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Jakob Couven hatte in der Verwaltung der Freien Reichsstadt Aachen als erster Stadtsekretär eine verantwortungsvolle Position inne, die ihn in Kontakt mit den bedeutenden Patrizierfamilien brachte, in deren Auftrag er repräsentative Wohnbauten entwarf. Bei der Ausgestaltung wusste er geschickt einen breiten Formenapparat einzusetzen: Am Vorabend der Französischen Revolution und anschließend unter französischer Herrschaft folgte er dem Stilwandel vom Rokoko zu den linearen Formen des Frühklassizismus. Verglichen mit dem zeitlichen Aufwand, die seine leitende Funktion innerhalb der reichsstädtischen Verwaltung mit sich brachte, konnte er als Architekt nicht das gleiche Auftragsvolumen erreichen wie sein Vater Johann Joseph Couven.
Jakob Couven entstammte einer alteingesessenen Adelsfamilie des Lütticher Landes, die seit dem 17. Jahrhundert in Aachen nachweisbar ist. Bereits sein Großvater Johann Jakob Couven (1656-1740) eröffnete als Hauptsekretär, Notar und Gerichtsprokurator den nachfolgenden Generationen den Weg in reichstädtische Ämter. Der Vater, Johann Joseph Couven, arbeitete als Sekretär in der Verwaltung und realisierte als erster Stadtarchitekt zahlreiche Bauvorhaben. Aus der 1731 geschlossenen Ehe mit Maria Dorothea Gertrudis Mesters (1705-1788) aus Maastricht gingen sechs Kinder hervor, vier Töchter und zwei Söhne. Der erstgeborene Sohn Johann Wilhelm Joseph (1732-1796) wurde Hofkammerat der Kanzlei des Fürstbischofs Joseph von Hessen-Darmstadt in Augsburg (Episkopat 1740-1768). Als drittgeborenes Kind kam Jakob Couven am 13.10.1735 in Aachen zur Welt und blieb wie seine jüngste Schwester Theresia (1741-1823) zeitlebens im väterlichen Haus „Am Klüppel“ im Holzgraben wohnen.
Den Architektenberuf erlernte er im väterlichen Baubüro. Johann Joseph Couven betonte in seinem Gesuch um die Position des Stadtarchitekten 1739 sein Vorhaben, vornehmen Bürgers-Kinder so wohl, alß auch die jenigen Gesellen, so zur Meisterschafft aspiriren, in der Zeichnungskunst, respective und Architectur, Geometrie, Ingenieurie, und anderen mathematischen Theilen zu instruiren und hat auch seinen Sohn in die Grundlagen der Architektur eingewiesen. Jakob Couven assistierte bereits mit 15 Jahren seinem Vater bei Feldmessarbeiten zur Lütticher Chaussee (1750). In der gemeinsamen Tätigkeit ist die Händescheidung beider Couven oftmals schwierig, zumal die erhaltenen Entwürfe lediglich bei schriftlichen Vermerken Anhaltspunkte liefern.
In einem Memoriale aus dem Jahr 1760 richtete Jakob Couven an den Rat der Stadt die Bitte, ihn am Platz meines beständtig kränkelnden und unvermögenden Vatters […] mit der Consular Secretariat zu begnädigen. Seine Verwaltungsaufgaben waren umfangreich und ermöglichten Jakob 1771 einen Aufstieg zum ersten Stadtsekretär. Aufgrund des schlechten Gesundheitszustands seines Vaters hat Jakob Couven in den späten 1750er Jahren wohl zunehmend die Verantwortung im Baubetrieb übernommen. Oftmals fehlen schriftliche Quellen, um die Maßnahmen zu datieren, so dass eine Beteiligung beider Couven häufig nur anhand der überlieferten Pläne nachweisbar ist: Johann Joseph hatte etwa für das Kloster Houtem St. Gerlach in Niederländisch-Limburg einen Propsteiflügel entworfen, der keine Umsetzung fand, während erhaltene Notizen die Planlegung Jakobs für den angrenzenden Pachthof belegen (1759). Zahlreiche Bauten, wie das ehemalige Prämonstratenserkloster in Heinsberg (1774), werden Jakob aufgrund stilistischer Kriterien zugeschrieben. Anhand des überlieferten Planarchivs lässt sich eine Fortsetzung des väterlichen Baubüros durch Jakob Couven ablesen. Im Auftrag der Stadt führte er untergeordnete Aufgaben aus, so richtete er eine neue Service-Kammer im Rathaus ein (1767), entwarf ein Armenhaus am Seilgraben (1771-1774) und nahm Reparaturen am Ponttor vor (1775). Die Bauunternehmungen der öffentlichen Hand waren auf das Notwendigste beschränkt und umfassten vorwiegend Sanierungen. Nach dem großen Stadtbrand 1656 hatten die Monumentalbauten großen Schaden gelitten, doch waren die Aufgaben in kommunaler und kirchlicher Trägerschaft zuvor gelöst worden; nicht ein Sakralbau oder Altarentwurf ist Jakob Couven zweifelsfrei zuzuschreiben.
