Sibylle Mertens-Schaaffhausen

Sammlerin und Archäologin (1797-1857)

Francesca Fabbri (Weimar)

Porträt von Sybille Mertens-Schaffhausen. (Stadtmuseum Bonn)

Si­byl­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen zähl­te zu den ge­bil­dets­ten und fas­zi­nie­rends­ten Frau­en der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts. Die hoch­ta­len­tier­te und geist­rei­che Mu­si­ke­rin, Samm­le­rin, und Ar­chäo­lo­gin war nicht nur am Rhein be­kannt („Rhein­grä­fin“); sie hin­ter­ließ ih­re Spu­ren auch in Ita­li­en und be­son­ders in Rom, wo sie be­gra­ben ist. 

Die ein­zi­ge Toch­ter des Köl­ner Ban­kiers Abra­ham Schaaff­hau­sen (1756-1824) kam am 29.1.1797 in Köln zur Welt. Die Mut­ter Ma­ria An­na Schaaff­hau­sen ge­bo­re­ne Gie­sen (ge­bo­ren 1760) starb nur we­ni­ge Ta­ge nach der Ge­burt der Toch­ter. Si­byl­le ent­wi­ckel­te ei­ne tie­fe Bin­dung zum Va­ter, fühl­te sich gleich­zei­tig von sei­ner neu­en Frau The­re­se (1777-1867), die der Va­ter 1800 ge­hei­ra­tet hat­te, und den aus die­ser Ehe her­vor­ge­hen­den sechs Halb­ge­schwis­tern zu­rück­ge­setzt. Vom kunst­in­ter­es­sier­ten Va­ter und sei­nen gleich­ge­sinn­ten Freun­den der Olym­pi­schen Ge­sell­schaft, ins­be­son­de­re den Samm­lern Fer­di­nand Franz Wall­raf und Mat­thi­as Jo­seph De Noël (1782-1849), be­kam sie ei­ne au­ßer­or­dent­li­che Er­zie­hung im Zei­chen der Klas­sik. Aus ei­ge­nem Drang und fast voll­stän­dig au­to­di­dak­tisch be­trieb sie Stu­di­en in Fremd­spra­chen, Ge­schich­te, Al­ter­tums­kun­de, in­ter­es­sier­te sich früh für Nu­mis­ma­tik und Glyp­tik und leg­te schon als Kind ers­te Kunst- und Al­ter­tums­samm­lun­gen an. Was zu­nächst ei­ne ju­gend­li­che Lei­den­schaft war, ent­wi­ckel­te sich spä­ter zu rei­fer und ech­ter Ken­ner­schaft. 

Auf Wunsch ih­res Va­ters hei­ra­te­te Si­byl­le 1816 sei­nen lei­ten­den An­ge­stell­ten Louis Mer­tens (1781-1842), der noch im glei­chen Jahr sein Nach­fol­ger im Bank­haus Schaaff­hau­sen wur­de und es bis 1830 blieb. Die Ehe ver­lief, trotz sechs ge­mein­sa­mer Kin­der, un­glück­lich. Ei­ne Schei­dung kam aber, aus re­li­giö­sen Grün­den – die Fa­mi­lie war ka­tho­lisch –, nie in Fra­ge und die räum­li­che Tren­nung half zu­min­dest den Schein zu wah­ren. Ihr Mann leb­te haupt­säch­lich in dem Köl­ner Haus Trank­gas­se Nr. 21, wäh­rend sie mit ih­ren Kin­dern auf dem ge­erb­ten Gut Au­er­hof bei Plit­ters­dorf (heu­te Stadt Bonn) blieb. Sie küm­mer­te sich um den Park am Rhein­ufer, um die ver­schie­de­nen Be­sitz­gü­ter und Wein­ber­ge auf der an­de­ren Rhein­sei­te, auf der Spit­ze des Pe­ter­bergs, und sam­mel­te Al­ter­tü­mer. Das gro­ße Haus war ein Rit­ter­gut ge­wor­den (heu­te Vil­la Car­stan­jen) und bil­de­te jah­re­lang das Zen­trum ei­nes geis­tes­vol­len Sa­lons. 

