Linz am Rhein im Ersten Weltkrieg

Andrea Rönz (Linz am Rhein)

Stadtansicht um 1914, in der Bildmitte das neue Krankenhaus. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

1. Vorkriegszeit

Die ge­schichts­träch­ti­ge mit­tel­rhei­ni­sche Klein­stadt Linz er­freu­te sich in den ers­ten Jah­ren des 20. Jahr­hun­derts durch den Auf­stieg der Ba­salt­in­dus­trie und die Zu­nah­me des Frem­den­ver­kehrs um 1900 ei­nes wirt­schaft­li­chen Auf­schwungs, der ein Wachs­tum der Be­völ­ke­rungs­zahl auf gut 4.500 Ein­woh­ner und ei­ne re­ge pri­va­te und öf­fent­li­che Bau­tä­tig­keit zur Fol­ge hat­te. Ne­ben Gro­ß­pro­jek­ten wie dem Bau des neu­en Kran­ken­hau­ses ent­stan­den in den ers­ten Jahr­zehn­ten des 20. Jahr­hun­derts auch Sied­lun­gen und Wohn­vier­tel, et­wa auf dem Ge­län­de rund um den Kai­ser­berg, im Bon­dorf und am Ro­ni­ger Weg. Ab 1912 schu­fen die Ar­chi­tek­ten Hein­rich Mat­tar (1881-1951) und Edu­ard Scheler (1883-1964) in Linz zahl­rei­che Vil­len, Ein- und Mehr­fa­mi­li­en­häu­ser, Ver­wal­tungs- und In­dus­trie­bau­ten mit den für sie ty­pi­schen his­to­ri­schen Stil­ele­men­ten. Die Häu­ser und Woh­nun­gen der Stadt wur­den durch ein mo­der­nes Gas- und Was­ser­netz ver­sorgt, und 1912 gab es in Linz be­reits 170 Te­le­fon­an­schlüs­se. Auch die Ge­schäfts­welt flo­rier­te, denn knapp 250 Ge­schäf­te, Gast­wirt­schaf­ten und Hand­werks­be­trie­be bo­ten ih­re Wa­ren und Dienst­leis­tun­gen feil. In die­se Zeit frucht­ba­rer Ar­beit und fried­li­chen Fort­schritts, auch vol­ler Plä­ne der Völ­ker­ge­mein­schaft, no­tier­te die amt­li­che Lin­zer Stadt­chro­nik, brach der Be­ginn ei­nes un­ge­heu­ren Welt­krie­ges her­ein, wie die Er­fah­rung der Mensch­heit ihn bis­her nicht kann­te. Wir er­in­nern uns, wie die Er­eig­nis­se in un­heim­li­cher Stei­ge­rung uns über­fie­len und Schritt für Schritt un­auf­halt­sam zu ei­ner Ka­ta­stro­phe dräng­ten. In atem­lo­ser Span­nung ver­folg­ten auch die Be­woh­ner un­se­res Städt­chens die Ent­wick­lung der Er­eig­nis­se.[1] 

Linzer Kriegsfreiwilliger, Oktober 1914. (Privatbesitz Siebertz, Linz am Rhein)

 

