Stadt Bonn

Schrägluftbild der Stadt Bonn. (Presseamt Bundesstadt Bonn)

Die äl­tes­ten mensch­li­chen Spu­ren im heu­ti­gen Bon­ner Stadt­ge­biet, ein Dut­zend Faust­kei­le, ge­fun­den im Bad Go­des­ber­ger Orts­teil Muf­fen­dorf, wer­den in die Alt­stein­zeit da­tiert (cir­ca 50.000 vor Chris­tus). Auch für die Nach­fol­ge­zeit sind Ar­chäo­lo­gen im­mer wie­der auf Über­res­te mensch­li­cher Exis­tenz in Bonn ge­sto­ßen. 

Mit der in das Jahr 54 vor Chris­tus zu da­tie­ren­den Nie­der­la­ge der im Bon­ner Raum an­säs­si­gen Ger­ma­nen vom Stamm der Ebu­ro­nen – Hin­ter­grund war die Er­obe­rung Gal­li­ens durch die Rö­mer – be­ginnt die lo­ka­le Ge­schich­te greif­bar zu wer­den. Um 12 vor Chris­tus wur­de ei­ne ers­te Mi­li­tär­ein­heit in der mitt­ler­wei­le von Ubi­ern be­sie­del­ten spä­te­ren Bon­ner In­nen­stadt sta­tio­niert. Für die um 43 nach Chris­tus von Köln nach Bonn ver­leg­te Le­gi­on wur­de nörd­lich des heu­ti­gen Stadt­zen­trums un­mit­tel­bar am Rhein ein neu­es, 27 Hekt­ar um­fas­sen­des La­ger er­rich­tet. Süd­lich die­ses Le­gi­ons­la­gers, im Be­reich des heu­ti­gen Stadt­zen­trums und ent­lang der rö­mi­schen Pro­vin­zi­al­stra­ße (heu­te B 9), ent­stand die zi­vi­le La­ger­vor­stadt. Bis zu 17.000 Men­schen, dar­un­ter et­wa 7.000 Mi­li­tär­an­ge­hö­ri­ge, leb­ten im 2. Jahr­hun­dert in Bonn. Viel­leicht war die­se Zahl noch grö­ßer; in den Jah­ren 2006/2007 wur­den bei Gra­bun­gen im frü­he­ren Re­gie­rungs­vier­tel (World Con­gress Cen­ter Bonn) Res­te ei­nes Tem­pels, ei­ner Bad­an­la­ge so­wie von Wohn- und Ge­schäfts­häu­sern wohl aus der Zeit des aus­ge­hen­den 1. bis 3. Jahr­hun­derts ent­deckt, die ins­ge­samt Merk­ma­le ei­ner ei­ge­nen Sied­lung mit ur­ba­nem Cha­rak­ter auf­wei­sen. In der nä­he­ren und wei­te­ren Um­ge­bung Bonns wur­den Guts­be­trie­be er­rich­tet, die über ein We­ge- und Stra­ßen­netz mit der Gar­ni­son ver­bun­den wa­ren. Orts­na­men heu­ti­ger Bon­ner Stadt­tei­le (zum Bei­spiel En­de­nich, Kes­se­nich oder Les­se­nich) er­in­nern an die rö­mi­sche Ver­gan­gen­heit.

Mit den Fran­ken­ein­fäl­len seit dem letz­ten Vier­tel des 3. Jahr­hun­derts be­gann der Nie­der­gang des rö­mi­schen Bonn. Bis zur Re­gie­rungs­zeit Kai­ser Kon­stan­tins des Gro­ßen schrumpf­te die Be­völ­ke­rungs­zahl ein­schlie­ß­lich des Mi­li­tärs auf 3.000-4.000 Men­schen, die nun sämt­lich in­ner­halb des La­ger­be­reichs ­leb­ten. Trotz der im­mer schwä­cher wer­den­den Prä­senz am Rhein be­haup­te­te sich die rö­mi­sche Ver­wal­tung bis et­wa zur Mit­te des 5. Jahr­hun­derts, als die Herr­schaft end­gül­tig und oh­ne grö­ße­re Kämp­fe an frän­ki­sche Klein­kö­ni­ge über­ging. 