In privatem Auftrag wurde die Neuanlage verschiedener Stadtpalais an ihn herangetragen. Dabei verfolgte er auf den schmalen, lang gestreckten innerstädtischen Parzellen eine konsequente Umsetzung symmetrischer Gestaltungsprinzipien. So verband er bei Haus Fey (1765-1767) die straßenseitigen Pavillons mit den Fabrikräumen durch ein dreiachsiges Haupthaus, dessen Eingangssituation mit reich verziertem Rokoko-Oberlicht und schmiedeeisernem Balkongitter auf die Gestaltungsmaxime seines Vaters zurückweisen. Bei dem 20 Jahre später errichteten Haus Monheim (1786) ist die Ornamentik bereits deutlich der Tektonik untergeordnet, die Fassade wird durch die hohen Fenster nahezu aufgelöst. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts greift das Haus zum Kardinal (1802) typologisch das Dreifensterhaus vorweg, die hohen Fenster verleihen der Fassade ungeachtet ihrer geringen Breitenausdehnung eine Monumentalität, die durch eine antikisierende Formensprache gesteigert wird. Die durch Couven Vater und Sohn geprägte Typologie des Dreifensterhauses erhielt für das Stadthaus des Aachener Industriebürgertums im 19. und frühen 20. Jahrhundert wegweisende Bedeutung.
Als Hauptwerk Jakob Couvens entstand in Fortsetzung der prominenten Kurhäuser im Bäderviertel die Neue Redoute, heute Altes Kurhaus (1786). Das äußere Erscheinungsbild greift in der Materialpolychromie einer Sockelzone aus Blaustein, Putzfassade und schiefergedecktem Mansarddach die lokale Bautradition auf. Den promenierenden Gästen bot ein offener Hallengang Zutritt zum Thermaltrinkbrunnen im Garten, während eine doppelläufige Treppenanlage den Weg in das obere Geschoss wies. Der großzügig dimensionierte Ballsaal mit seiner architektonisch gegliederten Wandgestaltung zeigt den Übergang zum Formenrepertoire des Stils Louis XVI. (Regierungszeit 1774-1793). Die monumentale Anlage mit ihrem bis ins Detail durchgeplanten Schmuck wurde nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wieder hergestellt.
Eine eigenständige Würdigung der Architektentätigkeit Jakob Couvens steht noch aus, sie wird durch die vielfach ungesicherten Zuschreibungen und umfangreichen Zerstörungen erschwert. Anhand des Plannachlasses ist eine Kontinuität der väterlichen Baukultur dokumentiert, die Architektur als ästhetisches und künstlerisches Mittel im Kontrast zu einer handwerklich geprägten Bauwirtschaft begreift. Auch personell ist eine Kontinuität vollzogen, denn beide Couven arbeiteten mit Tiroler Maurermeistern zusammen, die als Poliere die Umsetzungen zahlreicher Projekte ermöglichten. Über die in Aachen/Burtscheid ansässige Familie von Franz Klausener hat sich das private Planarchiv erhalten. Lediglich etwa zehn Prozent der Zeichnungen sind Jakob Couven zweifelsfrei zuzuweisen; in diesem Rahmen bewegt sich möglicherweise der Umfang seiner Tätigkeit im Vergleich mit seinem Vater. An die Bedeutung der Familie Couven und das Ambiente einer wirtschaftlich aufstrebenden Reichsstadt im 18. Jahrhundert erinnert heute das Couven-Museum im ehemaligen Haus Monheim am Hühnermarkt.
Jakob Couven starb am 9.12.1812 in seiner Heimatstadt Aachen.
Quellen (Auswahl)
Couven, Johann Joseph und Jakob: privates Planarchiv im Suermondt-Ludwig-Museum Aachen.
Literatur (Auswahl)
Arnold, Eduard Ph., Das Altaachener Wohnhaus, Aachen 1930.
Buchkremer, Josef, Die Architekten Johann Joseph und Jakob Couven, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 17 (1896), S. 89-206.
Kappler, Anke, Johann Joseph Couven (1701-1763), Architekturentwürfe für Stadt, Adel und Kirche, Worms 2009.
Pohle, Frank/Preising, Dagmar (Hg.), [Tagungsband anlässlich des 200. Geburtstages Johann Joseph Couvens mit Beiträgen verschiedener Autoren], in: Aachener Kunstblätter 63 (2003-2005), S. 14-209.
Schoenen, Paul, Johann Joseph Couven, Düsseldorf 1964.
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Kappler, Anke, Jakob Couven, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/jakob-couven/DE-2086/lido/57c68e2bde9990.87076465 (abgerufen am 07.11.2024)