Severin

Heiliger und Bischof von Köln (397)

Joachim Oepen (Köln)

Heiliger Severin, Holzskulptur des Kölner Bischofs in der Katholischen Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt in Ginderich, Arnt Beeldsnider zugeschrieben, um 1500. (Bildarchiv Foto Marburg)

Se­ve­rin (Se­ve­ri­nus) war der drit­te na­ment­lich be­kann­te Köl­ner Bi­schof. Sei­ne Ver­eh­rung geht von der Köl­ner Kir­che St. Se­ve­rin aus, wo sich auch ­die ­Ge­bei­ne des Hei­li­gen be­fin­den. 

 

Im We­sent­li­chen sind es le­dig­lich zwei schrift­li­che Quel­len, die Hin­wei­se auf Le­ben und Amts­zeit Se­ve­rins bie­ten: Die seit dem frü­hen Mit­tel­al­ter ent­stan­de­nen Köl­ner Bi­schofs­lis­ten füh­ren ihn nach Ma­ter­nus un­d Eu­phra­tes als drit­ten na­ment­lich be­kann­ten Amts­in­ha­ber auf. Um 580 schil­der­t ­fer­ner ­Bi­schof Gre­gor von Tours (Epis­ko­pat 573–594) das Le­ben sei­nes Amts­vor­gän­gers, des 396 oder 397 ver­stor­be­nen hei­li­gen Mar­tin. Er­wähnt wird dar­in auch die Him­mel­fahrt Mar­tins, die der Köl­ner Bi­schof Se­ve­rin in ei­ner Vi­si­on er­leb­te, als er zu­sam­men mit Kle­ri­kern die hei­li­gen Stät­ten sei­ner Bi­schofs­stadt Köln be­such­te. Aus die­ser le­gen­da­ri­schen Er­zäh­lung ist zu schlie­ßen, dass Se­ve­rin zum To­des­zeit­punkt Mar­tins von Tours Bi­schof in Köln war. Zu­dem könn­te es sich bei Se­ve­rin um ei­nen Schü­ler Mar­tins ge­han­delt ha­ben, fin­den sich doch im aus­ge­hen­den 4. und be­gin­nen­den 5. Jahr­hun­dert auf meh­re­ren gal­li­schen Bi­schofs­stüh­len Amts­in­ha­ber, die aus den bei­den von Mar­tin ge­grün­de­ten Klös­tern Li­gu­gé (bei Poi­tiers) und Mar­mou­tier (bei Tours) her­vor­ge­gan­gen sind. 

Al­le üb­ri­gen schrift­li­chen Quel­len über Per­son und Ver­eh­rung Se­ve­rins set­zen nicht vor dem 9. Jahr­hun­dert ein. Da­bei kommt ei­ner im spä­ten 9. oder frü­hen 10. Jahr­hun­dert ent­stan­de­nen Vi­ta und ei­nem Trans­la­ti­ons­be­richt des Hei­li­gen ein be­son­de­rer Rang zu. Dort wird un­ter an­de­rem be­rich­tet, dass Se­ve­rin als Bi­schof von Köln ins hei­mat­li­che Bor­deaux ge­zo­gen, dort ver­stor­ben und be­gra­ben wor­den sei. Der Leib des Hei­li­gen sei dann zwi­schen Köln und Bor­deaux ge­teilt wor­den. Hier­bei han­delt es sich um ei­ne Le­gen­den­bil­dung, bei der zwei gleich­na­mi­ge, et­wa zur sel­ben Zeit an un­ter­schied­li­chen Or­ten tä­ti­ge Bi­schö­fe als ei­ne Per­son an­ge­se­hen wur­den. 