2. Mobilmachung

Am 31.7.1914 ga­ben in Linz gro­ße Pla­ka­te am Rat­haus, an den bei­den Stad­to­ren und der Ge­schäfts­stel­le der Rhein-und-Wied-Zei­tung am Markt­platz so­wie die Orts­schel­le den Kriegs­zu­stand be­kannt, am 1. Au­gust die Mo­bil­ma­chung. Am 2. Au­gust läu­te­ten ge­gen zehn Uhr abends die Sturm­glo­cke des Rat­hau­ses und al­le Kir­chen­glo­cken in den Dör­fern rings­um, und der erst seit we­ni­gen Ta­gen am­tie­ren­de Bür­ger­meis­ter Dr. Paul Pie­per (Bür­ger­meis­ter 1914-1932) ver­kün­de­te der auf dem Markt­platz in not­dürf­ti­ger Klei­dung zu­sam­men­strö­men­den Men­schen­men­ge das Auf­ge­bot des ge­sam­ten Land­sturms. Die Chro­ni­ken von Stadt- und Land­bür­ger­meis­te­rei be­rich­ten, dass sich dar­auf­hin al­ler Ge­mü­ter […] ei­ne un­ge­heu­re Auf­re­gung be­mäch­tig­te. Im­mer wie­der von neu­em wur­de der Auf­ruf des Land­sturms an­ge­starrt und ge­le­sen und im­mer wie­der ge­le­sen bei Ker­zen­schein und La­ter­nen­be­leuch­tung. Je­der fühl­te, daß ei­ne gro­ße, erns­te Zeit be­gon­nen ha­be, in der er sei­ne gan­ze Kraft dem be­droh­ten Va­ter­lan­de zur Ver­fü­gung stel­len müs­se. Be­reits seit dem 31. Ju­li ver­lie­ßen stünd­lich Ein­be­ru­fe­ne die Stadt, wo­bei sich vor al­lem am Bahn­hof herz­zer­rei­ßen­de Ab­schieds­sze­nen ab­spiel­ten, aber auch pa­trio­ti­sche Be­geis­te­rung zu spü­ren war. Die Bahn­stei­ge wa­ren über­füllt, und Sol­da­ten, de­ren Trans­port an die fran­zö­si­sche Front in Linz Halt mach­te, wur­den mit Kaf­fee, But­ter­bro­ten, Obst, Zi­gar­ren usw. in über­rei­chen Men­gen be­schenkt. Un­un­ter­bro­chen roll­ten Trup­pen- und Ma­te­ri­al­zü­ge vor­bei. Der Va­ter­län­di­sche Frau­en­ver­ein und Mit­glie­der der Sa­ni­täts­ko­lon­ne rich­te­ten auf dem Bahn­hof ei­ne Er­fri­schungs­sta­ti­on und ei­nen Ver­bands­raum ein. Vie­le Ein­be­ru­fe­ne lie­ßen sich vor ih­rem Ein­rü­cken noch kurz­fris­tig trau­en.[2] 

'Linzer Jungen im Feldzug 1914. Paris - Moskau'. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

Die Maß­nah­men der Mo­bil­ma­chung wie die Ein­be­ru­fung und Auf­bie­tung der Mann­schaf­ten und des Land­sturms, der Pfer­de- und Fahr­zeug­aus­he­bung, der Si­cher­stel­lung von Quar­tie­ren, der Si­che­rung der Ei­sen­bahn­stre­cken, der Ge­stel­lung von Zi­vil­ar­bei­tern für die Mi­li­tär­ver­wal­tung so­wie der Über­wa­chung po­li­tisch un­zu­ver­läs­si­ger Per­so­nen lie­fen nach ei­nem schon zu Frie­dens­zei­ten fest­ge­leg­ten de­tail­lier­ten Ab­lauf an. Die Sonn­tags­ru­he wur­de vor­läu­fig au­ßer Kraft ge­setzt, we­gen der er­höh­ten Seu­chen­ge­fahr soll­ten al­le Ty­phus­kran­ken iso­liert und al­le öf­fent­li­chen Brun­nen po­li­zei­lich kon­trol­liert wer­den. Die Spreng­stoff­la­ger der Ba­salt AG wur­den in ei­nem La­ger zu­sam­men­ge­tra­gen und mi­li­tä­risch be­wacht, Te­le­gra­phen- und Fern­sprech­lei­tun­gen muss­ten be­auf­sich­tigt und ver­däch­ti­ge Wahr­neh­mun­gen so­fort ge­mel­det wer­den. Für durch­fah­ren­de Fuhr­wer­ke, Rad­fah­rer und Au­tos be­fand sich ein Wach­lo­kal in der Lin­zer Burg. Die be­hörd­li­chen Maß­nah­men zur Ver­hü­tung der Spio­na­ge führ­ten auch in Linz, wie an vie­len an­de­ren Or­ten, zu irr­tüm­li­chen Ver­däch­ti­gun­gen und Ver­fol­gun­gen.[3] Am 16.8.1914 wur­de ein um­fas­sen­der Stadt­wach­dienst durch Frei­wil­li­ge ein­ge­rich­tet, an ge­dien­te und zu­ver­läs­si­ge Per­so­nen wur­den auf dem Dienst­zim­mer im Rat­haus Schuss­waf­fen aus­ge­ge­ben. Für die ein­be­ru­fe­nen Leh­rer wur­den Hilfs­kräf­te ein­ge­stellt. Die aus der Bür­ger­meis­te­rei Linz zu stel­len­den Zi­vil­ar­bei­ter und Fahr­zeu­ge wur­den be­reits am 1. Au­gust, Pfer­de und Wa­gen am 3.9.1914 von der Mi­li­tär­be­hör­de in Ko­blenz be­zie­hungs­wei­se Neu­wied über­nom­men.[4]

Kriegsbrücke zwischen Linz und Kripp, 1914. (Privatbesitz Alms-Hammerstein, Linz am Rhein)

 

