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Dr. Peter Winkelnkemper gehörte als Gaupresseamtsleiter und Chefredakteur des „Westdeutschen Beobachters“ zu den führenden NS-Propagandisten des Gaues Köln-Aachen. Von 1941-1944 war er zudem Oberbürgermeister der Stadt Köln.
Peter Winkelnkemper wurde am 16.1.1902 als Sohn des Seilermeisters Bernhard Winkelnkemper und der Magd Anna Brummert im westfälischen Wiedenbrück in eine katholische Familie geboren. Unter den Vorfahren begegnen vornehmlich Tagelöhner und Kötter. Am 18.10.1905 wurde Winkelnkempers jüngerer Bruder Anton („Toni“) geboren, der spätere Propagandawart des Gaues Köln-Aachen (1930-1937), Intendant des Reichssenders Köln (1937-1940) und Auslandsdirektor des Großdeutschen Rundfunks (1941-1945).
Über die Kindheit und Jugend der Brüder Winkelnkemper ist wenig bekannt; was jedoch deutlich hervortritt, ist der unbedingte Wille zum gesellschaftlichen Aufstieg. Im März 1922 legte Peter Winkelnkemper die erste Lehrerprüfung am Lehrerseminar in Büren in Westfalen ab. Von 1922 bis 1924 absolvierte er nach eigenen Angaben ein Volontariat in der Möbelfirma Dreier in Wiedenbrück (heute Stadt Rheda-Wiedenbrück), ehe er sich im Sommersemester zum Studium an der Handelshochschule in Berlin einschrieb. Durch die Reform des kaufmännischen Studiums in Preußen im Jahre 1924 mit einer weitreichenden Öffnung der Zulassungsbedingungen war es nun auch Kandidaten ohne allgemeine Hochschulreife möglich, das sechssemestrige Studium der Betriebswirtschaft aufzunehmen. Im Sommersemester 1925 wechselte Winkelnkemper an die Handelshochschule nach Köln. Im Jahre 1927 legte er zusätzlich die Ersatzreifeprüfung ab und bestand die Prüfung zum Dipl.-Kaufmann im Jahre 1928 im zweiten Anlauf. Am 27.2.1930 promovierte Winkelnkemper zum Dr. rer. pol. In seiner Dissertation beschäftigte er sich, wie schon in seiner Diplomarbeit, mit der Wirtschafts- beziehungsweise Staatstheorie Oswald Spenglers (1880-1932).
Am 1.5.1930 trat Winkelnkemper in die NSDAP ein und machte dort eine rasche Karriere als Gaupresseamtsleiter (ab 1934 Gaupressewart). Dokumentiert sind vereinzelte Auftritte als Gauredner in Köln und Umgebung, seine eigentliche Wirksamkeit als NS-Propagandist entfaltete er allerdings als Journalist. Am 1. September wurde er als Schriftleiter des „Westdeutschen Beobachters“ bestätigt, vom 1.4.1931 bis Ende 1940 fungierte er als Hauptschriftleiter der Kölner Gauzeitung.
Winkelnkempers Artikel im „Westdeutschen Beobachter“ offenbaren eine vollständige Identifizierung mit der Ideologie des Nationalsozialismus. Angefangen bei einem paranoid gefärbten Antisemitismus, der Liberalismus, Demokratie und Parlamentarismus, aber auch Kapitalismus und Klassengesellschaften als Phänomene einer allfassenden Verschwörung des Weltjudentums zur „Bezwingung“ des Germanentums und der „nordischen Rasse“ interpretiert. Das Allheilmittel wird folglich in der wirtschaftlichen Vernichtung des Judentums gesehen, einem „titanischen“ showdown zwischen den konkurrierenden Systemen von „Abendland und Morgenland“, aus dem das germanische „Herrenmenschentum“ siegreich hervorgehen werde. Konstituierende Merkmale seiner Weltanschauung sind weiterhin Heroismus, Gewalt- und Opferkult sowie eine messianistische Heilserwartung und ein Führerkult um die Person der „Lichtgestalt“ Adolf Hitlers (1889-1945).
Winkelnkempers Position in der Wirtschaftspolitik bleibt hingegen blass und unkonturiert und erschöpft sich in der Forderung nach der „Wiederbelebung der kleinen und mittleren handwerklichen und mittelständischen Betriebsformen „sowie der Landwirttschaft. Dem „Hochkapitalismus“ soll durch eine Warenhausbesteuerung und der Zertrümmerung des „Weltjudentums“ begegnet werden.
Aus seiner journalistischen Tätigkeit beim „Westdeutschen Beobachter“ resultierten zahlreiche Verfahren wegen Beleidigung politischer Gegner. Im Frühjahr 1932 verbüßte Winkelnkemper deshalb unter anderem eine zweimonatige Haftstrafe in der Kölner Justizvollzugsanstalt, dem „Klingelpütz“.
Nach der „Machtergreifung“ setzte er zu einer steilen Karriere innerhalb des Gaues an. Typisch im Karriereverlauf ist eine Kumulation von Positionen als NS-Funktionär, aber auch von politischen Ämtern und Ehrenämtern und den damit verbundenen zusätzlichen finanziellen Einnahmequellen, zum Beispiel als Stadtverordneter, später Ratsherr der Stadt Köln. Darüber hinaus war Winkelnkemper Vorsitzender des Vereins „Kölner Presse“, von Juli 1933 bis 1936 Delegierter der Stadt Köln im Vorstand des Kölnischen Kunstvereins (von 1941-1944 auch im Ausschuss), ab 1935 Leiter des Landesverbandes Mittelrhein im Reichsverband der Deutschen Presse und ab April 1934 Lehrbeauftragter am Zeitungswissenschaftlichen Seminar der Universität Köln.
