Adolf II. von Kleve

Herzog von Kleve (1373-1448)

Manuel Hagemann (Bonn)

Herzog Adolf von Kleve mit der Ordenskette des Antonius-Ordens 1426, Ausschnitt aus dem so genannten Rathaus-Bild, 17. Jahrhundert. (Kleve, Städtisches Museum Haus Koekkoek)

Adolf II. von Kle­ve war der zwei­te Kle­ver Graf aus dem Hau­se Mark. Un­ter sei­ner Re­gie­rung ge­wann das Kle­ver Ter­ri­to­ri­um deut­lich an po­li­ti­schem Ge­wich­t und wur­de zum Her­zog­tum er­ho­ben.

Adolf wur­de am 2.8.1373 als äl­tes­ter Sohn des Kle­ver Gra­fen Adolf von der Mark (Adolf I.) und der Mar­ga­re­the von Berg (ge­stor­ben 1429) ge­bo­ren. Er wur­de am Hof der Her­zo­gin Jo­han­na von Bra­bant (ge­stor­ben 1406) er­zo­gen und be­such­te bis 1387 ge­mein­sam mit sei­nem Bru­der Diet­rich (1374-1398) die Schu­le in Sois­sons. Seit 1388 be­tei­lig­te der al­te Graf sei­ne Söh­ne an der Herr­schaft. Da­bei er­hielt Adolf II. 1392 das Amt As­pel-Rees als ei­ge­nen Herr­schafts­be­reich zu­ge­wie­sen. Nach dem Tod Graf Adolfs I. am 7.9.1394 folg­te der jun­ge Adolf in der Graf­schaft Kle­ve, wäh­rend sein Bru­der be­reits seit 1393 die Graf­schaft Mark re­gier­te. Im Früh­jahr 1395 er­hielt er bei ei­ner Schlacht in Lu­xem­burg den Rit­ter­schlag.

Der Ver­such Her­zog Wil­helms von Berg (Re­gie­rungs­zeit 1360-1408), sei­ne zu­neh­mend mäch­ti­ger wer­den­den Nef­fen, die Gra­fen von Kle­ve und Mark, mi­li­tä­risch in ih­re Schran­ken zu wei­sen und die ei­ge­ne Vo­macht­stel­lung ab­zu­si­chern, schlug dra­ma­tisch fehl: In der Schlacht im Kle­ver­hamm am 7.6.1397 un­ter­la­gen die ber­gi­schen Streit­kräf­te. Für Adolf be­deu­te­te die­ser Sieg Ge­winn von Pres­ti­ge und vor al­lem enor­me Lö­se­geld­zah­lun­gen. Nach dem Tod sei­nes Bru­ders Graf Diet­rich von der Mark im März 1398 konn­te er bei­de Graf­schaf­ten in sei­ner Hand ver­ei­ni­gen.

Im März 1400 hei­ra­te­te Graf Adolf Agnes (1379-1404), ei­ne Toch­ter Kur­fürst Ru­prechts von der Pfalz (Re­gie­rungs­zeit 1398-1410, als Kö­nig 1400-1410), der we­ni­ge Mo­na­te spä­ter nach der Ab­set­zung Kö­nig Wen­zels (Re­gie­rungs­zeit 1376-1400) zum rö­misch-deut­schen Kö­nig ge­wählt wur­de. Die Ehe blieb kin­der­los und währ­te nur we­ni­ge Jah­re. 1406 schloss Adolf ei­ne zwei­te Ehe mit Ma­ria (1393-1463), Toch­ter des bur­gun­di­schen Her­zogs Jo­hann Oh­ne­furcht (Re­gie­rungs­zeit 1404-1419), die al­ler­dings erst 1415 voll­zo­gen wur­de. Aus der Ehe gin­gen zehn Kin­der her­vor, von de­nen zwei früh star­ben. Au­ßer­dem war Adolf Va­ter meh­re­rer un­ehe­li­cher Kin­der.