Um den Ver­kehr auf der rech­ten Rhein­sei­te wäh­rend des Trup­pen­auf­marschs zu be­wäl­ti­gen, wur­de die al­te Gier­pon­te au­ßer Be­trieb ge­setzt und ei­ne Schiff­brü­cke von Köln nach Linz ge­schleppt. Pio­nie­re schlu­gen sie nach dem ge­gen­über­lie­gen­den Kripp, und am 12.8.1914 wur­de sie dem öf­fent­li­chen Ver­kehr über­ge­ben. Mit be­hörd­li­cher Ge­neh­mi­gung er­ho­ben die Schü­ler des Lin­zer Gym­na­si­ums Be­nut­zungs­ge­büh­ren von den Pas­san­ten, die dem Ro­ten Kreuz zu­gu­te­ka­men. Be­reits am ers­ten Tag er­brach­ten sie ei­ne Sum­me von gut 180 Mark. Die Brü­cke blieb ein gu­tes hal­bes Jahr in Be­trieb. Am 4.3.1915 wur­de sie ab­ge­baut und die Fäh­re wie­der in Be­trieb ge­setzt.[5] 

Militärpass des Linzers Heinrich Christian Schulte. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

3. Kriegsdienst

Et­wa ein Vier­tel der männ­li­chen Lin­zer Be­völ­ke­rung wur­de im Ver­lauf der vier Kriegs­jah­re zum Hee­res­dienst ein­be­ru­fen, deut­lich über­durch­schnitt­lich ver­tre­ten wa­ren An­ge­hö­ri­ge der jü­di­schen Ge­mein­de. Um den Jah­res­wech­sel 1915/1916 muss­ten we­gen der Dau­er und der räum­li­chen Aus­deh­nung des Krie­ges al­le noch in der Hei­mat be­find­li­chen wehr­pflich­ti­gen und kriegs­ver­wen­dungs­fä­hi­gen Per­so­nen für die Waf­fe frei­ge­ge­ben wer­den. Le­dig­lich der Hee­res­dienst der Be­am­ten blieb zur Auf­recht­er­hal­tung ei­nes ge­ord­ne­ten Ge­schäfts­be­triebs der Zi­vil­be­hör­den ein­ge­schränkt. Den­noch wa­ren in Linz im Ja­nu­ar 1916 in der Stadt­ver­wal­tung von ehe­mals 15 Be­am­ten nur noch sechs im Dienst, von den rest­li­chen neun wa­ren sie­ben an der Front, zwei im Dienst von Mi­li­tär­be­hör­den oder in der Etap­pe. Frei­ge­stellt wa­ren ne­ben dem Bür­ger­meis­ter der Ver­wal­tungs-As­sis­tent, der tech­ni­sche Bei­ge­ord­ne­te, der Stadt­se­kre­tär, der Po­li­zei-Ser­geant und der Gas­meis­ter. Vom Kriegs­dienst zu­rück­ge­stellt wer­den konn­ten auch An­ge­hö­ri­ge kriegs­wich­ti­ger Be­trie­be und Be­ru­fe, wo­bei auch die­ser Sta­tus im­mer wie­der auf den Prüf­stand kam, zu­mal es zu Be­schwer­den aus der Be­völ­ke­rung kam, dass es Per­so­nen un­ter Vor­schüt­zung von al­ler­lei Grün­den und der Aus­nut­zung ih­rer pri­va­ten und ge­schäft­li­chen Be­zie­hun­gen ge­lun­gen ist, für den ei­nen oder an­de­ren Be­trieb ei­ne an sich nicht be­grün­det er­schei­nen­de Zu­rück­stel­lung zu er­lan­gen. En­de 1916 wies das preu­ßi­sche Kriegs­mi­nis­te­ri­um an, bei Fa­mi­li­en, von de­nen schon meh­re­re Söh­ne ge­fal­len wa­ren – und da­von gab es in Linz ei­ni­ge, wie die To­des­an­zei­gen be­le­gen –, den letz­ten noch le­ben­den Sohn nicht mehr an der vor­ders­ten Front ein­zu­set­zen.[6]  

An der Front im Osten, undatierte Aufnahme. (Privatbesitz Kramer, Dattenberg)

 

