Peter Winkelnkemper

Kölner Oberbürgermeister (1902-1944)

Birgit Bernard (Heidelberg)

Peter Winkelnkemper. (NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln/aus: Schmidt, Peter: Zwanzig Jahre Soldat Adolf Hitlers. Zehn Jahre Gauleiter. Ein Buch von Kampf und Treue, Köln 1941, S. 259.)

Schlagworte

Dr. Pe­ter Win­kelnk­em­per ge­hör­te als Gau­pres­se­amts­lei­ter und Chef­re­dak­teur des „West­deut­schen Be­ob­ach­ter­s“ zu den füh­ren­den NS-Pro­pa­gan­dis­ten de­s Gau­es Köln-Aa­chen. Von 1941-1944 war er zu­dem Ober­bür­ger­meis­ter der Stadt Köln.

Pe­ter Win­kelnk­em­per wur­de am 16.1.1902 als Sohn des Sei­ler­meis­ters Bern­hard Win­kelnk­em­per und der Magd An­na Brum­mert im west­fä­li­schen Wie­den­brück in ei­ne ka­tho­li­sche Fa­mi­lie ge­bo­ren. Un­ter den Vor­fah­ren be­geg­nen vor­nehm­lich Ta­ge­löh­ner und Köt­ter. Am 18.10.1905 wur­de Win­kelnk­em­pers jün­ge­rer Bru­der An­ton („To­ni“) ge­bo­ren, der spä­te­re Pro­pa­gan­da­wart des Gau­es Köln-Aa­chen (1930-1937), In­ten­dant des Reichs­sen­ders Köln (1937-1940) und Aus­lands­di­rek­tor des Gro­ß­deut­schen Rund­funks (1941-1945).

Über die Kind­heit und Ju­gend der Brü­der Win­kelnk­em­per ist we­nig be­kannt; was je­doch deut­lich her­vor­tritt, ist der un­be­ding­te Wil­le zum ge­sell­schaft­li­chen Auf­stieg. Im März 1922 leg­te Pe­ter Win­kelnk­em­per die ers­te Leh­rer­prü­fung am Leh­rer­se­mi­nar in Bü­ren in West­fa­len ab. Von 1922 bis 1924 ab­sol­vier­te er nach ei­ge­nen An­ga­ben ein Vo­lon­ta­ri­at in der Mö­bel­fir­ma Drei­er in Wie­den­brück (heu­te Stadt Rhe­da-Wie­den­brück), ehe er sich im Som­mer­se­mes­ter zum Stu­di­um an der Han­dels­hoch­schu­le in Ber­lin ein­schrieb. Durch die Re­form des kauf­män­ni­schen Stu­di­ums in Preu­ßen im Jah­re 1924 mit ei­ner weit­rei­chen­den Öff­nung der Zu­las­sungs­be­din­gun­gen war es nun auch Kan­di­da­ten oh­ne all­ge­mei­ne Hoch­schul­rei­fe mög­lich, das sechs­se­mest­ri­ge Stu­di­um der Be­triebs­wirt­schaft auf­zu­neh­men. Im Som­mer­se­mes­ter 1925 wech­sel­te Win­kelnk­em­per an die Han­dels­hoch­schu­le nach Köln. Im Jah­re 1927 leg­te er zu­sätz­lich die Er­satz­rei­fe­prü­fung ab und be­stand die Prü­fung zum Dipl.-Kauf­mann im Jah­re 1928 im zwei­ten An­lauf. Am 27.2.1930 pro­mo­vier­te Win­kelnk­em­per zum Dr. rer. pol. In sei­ner Dis­ser­ta­ti­on be­schäf­tig­te er sich, wie schon in sei­ner Di­plom­ar­beit, mit der Wirt­schafts- be­zie­hungs­wei­se Staats­theo­rie Os­wald Speng­lers (1880-1932).