Seit 1828 war Ade­le Scho­pen­hau­er die engs­te Ver­trau­te Si­byl­les. In ih­ren Brie­fen nach Wei­mar, wo sie lan­ge mit ih­rer Mut­ter Jo­han­na Scho­pen­hau­er ge­lebt hat­te, ließ die­se ih­rer Be­wun­de­rung für die au­ßer­ge­wöhn­li­che Freun­din frei­en Lauf: [Si­byl­le] treibt am liebs­ten My­tho­lo­gie und Ge­schich­te, liest die al­ten la­tei­ni­schen Au­to­ren in der Über­set­zung, treibt viel Spa­nisch, spielt meis­ter­haft Kla­vier, in­ter­es­siert sich für Kunst, Al­ter­tum, Ge­mäl­de, Poe­sie- für al­les Schö­ne und Grö­ße; sie dich­tet sehr kühn fast männ­lich, denn sie hat zu­wei­len Hu­mor und Iro­nie, schrieb die jun­ge Scho­pen­hau­er an ih­re Freun­din Ot­ti­lie von Goe­the (1796-1872). Und in der Tat lie­fer­te Si­byl­le un­ter dem Na­men „Köl­sche Ma­ri­zi­bil­l“ auch Ver­se für die Fast­nachts­zei­tung. An ih­ren geis­ti­gen Va­ter Jo­hann Wolf­gang von Goe­the (1749-1832) be­rich­te­te Ade­le Scho­pen­hau­er be­geis­tert über die prak­ti­schen und in­tel­lek­tu­el­len Sei­ten Si­byl­les: Wäh­rend sie am Ta­ge […] mit al­len Hand­wer­kern als tüch­ti­ger Sach­ken­ner und Be­ra­ter um die Wet­te ar­bei­tet, […] und im­mer im Den­ken und Tun als Prak­ti­ker den Na­gel auf den Kopf trifft, liest sie abends mit der Mut­ter my­tho­lo­gi­sche Schrif­ten oder Ue­ber­set­zun­gen der al­ten oder auch mit mir Ih­re Wer­ke. […].

Der jun­ge Theo­dor Momm­sen (1817-1903) wie der al­te Goe­the schätz­ten die pro­fun­den Kennt­nis­se der Al­ter­tums­samm­le­rin. Die Ge­schen­ke, die sie Goe­the über­sand­te, wur­den ger­ne in den Räu­men des Dich­ter­fürs­ten am Frau­en­plan in Wei­mar auf­be­wahrt. 

Ab 1832 lie­ßen sich die Mer­tens ein Haus in der Wil­helm­stra­ße Nr. 33 in Bonn er­rich­ten: der Ober­stock der Vil­la war ih­ren au­ßer­or­dent­li­chen Kunst- und Waf­fen­samm­lun­gen vor­be­hal­ten, wäh­rend Si­byl­le im ers­ten Stock glän­zen­de Fes­te mit Haus­kon­zer­ten or­ga­ni­sier­te. Si­byl­le war ei­ne vir­tuo­se Kla­vier­spie­le­rin und ver­kehr­te mit be­kann­ten Mu­si­kern ih­rer Zeit, so bei­spiels­wei­se mit Fer­di­nand Ries. Zu sei­nem An­denken or­ga­ni­sier­te sie im Früh­jahr 1838 in Bonn ei­ne Mes­se mit der Auf­füh­rung von Wolf­gang Ama­de­us Mo­zarts „Re­qui­e­m“. Sie un­ter­stütz­te mit Rat und Tat die Kon­zer­te des Nie­der­rhei­ni­schen Mu­sik­fes­tes und nahm Teil am Pro­jekt für ein Beet­ho­ven-Denk­mal in Bonn, des­sen Er­rich­tung 1845 sie mit­fi­nan­zier­te. Sie or­ga­ni­sier­te und di­ri­gier­te au­ßer­dem ei­nen Ver­ein für Al­te Mu­sik, der in ih­rem Haus prob­te. Ih­re Ver­to­nun­gen von Ge­dich­ten aus Goe­thes „West-Öst­li­chem Di­van“ wer­den zu­sam­men mit an­de­ren ih­rer Kom­po­si­tio­nen heu­te im Goe­the- und Schil­ler-Ar­chiv in Wei­mar auf­be­wahrt, ver­mut­lich ein Ge­schenk an ih­re Freun­din Ot­ti­lie von Goe­the oder an de­ren Sohn, den Mu­si­ker Walt­her von Goe­the (1818-1885), der bei ihr ei­ni­ge Mo­na­te leb­te.