4. An der Front

Wie die über­lie­fer­te Feld­post und vor al­lem die Lis­te der Ge­fal­le­nen und Ver­miss­ten ver­deut­li­chen, wur­den Sol­da­ten aus Linz und den Dör­fern an fast al­len Kriegs­schau­plät­zen der West­front, der Ost­front und auch in Über­see ein­ge­setzt. Be­mer­kens­wert ist die Teil­nah­me von zwei Lin­zern na­mens Wie­mer und Oel­lig an der Ver­tei­di­gung des deut­schen Ma­ri­ne­stütz­punkts Tsing­tau im zwi­schen Pe­king und Schang­hai ge­le­ge­nen Ki­aut­schou-Ge­biet. Nach der Ka­pi­tu­la­ti­on des Ko­lo­ni­al­vor­pos­tens am 7.11.1914 vor den ja­pa­ni­schen und bri­ti­schen Be­la­ge­rern wur­den die deut­schen Trup­pen für meh­re­re Jah­re in­ter­niert, die bei­den Lin­zer Sol­da­ten kehr­ten erst sie­ben Jah­re spä­ter nach Hau­se zu­rück. Sehr aus­führ­lich durch ein­drucks­vol­les Bild­ma­te­ri­al do­ku­men­tiert ist der Ein­satz des Dat­ten­ber­gers Karl Cle­ver (ge­bo­ren 1893), der ab­wech­selnd im Os­ten, un­ter an­de­rem in Russ­land, Ser­bi­en und Ru­mä­ni­en, und an den meis­ten Schau­plät­zen der West­front wie et­wa Flan­dern, Ver­dun oder an der Mar­ne ein­ge­setzt wur­de.[7] 

Feldpostkarte, 1917. (Privatbesitz Stümper, Linz am Rhein)

 

Kon­takt hiel­ten Sol­da­ten und An­ge­hö­ri­ge über die Feld­post. Le­bens­zei­chen per Post­kar­te oder Brief wur­den an der Front wie auch in der Hei­mat sehn­lichst er­war­tet. In der Re­gel wa­ren bei­de Sei­ten be­müht, den Adres­sa­ten nicht zu be­un­ru­hi­gen oder gar zu de­mo­ra­li­sie­ren, wes­halb der tat­säch­li­che Kriegs­all­tag zu­meist nicht ge­schil­dert wird. Au­ßer­dem un­ter­lag die Kor­re­spon­denz der Mi­li­tär­zen­sur und wur­de zu­min­dest stich­pro­ben­ar­tig kon­trol­liert. Feld­post­kar­ten wur­den als Mas­sen­wa­re pro­du­ziert und an­ge­bo­ten, die Mo­ti­ve im Rah­men der Kriegs­pro­pa­gan­da aus­ge­wählt. Es konn­ten aber auch in­di­vi­du­el­le Fo­tos auf­ge­nom­men und ver­sandt wer­den. Da­ne­ben wur­den auch zahl­lo­se Pa­ke­te mit so ge­nann­ten „Lie­bes­ga­ben“ ver­schickt, sei es von Pri­vat­per­so­nen oder von Wohl­tä­tig­keits­ver­ei­nen. Be­reits we­ni­ge Ta­ge nach Kriegs­aus­bruch wur­den an ver­schie­de­nen Or­ten in der Linz Sam­mel­be­hält­nis­se für Lie­bes­ga­ben auf­ge­stellt. Grü­ße von der Front er­schie­nen ver­ein­zelt auch in den hei­mi­schen Zei­tun­gen, auch über die Ver­lei­hung von Or­den und Aus­zeich­nun­gen wur­de hier be­rich­tet.[8] 

Theodor Honnef aus Leubsdorf am Grab eines Freundes. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

5. Tote, Vermisste, Verwundete

Die Stadt Linz hat­te ins­ge­samt 93 Ge­fal­le­ne oder Ver­miss­te zu be­kla­gen, mit ei­nem Durch­schnitts­al­ter von et­wa 25 Jah­ren. Von den Ge­fal­le­nen star­ben mit 36 To­ten die meis­ten in Frank­reich, ge­folgt von Deutsch­land (zehn, da­von drei in Ost­preu­ßen), Russ­land (neun), Bel­gi­en (fünf, da­von drei in Flan­dern), Po­len (drei) und Ga­li­zi­en (zwei). Je­weils ein Lin­zer Sol­dat starb im Kriegs­ein­satz in Loth­rin­gen, Ru­mä­ni­en be­zie­hungs­wei­se auf See. Von 21 Sol­da­ten ist der To­desort nicht über­lie­fert. Ver­misst blie­ben vier Lin­zer, da­von ei­ner in Frank­reich, die rest­li­chen auf un­be­kann­ten Schlacht­fel­dern. Die meis­ten Sol­da­ten aus Linz star­ben mit 23 To­ten 1915, 1914 fie­len 21, 1916 12, 1917 zehn, im letz­ten Kriegs­jahr 19 Män­ner, der letz­te er­lag noch ei­ni­ge Wo­chen nach Kriegs­en­de im Ja­nu­ar 1919 sei­nen Ver­wun­dun­gen. Von sie­ben Lin­zer Sol­da­ten ist das To­des­jahr un­be­kannt. Zu Be­ginn des Krie­ges er­schie­nen in den lo­ka­len Zei­tun­gen Ver­lust­lis­ten mit den Na­men der Ge­fal­le­nen, Ver­miss­ten und Ver­wun­de­ten, im wei­te­ren Kriegs­ver­lauf wur­de die Ver­öf­fent­li­chung sol­cher Lis­ten je­doch bald ein­ge­stellt. Sol­da­ten aus Linz ge­rie­ten auch in Kriegs­ge­fan­gen­schaft, ih­re ge­naue Zahl und die Or­te ih­rer In­haf­tie­rung sind aber nicht nä­her be­kannt. Zu Eh­ren der Ge­fal­le­nen wur­de 1923 ein Krie­ger­denk­mal am Kirch­platz er­rich­tet.[9] 