Adolf ge­lang es, Kle­ves Po­si­ti­on ge­gen­über dem Her­zog­tum Gel­dern ab­zu­si­chern. 1402 konn­te Em­me­rich end­gül­tig dem Kle­ver Ter­ri­to­ri­um ein­ver­leibt wer­den, 1406 ver­zich­te­te der gel­dri­sche Her­zog auf sei­ne An­sprü­che an der Lie­mers. Spä­ter er­warb Adolf noch den Reichs­wald (1429), die Düf­fel (1446) und zeit­wei­se Wach­ten­donk (1440-1469) von Gel­dern.

Kräf­te zeh­rend und lang­wie­rig ge­stal­te­te sich der Kon­flikt des Kle­ver Gra­fen mit sei­nem jün­ge­ren Bru­der Ger­hard (um 1387-1461). Ur­sprüng­lich für ei­ne geist­li­che Lauf­bahn vor­ge­se­hen, hat­te die­ser in Köln und Pa­ris stu­diert und war seit 1402 Propst des Xan­te­ner Vik­tor­stifts. Seit 1408 for­der­te er im­mer dring­li­cher ei­ne Teil­ha­be an der Herr­schaft des Bru­ders, schlie­ß­lich so­gar die selb­stän­di­ge Re­gie­rung in der Graf­schaft Mark. 1409 fand Adolf sei­nen Bru­der zu­nächst mit der Lie­mers ab, 1413 über­gab er ihm den Zoll Kai­sers­werth, ei­nen Gro­ß­teil des mär­ki­schen Süd­er­lan­des und wei­te­re Be­sit­zun­gen.

Im April 1417 war der Kle­ver Graf – wahr­schein­lich ver­mit­telt durch den Her­zog von Bur­gund – auf dem Kon­stan­zer Kon­zil durch Kai­ser Si­gis­mund (Re­gie­rungs­zeit 1410-1437) zum Her­zog er­ho­ben wor­den. Bald dar­auf hat­te er die Pri­mo­ge­ni­tur in sei­nen Län­dern ein­ge­führt, und An­fang 1419 wur­de sein ers­ter Sohn, Jo­hann I., ge­bo­ren. Seit­dem ver­trat Ger­hard sei­nen Erb­an­spruch noch nach­drück­li­cher und ver­band sich mit de­m Köl­ner Erz­bi­schof Diet­rich von Mo­ers, an den er für sei­ne Un­ter­stüt­zung 1424 den Kai­sers­wer­t­her Zoll ab­trat. Der Kon­flikt wur­de wäh­rend der 1420er Jah­re mit wech­seln­dem Ge­schick krie­ge­risch aus­ge­tra­gen. Erst 1430 kam ein vor­läu­fi­ger Kom­pro­miss zu­stan­de, den die Brü­der 1437 auf Le­bens­zeit ab­schlos­sen: Adolf trat sei­nem Bru­der den grö­ß­ten Teil der Graf­schaft Mark ab, be­hielt sich aber den Ti­tel ei­nes Gra­fen von der Mark vor, wäh­rend Ger­hard sich nur „Graf zur Mark" nen­nen durf­te. 1423 hat­te sich der Kle­ver Her­zog in den Streit um die Nach­fol­ge in den Her­zog­tü­mern Jü­lich und Gel­dern ein­ge­mischt und dem Kan­di­da­ten Ar­nold von Eg­mond (Re­gie­rungs­zeit 1423-1473), der sich in Gel­dern durch­set­zen konn­te, sei­ne Toch­ter Ka­tha­ri­na (1417-1479) zur Frau ge­ge­ben