Am 1.5.1930 trat Win­kelnk­em­per in die NS­DAP ein und mach­te dort ei­ne ra­sche Kar­rie­re als Gau­pres­se­amts­lei­ter (ab 1934 Gau­pres­se­wart). Do­ku­men­tiert sind ver­ein­zel­te Auf­trit­te als Gau­red­ner in Köln und Um­ge­bung, sei­ne ei­gent­li­che Wirk­sam­keit als NS-Pro­pa­gan­dist ent­fal­te­te er al­ler­dings als Jour­na­list. Am 1. Sep­tem­ber wur­de er als Schrift­lei­ter des „West­deut­schen Be­ob­ach­ter­s“ be­stä­tigt, vom 1.4.1931 bis En­de 1940 fun­gier­te er als Haupt­schrift­lei­ter der Köl­ner Gau­zei­tung.

Win­kelnk­em­pers Ar­ti­kel im „West­deut­schen Be­ob­ach­ter“ of­fen­ba­ren ei­ne voll­stän­di­ge Iden­ti­fi­zie­rung mit der Ideo­lo­gie des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus. An­ge­fan­gen bei ei­nem pa­ra­no­id ge­färb­ten An­ti­se­mi­tis­mus, der Li­be­ra­lis­mus, De­mo­kra­tie und Par­la­men­ta­ris­mus, aber auch Ka­pi­ta­lis­mus und Klas­sen­ge­sell­schaf­ten als Phä­no­me­ne ei­ner all­fas­sen­den Ver­schwö­rung des Welt­ju­den­tums zur „Be­zwin­gun­g“ des Ger­ma­nen­tums und der „nor­di­schen Ras­se“ in­ter­pre­tiert. Das All­heil­mit­tel wird folg­lich in der wirt­schaft­li­chen Ver­nich­tung des Ju­den­tums ge­se­hen, ei­nem „ti­ta­ni­schen“ show­down zwi­schen den kon­kur­rie­ren­den Sys­te­men von „Abend­land und Mor­gen­lan­d“, aus dem das ger­ma­ni­sche „Her­ren­men­schen­tum“ sieg­reich her­vor­ge­hen wer­de. Kon­sti­tu­ie­ren­de Merk­ma­le sei­ner Welt­an­schau­ung sind wei­ter­hin He­ro­is­mus, Ge­walt- und Op­fer­kult so­wie ei­ne mes­sia­nis­ti­sche Heils­er­war­tung und ein Füh­rer­kult um die Per­son der „Licht­ge­stal­t“ Adolf Hit­lers (1889-1945).

Win­kelnk­em­pers Po­si­ti­on in der Wirt­schafts­po­li­tik bleibt hin­ge­gen blass und un­kon­tu­riert und er­schöpft sich in der For­de­rung nach der „Wie­der­be­le­bung der klei­nen und mitt­le­ren hand­werk­li­chen und mit­tel­stän­di­schen Be­triebs­for­men „so­wie der Land­wirttschaft. Dem „Hoch­ka­pi­ta­lis­mus“ soll durch ei­ne Wa­ren­haus­be­steue­rung und der Zer­trüm­me­rung des „Welt­ju­den­tums“ be­geg­net wer­den.

Aus sei­ner jour­na­lis­ti­schen Tä­tig­keit beim „West­deut­schen Be­ob­ach­ter“ re­sul­tier­ten zahl­rei­che Ver­fah­ren we­gen Be­lei­di­gung po­li­ti­scher Geg­ner. Im Früh­jahr 1932 ver­bü­ß­te Win­kelnk­em­per des­halb un­ter an­de­rem ei­ne zwei­mo­na­ti­ge Haft­stra­fe in der Köl­ner Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt, dem „Klin­gel­püt­z“.