Heiliger Severin, Abbildung auf dem Severin-Anno-Fenster des Kölner Doms, um 1320. (Dombauarchiv Köln)

 

Haupt­ort der Ver­eh­rung des hei­li­gen Se­ve­rin ist die gleich­na­mi­ge Kir­che in der süd­li­chen Köl­ner Alt­stadt, wo ein ent­spre­chen­der Hei­li­gen­kult seit der zwei­ten Hälf­te des 6. Jahr­hun­derts nach­weis­bar ist. Wahr­schein­lich fand auf dem rö­mi­schen Grä­ber­feld rund um St. Se­ve­rin auch die ers­te Be­stat­tung Se­ve­rins statt. Dass die­se im Be­reich des im 4. Jahr­hun­derts ent­stan­de­nen Ur­sprungs­baus der Kir­che er­folg­te, ist mög­lich, aber nicht ein­deu­tig nach­weis­bar. Heu­te be­fin­den sich die Ge­bei­ne des Hei­li­gen in ei­nem 1819 an­ge­fer­tig­ten Schrein im Hoch­chor von St. Se­ve­rin. 

Thronender Sankt Severin, 11. Jahrhundert. Köln, Sankt Severin, Foto: Helmut Buchen.

 

1999 wur­de die­ser Schrein ge­öff­net und des­sen In­halt ei­ner um­fas­sen­den Un­ter­su­chung un­ter­zo­gen. Ne­ben den ver­ehr­ten Ge­bei­nen ent­hielt der Schrein ei­ne höl­zer­ne Re­li­qui­en­la­de des 10. Jahr­hun­derts, ei­ne grö­ße­re Zahl von far­ben­präch­ti­gen Tex­ti­li­en (7.-10. Jahr­hun­dert), Sie­gel von Schrein­s­öff­nun­gen seit 948 so­wie Frag­men­te von Höl­zern, Le­der, Wein­trau­ben­ker­nen und die Kno­chen ei­ner Maus. Die­se Ma­te­ria­li­en wei­sen ins­be­son­de­re auf früh­mit­tel­al­ter­li­che Ver­eh­rungs­ak­ti­vi­tä­ten hin. Für die mensch­li­chen Ge­bei­ne im Schrein ließ sich fest­stel­len, dass es sich um ei­nen Mann von cir­ca 159 cm Kör­per­grö­ße han­del­te, der ge­mäß Stron­ti­umana­ly­sen sei­ne Kind­heit in Köln oder dem links­rhei­ni­schen Um­feld, al­so in der ro­ma­ni­sier­ten Welt, ver­bracht ha­ben dürf­te. Bei ei­nem Ster­be­al­ter von et­wa 55 Jah­ren er­gibt sich als jüngs­tes mög­li­ches Ster­be­jahr et­wa 410 nach Chris­tus. Of­fen­bar liegt ei­ne so­zi­al hoch­ran­gi­ge Be­stat­tung vor, wor­auf nicht nur ei­ne mög­li­che Ein­bal­sa­mie­rung schlie­ßen lässt, son­dern ins­be­son­de­re das Frag­ment ei­nes so ge­nann­ten Blöck­chen­da­mas­tes des 3. oder 4. Jahr­hun­derts, der in der Mark­höh­le ei­ner der Kno­chen auf­ge­fun­den wur­de. Die­ses wert­vol­le Tex­til fand wohl bei der ers­ten Be­stat­tung des To­ten Ver­wen­dung. Da­mit lie­fert der Be­fund In­di­zi­en da­für, dass es sich bei den Ge­bei­nen tat­säch­lich um Se­ve­rin han­deln könn­te, oh­ne dass dies frei­lich ein­deu­tig nach­weis­bar wä­re. Die Be­ur­tei­lung die­ser Fra­ge ist letzt­lich im Kon­text der in der For­schung ge­führ­ten Dis­kus­si­on zu se­hen, ob es im 5. und im be­gin­nen­den 6. Jahr­hun­dert zu ei­nem Ab­bruch christ­li­chen Le­bens und der ent­spre­chen­den Struk­tu­ren im Rhein­land kam oder nicht. Auch für Se­ve­rin klafft je­den­falls vom Zeit­punkt der Be­stat­tung um 400, die auf der Ne­kro­po­le un­ter der heu­ti­gen Se­ve­rins­kir­che er­folgt sein könn­te, bis zur zwei­ten Hälf­te des 6. Jahr­hun­derts ei­ne zeit­li­che Lü­cke.  