Grabstein des Reiters Vonatorix, 40-60 n. Chr., Fundort Bonn. (LVR-LandesMuseum Bonn)

 

Mit dem in frän­ki­schen Quel­len als „ca­s­trum Bon­na" (Bonn­burg) be­zeich­ne­ten frü­he­ren Le­gi­ons­la­ger, das als frän­ki­sches Fis­kal­gut in Kö­nigs­be­sitz über­ge­gan­gen war, blieb der Orts­na­me noch lan­ge ver­bun­den. Her­kunft und Be­deu­tung des Orts­na­mens Bonn sind bis­lang noch nicht schlüs­sig ge­klärt wor­den. Der Na­me scheint kel­ti­schen Ur­sprungs und von den spä­te­ren Be­woh­nern über­nom­men wor­den zu sein. Wei­te­re Sied­lungs­an­sät­ze ent­stan­den im Be­reich der so ge­nann­ten „vil­la ba­si­li­ca", im Be­reich der spä­te­ren Müns­ter­kir­che, so­wie wei­ter öst­lich in der Ge­gend des heu­ti­gen Markt­plat­zes, bei dem im 8. Jahr­hun­dert erst­mals ge­nann­ten „vi­cus Bun­nen­se", der zu­nächst wohl ei­ne klei­ne Fern­händ­ler­sied­lung war. Je­ne „vil­la ba­si­li­ca" be­fand sich auf ei­nem seit rö­mi­scher Zeit bis ins 7. Jahr­hun­dert hin­ein be­leg­ten Grä­ber­feld. Mit­tel­punkt war die 691/692 erst­mals in den Quel­len ge­nann­te „ba­si­li­ca". Ei­ne ers­te Kir­che an die­ser Stel­le ist wohl im 6. Jahr­hun­dert er­rich­tet wor­den. Das heu­ti­ge Müns­ter ist ein Bau des 11. bis frü­hen 13. Jahr­hun­derts, wo­bei ins­be­son­de­re der Ost­chor aus der Mit­te des 12. Jahr­hun­derts (Bau­herr: Propst Ger­hard von Are) stil­bil­dend wirk­te.

Münsterkirche. (Presseamt Bundesstadt Bonn)

 

Aus der En­de des 7. Jahr­hun­derts erst­mals be­zeug­ten Kle­ri­ker­ge­mein­schaft wur­de ein Ka­no­ni­ker­stift, das bis zu sei­ner Auf­he­bung 1802 als das nach dem Dom­stift vor­nehms­te un­ter den geist­li­chen Kol­le­gi­en de­s Erz­bis­tums Köln galt. Kir­chen- und Stadt­pa­tro­ne wa­ren und sind bis heu­te Cas­si­us un­d Flo­ren­ti­us, An­ge­hö­ri­ge der le­gen­dä­ren „The­bäi­schen Le­gi­on", die un­ter Kai­ser Dio­kle­ti­an (Re­gie­rungs­zeit 284-305) zu Be­ginn des 4. Jahr­hun­derts den Mär­ty­rer­tod er­lit­ten ha­ben sol­len. Ei­ner wei­te­ren Le­gen­de zu­fol­ge war es die Hei­li­ge He­le­na, Mut­ter Kai­ser Kon­stan­tins de­s­ Gro­ßen, die die Hei­li­gen am Ort des spä­te­ren Müns­ters be­stat­ten ließ.

Um die Jahr­tau­send­wen­de ver­la­ger­te sich der Sied­lungs­schwer­punkt – und da­mit auch der Orts­na­me – von der Bonn­burg zur Stifts­stadt und der ihr vor­ge­la­ger­ten, auf erz­bi­schöf­li­chem Grund und Bo­den ent­stan­de­nen bür­ger­li­chen Markt­sied­lung, 1211 als „op­pi­dum Bon­nen­se". 1244 ord­ne­te Erz­bi­schof Kon­rad von Hoch­sta­den die Be­fes­ti­gung an. Bis zum En­de des 13. Jahr­hun­derts wur­de ein auch die Stifts­stadt um­schlie­ßen­der Mau­er­gür­tel er­rich­tet. Mit der Ein­füh­rung der Rats­ver­fas­sung 1286 fand die Stadt­wer­dung ih­ren recht­li­chen Ab­schluss.

Ne­ben dem Cas­si­us­stift be­stan­den ein Be­ne­dik­ti­ne­rin­nen­klos­ter, das kurz vor 1015 bei ei­ner spät­an­ti­ken, im da­ma­li­gen Le­gi­ons­la­ger er­rich­te­ten Pfarr­kir­che (Diet­kir­che) ge­grün­det wur­de und das im 15. Jahr­hun­dert die Stifts­ver­fas­sung an­nahm, ein 1324 er­rich­te­tes Au­gus­ti­ne­rin­nen­klos­ter (En­gel­thal), ein Mi­no­ri­ten­kon­vent (seit 1274) so­wie zahl­rei­che wei­te­re klei­ne­re, zum Teil nur kurz­le­bi­ge geist­li­che Ge­mein­schaf­ten. Im au­ßer­halb der Stadt­mau­er ge­le­ge­nen, aber ge­mein­sam mit Drans­dorf zum Stadt­ge­biet zäh­len­den Grau­rhein­dorf ent­stand im 13. Jahr­hun­dert ein Zis­ter­zi­en­se­rin­nen­klos­ter.

