. In: Cors­ten, Wil­helm/Frotz, Au­gus­ti­nus/Lin­den, Pe­ter (Hg.),Die Kir­che und ih­re Äm­ter und Stän­de. Fest­schrift für Kar­di­nal Frings, Köln 1960, S. 570-599.

Erzbischof Karl Joseph Kardinal Schulte, Porträtfoto. (Dombauarchiv Köln)

 
Zitationshinweis

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Burtscheidt, Andreas, Karl Joseph Schulte, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/karl-joseph-schulte/DE-2086/lido/57c94abb4e2c52.34276323 (abgerufen am 19.04.2024)