Si­byl­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen en­ga­gier­te sich au­ßer­dem für die Er­hal­tung von Denk­mä­lern, be­son­ders wenn die­se ei­ne star­ke sym­bo­li­sche und iden­ti­täts­stif­ten­de Be­deu­tung hat­ten. Seit ih­rer Kind­heit war sie vom Köl­ner Dom fas­zi­niert; als pro­fun­de Ken­ne­rin des Baus und der dar­in ent­hal­te­nen Kunst­wer­ke hat sie oft wich­ti­ge Gäs­te ge­führt. Im Jahr 1840 in­iti­ier­te sie zu­sam­men mit Sul­piz Bo­is­se­ré (1783-1854) un­d Jo­seph Gör­res ei­ne Bür­ger­initia­ti­ve, die zur Grün­dung des Köl­ner Dom­bau­ver­eins im Jahr 1842 führ­te und da­mit zur Voll­endung des Doms. Gleich­zei­tig en­ga­gier­te sie sich für den Wie­der­auf­bau des im De­zem­ber 1839 ein­ge­stürz­ten Ro­lands­bo­gens, in­dem sie die Be­sit­ze­rin des Or­tes, Prin­zes­sin Ma­ri­an­ne von Preu­ßen (1785-1846), vom nö­ti­gen Wie­der­auf­bau über­zeug­te. Sie ver­mit­tel­te da­zu auch den Ar­chi­tek­ten und Köl­ner Dom­bau­meis­ter Ernst Fried­rich Zwir­ner. Mo­nu­men­te und Ob­jek­te aus der An­ti­ke und aus dem Mit­tel­al­ter wa­ren für Si­byl­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen die bes­ten Mit­tel, um an­de­re Epo­chen und Bräu­che zu er­for­schen. Neu­gie­rig ver­folg­te sie je­de Aus­gra­bung im Rhein­land, aber auch wäh­rend ih­rer ita­lie­ni­schen Auf­ent­hal­te war sie stets in­ter­es­siert an den his­to­ri­schen ört­li­chen Ge­bäu­den.

Ab Som­mer 1835 leb­te sie ein Jahr lang in der li­gu­ri­schen Stadt Ge­nua, um sich von De­pres­si­on und psy­cho­so­ma­ti­schen Be­schwer­den zu be­frei­en. Was ei­ne Ba­de­kur sein soll­te, ent­wi­ckel­te sich zu ei­nem Kampf mit dem Tod: in Ge­nua wü­te­te die Cho­le­ra, die die Be­völ­ke­rung de­zi­mier­te. Si­byl­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen sorg­te pau­sen­los für Wai­sen­kin­der und Kran­ke, wes­we­gen sie von Kö­nig Car­lo Al­ber­to von Sar­di­ni­en (1798-1849) mit ei­ner gol­de­nen Me­dail­le aus­ge­zeich­net und ihr in Ge­nua ei­ne Stra­ße ge­wid­met wur­de. Die­ses En­ga­ge­ment brach­te ihr neue Le­bens­kraft: Ich bin an die­sem un­ge­heu­ren Elend geis­tig ge­sun­det, er­kann­te sie. 