Das in­ner­städ­ti­sche Pfarr­sys­tem mit sei­nen vier Pfar­ren war vor dem 11. Jahr­hun­dert aus­ge­bil­det und hat­te bis ins frü­he 19. Jahr­hun­dert Be­stand.

Historische Stätten in Bonn, 2010. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 

Bon­ner Ju­den wer­den erst­mals 1096 be­zeugt. Im 12. Jahr­hun­dert be­saß die Ge­mein­de be­deu­ten­de Ge­lehr­te wie den Kreuz­zug­schro­nis­ten Ephraim von Bonn. 1348/1349 fie­len die Bon­ner Ju­den dem Pest­po­grom zum Op­fer. Seit En­de des 14. Jahr­hun­derts scheint ei­ne jü­di­sche Ge­mein­de in Bonn durch­ge­hend be­stan­den zu ha­ben; 1784 zähl­te sie 296 Per­so­nen. 1933 leb­ten 1.268 Ju­den im heu­ti­gen Bon­ner Stadt­ge­biet. Ih­re Syn­ago­gen in Bonn, Pop­pels­dorf, Beu­el und Bad Go­des­berg wur­den 1938 zer­stört. Die in Bonn ver­blie­be­nen et­wa 400 Ju­den wur­den 1941 in­ter­niert und bald dar­auf in Ver­nich­tungs­la­ger de­por­tiert. Sie­ben kehr­ten nach 1945 nach Bonn zu­rück. 1959 wur­de un­mit­tel­bar am Rhein (Tem­pel­stra­ße) ei­ne neue Syn­ago­ge ein­ge­weiht, de­ren Ge­mein­de im Jah­re 2008 mehr als 1.000 Mit­glie­der zähl­te.

Hochgrab Erzbischof Ruprechts von der Pfalz im Bonner Münster, Liegefigur des Erzbischofs auf einer mit Blenarkaturen und Wappen geschmückten Tumba. (Andreas Lechtape, Münster)

 

Seit dem Spät­mit­tel­al­ter ent­wi­ckel­te sich Bonn zur wich­tigs­ten Stadt Kur­k­ölns, des welt­li­chen Ter­ri­to­ri­ums der Köl­ner Erz­bi­schö­fe. Die güns­ti­ge ­Ver­kehrs­la­ge am Rhein, ein dif­fe­ren­zier­tes Ge­wer­be, (Fern-)Han­del so­wie die zu­neh­men­de Re­si­denz­funk­ti­on be­le­gen be­zie­hungs­wei­se schu­fen die Vor­aus­set­zung hier­für. Die ge­schätz­te Be­völ­ke­rungs­zahl be­trug um 1500 ma­xi­mal 3.000 Per­so­nen. Im Bon­ner Müns­ter fan­den zwei Kö­nigs­krö­nun­gen statt (1314 Fried­rich der Schö­ne [bis 1330 Ge­gen­kö­nig Lud­wigs des Bay­ern], 1346 Karl IV. [Kö­nig ab 1346, Kai­ser 1355-1378]; vier Köl­ner Erz­bi­schö­fe des Spät­mit­tel­al­ters lie­gen dort be­gra­ben. 1525 wur­de die „Kanz­ley", Herz­stück der erz­stif­ti­schen Ver­wal­tung, von Brühl nach Bonn ver­legt, 1597 er­scheint Bonn in ei­ner „Rat- und Kanz­lei-Ord­nung" erst­mals of­fi­zi­ell als Haupt- und Re­si­denz­stadt der Kur­fürs­ten und Erz­bi­schö­fe von Köln. Die Exis­tenz zahl­rei­cher zum heu­ti­gen Bon­ner Stadt­ge­biet ge­hö­ren­den Dör­fer lässt sich be­reits für das 8. und 9. Jahr­hun­dert nach­wei­sen. In Go­des­berg, das ge­mein­sam mit Meh­lem ein kur­k­öl­ni­sches Amt bil­de­te, wur­de 1210 der Grund­stein der Go­des­burg ge­legt, der nörd­lichs­ten Hö­hen­burg am Rhein. Ins­be­son­de­re im 14. Jahr­hun­dert war sie ei­ner der be­lieb­tes­ten Auf­ent­halts­or­te der kur­k­öl­ni­schen Lan­des­her­ren. Zu Be­ginn des 13. Jahr­hun­derts grün­de­te sich in Go­des­berg ein Au­gus­ti­ne­rin­nen­klos­ter, das 1450 die Bir­git­ten­re­gel an­nahm (Ma­ri­en­forst). In Muf­fen­dorf ent­stand ei­ne Kom­men­de des Deut­schen Or­dens.