Nach der „Macht­er­grei­fung“ setz­te er zu ei­ner stei­len Kar­rie­re in­ner­halb des Gau­es an. Ty­pisch im Kar­rie­re­ver­lauf ist ei­ne Ku­mu­la­ti­on von Po­si­tio­nen als NS-Funk­tio­när, aber auch von po­li­ti­schen Äm­tern und  Eh­ren­äm­tern und den da­mit ver­bun­de­nen zu­sätz­li­chen fi­nan­zi­el­len Ein­nah­me­quel­len, zum Bei­spiel als Stadt­ver­ord­ne­ter, spä­ter Rats­herr der Stadt Köln. Dar­über hin­aus war Win­kelnk­em­per Vor­sit­zen­der des Ver­eins „Köl­ner Pres­se“, von Ju­li 1933 bis 1936 De­le­gier­ter der Stadt Köln im Vor­stand des Köl­ni­schen Kunst­ver­eins (von 1941-1944 auch im Aus­schuss), ab 1935 Lei­ter des Lan­des­ver­ban­des Mit­tel­rhein im Reichs­ver­band der Deut­schen Pres­se und ab April 1934 Lehr­be­auf­trag­ter am Zei­tungs­wis­sen­schaft­li­chen Se­mi­nar der Uni­ver­si­tät Köln.

Aus­führ­lich dar­ge­stellt ist sei­ne Tä­tig­keit als Staats­kom­mis­sar des Mi­nis­ters für die Uni­ver­si­tät Köln (13.3.1933-10.11.1934) be­zie­hungs­wei­se (in zeit­wei­se Über­schnei­dung) auch als Ge­schäfts­füh­ren­der Ku­ra­to­ri­ums­vor­sit­zen­der der Uni­ver­si­tät (9.12.1933-1937). Hier of­fen­bart sich ei­ne Selbst­be­die­nungs­men­ta­li­tät im Zu­griff auf Res­sour­cen und kor­rup­tes Ver­hal­ten, zum Bei­spiel durch Vor­teils­nah­me im Amt oder der Pa­tro­na­ge des be­freun­de­ten, eben­falls aus Wie­den­brück stam­men­den Arz­tes Dr. med. Wil­helm Klodt. Das Re­sü­mee von An­dre­as Frei­tä­ger, lau­tet: „Die Epo­che zwi­schen 1933 und 1945 war durch Cli­quen­wirt­schaft von Par­tei­funk­tio­nä­ren be­stimmt, die ih­ren Ein­fluß vor al­lem zur Ver­sor­gung von so­ge­nann­ten „al­ten Kämp­fern“ nut­zen und so das Amt des Ge­schäfts­füh­ren­den Vor­sit­zen­den des Ku­ra­to­ri­ums dis­kre­di­tier­ten.“[1] 

Trotz üp­pi­ger Ein­nah­men aus sei­ner Tä­tig­keit als Chef­re­dak­teur (ab 1934: 1.500 RM mo­nat­lich) und zahl­rei­cher Pfrün­den be­fand sich Win­kelnk­em­per, der pri­vat nach ei­nem ge­ho­be­nen bil­dungs­bür­ger­li­chen Le­bens­stil streb­te, 1937/1938 in ei­ner Schul­den­kri­se. Im Herbst 1937 wur­de Win­kelnk­em­per als Kan­di­dat für die Nach­fol­ge von Ernst See­ger (1884-1937) als Mi­nis­te­ri­al­rat und Lei­ter der Ab­tei­lung V (Film) des Reichs­pro­pa­gan­da­mi­nis­te­ri­ums in Ber­lin ge­han­delt. Die Ver­hand­lun­gen zo­gen sich über die letz­ten drei Mo­na­te des Jah­res 1937 hin, wo­bei die Grün­de für Win­kelnk­em­pers La­vie­ren und sei­ne letzt­li­che Ab­sa­ge aus den Ta­ge­bü­chern von Jo­seph Go­eb­bels al­ler­dings nicht her­vor­ge­hen.

1934 hei­ra­te­te Win­kelnk­em­per die 1914 in Köln ge­bo­re­ne Ver­si­che­rungs­kauf­frau Em­my Bohrys. Aus der Ehe gin­gen die Kin­der Hel­ga (ge­bo­ren 1935) und Wolf­gang (ge­bo­ren 1939) her­vor. Auf­grund po­li­ti­scher Dif­fe­ren­zen ver­ließ Em­my Win­kelnk­em­per ih­ren Mann (so ih­re Les­art im Rah­men des Wie­der­gut­ma­chungs­ver­fah­rens), der die Schei­dung ver­wei­ger­te, und ging mit den Kin­dern nach Salz­burg. Dort wur­de sie nach Win­kelnk­em­pers Tod im No­vem­ber 1944 in „Schutz­haf­t“ ge­nom­men und ins Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Ra­vens­brück über­stellt.

