Konrad von Hochstaden

Erzbischof von Köln (1238-1261)

Swen Holger Brunsch (Swisttal)

Grabmal Konrad v. Hochstadens im Kölner Dom, Foto: Schmölz-Huth. (LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland)

Kon­rad von Hoch­sta­den präg­te bei­na­he ein Vier­tel­jahr­hun­dert lang die Po­li­tik im Erz­stift wie Erz­bis­tum Köln. Trotz ver­wandt­schaft­li­cher Be­zie­hun­gen zum stau­fi­schen Herr­scher­haus zähl­te er zu den ent­schie­dens­ten Ver­tre­tern der pro­päpst­li­chen, an­tis­t­au­fi­schen Op­po­si­ti­on im Reich. Er war ma­ß­geb­lich an der Wahl Hein­rich Ras­pes zum Kö­nig (Ge­gen­kö­nig 1246/ 1247) be­tei­ligt und agier­te als der ei­gent­li­che Kö­nigs­ma­cher bei den Wah­len Wil­helms von Hol­land (Ge­gen­kö­nig 1248-1254, Re­gie­rungs­zeit 1254-1256) und Ri­chards von Corn­wall (Re­gie­rungs­zeit 1257-1272). Sein Epis­ko­pat be­zeich­net ei­nen Hö­he­punkt köl­ni­scher Macht­ent­fal­tung.

Kon­rad wur­de um 1200 als zwei­ter Sohn des Gra­fen Lo­thar I. von Are-Hoch­sta­den (ge­stor­ben 1222) und sei­ner Ge­mah­lin Mat­hil­de von Vi­an­den ge­bo­ren. Sein äl­te­rer Bru­der Lo­thar (ge­stor­ben 1243) erb­te die Graf­schaft; Kon­rad schlug die geist­li­che Lauf­bahn ein. Er be­such­te ver­mut­lich die Dom­schu­le in Köln und stu­dier­te in Pa­ris. Sein Bru­der über­trug ihm be­reits 1216 die Pfar­rei We­ve­ling­ho­ven. 1226 ist Kon­rad als Köl­ner Dom­ka­no­ni­ker be­zeugt, und seit et­wa 1232 stand er dem Köl­ner Stift St. Ma­ri­en­gra­den als Propst vor. Als das Dom­ka­pi­tel mit dem am­tie­ren­den Propst Kon­rad von Bü­ren um 1233/ 1234 in Streit ge­riet, wähl­te ihn ein Teil des Ka­pi­tels zu des­sen Nach­fol­ger. Da Kon­rad von Bü­ren sich nicht ver­drän­gen ließ, kam es zu hef­ti­gen, ja so­gar hand­greif­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen, in de­ren Fol­ge Kon­rad von Hoch­sta­den 1237 von Papst Gre­gor IX. (Pon­ti­fi­kat 1227-1241) ex­kom­mu­ni­ziert wur­de. Der Streit schwel­te noch, als der Köl­ner Erz­bi­schof Hein­rich I. von Müllen­ark am 26.3.1238 starb. Im dar­auf fol­gen­den Mo­nat wur­de Kon­rad – ob­wohl ex­kom­mu­ni­ziert – auf Be­trei­ben des Dom­ka­pi­tels zum Köl­ner Erz­bi­schof ge­wählt.

Nach sei­ner Wahl zog Kon­rad an den kai­ser­li­chen Hof nach Bre­scia, wo ihm Kai­ser Fried­rich II. (Re­gie­rungs­zeit 1220-1250) An­fang Au­gust 1238 die Re­ga­li­en über­trug. Kon­rad folg­te da­mit zu­nächst der pro­stau­fi­schen Tra­di­ti­on sei­ner Fa­mi­lie. Be­reits im Früh­jahr 1239 reis­te er aber­mals nach Ita­li­en, dies­mal je­doch an die Ku­rie nach Rom. Dort konn­te er im April sei­ne Lö­sung vom Kir­chen­bann und die An­er­ken­nung sei­ner Bi­schofs­wahl durch Papst Gre­gor IX. (Pon­ti­fi­kat 1227-1241) er­rei­chen. Es war dies ein di­plo­ma­ti­sches Meis­ter­stück, das frei­lich mit ei­nem fol­gen­schwe­ren Wech­sel in das päpst­li­che La­ger ver­bun­den war. In Köln weih­te ihn Bi­schof Lu­dolf von Müns­ter (Epis­ko­pat 1226-1247) im Ok­to­ber 1239 zu­nächst zum Pries­ter, dann zum Bi­schof. Be­dingt durch den Tod Gre­gors IX. und die lan­ge Se­dis­va­kanz er­hielt er erst En­de Mai 1244 von Papst In­no­zenz IV. (Pon­ti­fi­kat 1243-1254) das Pal­li­um.