Nach dem Tod ih­res Man­nes (1842) be­schloss die schon als prin­ci­pes­sa te­de­sca ver­ehr­te Frau, für ei­ne län­ge­re Zeit in Ita­li­en zu blei­ben. Sie kam für ein Jahr wie­der nach Ge­nua, wo sie San­to Var­ni (1807-1885), den Di­rek­tor der Aka­de­mie der Schö­nen Küns­te, ken­nen­lern­te. Mit ihm er­forsch­te sie die Stadt, um die Res­te aus den mit­tel­al­ter­li­chen Ge­bäu­den zu stu­die­ren: Ich zie­he nun täg­lich […] auf Ent­de­ckung je­ner Kunst­schät­ze aus, die durch Un­wis­sen­heit und Gleich­gül­tig­keit ge­bannt, in den Win­kel zer­stör­ter Klos­ter und Kir­chen ei­ner glück­li­chen Auf­er­ste­hung d.h. Be­kannt­ma­chung ent­ge­gen­har­ren. Und die Aus­beu­te ist rei­cher als ich er­war­te­te, be­rich­te­te sie be­geis­tert 1844 dem Nu­mis­ma­ti­ker An­ton Stein­bü­chel (1790-1883). In Ge­nua hat­te Si­byl­le schon 1835 ei­ne un­glaub­li­che Ent­de­ckung ge­macht, die sich 1836 be­stä­tig­te: im Haus des be­freun­de­ten Mar­che­se Gi­an Car­lo di Ne­gro (1769-1857) er­kann­te sie ei­nen Teil des Frie­ses mit Ama­zo­nen­kampf­sze­ne aus dem Mau­so­le­um von Ha­ly­kar­nas­sos. Sie ließ meh­re­re Ab­güs­se an­fer­ti­gen, um deut­sche Mu­se­en zum Kauf zu be­we­gen (ein Ab­guss be­fin­det sich im Aka­de­mi­schen Kunst­mu­se­um Bonn), aber die skulp­tier­te Mar­mor­plat­te ging nach Lon­don in das Bri­tish Mu­se­um. Ab Win­ter 1844 leb­te Si­byl­le in Rom und Por­to d’An­zio, wo ge­ra­de Aus­gra­bun­gen die Res­te des an­ti­ken Ha­fens ans Licht brach­ten. Dort ent­deck­te sie 1846 ein Frag­ment der Kon­su­lar­fas­ten mit der Lis­te der rö­mi­schen Kon­suln, das sich heu­te in der Gal­le­ria La­pi­da­ria der Va­ti­ka­ni­schen Mu­se­en be­fin­det.

1841 war Si­byl­le un­ter den ers­ten Mit­glie­dern und Gön­nern des Bon­ner „Ver­eins von Al­ter­th­ums­freun­den im Rhein­lan­de“. In den Jahr­bü­chern des Ver­eins (Bon­ner Jahr­bü­cher) wur­den ih­re Samm­lun­gen ei­nem grö­ße­ren Pu­bli­kum be­kannt ge­macht. Der klas­si­sche Ar­chäo­lo­ge und Phi­lo­lo­ge Lud­wig von Ur­lichs (1813-1889) pu­bli­zier­te ei­ni­ge ih­rer Samm­lungs­stü­cke in Band 1 (1842, „Amor der Göt­ter Sie­ger“) und Band 3 (1843, „Te­le­phos und Ores­tes“). Jo­han­nes Winckel­manns (1717-1768) Ge­burts­tag im Jahr 1846 ge­dach­te er mit ei­ner klei­nen Pu­bli­ka­ti­on über „Drei­zehn Gem­men aus der Samm­lung der Frau Si­byl­la Mer­tens-Schaaff­hau­sen“. In Band 15 (1850) der Jahr­bü­cher pu­bli­zier­te der ge­ra­de in Bonn ha­bi­li­tier­te Ar­chäo­lo­ge Jo­han­nes Over­beck (1826-1895) den Bei­trag „Ge­schnit­te­ne Stei­ne aus der Samm­lung der Frau Mer­tens-Schaaff­hau­sen in Bon­n“. Im sel­ben Band er­schien die Ab­hand­lung „Zwölf Gem­men­bil­der aus der Samm­lung der Frau Mer­tens geb. Schaaff­hau­sen zu Bon­n“ des Ber­li­ner Pro­fes­sors Edu­ard Ger­hard (1795-1867). Die äl­te­re und die neue Ge­ne­ra­ti­on der Ar­chäo­lo­gen hul­dig­te da­mit ei­ne der gro­ßar­tigs­ten Samm­lun­gen der An­ti­ken, die zu­dem in Bonn den For­schern zur Ver­fü­gung stand. 