Verwundete im Reserve-Lazarett St. Antoniushaus in Linz, 1914. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

Durch die re­la­ti­ve Nä­he zur West­front wa­ren die Aus­wir­kun­gen der dor­ti­gen Kampf­hand­lun­gen auch in der Stadt Linz un­mit­tel­bar prä­sent. Seit 1916 war so­gar im­mer wie­der Ka­no­nen­don­ner deut­lich zu ver­neh­men. Wenn es abends ru­hig ge­wor­den ist, hört man hier na­he­zu un­un­ter­bro­chen das un­heim­li­che dump­fe Don­ner­grol­len der schwe­ren Ge­schüt­ze, stel­len­wei­se zit­tern die Fens­ter­schei­ben, be­rich­ten die ört­li­che Zei­tung und der Stadt­chro­nist. La­za­rett­zü­ge brach­ten re­gel­mä­ßig zum Teil meh­re­re Hun­dert ver­wun­de­te Sol­da­ten von der Front nach Linz, die von der Sa­ni­täts­ko­lon­ne, zum Teil un­ter Mit­hil­fe der Feu­er­wehr und von Gym­na­si­as­ten, in die ein­zel­nen Stand­or­te des hie­si­gen Re­ser­ve­la­za­retts trans­por­tiert wur­den. Be­reits kurz nach Kriegs­be­ginn ein­ge­rich­tet, konn­ten in den La­za­rett-Ab­tei­lun­gen im neu­en Kran­ken­haus, im An­to­ni­us­haus, im Hos­pi­tal, im Mut­ter­haus der Wei­ßen Schwes­tern und in meh­re­ren Gast­haus­sä­len, dar­un­ter der Eu­ro­päi­sche Hof, der Dill­mann­sche und der Ock­len­burg­sche Saal, rund 650 Mann auf­ge­nom­men wer­den. Leicht­ver­wun­de­te und Kran­ke wur­den auch bei Pri­vat­per­so­nen un­ter­ge­bracht, die pro Mann und Tag drei Mark Ent­schä­di­gung er­hiel­ten und da­für vol­les Quar­tier und Ver­pfle­gung nach ärzt­li­cher An­wei­sung ga­ran­tier­ten. Da die Pfle­ge­kräf­te aus Frie­dens­zei­ten nicht aus­reich­ten, bil­de­ten Va­ter­län­di­scher Frau­en­ver­ein und Ro­tes Kreuz frei­wil­li­ge Hilfs­schwes­tern und Hel­fe­rin­nen aus. Zur Un­ter­hal­tung der Ver­wun­de­ten wur­den Kon­zer­te und Aus­flü­ge, vor al­lem per Schiff, ver­an­stal­tet, leich­ter Ver­letz­te hat­ten auch Aus­gang, durf­ten aber kei­ne Gast­wirt­schaf­ten be­su­chen oder Al­ko­hol trin­ken.[10] 

Zur Be­stat­tung der im Lin­zer Re­ser­ve­la­za­rett Ver­stor­be­nen wur­de An­fang Sep­tem­ber 1914 ne­ben dem jü­di­schen Fried­hof Im Wolfs­a­cker ein Sol­da­ten­fried­hof an­ge­legt. Die Ba­salt AG stell­te das Grund­stück zur Ver­fü­gung, Stadt und Städ­ti­sche Kriegs­hil­fe über­nah­men Her­rich­tung und Pfle­ge der Grä­ber. Be­reits am 7.9.1914 wur­de der ers­te Ge­fal­le­ne hier bei­ge­setzt, wei­te­re 75 soll­ten ihm bis Kriegs­en­de fol­gen, dar­un­ter 66 Deut­sche, vier Ös­ter­rei­cher, zwei Fran­zo­sen, drei Ita­lie­ner und ein Rus­se. Die ver­stor­be­nen Sol­da­ten wur­den spä­ter auf den Hel­den­fried­hof des städ­ti­schen Fried­hofs um­ge­bet­tet.[11] 

