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Heinrich von Achenbach entstammte der Siegener Bildungsbürgerschicht. Die Anfänge seiner Berufskarriere lagen im rheinisch-westfälischen Raum. Acht Jahre lang war er Justitiar im Rheinischen Oberbergamt in Bonn, bevor er zu höheren Ämtern nach Berlin berufen wurde.
Sein Vater Heinrich Moritz Achenbach (1795-1865) wurde 1819 als Kassenkontrolleur an das Bergamt nach Saarbrücken versetzt. Die Mutter Juliane Achenbach (1793-1883) war eine Kusine des Vaters. In ihren Familien, die sich zum evangelischen Glauben bekannten, gab es namhafte Beamte, Pfarrer und Unternehmer. In Saarbrücken wurden die Söhne Adolf und Heinrich geboren. Am 1.7.1830 kehrte der Vater als Bergamtskassenrendant nach Siegen zurück. Dort besuchte sein Sohn Heinrich die 1836 gegründete Höhere Bürgerschule, die erste Realschulanstalt in Westfalen, die nach der Gründung viel von auswärtigen Schülern frequentiert wurde. Einige von ihnen nahmen die Eltern Heinrichs in Kost und Logis auf, um ihre Haushaltseinnahmen aufzubessern. Unter den Gastschülern befand sich Carl Ferdinand Stumm, der bekannte saarländische Eisenhüttenunternehmer, der wie Heinrich Mitglied der Freikonservativen Partei war und wie dieser im Jahre 1888 von Kaiser Friedrich (Regentschaft 1888) nobilitiert wurde. Heinrich erwarb das Abitur im Jahre 1848 auf dem Soester Archivgymnasium. Als Primaner erlebte er den Ausbruch der Revolution von 1848 und hielt auf der Freitreppe des Gymnasiums eine engagierte Rede auf Vaterland, Volk und Freiheit. In Soest lernte er seine zukünftige Frau Marina Rollmann (1832-1889) kennen, die er ein Jahrzehnt später (1859) heiratete. Sie hatten drei Kinder: die Söhne Heinrich (1863-1933) und Adolf (1866-1951) machten Karriere als höhere preußische Verwaltungsbeamte, die Tochter Johanna (geboren 1860) heiratete den preußischen Oberstleutnant Ludwig Graf von Monts (1835-1913).
Nach einem juristischen Studium in Berlin und Bonn (1848-1851), wo er aktives Mitglied der Corps Guestphalia und Rhenania war, wurde Heinrich 1851 Referendar (Auskultator) am Kreisgericht in Siegen. Als Assessor wechselte er an die Regierung in Arnsberg. Er blieb aber der Wissenschaft verbunden und bestand 1854 sein Doktorexamen mit einer Dissertation über das mittelalterliche Stadtrecht von Siegen und dessen Beziehungen zum Soester Recht. Die hier sichtbare Verknüpfung juristischer und historischer Interessen war für Achenbach charakteristisch. Im Jahre 1858 wurde er Justitiar am Rheinischen Oberbergamt in Bonn, an dem er bis zu seiner Wegberufung nach Berlin 1866 tätig war. 1860 wurde er zum Oberbergrat befördert. Der Zuständigkeitsbereich des Oberbergamts war nicht deckungsgleich mit der Rheinprovinz. Der nördliche Teil (Duisburg, Essen) gehörte zum Oberbergamt Dortmund, über den Siegener Bergamtsbezirk reichte die Bonner Bergverwaltung in den westfälischen Raum hinein.
An der Bonner Universität setzte Heinrich Achenbach neben seiner Berufstätigkeit seine wissenschaftliche Karriere fort. Er habilitierte sich 1859 in der Juristischen Fakultät und hielt Vorlesungen über das preußische Landrecht, über deutsche Rechtsgeschichte, über Wechsel- und Handelsrecht sowie über deutsches und französisches Bergrecht. An der Poppelsdorfer Landwirtschaftlichen Akademie las er gleichzeitig über deutsches Agrarrecht. Seine Vorlesungen wurden stark besucht. Nach wenigen Semestern hatte er als Außerordentlicher Professor (Ernennung 1860) 70 Studenten. Er verfasste wissenschaftliche Arbeiten zu einem sehr weiten Themenspektrum: über die rheinisch-westfälische Kirchenordnung, über Hypothekenrecht und nicht zuletzt über bergrechtliche Fragen. Er begründete 1860 mit dem befreundeten Bonner Oberbergrat Hermann Brassert, seit 1864 Direktor des Oberbergamts in Bonn, die „Zeitschrift für Bergrecht“. Seine wissenschaftlichen Arbeiten fallen in die Jahre der deutschen Bergrechtsreform, deren wichtigstes Ergebnis das von Brassert und Achenbach konzipierte preußische Berggesetz von 1865 war.
1866 wurde Heinrich Achenbach in das Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten nach Berlin berufen und begann seinen Aufstieg in der Staatsverwaltung. In der Funktion als Vortragender Rat im Reichskanzleramt beteiligte er sich an der Organisation der freiwilligen Krankenpflege im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/1871. 1872 wurde er Unterstaatssekretär in Kultusministerium, war Direktor der Unterrichts- und Medizinalabteilung und Vorsitzender der wissenschaftlichen Deputation für das Medizinalamt. Mit Kultusminister Adalbert Falk (1827-1900) trat er in engere dienstliche und freundschaftliche Beziehungen. Er beteiligte sich an dessen Schul- und Kirchengesetzen, die die erste Periode des Kulturkampfes heraufbeschworen.