Sie be­gann auch selbst, Ob­jek­te ih­rer Samm­lun­gen in den Jahr­bü­chern vor­zu­stel­len. Die­se fun­dier­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen zei­gen ihr In­ter­es­se für all­täg­li­che Ob­jek­te aus den Aus­gra­bun­gen im Rhein­ge­biet, wie ei­ne in Mainz ge­fun­de­ne rö­mi­sche Lam­pe aus Bron­ze (1848) oder die in Sär­gen auf­be­wahr­ten Trau­er­schmuck­stü­cke aus Ga­gat (1849). Ei­nen Über­blick über ih­re Neu­er­wer­bun­gen gab sie 1850. 1855 pu­bli­zier­te sie ei­ne sel­te­ne Ka­mee und ei­ne in der Nä­he Bonns ge­fun­de­ne jü­di­sche Lam­pe aus dem 4. Jahr­hun­dert. Zu­letzt be­rich­te­te sie 1856 über ei­nen wich­ti­gen Grä­ber­fund in Berz­dorf.

Wäh­rend sie den Ruhm ih­rer Samm­lung und die grö­ß­te An­er­ken­nung der Spe­zia­lis­ten ge­noss, wur­de ihr Le­ben von Er­baus­ein­an­der­set­zun­gen mit ih­ren sechs Kin­dern ge­plagt, die nach dem Tod des Va­ters ih­re Er­b­an­tei­le aus­ge­zahlt ha­ben woll­ten. Sie muss­te des­we­gen Im­mo­bi­li­en und Land­gü­ter ver­kau­fen. In den letz­ten Jah­ren leb­te sie im­mer iso­lier­ter, im­mer­hin in Ge­sell­schaft ih­rer Halb­schwes­ter Eli­sa­beth (Lil­ly) Deich­mann-Schaaff­hau­sen (1811-1888). Freun­din Ade­le Scho­pen­hau­er, die ih­re letz­ten Jah­re mit Si­byl­le ge­teilt hat­te, war 1849 in Bonn ge­stor­ben. Si­byl­le, ih­re Tes­ta­ments­voll­stre­cke­rin, hin­ter­ließ meh­re­re Ob­jek­te Ade­les dem Gro­ßher­zog von Wei­mar und schenk­te ihm gleich­zei­tig ei­ne ko­los­sa­le Büs­te Goe­thes, ge­schaf­fen von dem be­freun­de­ten Frank­fur­ter Bild­hau­er Edu­ard Schmidt von der Lau­nitz (1797-1869), die noch heu­te in dem be­rühm­ten Ro­ko­ko­saal der An­na-Ama­lia-Bi­blio­thek zu se­hen ist, au­ßer­dem ei­ne klei­ne Samm­lung ita­lie­ni­scher Zeich­nun­gen (meist aus der ge­nue­si­schen Schu­le). Be­trübt von den Strei­te­rei­en mit ih­ren Kin­dern ver­ließ sie Bonn, um end­gül­tig in Rom zu le­ben, wo sie we­ni­ge Mo­na­te nach ih­rer An­kunft am 22.10.1857 starb. Sie fand ih­re letz­te Ru­he auf dem Cam­po San­to Teu­to­ni­co in der Nä­he des Pe­ters­doms. 

