Paulinus

Bischof von Trier (circa 347-358)

Andrea Binsfeld (Luxemburg)

Darstellung des Paulinus in einer Initiale der Handschrift Collatio super urbis recommendatione, sancti Paulini aperitione atque ecclesie ipsius religione[…] von Friedrich Schavard (gestorben um 1406/1409), Anfang 15. Jahrhundert. (Stadtbibliothek Trier)

Pau­li­nus setz­te als Bi­schof von Trier die kir­chen­po­li­ti­sche Li­nie sei­nes Vor­gän­gers Ma­xi­mi­nus fort. Auch er war ei­ne der füh­ren­den Per­sön­lich­kei­ten in den chris­to­lo­gi­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen sei­ner Zeit, ein En­ga­ge­ment, das er mit der Ver­ban­nung be­zahl­te.

Spä­tes­tens im Jahr 347 trat Pau­li­nus die Nach­fol­ge des Ma­xi­mi­nus an. Wie sein Vor­gän­ger setz­te er sich für Atha­na­si­us (Epis­ko­pat 328-373) ein. Die­ser ver­tei­dig­te ein Glau­bens­be­kennt­nis, wie es das Kon­zil von Ni­zäa im Jahr 325 fest­ge­schrie­ben hat­te. Dem­nach war Chris­tus glei­chen We­sens mit dem Va­ter, er war wah­rer Gott und zu­gleich wah­rer Mensch. Die Ge­gen­po­si­ti­on wird mit dem Na­men des alex­an­d­ri­ni­schen Pries­ters Ari­us (cir­ca 260-336) ver­bun­den. Des­sen An­hän­ger, die Aria­ner, ver­tra­ten die Auf­fas­sung, dass Chris­tus nur gottähn­lich sei.

Sul­pi­ci­us Se­ver­us (cir­ca 363-425) nennt un­ter den We­ni­gen, die den "Aria­nern" Wi­der­stand leis­te­ten, nur Pau­li­nus na­ment­lich. Das En­ga­ge­ment des Trie­rer Bi­schofs ist um­so hö­her zu be­wer­ten, als sich Con­stan­ti­us II. als al­lei­ni­ger Au­gus­tus ge­gen den Usur­pa­tor Ma­gnen­ti­us (ge­stor­ben 353) durch­ge­setzt hat­te. Da Con­stan­ti­us II. zu den Geg­nern des Atha­na­si­us zähl­te, fehl­te den ni­zä­ni­schen Bi­schö­fen fort­an die Un­ter­stüt­zung von kai­ser­li­cher Sei­te. Dies soll­te sich für Pau­li­nus zum Nach­teil aus­wir­ken. Im Jahr 353 ver­such­ten die "aria­ni­schen" Bi­schö­fe in Arles zum wie­der­hol­ten Ma­le, ei­ne Ver­ur­tei­lung des Atha­na­si­us durch­zu­set­zen. Pau­li­nus, der sich der Ver­ur­tei­lung wi­der­setz­te, wur­de ins Exil ge­schickt. In der Ver­ban­nung in Phry­gi­en ist Pau­li­nus im Jahr 358 ge­stor­ben.

 

Die Zeit des Epis­ko­pats des Pau­li­nus war nicht nur ge­prägt von theo­lo­gi­schen, son­dern auch von mi­li­tä­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen. Noch vor dem Kon­zil von Arles brach die Usur­pa­ti­on des Ma­gnen­ti­us zu­sam­men. Im Jahr 355 kam es in Köln zum Putsch des Heer­meis­ters Sil­va­nus (ge­stor­ben 355), ei­nes Fran­ken in rö­mi­schen Diens­ten. Die Ger­ma­nen nutz­ten schlie­ß­lich in den Jah­ren 355 / 356 die Gunst der Stun­de, um die Rhein­gren­ze zu über­schrei­ten und bis ins Trie­rer Land vor­zu­sto­ßen. Wie stark Trier von die­sen Über­fäl­len be­trof­fen ge­we­sen sein muss, lässt sich dar­an ab­le­sen, dass die kai­ser­li­che Münz­prä­ge­stät­te in Trier in der Zeit zwi­schen 355 und 367 ih­re Tä­tig­keit ein­stell­te und dass Ju­li­an (331-363), der von Con­stan­ti­us II. im Jahr 355 zum Cae­sar er­nannt wor­den war, als Re­si­denz­ort Pa­ris und nicht Trier wähl­te.