Ausführlich dargestellt ist seine Tätigkeit als Staatskommissar des Ministers für die Universität Köln (13.3.1933-10.11.1934) beziehungsweise (in zeitweise Überschneidung) auch als Geschäftsführender Kuratoriumsvorsitzender der Universität (9.12.1933-1937). Hier offenbart sich eine Selbstbedienungsmentalität im Zugriff auf Ressourcen und korruptes Verhalten, zum Beispiel durch Vorteilsnahme im Amt oder der Patronage des befreundeten, ebenfalls aus Wiedenbrück stammenden Arztes Dr. med. Wilhelm Klodt. Das Resümee von Andreas Freitäger, lautet: „Die Epoche zwischen 1933 und 1945 war durch Cliquenwirtschaft von Parteifunktionären bestimmt, die ihren Einfluß vor allem zur Versorgung von sogenannten „alten Kämpfern“ nutzen und so das Amt des Geschäftsführenden Vorsitzenden des Kuratoriums diskreditierten.“[1]
Trotz üppiger Einnahmen aus seiner Tätigkeit als Chefredakteur (ab 1934: 1.500 RM monatlich) und zahlreicher Pfründen befand sich Winkelnkemper, der privat nach einem gehobenen bildungsbürgerlichen Lebensstil strebte, 1937/1938 in einer Schuldenkrise. Im Herbst 1937 wurde Winkelnkemper als Kandidat für die Nachfolge von Ernst Seeger (1884-1937) als Ministerialrat und Leiter der Abteilung V (Film) des Reichspropagandaministeriums in Berlin gehandelt. Die Verhandlungen zogen sich über die letzten drei Monate des Jahres 1937 hin, wobei die Gründe für Winkelnkempers Lavieren und seine letztliche Absage aus den Tagebüchern von Joseph Goebbels allerdings nicht hervorgehen.
1934 heiratete Winkelnkemper die 1914 in Köln geborene Versicherungskauffrau Emmy Bohrys. Aus der Ehe gingen die Kinder Helga (geboren 1935) und Wolfgang (geboren 1939) hervor. Aufgrund politischer Differenzen verließ Emmy Winkelnkemper ihren Mann (so ihre Lesart im Rahmen des Wiedergutmachungsverfahrens), der die Scheidung verweigerte, und ging mit den Kindern nach Salzburg. Dort wurde sie nach Winkelnkempers Tod im November 1944 in „Schutzhaft“ genommen und ins Konzentrationslager Ravensbrück überstellt.
Im Herbst 1939 nahm Peter Winkelnkemper an der Ostasienreise einer deutschen Pressedelegation teil. Nach seiner Rückkehr aus Asien und dem Beginn des Zweiten Weltkrieges meldete er sich als Freiwilliger zu den Pionieren, trat nach dem Ende der Ausbildung jedoch zur Luftwaffe über, wo er als Heckschütze ausgebildet wurde und im Mai/Juni 1940 am Frankreichfeldzug teilnahm.
Am 1.1.1941 wurde Winkelnkemper zum Oberbürgermeister der Stadt Köln ernannt. Eine Studie über seine Tätigkeit im Amt fehlt jedoch derzeit genauso wie die Aufarbeitung der Kölner Gauleitung. Freilich war der Handlungsspielraum des Oberbürgermeisters durch die Preußische Gemeindeverfassung von 1933 und die Deutsche Gemeindeordnung von 1935 erheblich zulasten der Abhängigkeit von der Gauleitung eingeschränkt worden. So brachte auch Köln während der NS-Zeit keine herausragende kommunalpolitische Persönlichkeit hervor.[2] Ausführlich untersucht ist bisher lediglich der Bereich der Kunstförderung, die unter den Oberbürgermeistern Dr. Günter Riesen und Winkelnkemper von Ute Haug als „farblos“ bezeichnet wird.
Am 20.6.1944 starb Peter Winkelnkemper in Schmidt bei Düren – nach offizieller Lesart an einem Herzschlag, während gleichzeitig Gerüchte über einen Selbstmord kursierten. Er wurde am 24.6.1944 auf dem Melaten-Friedhof in Köln beigesetzt. Das Grab wurde 2019 von der Kölner Stadtverwaltung geräumt.
Literatur
Freitäger, Andreas, „K. und K. op kölsch“ – Vom Geschäftsführenden Vorsitzenden des Kuratoriums zum Kanzler der Universität, in: Hanau, Peter [u.a.], Engagierte Verwaltung für die Wissenschaft. Festschrift für Johannes Neyses, Köln 2007, S. 81-102.
Haug, Ute, Der Kölnische Kunstverein im Nationalsozialismus. Struktur und Entwicklung einer Kunstinstitution in der kulturpolitischen Landschaft des „Dritten Reichs“, Diss. phil. Aachen 1998.
Matzerath, Horst, Köln in der Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945, Köln 2009.
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Bernard, Birgit, Peter Winkelnkemper, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peter-winkelnkemper/DE-2086/lido/57c932053b9326.79453837 (abgerufen am 19.03.2024)