Godesburg. (Presseamt Bundesstadt Bonn)

 

Das rechts­rhei­ni­sche Bonn ge­hör­te – mit Aus­nah­me von Vi­lich und Schwarz­rhein­dorf –zum Ter­ri­to­ri­um der Gra­fen von Sayn, nach 1246 der Her­ren von Blan­ken­berg bzw. von Lö­wen­berg und wur­de im 14. bzw. 15. Jahr­hun­dert Teil der Graf­schaft be­zie­hungs­wei­se de­s Her­zog­tums Berg. Der letz­te ­Say­ner Graf, Hein­rich III., grün­de­te bald nach 1217 in Ra­mers­dorf ei­ne Nie­der­las­sung des Deut­schen Rit­ter­or­dens. In Vi­lich (um 978, ers­te Äb­tis­sin war die hei­li­ge Adel­heid, seit 2008 eben­falls Stadt­pa­tro­nin von Bonn) und in Schwarz­rhein­dorf mit sei­ner kunst­ge­schicht­lich höchs­t be­deu­ten­den Dop­pel­kir­che (nach 1156) grün­de­ten sich Be­ne­dik­ti­ne­rin­nen­k­lös­ter, die spä­ter in Da­men­stif­te um­ge­wan­delt wur­den. Bei­de ge­hör­ten als so ge­nann­te Un­ter­herr­schaf­ten zum kur­k­öl­ni­schen Ter­ri­to­ri­um.

Bonn aus der Vogelschau, 1588. Kupferstich von Peter Pannensmit. (Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn)

 

Der Re­for­ma­ti­ons­ver­such des Köl­ner Erz­bi­schof­s Her­mann von Wied in den 1540er Jah­ren schei­ter­te eben­so wie der macht­po­li­tisch mo­ti­vier­te Re­for­ma­ti­ons­ver­su­ch ­des Erz­bi­schof­s Geb­hard Truch­seß von Wald­burg vier Jahr­zehn­te spä­ter. Der sich hier­aus ent­wi­ckeln­de Truch­ses­si­sche oder Köl­ni­sche Krieg über­zog nich­t nur wei­te Tei­le des Rhein­lands mit lang­wie­ri­gen Kämp­fen, in de­ren Fol­ge un­ter an­de­rem die Go­des­burg und die Was­ser­burg Pop­pels­dorf zer­stört wur­den. Ein Er­geb­nis die­ser Aus­ein­an­der­set­zun­gen war die Eta­blie­rung der fast 180-jäh­ri­gen wit­tels­ba­chi­schen Herr­schaft im Kur­fürs­ten­tum Köln. Ein ent­schie­de­ner Vor­kämp­fer für die Re­ka­tho­li­sie­rung bzw. die Ge­gen­re­for­ma­ti­on in sei­nem Land und Bis­tum war Kur­fürst Fer­di­nand von Bay­ern. Un­ter sei­ner Re­gie­rung ka­men Je­sui­ten (1590), Ser­vi­ten (1637), Ka­pu­zi­ner (1614) und Ka­pu­zi­nes­sen (1629) so­wie Fran­zis­ka­ner­re­kol­lek­ten (1624) nach Bonn. 1664 grün­de­ten die so ge­nann­ten Wel­sch­non­nen in Bonn ei­ne Nie­der­las­sung. Un­ter Fer­di­nand be­gann auch der Aus­bau Bonns zur Fes­tung; ein brei­ter Gür­tel ba­ro­cker Be­fes­ti­gungs­an­la­gen wur­de der mit­tel­al­ter­li­chen Stadt­mau­er vor­ge­la­gert. 

Die Redoute in Bad Godesberg. (Presseamt Bundesstadt Bonn)

 