Kriegerdenkmal am Kirchplatz, undatierte Aufnahme. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

6. Kriegswirtschaft

Durch die Ein­be­ru­fung der Sol­da­ten fehl­ten nicht nur in vie­len Fa­mi­li­en die Er­näh­rer, auch vie­le Lehr­her­ren wa­ren im Krieg, so dass Lehr­lin­ge ent­las­sen wer­den muss­ten. Zu­dem ver­schlech­ter­te sich in vie­len Hand­werks­be­trie­ben in­fol­ge man­geln­der Nach­fra­ge die Auf­trags­la­ge. Hin­ge­gen flo­rier­te die Pro­duk­ti­on von Ar­mee­be­darf, und die frei­ge­stell­ten Män­ner fan­den in den Mu­ni­ti­ons­fa­bri­ken der Um­ge­gend Be­schäf­ti­gung, wo Sonn­tags- und Nacht­schich­ten ein­ge­rich­tet wer­den muss­ten. Die Ar­beits­löh­ne wa­ren auch 1918 noch hoch bei je­doch gleich­zei­tig enor­mer Preis­stei­ge­rung auf­grund der gra­vie­ren­den Wa­ren­knapp­heit. Vor al­lem in der Land­wirt­schaft stell­te die Ab­we­sen­heit der Män­ner die Fa­mi­li­en vor schier un­lös­ba­re Pro­ble­me, und die Frau­en müs­sen sich fast zu To­de ar­bei­ten. Für Ar­bei­ten in Land­wirt­schaft und In­dus­trie, et­wa im Lin­zer Gas­werk, wur­den auch Kriegs­ge­fan­ge­ne ein­ge­setzt, die in ei­nem Ge­fan­ge­nen­la­ger in Linz, aber auch auf den Bau­ern­hö­fen der Um­ge­bung un­ter­ge­bracht wa­ren. Rus­si­sche und fran­zö­si­sche Kriegs­ge­fan­ge­ne wohn­ten und ar­bei­te­ten bei­spiels­wei­se in Leubs­dorf, auf dem Hu­ber­tus­hof, in Krum­scheid, in Hes­seln und Wall­bachs­müh­le.[12] 

Feldpostkarte, 1917. (Privatbesitz Kriegesmann, Unkel)

 

Durch die sich stei­gern­de Roh­stoff­knapp­heit mach­te sich bald ein Man­gel an Tex­ti­li­en und Schu­hen be­merk­bar. Seit En­de 1916 war für den Kauf von Web-, Wirk- und Strick­wa­ren ein vom Bür­ger­meis­ter­amt er­hält­li­cher Be­zugs­schein er­for­der­lich, der nur bei nach­ge­wie­se­ner Not­wen­dig­keit der An­schaf­fung aus­ge­stellt wur­de. Ab Ja­nu­ar 1917 konn­ten auch Klei­der und Schuh­wa­ren nur noch ge­gen Be­zugs­schein er­wor­ben wer­den, die Prei­se stie­gen au­ßer­dem stark an. Ge­tra­ge­ne Klei­dung, Wä­sche und Schu­he wur­den auf dem Rat­haus ge­sam­melt und an Be­dürf­ti­ge aus­ge­ge­ben. Ab Ok­to­ber 1916 durf­ten in den Gast­stät­ten kei­ne Tisch­de­cken mehr auf­ge­legt wer­den, ab Ju­li 1918 soll­ten auf An­ord­nung der Reichs­be­klei­dungs­stel­le in Ber­lin sämt­li­che Vor­hän­ge, Gar­di­nen, Stores, Rol­los u.ä. be­schlag­nahmt wer­den, um der Wä­sche­not in der Be­völ­ke­rung ent­ge­gen­zu­steu­ern.[13] 

In al­len vier Kriegs­jah­ren fan­den re­gel­mä­ßig auch Me­tall- und Gum­mi­samm­lun­gen statt. Be­reits ab Mit­te 1915 gab es ei­ne Pflicht zur Mel­dung und Ab­lie­fe­rung von Ge­gen­stän­den aus Kup­fer, Mes­sing und Rein­ni­ckel al­ler Art, auch Haus­haltsu­ten­si­li­en wie Koch­ge­schirr aus Me­tall wur­den be­schlag­nahmt. Mit­te 1917 muss­ten dann auch die Or­gel­pfei­fen und Kir­chen­glo­cken ab­ge­lie­fert wer­den, in Linz wur­den zwei Glo­cken aus der Mar­tins­kir­che, ei­ne aus der Ka­pu­zi­ner­kir­che und die so ge­nann­te „Dreck­glo­cke“ aus dem Rat­haus­turm be­schlag­nahmt.[14] 