Verehrung des hl. Severin in Köln, 20. Bild des Severinszyklus, 1499-1501. Köln, Sankt Severin, Foto: Helmut Buchen.

 

Kla­rer er­kenn­bar ist die Ver­eh­rung des hei­li­gen Se­ve­rin im wei­te­ren Ver­lauf des Mit­tel­al­ters (Fest­tag 23. Ok­to­ber). In Köln ge­hört er zu den Stadt­pa­tro­nen; von be­son­de­rer In­ten­si­tät ist der Se­ve­ri­nus­kult im Be­reich des Erz­bis­tums Köln, aber auch in fast al­len Diö­ze­sen nörd­lich der Al­pen ist ei­ne Ver­eh­rung fest­stell­bar, die stark in den skan­di­na­vi­schen Raum hin­ein aus­strahl­te. Zu un­ter­schei­den ist der hei­li­ge Se­ve­rin von Köln von an­de­ren gleich­na­mi­gen wirk­li­chen oder le­gen­dä­ren Hei­li­gen, ins­be­son­de­re vom hei­li­gen Se­ve­rin von Bor­deaux (Ver­eh­rung ins­be­son­de­re in Aqui­ta­ni­en) und vom hei­li­gen Se­ve­rin von No­ri­cum (Ver­eh­rung ins­be­son­de­re im Al­pen­raum). Die in­ten­si­ve Ver­eh­rung des Hei­li­gen er­klärt auch, dass sich aus „Se­ve­rin" meh­re­re Fa­mi­li­en­na­men ab­lei­ten, so im deutsch­spra­chi­gen Raum ne­ben der voll­stän­di­gen Na­mens­form ins­be­son­de­re „Frings",„Sie­ve­ring" und ähn­li­che, im dä­ni­schen Raum vor al­lem „Sö­ren" und „Sö­r­en­sen". 

An der Ost­sei­te des Köl­ner Rat­haus­tur­mes er­in­nert seit 1992 ei­ne Fi­gur (Bild­hau­er: Wal­ter Hutz) an Se­ve­rin. 

Quellen (Auswahl)

Oedi­ger, Fried­rich Wil­helm (Be­arb.), Die Re­ges­ten der Erz­bi­schö­fe von Köln im Mit­tel­al­ter, Band 1, Bonn 1954–1961, Nach­druck Düs­sel­dorf 1978, S. 12–16.

Literatur

Oepen, Joa­chim/Päff­gen, Bernd/Schrenk, Sa­bi­ne/Tegt­mei­er, Ur­su­la (Hg.), St. Se­ve­rin in Köln. Be­fun­de der Schrein­s­öff­nung von 1999, Sieg­burg 2010.
Sau­ser, Ek­kart, „Se­ve­rin", in: Bio­gra­phisch-Bi­blio­gra­phi­sches Kir­chen­le­xi­kon 9 (1995), Sp. 1507-1510.
Zen­der, Mat­thi­as, Die Ver­eh­rung des hl. Se­ve­rin von Köln (Ge­schicht­li­cher At­las der Rhein­lan­de, Bei­heft XI/2), Köln 1985.

Online

St. Se­ve­rin (In­for­ma­tio­nen über die Bau­ge­schich­te der St. Se­ve­rin­kir­che auf der Web­site des För­der­ver­eins Ro­ma­ni­sche Kir­chen Köln e.V.). [On­line]

Severinusstab. Köln, Sankt Severin, Foto: Celia Körber-Leupold.

 
Zitationshinweis

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Oepen, Joachim, Severin, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/severin/DE-2086/lido/57c94e2bcc8d85.81971965 (abgerufen am 18.04.2024)