Mehr­fach wur­de Bonn in die gro­ßen He­ge­mo­ni­al­kämp­fe des 17. und 18. Jahr­hun­derts hin­ein­ge­zo­gen. 1689 wur­de die be­la­ger­te und un­ter dem Kom­man­do des preu­ßi­schen Kur­fürs­ten Fried­richs III. (Re­gie­rungs­zeit 1688-1701, als preu­ßi­scher Kö­nig Fried­rich I. 1701-1713) bom­bar­dier­te Stadt fast voll­stän­dig ver­nich­tet. Dem mehr­tä­ti­gen Be­schuss fiel auch das städ­ti­sche Ar­chiv zum Op­fer. Nach sei­ner Rück­kehr aus fran­zö­si­schem Exil 1715 be­gann Kur­fürs­t Jo­seph Cle­mens mit dem Aus­bau Bonns zur Ba­rock­re­si­denz. Un­ter ihm und sei­nem Nef­fen und Nach­fol­ger Cle­mens Au­gust, der viel­leicht schil­lernds­ten kur­k­öl­ni­schen Herr­scher­per­sön­lich­keit, ent­stan­den nach Nie­der­le­gung von Tei­len der Be­fes­ti­gung und der Rui­nen des al­ten Schlos­ses die neue Re­si­denz, das heu­ti­ge Uni­ver­si­täts­haupt­ge­bäu­de, das Schloss Cle­mens­ruh in Pop­pels­dorf so­wie die die bei­den Pa­läs­te ver­bin­den­de (Pop­pels­dor­fer) Al­lee. An der Kir­che auf dem Kreuz­berg (sei­ner­zeit Ser­vi­ten) er­rich­te­te der Bau­meis­ter Bal­tha­sar Neu­mann ei­ne ­Nach­bil­dung der Hei­li­gen Stie­ge in Rom. Auch das Al­te Rat­haus am Markt (1737/1738) ent­stammt je­ner Epo­che.

1770 (Tauf­tag 17. De­zem­ber) er­blick­te Lud­wig van Beet­ho­ven in Bonn das Licht der Welt. 1777 grün­de­te Kur­fürs­t Ma­xi­mi­li­an Fried­rich in den Ge­bäu­den de­s­ 1773 auf­ge­ho­be­nen Je­sui­ten­or­dens die ers­te Bon­ner Hoch­schu­le, die sein Nach­fol­ger Ma­xi­mi­li­an (Max) Franz zur Uni­ver­si­tät aus­bau­te. Die jun­ge Bon­ner ­Aka­de­mie stand in hef­ti­ger, zum Teil lei­den­schaft­li­cher Kon­kur­renz zur alt­ehr­wür­di­gen Köl­ner Uni­ver­si­tät und galt schon bald als „Boll­werk der Auf­klä­rung". Go­des­berg bau­te Max Franz zu ei­ner Ne­ben­re­si­denz mit Kur- und Ba­de­be­trieb aus. Er ließ dort ei­ne Rei­he re­prä­sen­ta­ti­ver Ge­bäu­de er­rich­ten, dar­un­ter den un­ter dem Na­men Re­dou­te be­kann­ten Ball-, Tanz-, Spiel- und Kon­zert­saal. Am En­de des An­ci­en Ré­gime zähl­te die Stadt rund 10.000 Ein­woh­ner; auf dem Ge­biet der heu­ti­gen Stadt leb­ten et­wa 23.000 Men­schen.

Ehemaliges kurfürstliches Schloss, heute Universitäts-Hauptgebäude. (Presseamt Bundesstadt Bonn)

 

Im Herbst 1794 be­setz­ten fran­zö­si­sche Re­vo­lu­ti­ons­trup­pen die Stadt. Der Kur­fürst floh, Hof, Lan­des­ver­wal­tung, Uni­ver­si­tät, und da­mit die wich­tigs­ten Wirt­schafts­fak­to­ren der Stadt, hör­ten auf zu be­ste­hen. Bonn wur­de Sitz ei­ner Un­ter­prä­fek­tur im Rhein-Mo­sel­de­par­te­ment. Die Stadt ver­lor et­wa 20 Pro­zen­t ih­rer Be­völ­ke­rung; sie ver­arm­te und bü­ß­te bin­nen kur­zer Zeit viel von ih­rem frü­he­ren Glanz ein. Das rechts­rhei­ni­sche Bonn wur­de 1803 be­zie­hungs­wei­se 1806 Teil de­s Gro­ßher­zog­tums Berg. Seit 1815 ge­hör­te Bonn zum preu­ßi­schen Re­gie­rungs­be­zirk Köln. Von al­ler­grö­ß­ter Be­deu­tun­g ­für die wei­te­re Ent­wick­lung Bonns war die Wie­der­be­grün­dung der Uni­ver­si­tät im Jah­re 1818 (Rhei­ni­sche Fried­rich-Wil­helms-Uni­ver­si­tät). In Fol­ge der in den 1820er Jah­ren be­gin­nen­den end­gül­ti­gen Nie­der­le­gung der mit­tel­al­ter­li­chen und früh­neu­zeit­li­chen Be­fes­ti­gun­gen dehn­te sich die Stadt er­heb­lich aus. Der Tou­ris­mus (Rhein­ro­man­tik), ins­be­son­de­re der bri­ti­sche, wur­de zu ei­nem wich­ti­gen Wirt­schafts­fak­tor. Die Ein­wei­hung des Beet­ho­ven-Denk­mals am 12.8.1845 und das gleich­zei­tig statt­fin­den­de ers­te Beet­ho­ven-Fest wur­den zu ei­nem ge­sell­schaft­li­chen Glanz­punkt. 1844 war Bonn durch die In­be­trieb­nah­me der Stre­cke Bonn-Köln an das Ei­sen­bahn­netz an­ge­schlos­sen wor­den. Bonn und Go­des­berg wur­den zu­neh­mend zu ei­ner at­trak­ti­ven Adres­se für wohl­ha­ben­de In­dus­tri­el­le, Kauf­leu­te und Ren­tiers nicht nur aus dem Rhein­land. Go­des­berg konn­te im 19. Jahr­hun­dert auch wie­der an sei­ne Tra­di­ti­on als Kur- und Ba­de­ort an­knüp­fen; 1926 kam es zur of­fi­zi­el­len Ver­lei­hung des Ti­tels „Bad".