Knapp wur­den auch die Brenn­stof­fe, was ge­gen En­de des Krie­ges ei­nen ei­gent­lich un­ge­plan­ten Mo­der­ni­sie­rungs­schub der städ­ti­schen In­fra­struk­tur be­wirk­te, denn auf­grund des zu­neh­men­den Koh­le- und Pe­tro­leum­man­gels und um das Gas­werk zu ent­las­ten, dräng­ten die Be­hör­den dar­auf, mög­lichst vie­le Woh­nun­gen an das Elek­tri­zi­täts­werk des Krei­ses Neu­wied an­zu­schlie­ßen. En­de Sep­tem­ber 1918 ver­zeich­ne­te die Stadt be­reits 145 neue An­schlüs­se an das Licht­netz.[15] 

Hinweis auf den städtischen Lebensmittelverkauf, Rhein-und-Wied-Zeitung, 1915. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

Der seit Kriegs­be­ginn sprung­haft ge­stie­ge­ne Zah­lungs­mit­tel­be­darf bei gleich­zei­tig zu­neh­men­der Knapp­heit kriegs­wich­ti­ger Roh­stof­fe führ­te zu ei­nem dra­ma­ti­schen Man­gel an Klein­geld. Kup­fer- und Ni­ckel­prä­gun­gen wur­den 1915/1916 ein­ge­stellt, im Fe­bru­ar 1916 ka­men ei­ser­ne Zehn­pfen­nig­stü­cke in den Ver­kehr, spä­ter wur­den auch Mün­zen wie et­wa das Zwei­mark­stück au­ßer Kurs ge­setzt und ein­ge­zo­gen. Den­noch wur­de An­fang 1917 der Klein­geld­man­gel im­mer gra­vie­ren­der. Die Lin­zer Ge­wer­be­bank gab da­her als Er­satz Pa­pier­geld im Wert von 10 und 50 Pfen­nig aus, das auch bei Post und Ei­sen­bahn in Zah­lung ge­nom­men wur­de. Mit­te 1917 wur­de auch von­sei­ten der Stadt erst­mals Not­geld aus­ge­ge­ben, 8.900 Schei­ne zu 50 und 32.000 Schei­ne zu 10 Pfen­nig. Zu Be­ginn des Jah­res 1918 dien­ten vor­über­ge­hend auch Brief­mar­ken als Zah­lungs­mit­tel. Durch das rück­läu­fi­ge Wa­ren­an­ge­bot und die da­mit ver­bun­de­ne Preis­stei­ge­rung hat­te oh­ne­hin das Geld fast kei­nen Wert mehr, der Tausch­han­del ist wie im Al­ter­tum im Schwan­ge. Kauf­leu­te, Hand­wer­ker wol­len z.B. für ih­re Rech­nun­gen kein Geld, son­dern Le­bens­mit­tel, wie der Stadt­chro­nist im Ju­li 1917 no­tier­te.[16]

Städtische Brotverkaufsstelle in Linz, 1918. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

Seit Kriegs­be­ginn wur­de au­ßer­dem da­zu auf­ge­ru­fen, Gold- und Sil­ber­mün­zen nicht zu hor­ten, son­dern wie bei den Ban­ken ge­gen Pa­pier­geld ein­zu­tau­schen. Zei­tun­gen und amt­li­che Mit­tei­lun­gen ver­ur­teil­ten die selbst­süch­ti­ge, sinn­lo­se Zu­rück­hal­tung die­ser kriegs- und de­vi­sen­wich­ti­gen Roh­stof­fe, wo­durch der wirt­schaft­li­che Ver­kehr und die Macht­stel­lung des Va­ter­lan­des be­ein­träch­tigt wer­den, auf das Schärfs­te. Im Rah­men der Sam­mel­ak­ti­on „Gold gab ich für Ei­sen“ wur­de auch Schmuck ab­ge­lie­fert und ge­gen ei­ser­ne Rin­ge, Ket­ten oder Me­dail­len ein­ge­tauscht. Im Au­gust 1917 hei­ßt es in der Stadt­chro­nik, dass bei der städ­ti­schen Gold­an­kauf­stel­le Linz bis­her 132 Per­so­nen Gold­sa­chen im Wert von 3984,30 Mark ab­ge­lie­fert und da­mit op­fer­freu­dig zur Stär­kung des Gold­schat­zes der Reichs­bank bei­ge­tra­gen ha­ben.[17]