Nach Bei­le­gung der in­ner­fa­mi­liä­ren Strei­tig­kei­ten konn­te sich Her­zog Adolf in den 1430er und frü­hen 1440er Jah­ren ver­stärkt mit in­nen­po­li­ti­schen The­men be­schäf­ti­gen. Ne­ben ge­setz­ge­be­ri­schen Maß­nah­men und dem Aus­bau der Ter­ri­to­ri­al­ver­wal­tung rea­li­sier­te er 1436 die Ver­le­gung des Zyff­li­cher Mar­tins­stifts nach Kra­nen­burg und ver­lieh 1441 Is­sel­burg ein Stadt­pri­vi­leg. 1435 hat­te Adolf ei­ne An­to­ni­ter­prä­zep­to­rei auf dem Hau bei Kle­ve ge­grün­det, um die­se Zeit dürf­te er auch den kle­vi­schen An­to­ni­us-Rit­ter­or­den ge­stif­tet ha­ben, ei­ne rit­ter­li­che Ge­bets­ver­brü­de­rung. In­ten­siv en­ga­gier­te sich der Her­zog auch bei der Um­ge­stal­tung der kirch­li­chen Struk­tu­ren in sei­nem Ter­ri­to­ri­um. Zahl­rei­che Ka­pel­len ließ er zu selbst­stän­di­gen Pfarr­kir­chen er­he­ben (1436 Dins­la­ken, 1437 Hön­ne­pel, 1441 Kal­kar und Kep­peln, 1445 Ker­ven­heim, 1448 Dons­brüg­gen) und streb­te zeit­wei­se die Schaf­fung ei­nes kle­vi­schen Lan­des­bis­tums an.

Der mi­li­tä­ri­schen Si­che­rung des Kle­ver Ter­ri­to­ri­ums dien­ten die An­la­ge ei­nes eng­ma­schi­gen Net­zes von Land­weh­ren und der Neu- oder Aus­bau vie­ler Bur­gen und Hö­fe (Bü­de­rich, Dins­la­ken, Griet­hau­sen, Is­sel­burg, Kal­kar, Or­soy, Schra­ve­len, Sons­beck, We­sel, Ze­venaar); das ein­drucks­volls­te Bei­spiel die­ser Bau­maß­nah­men ist der 1440 be­gon­ne­ne Schwa­nen­turm der Kle­ver Burg. Vor al­lem in den letz­ten Le­bens­jah­ren Adolfs II. wer­den sei­ne „lan­des­vä­ter­li­chen" Be­mü­hun­gen, sei­ne Un­ter­ta­nen durch Zwang und Schutz auf dem rech­ten Weg zu hal­ten, deut­lich. Die Stif­tung des Ar­me-Die­ner-Hofs in Kle­ve 1444 drückt sei­ne be­son­de­re Für­sor­ge für das Hof­per­so­nal aus.

Das la­tent an­ge­spann­te Ver­hält­nis zwi­schen dem Kle­ver Her­zog und dem Köl­ner Erz­bi­schof Diet­rich von Mo­ers ent­lud sich in Adolfs letz­ten Le­bens­jah­ren in ei­nem spek­ta­ku­lä­ren und weit­hin Auf­se­hen er­re­gen­den Kon­flikt, der Soes­ter Feh­de. Im Jahr 1444 hat­te die bis da­hin kur­k­öl­ni­sche Stadt Soe­s­t ­dem Erz­bi­schof den Ge­hor­sam auf­ge­sagt und sich dem Kle­ver un­ter­stellt. Die dar­auf­hin aus­bre­chen­de „Ge­ne­ral­ab­rech­nung" (Wil­helm Jans­sen) spann­te zwar die Res­sour­cen des Kle­ver Her­zogs, der ins­be­son­de­re von sei­nem Schwa­ger Her­zog Phil­ipp der Gu­te von Bur­gund (Re­gie­rungs­zeit 1419-1467) un­ter­stützt wur­de, bis aufs Äu­ßers­te an, en­de­te aber vor al­lem für Erz­bi­schof Diet­rich in ei­nem De­sas­ter. Ne­ben Soest ver­lor das Erz­stift auch Xan­ten end­gül­tig an Kle­ve, Papst Eu­gen IV. (Pon­ti­fi­kat 1431-1447) ent­zog die kle­vi­schen Ter­ri­to­ri­en 1445 der geist­li­chen Amts­ge­walt des Erz­bi­schofs, setz­te Diet­rich von Mo­ers 1446 ab und er­hob statt­des­sen Adolf von Kle­ve (1425-1492), den zwei­ten Sohn des Her­zogs, zum Erz­bi­schof – die­ses Amt trat er fak­tisch al­ler­dings nicht an.