Am En­de ih­res Le­bens plan­te Si­byl­le ih­re Kin­der zu ent­er­ben, wie der Epi­gra­phi­ker Wil­helm Hen­zen 1816-1887), der Zeu­ge bei ih­rem letz­ten Tes­ta­ment hät­te sein sol­len, an Edu­ard Ger­hard be­rich­te­te: Es sei ein Glück, dass das Tes­ta­ment nicht zu­stan­de ge­kom­men sei, we­gen der Art, in der dar­in ih­re Kin­der be­han­delt wor­den wä­ren. Ih­re An­ti­qui­tä­ten hät­ten dem Gro­ßher­zog von Wei­mar zu­fal­len sol­len. Kin­der und Schwie­ger­söh­ne be­schlos­sen fast al­les, was der Mut­ter ge­hör­te, in ei­ner Rei­he von Auk­tio­nen durch das Auk­ti­ons­haus J. M. He­ber­le (H. Lem­pertz) in Köln zu ver­äu­ßern. Der His­to­ri­ker und Ar­chäo­lo­ge Ernst aus’m Weerth, der Si­byl­le na­he stand, er­in­ner­te 1859 in den Jahr­bü­chern - kurz vor dem Ver­kauf - an Si­byl­les Le­bens­werk: die rei­che An­ti­ken­samm­lung (nicht nur rö­misch-grie­chisch, son­dern auch ägyp­tisch und ori­en­ta­lisch) zähl­te mehr als 1.800 Gem­men, 50 Sta­tu­et­ten aus Bron­zen und in Edel­me­tall, vie­le all­täg­li­che Ob­jek­te (Ge­wich­te und Waa­ge, Par­füm­kap­seln), cir­ca 6.000 Mün­zen, da­zu Glä­ser, El­fen­bei­ne und Ton­ge­fä­ße. Be­trächt­lich war aber auch die mit­tel­al­ter­li­che Samm­lung mit un­ter an­de­rem wich­ti­gen El­fen­bein­re­liefs (eins be­fin­det sich heu­te im Vic­to­ria and Al­bert Mu­se­um in Lon­don) und 60 Waf­fen. Die Stadt Bonn konn­te nur we­ni­ge Stü­cke er­wer­ben (heu­te im LVR-Lan­des­Mu­se­um Bonn) und be­kam ei­ne Au­to­gra­phen-Samm­lung, die Si­byl­le der Uni­ver­si­tät Bonn tes­ta­men­ta­risch hin­ter­las­sen hat­te; der Rest wur­de in al­le Win­de zer­streut und taucht ab und zu ver­ein­zelt in ver­schie­den Mu­se­en und In­sti­tu­tio­nen der gan­zen Welt auf.

Schriften

Rö­mi­sche Lam­pe aus Bron­ze, in: Bon­ner Jahr­bü­cher 13 (1848), S. 116-117.

Schmuck­sa­chen aus Ga­gat, in: Bon­ner Jahr­bü­cher 14 (1849), S. 46-51.

Ue­ber­sicht über die neu­es­ten an­ti­qua­ri­schen Er­wer­bun­gen der Frau Si­bil­la Mer­tens-Schaaff­hau­sen. Mit­get­heilt von der Be­sit­ze­rin, in: Bon­ner Jahr­bü­cher 15 (1850), S. 136-142.

Sa­turn mit In­schrift: Mut­hu­ni­um, in: Bon­ner Jahr­bü­cher 22 (1855), S. 65-73. Grä­ber­fund zu Bert­z­dorf, in: Bon­ner Jahr­bü­cher 23 (1856), S. 193-194. 

Aus’m Weerth, Ernst, Die An­ti­qui­tä­ten­samm­lun­gen der Frau Si­byl­la Mer­tens-Schaaff­hau­sen. Ein Wort zu ih­rem An­denken, in: Bon­ner Jahr­bü­cher 27 (1859), S. 83-100. 

Büch, Ga­brie­le, La prin­ci­pes­sa te­de­sca. Si­byl­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen 1797–1857. Ro­man­bio­gra­phie, Bonn 2009.

Blö­cker, Su­san­ne, Die An­ti­ken­sehn­sucht der Si­byl­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen (1797-1857), in: Kier, Hil­trud/Zehn­der, Frank Gün­ter (Hg.), Lust und Ver­lust. Köl­ner Samm­ler zwi­schen Tri­ko­lo­re und Preu­ße­n­ad­ler, Köln 1995, S. 283-302.