Ur­sa­che und Er­geb­nis die­ser Ent­wick­lung war ei­ne ent­schie­de­ne Bon­ner Kom­mu­nal­po­li­tik, de­ren Grund­satz es war, die an­dern­orts ve­he­ment be­trie­be­ne An­sied­lung von In­dus­trie­un­ter­neh­men in Bonn zu ver­hin­dern. „Un­se­re Stadt ist mehr dar­auf an­ge­wie­sen, in dem weit ver­brei­te­ten Ruf un­se­rer Hoch­schu­le und in den ver­schie­de­nen An­nehm­lich­kei­ten des Le­bens, wel­che die rei­zen­de La­ge und die geis­ti­gen Ge­nüs­se der Kunst und Wis­sen­schaft bie­ten, die Quel­le ih­res Wohl­stan­des zu fin­den und zu pfle­gen, als in der Ent­wick­lung ei­ner gro­ßar­ti­gen in­dus­tri­el­len Tä­tig­keit." (Ober­bür­ger­meis­ter Leo­pold Kauf­mann 1854).

Schrägluftaufnahme Bonns mit Blick über den Rhein auf Beuel und die Rheinbrücke, um 1905, Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln. (LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland)

 

1816 wur­de in Bonn ei­ne evan­ge­li­sche Ge­mein­de ge­grün­det, die seit­dem der Evan­ge­li­schen Kir­che im Rhein­land an­ge­hört. In den 1870er Jah­ren wur­de Bonn zum Bi­schofs­sitz der vor dem Hin­ter­grund der Ent­schei­dun­gen des Ers­ten Va­ti­ka­ni­schen Kon­zils ent­stan­den Alt­ka­tho­li­schen Kir­che. Die Zen­trums­par­tei war bis 1933 die füh­ren­de po­li­ti­sche Kraft in Bonn.

Von 1854 bis 1872 hat­te der schle­si­sche Ar­chi­tek­t Paul Ri­chard Tho­mann das neu­ge­schaf­fe­ne Amt ei­nes Kom­mu­nal- und Stadt­bau­meis­ters in­ne. Sei­ne Pla­nun­gen zu­r ­ar­chi­tek­to­ni­schen Ge­stal­tung der Süd­stadt ge­ben die­ser bis in die Ge­gen­wart hin­ein ihr ty­pi­sches Ge­prä­ge. Sie ist heu­te ei­nes der best­er­hal­te­nen mit­tel­stän­di­schen Wohn­quar­tie­re je­ner Epo­che.

Hier und an­dern­orts wuchs Bonn mit den Nach­bar­or­ten zu­sam­men. Die Ein­ge­mein­dung von Dot­ten­dorf, Kes­se­nich, Pop­pels­dorf und En­de­nich im Jah­re 1904 war das kon­se­quen­te Re­sul­tat die­ser Ex­pan­si­on. Von Be­deu­tung für die wei­te­re Ent­wick­lung der Stadt war der Bau der ers­ten fes­ten Rhein­brü­cke, mit de­ren Fer­tig­stel­lung im Jah­re 1898 die Jahr­hun­der­te al­te Fähr­ver­bin­dung zum rechts­rhei­ni­schen Beu­el, das sich zum ma­ß­geb­li­chen In­dus­trie­vor­ort Bonns ent­wi­ckelt hat­te, er­setzt wur­de.