Laut der äl­te­ren Fas­sung der Vi­ta des Pau­li­nus (10. Jahr­hun­dert) wur­de der Bi­schof gleich nach sei­nem Tod von den Trie­rern von Phry­gi­en nach Trier über­führt und nicht weit von St. Ma­xi­min ent­fernt in ei­ner Ba­si­li­ka bei­ge­setzt, die der Got­tes­mut­ter ge­weiht war. Die Trie­rer bau­ten "ei­ne der Re­li­quie an­ge­mes­se­ne Kryp­ta und lie­ßen den Kör­per in sei­nem Sarg an ei­ser­nen Ket­ten mit­ten in der Kryp­ta schwe­ben." Nach der äl­te­ren Ver­si­on der Vi­ta des Trie­rer Bi­schofs Fe­lix (Epis­ko­pat 386 bis min­des­tens 398 / 399) aus dem 10. oder der ers­ten Hälf­te des 11. Jahr­hun­derts wird der Bau der Ma­ri­en­kir­che je­doch Fe­lix zu­ge­schrie­ben. Von ei­ner Grab­le­ge des Pau­li­nus ist nicht die Re­de. Die um die Mit­te des 11. Jahr­hun­derts ent­stan­de­ne Vi­ta des Trie­rer Bi­schofs Agri­ci­us (Epis­ko­pat 314-329) be­rich­tet wie­der­um, dass sich das Grab des Pau­li­nus in der von Fe­lix er­rich­te­ten Ma­ri­en­kir­che be­fin­de. Die jün­ge­ren Ver­sio­nen der Vi­ten des Pau­li­nus und des Fe­lix sind nach 1072 ent­stan­den und of­fen­sicht­lich vom Fund der (ge­fälsch­ten) Blei­ta­fel in St. Pau­lin be­ein­flusst, die das Mar­ty­ri­um von Trie­rer Bür­gern und von An­ge­hö­ri­gen der The­bäi­schen Le­gi­on in Trier „be­zeugt". Auch nach die­sen Vi­ten ließ Bi­schof Fe­lix die Ge­bei­ne sei­nes Amts­vor­gän­gers nach Trier über­füh­ren und ihn in ei­ner Kir­che be­stat­ten, die er zu Eh­ren der Got­tes­mut­ter und der Mär­ty­rer der The­bäi­schen Le­gi­on hat­te bau­en las­sen. Der Sarg des Pau­li­nus ist auch nach die­ser Schil­de­rung an Ket­ten auf­ge­hängt und von den Grä­bern der Mär­ty­rer um­ge­ben. Bi­schof Pau­li­nus ist dem­nach ent­we­der di­rekt nach sei­nem Tod oder zur Zeit des Fe­lix nach Trier zu­rück­ge­bracht und in ei­ner Kir­che be­stat­tet wor­den, die ent­we­der be­reits be­stand oder erst von Fe­lix er­rich­tet wur­de. Wel­ches die­ser wi­der­sprüch­li­chen Zeug­nis­se die wah­re Ver­si­on von der Be­stat­tung des Pau­li­nus über­lie­fert, bleibt un­ge­wiss. Auch man­gels ar­chäo­lo­gi­scher Un­ter­su­chun­gen der Vor­gän­ger­bau­ten der Pau­lin­kir­che ist nicht zu ent­schei­den, ob Pau­li­nus di­rekt nach sei­nem Tod zu­nächst in ei­nem Grab­bau auf dem nörd­li­chen Grä­ber­feld bei­ge­setzt wur­de, der spä­ter dann in die von Fe­lix er­bau­te Co­eme­te­ri­al­ba­si­li­ka mit­ein­be­zo­gen wur­de, oder ob Fe­lix Kir­che und Kryp­ta zeit­gleich er­rich­ten und Pau­li­nus dann erst dort be­stat­ten ließ.

Durch die Öff­nung des Steins­ar­ko­phags in der Kryp­ta von St. Pau­lin in den Jah­ren 1402 und 1883 konn­te die Be­schrei­bung des Pau­li­nus­gra­bes zu­min­dest zu ei­nem Teil be­stä­tigt wer­den. Der Steins­arg ent­hielt ei­nen Sarg aus Ze­dern­holz, der ne­ben Eck­be­schlä­gen, Hal­te­bän­dern und Hal­te­rin­gen noch mit ei­ner Rei­he von wei­te­ren Be­schlä­gen ver­se­hen war. Mehr­fach ist das Chris­tus­mo­no­gramm mit den Buch­sta­ben A (Al­pha) und w (Ome­ga) dar­ge­stellt. Das Mo­no­gramm wur­de kom­bi­niert mit wei­te­ren In­schrif­ten, wie dem Kryp­to­gramm IC­QUS (= die grie­chi­schen An­fangs­buch­sta­ben des Be­kennt­nis­ses "Je­sus Chris­tus, Sohn Got­tes, Er­lö­ser"), der Ak­kla­ma­ti­on "Mar­ti­nia­ni ma­nus vi[nc]at" oder "vi[v]at", so­wie der In­schrift "Eleu­the­ra pec­ca­trix po­suit", und Dar­stel­lun­gen aus dem Al­ten Tes­ta­ment (Sün­den­fall) und dem Neu­en Tes­ta­ment (Er­we­ckung des La­za­rus).

Literatur

An­ton, Hans Hu­bert/Hei­nen, Heinz/We­ber,  Win­fried (Hg.), Im Um­bruch der Kul­tu­ren – Spät­an­ti­ke und Früh­mit­tel­al­ter (Ge­schich­te des Bis­tums Trier 1), Trier 2003.
Hei­nen, Heinz, Früh­christ­li­ches Trier. Von den An­fän­gen bis zur Völ­ker­wan­de­rung, Trier 1996.
Pohlsan­der, Hans A., Ma­xi­mi­nus und Pau­li­nus. Zwei Bi­schö­fe im vier­ten Jahr­hun­dert, in: Trie­rer Zeit­schrift 59 (1996), S. 157-160.
Win­hel­ler, Ernst, Die Le­bens­be­schrei­bun­gen der vork­a­ro­lin­gi­schen Bi­schö­fe von Trier, Bonn 1935.

Silberbeschlag vom Sarg des Paulinus, Ende 4. Jahrhundert. (Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum Trier)

 
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Binsfeld, Andrea, Paulinus, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/paulinus/DE-2086/lido/57c9587f6474f7.16787739 (abgerufen am 18.04.2024)