Blö­cker, Su­san­ne, Von Amor bis Si­len. Die ver­ges­se­ne Bon­ner Ar­chäo­lo­gin und Samm­le­rin Si­byl­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen, in: Be­rich­te aus der Ar­beit des Mu­se­ums. Das Rhei­ni­sche Lan­des­mu­se­um Bonn 1997, S. 56-61.

Cla­sen,Theo/Ot­ten­dorff-Sim­rock, Walt­her, Brie­fe an Si­byl­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen, Bonn 1974.

Fabbri, Fran­ce­sca, Di­seg­ni ge­no­ve­si a Wei­mar con o sen­za Goe­the. Il la­sci­to di Si­byl­le Mer­tens Schaaff­hau­sen, in: Ar­te Cris­tia­na 104/893 (2016), S. 125-138.

Fabbri, Fran­ce­sca, Er­in­ne­rung an Ade­le Scho­pen­hau­er und Schen­kung für Goe­thes Wahl­hei­mat: der Nach­lass von Si­byl­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen in Wei­mar, in: Die Pfor­te. Ver­öf­fent­li­chun­gen des Freun­des­krei­ses des Goe­the-Na­tio­nal­mu­se­ums e.V. 13 (2016), S. 77-107.

Guts­miedl-Schü­mann; Do­ris, Si­byl­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen, in: Akt­Ar­cha [On­line

Hei­nen, El­mer, Die Rhein­grä­fin. Si­byl­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen, in: Go­des­ber­ger Hei­mat­blät­ter 35 (1997), S. 47-63.

Hou­ben, Hein­rich, Die Rhein­grä­fin. Das Le­ben der Köl­ne­rin Si­byl­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen. Dar­ge­stellt nach ih­ren Ta­ge­bü­chern und Brie­fen, Es­sen 1935.

Ko­ckel, Va­len­tin/Wit­tich, Chris­ti­ne, Sy­bil­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen (1797–1857). Samm­le­rin, Ken­ne­rin und „Kol­le­gin“ der Al­ter­tums­wis­sen­schaft­ler, in: Ko­ckel, Va­len­tin/Gra­ep­ler, Da­ni­el (Hg.), Dak­ty­lio­the­ken. Göt­ter und Cae­sa­ren aus der Schub­la­de, Mün­chen 2006, S. 102–107.

Mau­rer, Do­ris, Das li­te­ra­ri­sche Wei­mar. Das Li­te­ra­ri­sche Bonn. Acht Por­träts ma­ß­geb­li­cher Frau­en, Bonn 2019, S. 133-157.

Nie­m­öl­ler, Klaus Wolf­gang, Ei­ne mu­si­ka­li­sche Freund­schaft. Si­byl­le Mer­tens -Schaaff­hau­sen und Fer­di­nand Ries, Di­ri­gent der Nie­der­rhei­ni­schen Mu­sik­fes­te, in: Ries Jour­nal 2 (2012), S. 3-27.

Oem­ke, Ste­fa­nie, Die Rhein­grä­fin in Neuss: ei­ne un­be­kann­te Dak­ty­lo­thek der Gem­men­samm­lung Mer­tens-Schaaff­hau­sen, in: No­va­e­si­um 2006, S. 189-199.

Puls, Mi­cha­el, Si­byl­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen (1797-1857): Ei­ne Da­me von Welt, Geist und Herz und die Her­ren vom Köl­ner Dom, in: Köl­ner Dom­blatt 86 (2021), S. 190-233.

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Zwier­lein-Diehl, Ei­ka, Gem­men aus der Samm­lung Si­byl­le Mer­tens-Schaaff­hau­sen: die Dak­ty­lio­thek des His­to­ri­schen Ar­chivs der Stadt Köln, in: Köl­ner Jahr­buch 46 (2013), S. 209-333.

 
Zitationshinweis

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Fabbri, Francesca, Sibylle Mertens-Schaaffhausen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/sibylle-mertens-schaaffhausen/DE-2086/lido/65e706849c1845.63339519 (abgerufen am 10.12.2024)