Evangelische Kreuzkirche am Kaiserplatz in Bonn, Außenansicht um 1896, Foto: Stengel & Co., Dresden. (LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland)

 

An den Ers­ten Welt­krieg schloss sich ei­ne mehr als 7-jäh­ri­ge (fran­zö­si­sche) Be­sat­zungs­zeit an. In den we­ni­gen Jah­ren zwi­schen In­fla­ti­on und Welt­wirt­schafts­kri­se nor­ma­li­sier­te sich das po­li­ti­sche und wirt­schaft­li­che Le­ben. Bad Go­des­berg wuchs zwi­schen 1899 und 1935 aus sie­ben Ort­schaf­ten zu ei­ner Stadt mit et­wa 30.000 Ein­woh­nern zu­sam­men. Beu­el zähl­te 1935 knapp 20.000 Ein­woh­ner, Bonn et­was mehr als 100.000. Die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Herr­schaft en­de­te im links­rhei­ni­schen Bonn in den Mor­gen­stun­den des 9.3.1945 mit dem Ein­marsch ame­ri­ka­ni­scher Trup­pen. Rechts des Rheins soll­te der Krieg noch bis zum 20. März an­dau­ern. Der Wie­der­auf­bau voll­zog sich wie in vie­len an­de­ren Städ­ten in zum Teil ver­än­der­ten For­men und Di­men­sio­nen. Die­se Ver­än­de­run­gen im Stadt­bild wur­den al­ler­dings über­trof­fen durch struk­tu­rel­le Wand­lun­gen, be­dingt durch die Über­nah­me der Funk­ti­on als Sitz von Par­la­ment und Re­gie­rung der aus den drei west­li­chen Be­sat­zungs­zo­nen ge­bil­de­ten Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. In meh­re­ren Schrit­ten voll­zog sich 1948/1949 die­se Ent­schei­dung zu­guns­ten Bonns, die aus­drück­lich als Pro­vi­so­ri­um bis zur Wie­der­ver­ei­ni­gung des ge­teil­ten Deutsch­lands gel­ten soll­te.

Kriegszerstörte Bonner Altstadt, Foto von der Stiftskirche aufgenommen, circa 1950. (Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn)

 

Mit dem Be­zug des neu er­rich­te­ten Ab­ge­ord­ne­ten-Hoch­hau­ses am Rhein („Lan­ger Eu­gen") 1969, be­gann sich das Bild der pro­vi­so­ri­schen Bun­des­haupt­stadt zu wan­deln. End­gül­tig in ei­ner Re­gie­rungs­er­klä­rung im Ja­nu­ar 1973 be­kann­te sich die Bun­des­re­gie­rung un­ter Wil­ly Brandt (1913-1992, Bun­des­kanz­ler 1969-1974) of­fi­zi­ell zu ih­rer Haupt­stadt. In die­sem Zu­sam­men­hang ist die zum 1.8.1969 wirk­sam ge­wor­de­ne kom­mu­na­le Neu­glie­de­rung von Be­deu­tung, bei der die selb­stän­di­gen Städ­te Bonn, Beu­el (Stadt 1952) und Bad Go­des­berg (Stadt 1935) so­wie wei­te­re Um­land­ge­mein­den (un­ter an­de­rem Du­is­dorf, Ober­kas­sel) zur neu­en Stadt Bonn zu­sam­men­ge­legt wur­den. In die­ser nun­mehr et­wa 270.000 Ein­woh­ner zäh­len­den Groß­stadt glaub­te man zu Recht, die ge­wal­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen ei­ner eu­ro­päi­schen Haupt­stadt er­folg­reich meis­tern zu kön­nen. Flan­kie­ren­de Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen Bund, Land und Stadt er­mög­lich­ten ei­ne Ent­wick­lung, die den Funk­tio­nen Bonns an­ge­mes­sen war. Hier­zu ge­hör­te der Be­reich Ver­kehr mit dem Bau zwei­er wei­te­rer Rhein­brü­cken, Ver­bes­se­run­gen im Nah­ver­kehr (U-Bahn, Stra­ßen­tun­nel), der Bau von Beet­ho­ven­hal­le (1959) und Oper (1965) oder der Schaf­fung der so ge­nann­ten Mu­se­ums­mei­le mit Bun­des­kunst- und Aus­stel­lungs­hal­le, Städ­ti­schem Kunst­mu­se­um und Haus der Ge­schich­te der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land.

Langer Eugen. (Presseamt Bundesstadt Bonn)

 

Oft wur­de Bonn als kleins­te, aber auch als grüns­te Ka­pi­ta­le apo­stro­phiert. Dies ver­dankt die Stadt vor al­lem der schon von den Rhein­ro­man­ti­kern ge­prie­se­nen La­ge am Strom, vis-à-vis dem Sie­ben­ge­bir­ge, so­wie ein­ge­bet­tet in wei­te Grün­flä­chen wie dem Kot­ten­forst und dem aus der Bun­des­gar­ten­schau von 1979 her­vor­ge­gan­ge­nen Rhein­au­en­park.