Achenbachs Aufstieg gipfelte in der Übertragung des Handelsministeriums, das er von 1873 bis 1878 leitete. Ihm unterstanden neben der Handelspolitik der Bergbau, die öffentlichen Arbeiten und vor allem das Eisenbahnwesen. Der Landtag bewilligte auf eine Rede Achenbachs hin der Regierung 120 Millionen Mark zum Ausbau des Bahnnetzes. Der Minister organisierte die Staatsbahnverwaltung nach einheitlichen Gesichtspunkten. Die Übernahme von Bahnen in Staatsbetrieb wurde befördert, die Privatbahnaufsicht geregelt. Unter Achenbach gelang die Herstellung einer Verbindung zwischen dem östlichen und dem westlichen Staatsbahnnetz. In seiner Ministerzeit wurden unter anderem die Moselbahn und mehrere kürzere Strecken am Niederrhein eröffnet und Eisenbahnbrücken (die Rheinbrücke bei Koblenz und mehrere Mosel- sowie eine Weserbrücke) errichtet. 1873 dehnten sich die Eisenbahnlinien über 12.793 Kilometer aus, 1878 über 18.050 Kilometer, demnach verzeichneten sie in Achenwalls Amtszeit einen Anstieg um 41 Prozent.
Der preußische Handelsminister verfasste Schriften über Hilfskassen, Unfallversicherungen, Wohlfahrtseinrichtungen, Knappschaftsvereine. Er führte das Institut der Fabrikinspektoren ein. In den letzten Monaten seiner Amtszeit unterbreitete er Vorschläge zum Schutz der Frauen und Jugendlichen in den Fabriken, drang damit bei Otto von Bismarck (1815-1898) aber nicht durch. Als Bismarcks Plan zur Übernahme der Staats- und Privatbahnen durch das Reich ins Stocken geriet, hielt dieser am 23.3.1878 in der preußischen Kammer der Abgeordneten eine für Achenbach verletzende Rede und machte ihn für die Verschleppung der Fusionen verantwortlich. Der Minister bat daraufhin um seine Entlassung. Sein Ausscheiden aus der Regierung wurde in der Öffentlichkeit bedauert.
Auf das Ministeramt folgte die Ernennung Heinrich Achenbachs zum Oberpräsidenten, 1878 für Westpreußen, 1879 für die Provinz Brandenburg, in der er bis zu seinem Tod 1899 verbleiben sollte. Daneben setzte er die 1866 begonnene Abgeordnetentätigkeit für den Wahlkreis Siegen-Wittgenstein bis 1898 fort. Achenbach galt lange Zeit als bester Redner im Abgeordnetenhaus. Er war Mitbegründer der Freikonservativen Partei, die im Sommer 1866 gebildet wurde, um Bismarcks Politik gegen Altkonservative zu unterstützen. In der ersten Session, an der Achenbach teilnahm, lag die Indemnitätsvorlage vor, die Bismarck Straffreiheit für seine Regierung ohne einen verfassungsmäßig verabschiedeten Haushalt gewährte. In der Kulturkampfzeit stand die von Eduard Georg Graf von Bethusy-Huc (1829-1893) geführte Partei gleichfalls zu dem Ministerpräsidenten.
Als Brandenburger Oberpräsident wurde Achenbach die ehrenvolle Aufgabe übertragen, den Prinzen Wilhelm, den späteren Kaiser Wilhelm II. (Regentschaft 1888-1918), in die Verwaltung einzuführen. Er setzte sich in der Provinz für den Denkmalschutz ein, war Herausgeber des Kunstinventars von Brandenburg, unterstützte den Ausbau der Marienburg und die Restaurierung des Limburger Domes. Trotz der Entfernung der Provinz von seiner Heimat, befasste er sich intensiv mit der Geschichte des Siegerlandes, wobei er die politische, kirchliche, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung beleuchtete. Der Geschichtswissenschaft erkannte er eine große nationale Bedeutung zu, war Mitglied vieler deutscher Landesgeschichtsvereine und der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde. 1887 verlieh ihm die Stadt Siegen die Ehrenbürgerwürde. Er starb am 9.7.1899 in Potsdam.
Ein Bildnis Heinrich von Achenbachs befindet sich heute im Sitzungssaal der Stadtverordneten im Oberen Schloss zu Siegen. Berliner Straßennamen erinnern an sein Wirken in Politik und Verwaltung.
Literatur
Adamy, Kurt/Hübener, Kristina, Karrieren nichtbrandenburgischer Verwaltungsbeamter. Das Beispiel des nobilitierten Regierungs- und Oberpräsidenten Dr. Heinrich von Achenbach (1879-1899), in: Adamy, Kurt/Hübener, Kristina (Hg.), Adel und Staatsverwaltung in Brandenburg im 19. und 20. Jahrhundert. Ein historischer Vergleich, Berlin 1996, S. 103-120.
Kruse, Hans, Heinrich von Achenbach, in: Westfälische Lebensbilder, Band 3, Münster 1934, S. 103-126. Steinhaus, Gustav, Heinrich v. Achenbach, in: Siegerländer Heimatbuch, hg. von Georg Mollat, Siegen 1914, S. 117-122.
Online
Gollwitzer, Heinz, „Achenbach, Heinrich Karl Julius von“, in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 32. [Online]
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Burg, Peter, Heinrich von Achenbach, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/heinrich-von-achenbach/DE-2086/lido/57a8af14445df7.93770793 (abgerufen am 01.12.2024)