Kon­rad för­der­te im Bünd­nis mit dem Main­zer Erz­bi­schof Sieg­fried III. (Epis­ko­pat 1230-1249) nach­drück­lich die Po­si­ti­on des Paps­tes im Deut­schen Reich. Als die­ser in Ly­on im Ju­li 1245 das Ab­set­zungs­de­kret über Fried­rich II. aus­sprach, hat­te Kon­rad ma­ß­geb­li­chen An­teil an der Wahl des thü­rin­gi­schen Land­gra­fen Hein­rich Ras­pe zum Kö­nig der an­tis­t­au­fi­schen Par­tei. Nach des­sen Tod wur­de er der ei­gent­li­che Kö­nigs­ma­cher bei der Wahl des Gra­fen Wil­helm von Hol­land am 3.10.1247 in Worrin­gen. Kon­rad war die füh­ren­de Per­son im päpst­li­chen La­ger, so dass Volk und Kle­rus von Mainz ihn sich als Nach­fol­ger des am 9.3.1249 ver­stor­be­nen Erz­bi­schof Sieg­fried wünsch­ten. Doch stimm­te der Papst dem nicht zu; statt­des­sen er­nann­te er Kon­rad zum päpst­li­chen Le­ga­ten. Kon­rads Ein­fluss auf Wil­helm von Hol­land schwand, als die­ser spä­tes­tens nach dem Tod Kai­ser Fried­richs II. im De­zem­ber 1250 wach­sen­de Zu­stim­mung und brei­te An­er­ken­nung fand. Die Ge­fan­gen­nah­me des Pa­der­bor­ner Bi­schofs durch den Erz­bi­schof ent­zwei­te die bei­den.

Der Kö­nig traf in Be­glei­tung des päpst­li­chen Le­ga­ten Pe­trus Ca­poc­ci An­fang 1255 mit Kon­rad in Neuss zu­sam­men, um über die Frei­las­sung zu be­ra­ten. Die Ver­hand­lun­gen wa­ren fest­ge­fah­ren, als die Un­ter­kunft des Kö­nigs und des Le­ga­ten Feu­er fing und bei­de sich nur mit Not ret­ten konn­ten. An Kon­rad blieb der Ver­dacht hän­gen, es ha­be sich um ei­nen von ihm an­ge­zet­tel­ten An­schlag ge­han­delt.

Den di­rek­ten Zu­sam­men­stoß zwi­schen Erz­bi­schof und Kö­nig ver­hin­der­te ver­mut­lich nur der Tod Wil­helms im Kampf ge­gen die Frie­sen An­fang 1256. Bei der Wahl sei­nes Nach­fol­gers Ri­chard von Corn­wall 1257 war Kon­rad wie­der­um die trei­ben­de Kraft. Der Land­frem­de war noch stär­ker als sein Vor­gän­ger auf Kon­rad an­ge­wie­sen. Als er 1258 nach Eng­land zu­rück­kehr­te, er­nannt er Kon­rad so­gar zum Reichs­vi­kar im Nord­wes­ten des Rei­ches und be­trau­te ihn 1260 mit der In­ves­ti­tur der Bi­schö­fe. Kon­rads En­ga­ge­ment in der Reichs­po­li­tik wirk­te sich auch auf sein Ver­hält­nis zum Ter­ri­to­ri­al­a­del aus. Be­reits 1239 bil­de­te sich ei­ne ade­li­ge Op­po­si­ti­on, die vom Gra­fen von Sayn und vom Her­zog von Lim­burg-Berg aus­ging, sich bald aber auf an­de­re Gro­ße wie den Gra­fen von Jü­lich und den Her­zog von Bra­bant so­wie de­ren Ver­bün­de­te aus­dehn­te. Ur­sa­che wa­ren der Front­wech­sel Kon­rads ins päpst­li­che La­ger, aber auch Un­ab­hän­gig­keits­be­stre­bun­gen des Ter­ri­to­ri­al­a­dels ge­gen­über dem Köl­ner Erz­bi­schof. Die krie­ge­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen zo­gen sich über Jah­re hin und flamm­ten im­mer wie­der auf. Im Fe­bru­ar 1242 wur­de Kon­rad bei Le­che­nich von Leu­ten des Gra­fen Wil­helm IV. von Jü­lich (Re­gie­rungs­zeit 1225-1278) so­gar ge­fan­gen ge­nom­men und auf der Burg Nideg­gen neun Mo­na­te fest­ge­hal­ten. Doch wur­de er be­zeich­nen­der­wei­se nicht an die Stau­fer aus­ge­lie­fert, son­dern ge­gen ei­ni­ge ter­ri­to­ri­al­po­li­ti­sche Zu­ge­ständ­nis­se wie­der frei­ge­las­sen. Durch Sie­ge über sei­ne rhei­ni­schen und west­fä­li­schen Geg­ner wur­de Kon­rad noch ein­mal Herr die­ser re­bel­lio no­bi­li­um terre. Er hat­te es ver­stan­den, die Aus­for­mung und Si­che­rung sei­nes welt­li­chen Herr­schafts­raums mit mi­li­tä­ri­schen Mit­teln zu ver­wirk­li­chen und da­mit die Macht­stel­lung des Erz­stifts deut­lich zu stär­ken. Es kam zu Ei­ni­gun­gen mit Berg, Jü­lich, Kle­ve, Gel­dern, Lim­burg und Bra­bant. Ein Land­frie­dens­bünd­nis si­cher­te 1259 den Sta­tus quo im köl­ni­schen In­ter­es­se.