Die am 3.10.1990 of­fi­zi­ell voll­zo­ge­ne Ver­ei­ni­gung der bei­den deut­schen Staa­ten ließ auch die durch die Macht des Fak­ti­schen längst ent­schie­den ge­glaub­te Haupt­stadt­fra­ge wie­der zu ei­nem ta­ges­po­li­ti­schen The­ma wer­den. Mit knap­per Mehr­heit vo­tier­te der Deut­sche Bun­des­tag am 20.6.1991 da­für, das Par­la­ment und die wich­tigs­ten Mi­nis­te­ri­en nach Ber­lin zu ver­la­gern. In­fol­ge des Bun­des­ge­set­zes vom 26.4.1994, durch das der Be­schluss von 1991 um­ge­setzt wur­de und das ei­ne Ar­beits­tei­lung zwi­schen bei­den Städ­ten vor­sieht, hei­ßt die Stadt nun of­fi­zi­ell „Bun­des­stadt Bonn".

Schrägluftbild der Rheinaue. (Presseamt Bundesstadt Bonn)

 

Nicht erst mit dem end­gül­ti­gen Um­zug der Re­gie­rung nach Ber­lin – am 1.7.1999 tag­te der Deut­sche Bun­des­tag zum letz­ten Mal in Bonn – setz­te ein auch pro­gram­ma­tisch so ge­nann­ter „Struk­tur­wan­del" ein. Auf fünf Säu­len soll die Zu­kunft Bonns, ei­ne der we­ni­gen wach­sen­den Städ­te der Re­gi­on (Ju­li 2008: 315.000 Ein­woh­ner), ba­sie­ren: Wis­sen­schaft, Wirt­schaft (Schwer­punk­te hier: In­for­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gie, Lo­gis­tik­un­ter­neh­men), Kul­tur, UN-In­sti­tu­tio­nen so­wie die in Bonn ver­blie­be­nen bzw. als Kom­pen­sa­ti­on neu hin­zu ge­kom­me­nen Bun­des­be­hör­den. Der Post-Tower, mit 162,5 Me­tern das höchs­te Ge­bäu­de Nord­rhein-West­fa­lens, der ent­ste­hen­de Ge­wer­be­stand­ort In­no­va­ti­ons­park am Rhein (Bonn­Vi­sio) und das in­mit­ten des frü­he­ren Re­gie­rungs­vier­tels im Bau be­find­li­che World Con­gress Cen­ter Bonn sind sicht­ba­rer Aus­druck die­ser Ver­än­de­run­gen.

Stadtgeschichtliche Zeitschrift

Bon­ner Ge­schichts­blät­ter, Band 1ff. (1937ff.).

Literatur

En­nen, Edith/Höroldt,  Diet­rich, Vom Rö­mer­kas­tell zur Bun­des­haupt­stadt: Klei­ne Ge­schich­te der Stadt Bonn, 4. durch­ge­se­he­ne Auf­la­ge, Bonn 1985.
Gech­ter, Mi­cha­el/Wens­ky, Mar­g­ret/Schlo­ß­ma­cher, Nor­bert/Stiel­dorf, And­re­a [Teil­ver­fas­ser], Ar­ti­kel „Bonn", in: Gro­ten, Man­fred/Jo­ha­n­ek, Pe­ter/Rei­nig­haus, Wil­fried/Wens­ky, Mar­g­re­t (Hg.), Hand­buch der His­to­ri­schen Stät­ten. Nord­rhein-West­fa­len, 3. Auf­la­ge, Stutt­gart 2006, S. 131-169.
Höroldt, Diet­rich (Hg.), Bonn als kur­k­öl­ni­sche Haupt- und Re­si­denz­stadt (Ge­schich­te der Stadt Bonn, Band 3), Bonn 1989.
Höroldt, Diet­rich (Hg.), Von ei­ner fran­zö­si­schen Be­zirks­stadt zur Bun­des­haupt­stadt (Ge­schich­te der Stadt Bonn, Band 4), Bonn 1989.
Nies­sen, Jo­sef, Ge­schich­te der Stadt Bonn, Teil 1, Bonn 1956.
van Rey, Man­fred (Hg.), Bonn von der Vor­ge­schich­te bis zum En­de der Rö­mer­zeit (Ge­schich­te der Stadt Bonn, Band 1), Bonn 2001.
van Rey, Man­fred, Bon­ner Stadt­ge­schich­te kurz ge­fasst, 2. Auf­la­ge, Bonn 2006.

Online

Stadt-Chro­ni­k (Web­site der Stadt Bonn). [On­line]

Post-Tower. (Presseamt Bundesstadt Bonn)

 
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Schloßmacher, Norbert, Stadt Bonn, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/stadt-bonn/DE-2086/lido/57d11f467f2030.53547864 (abgerufen am 19.03.2024)

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