Im Herbst 1939 nahm Pe­ter Win­kelnk­em­per an der Ost­asi­en­rei­se ei­ner deut­schen Pres­se­de­le­ga­ti­on teil. Nach sei­ner Rück­kehr aus Asi­en und dem Be­ginn des Zwei­ten Welt­krie­ges mel­de­te er sich als Frei­wil­li­ger zu den Pio­nie­ren, trat nach dem En­de der Aus­bil­dung je­doch zur Luft­waf­fe über, wo er als Heck­schüt­ze aus­ge­bil­det wur­de und im Mai/Ju­ni 1940 am Frank­reich­feld­zug teil­nahm.

Am 1.1.1941 wur­de Win­kelnk­em­per zum Ober­bür­ger­meis­ter der Stadt Köln er­nannt. Ei­ne Stu­die über sei­ne Tä­tig­keit im Amt fehlt je­doch der­zeit ge­nau­so wie die Auf­ar­bei­tung der Köl­ner Gau­lei­tung. Frei­lich war der Hand­lungs­spiel­raum des Ober­bür­ger­meis­ters durch die Preu­ßi­sche Ge­mein­de­ver­fas­sung von 1933 und die Deut­sche Ge­mein­de­ord­nung von 1935 er­heb­lich zu­las­ten der Ab­hän­gig­keit von der Gau­lei­tung ein­ge­schränkt wor­den. So brach­te auch Köln wäh­rend der NS-Zeit kei­ne her­aus­ra­gen­de kom­mu­nal­po­li­ti­sche Per­sön­lich­keit her­vor.[2] Aus­führ­lich un­ter­sucht ist bis­her le­dig­lich der Be­reich der Kunst­för­de­rung, die un­ter den Ober­bür­ger­meis­tern Dr. Gün­ter Rie­sen und Win­kelnk­em­per von Ute Haug als „farb­los“ be­zeich­net wird.

Am 20.6.1944 starb Pe­ter Win­kelnk­em­per in Schmidt bei Dü­ren – nach of­fi­zi­el­ler Les­art an ei­nem Herz­schlag, wäh­rend gleich­zei­tig Ge­rüch­te über ei­nen Selbst­mord kur­sier­ten. Er wur­de am 24.6.1944 auf dem Me­la­ten-Fried­hof in Köln bei­ge­setzt. Das Grab wur­de 2019 von der Köl­ner Stadt­ver­wal­tung ge­räumt.

Literatur

Frei­tä­ger, An­dre­as, „K. und K. op köl­sch“ – Vom Ge­schäfts­füh­ren­den Vor­sit­zen­den des Ku­ra­to­ri­ums zum Kanz­ler der Uni­ver­si­tät, in: Ha­nau, Pe­ter [u.a.], En­ga­gier­te Ver­wal­tung für die Wis­sen­schaft. Fest­schrift für Jo­han­nes Ney­ses, Köln 2007, S. 81-102.
Haug, Ute, Der Köl­ni­sche Kunst­ver­ein im Na­tio­nal­so­zia­lis­mus. Struk­tur und Ent­wick­lung ei­ner Kunst­in­sti­tu­ti­on in der kul­tur­po­li­ti­schen Land­schaft des „Drit­ten Reichs“, Diss. phil. Aa­chen 1998.
Mat­z­er­ath, Horst, Köln in der Zeit des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus 1933-1945, Köln 2009.

 
Zitationshinweis

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Bernard, Birgit, Peter Winkelnkemper, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peter-winkelnkemper/DE-2086/lido/57c932053b9326.79453837 (abgerufen am 19.03.2024)