Kon­rads Ver­hält­nis zur Stadt Köln, sei­ner be­vor­zug­ten Re­si­denz, war an­fangs gut ge­we­sen. Doch da Köln stau­fisch ge­sinnt blieb, trat mit sei­nem Wech­sel ins päpst­li­che La­ger ein Wan­del ein. 1252 kam es we­gen des erz­bi­schöf­li­chen Münz­prä­ge­rechts zum ers­ten of­fe­nen Kon­flikt, der durch ein Schieds­ge­richt bei­ge­legt wur­de. 1257 schlos­sen sich gar Kriegs­hand­lun­gen an, die durch den von Al­ber­tus Ma­gnus ver­mit­tel­ten „Gro­ßen Schied" über­wun­den wur­den. In de­ren Fol­ge such­te sich Kon­rad nun ge­gen die Stadt durch­zu­set­zen, in­dem er sich mit den Zünf­ten ge­gen die Pa­tri­zi­er ver­band. In Un­ru­hen, die 1260 aus­bra­chen, un­ter­la­gen die Pa­tri­zi­er und Kon­rad setz­te sich mit sicht­ba­rem Er­folg durch.

Kon­rad un­ter­stütz­te den in­ne­ren Aus­bau des Ter­ri­to­ri­ums durch Ver­lei­hung von Stadt­rech­ten für Bonn (1244), Dors­ten (1251), Vre­den (1252) und Uer­din­gen (1255) so­wie durch zahl­rei­che an­de­re Städ­te­pri­vi­le­gi­en. Au­ßer­dem sorg­te er für den Schutz der Be­völ­ke­rung durch Be­fes­ti­gung der Städ­te und die Ver­stär­kung und Er­rich­tung von Bur­gen (As­pel, Go­des­burg, Rin­gen­berg, Ku­chen­heim). Durch zwei wich­ti­ge Er­wer­bun­gen konn­te er das Erz­stift ter­ri­to­ri­al stär­ken: Nach dem Tod sei­nes Nef­fen Diet­rich, des letz­ten An­ge­hö­ri­gen welt­li­chen Stan­des, über­trug er sein Fa­mi­li­ener­be 1246 dem Erz­stift (Hoch­sta­den­sche Schen­kung). Die­ser Zu­wachs wur­de we­nig spä­ter noch durch den Er­werb der Graf­schaft Sayn aus­ge­baut.

Über Kon­rads per­sön­li­che Fröm­mig­keit ist we­nig be­kannt. Mit sei­nem Na­men ist die Grund­stein­le­gung des schon län­ger ge­plan­ten Neu­baus des Köl­ner Doms am 15.8.1248 ver­bun­den. Sei­nen geist­li­chen Amts­pflich­ten kam Kon­rad auch durch Be­auf­trag­te nach. In sei­nem Epis­ko­pat trat erst­mals das Amt des Of­fi­zi­als auf, der die Ge­richts­auf­ga­ben für den Erz­bi­schof er­füll­te. Kon­rad sorg­te sich um die Zis­ter­zi­en­se­rin­nen­k­lös­ter im Erz­bis­tum, de­ren In­kor­po­ra­ti­on in den Or­den er un­ter­stütz­te; ähn­lich för­der­te er die Be­gi­nen. Miss­stän­den ver­such­te er durch Vi­si­ta­tio­nen und ein Pro­vin­zi­al­ka­pi­tel 1261 zu be­geg­nen.

Kon­rad von Hoch­sta­den starb am 18.9.1261 in Köln. Er wur­de im Köl­ner Dom bei­ge­setzt. Bei sei­nem Tod schien die Macht­stel­lung des Köl­ner Erz­bi­schofs ge­gen­über Reich, ter­ri­to­ria­len Kon­kur­ren­ten und der Stadt Köln ge­fes­tigt. Von lan­ger Dau­er war sie nicht.

Seit 1991 er­in­nert ei­ne Sta­tue im Fi­gu­ren­pro­gramm des Köl­ner Rat­haus­tur­mes (Bild­hau­er: Rai­ner Walk) an Kon­rad von Hoch­sta­den.

Quellen

Die Re­ges­ten der Erz­bi­schö­fe von Köln im Mit­tel­al­ter, Band 3,1, be­ar­bei­tet von Ri­chard Knip­ping, Bonn 1909, Nach­druck Düs­sel­dorf 1985.

Literatur (Auswahl)

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Online

Har­de­ring, Klaus, Grab­mal Kon­rad von Hoch­sta­den(In­for­ma­ti­on auf der Web­site des Köl­ner Doms). [On­line]
Steh­käm­per, Hu­go, Ar­ti­kel "Kon­rad von Hoch­sta­den", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 12 (1980), S. 506-507. [On­line]

 
Zitationshinweis

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Brunsch, Swen Holger, Konrad von Hochstaden, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/konrad-von-hochstaden/DE-2086/lido/57c938272cd249.04014448 (abgerufen am 19.03.2024)