Die Be­la­ge­rung Soe­sts im Jahr 1447 en­de­te er­folg­los, und von den fi­nan­zi­el­len Be­las­tun­gen soll­te sich das Kur­fürs­ten­tum Köln nicht wie­der er­ho­len. Noch vor dem Frie­dens­schluss im Jahr 1449 starb Adolf II. am 23.9.1448 in Kle­ve und wur­de in dem von ihm 1417 ge­stif­te­ten Kar­täu­ser­klos­ter auf der Gra­vein­sel bei We­sel be­stat­tet. Die Nach­fol­ge trat sein Sohn Her­zog Jo­hann I. an.

Gert van der Schu­ren (ge­stor­ben 1496), Se­kre­tär am Kle­ver Hof, hat in sei­ner ab 1471 ver­fass­ten Kle­vi­schen Chro­nik ei­ne aus­führ­li­che Le­bens­be­schrei­bung Adolfs II. ge­ge­ben

Quellen

Il­gen, Theo­dor, Quel­len zur in­ne­ren Ge­schich­te der rhei­ni­schen Ter­ri­to­ri­en. Her­zog­tum Kle­ve 1: Äm­ter und Ge­rich­te, 2 Bän­de in 3 Tei­len, Bonn 1921-1925.
Preuss, Hei­ke (Be­arb.), Kle­ve-Mark Ur­kun­den 1394-1416. Re­ges­ten des Be­stan­des Kle­ve-Mark Ur­kun­den im nord­rhein-west­fä­li­schen Haupt­staats­ar­chiv in Düs­sel­dorf, Sieg­burg 2003.
Schol­ten, Ro­bert (Hg.), Cle­vi­sche Chro­nik nach der Ori­gi­nal­hand­schrift des Gert van der Schu­ren, Kle­ve 1884.

Literatur

Jans­sen, Wil­helm, Die Ent­wick­lung des Ter­ri­to­ri­ums Kle­ve, Bonn 2007 (Ge­schicht­li­cher At­las der Rhein­lan­de V 11-12).
Jans­sen, Wil­helm, Die nie­der­rhei­ni­schen Ter­ri­to­ri­en im Spät­mit­tel­al­ter. Po­li­ti­sche Ge­schich­te und Ver­fas­sungs­ent­wick­lung 1300-1500, in: Rhei­ni­sche Vier­tel­jahrs­blät­ter 64 (2000), S. 45-167.
Knecht, Eli­sa­beth, Die Ver­wal­tungs­or­ga­ni­sa­ti­on im Ter­ri­to­ri­um Kle­ve und ih­re Re­for­men un­ter dem Gra­fen und spä­te­ren Her­zog Adolf (1394-1448), Diss. Köln 1958.
Werd, Gui­do de (Red.), Land im Mit­tel­punkt der Mäch­te. Die Her­zog­tü­mer Jü­lich –Kle­ve – Berg, Kle­ve 1984.

Online

Grün­ei­sen, Hen­ny, Ar­ti­kel "Adolf I., Her­zog von Kle­ve und Graf von der Mark", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 1 (1953), S. 81-82. [On­line]

 
Zitationshinweis

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Hagemann, Manuel, Adolf II. von Kleve, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/adolf-ii.-von-kleve/DE-2086/lido/57a9bf51d0a8e2.63254403 (abgerufen am 19.03.2024)