Der Linzer Buttermarkt, um 1915. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

Zur Fi­nan­zie­rung des Krie­ges wur­den im Deut­schen Reich von 1914 bis 1918 neun Kriegs­an­lei­hen aus­ge­ge­ben, die in den Geld­in­sti­tu­ten ge­zeich­net wer­den konn­ten. Die Zeich­nung von Kriegs­an­lei­hen galt als pa­trio­ti­sche Pflicht, und auch in Linz ver­öf­fent­lich­ten die lo­ka­len Ta­ges­zei­tun­gen re­gel­mä­ßig flam­men­de Auf­ru­fe. Bei den Lin­zer Ban­ken wur­den für die neun Kriegs­an­lei­hen ins­ge­samt et­wa 10 Mil­lio­nen Mark ein­ge­zahlt (reichs­weit 98 Mil­li­ar­den Mark), dar­un­ter grö­ße­re Sum­men von der Städ­ti­schen Spar­kas­se selbst, von der Stadt Linz und den Dör­fern, aber auch zahl­lo­se Klein­an­le­ger in­ves­tier­ten ihr Er­spar­tes.[18] 

Hinweis auf die städtische Kriegsküche, Rhein-und-Wied-Zeitung, 1916. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

Ernährung

Be­reits we­ni­ge Ta­ge nach Kriegs­be­ginn be­klag­te der Lin­zer Stadt­chro­nist, dass ei­ne un­be­grün­de­te Preis­stei­ge­rung für die täg­li­chen Nah­rungs­mit­tel auch hier ein­ge­setzt hat­te. Die all­ge­mei­ne Teue­rung und Ver­knap­pung der Le­bens­mit­tel mach­ten der Be­völ­ke­rung sehr zu schaf­fen, der Kampf um das täg­li­che Über­le­ben be­stimm­te den All­tag. Mit­te 1916 wa­ren die Le­bens­mit­tel­prei­se ins Un­ge­heu­er­li­che ge­stie­gen, im De­zem­ber 1916 zeig­ten sich die ers­ten gra­vie­ren­den Män­gel in der Brot- und Mehl­ver­sor­gung, was De­mons­tra­tio­nen in der Stadt zur Fol­ge hat­te. Milch und Kar­tof­feln wur­den knapp, auch Fleisch war Man­gel­wa­re. Bis zum Kriegs­en­de stei­ger­te sich die Le­bens­mit­tel­ver­knap­pung zu ei­ner all­ge­mei­nen Hun­gers­not[19].

Nagelkreuz, Deutschland, 1915/1918. (Deutsches Historisches Museum, Berlin)

 

Be­reits we­ni­ge Ta­ge nach Kriegs­be­ginn 1914 wur­den im Lin­zer Rat­haus um­fang­rei­che Maß­nah­men zur Ver­sor­gung der Ein­woh­ner mit Le­bens­mit­teln ge­trof­fen. Die Ver­wal­tung der Stadt be­schaff­te al­lein von Au­gust 1914 bis No­vem­ber 1916 für rund 600.000 Mark Nah­rungs­mit­tel, die sie zum Selbst­kos­ten­preis ab­gab, dar­un­ter Fleisch, Fisch, Dau­er­wurst, Kar­tof­feln, Zu­cker, Obst, Kon­ser­ven, Öle und Fet­te, Hül­sen­früch­te, Ei­er, But­ter, Reis, Ka­kao, aber auch Fut­ter­mit­tel. Am 1.7.1916 wur­de ein städ­ti­sches Ver­brauch­s­amt ein­ge­rich­tet. Im Ver­lauf des Krie­ges wur­de es für die Stadt­ver­wal­tung je­doch zu­neh­mend schwie­ri­ger, Nah­rungs­mit­tel zu be­zie­hen, und die städ­ti­schen Le­bens­mit­tel­ver­käu­fe wur­den im­mer sel­te­ner[20].

Aufruf zur Nagelung des Eisernen Kreuzes, Rhein-und-Wied-Zeitung, 1915. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

Das Ver­brauch­s­amt sorg­te auch für die Re­gu­lie­rung des ge­werb­li­chen Le­bens­mit­tel­ver­kaufs. Im No­vem­ber 1915 er­ging die An­wei­sung, dass zu­künf­tig am Diens­tag und Frei­tag die Metz­ge­rei­en ge­schlos­sen sein muss­ten und die Wir­te am Mon­tag und Don­ners­tag kei­ne Fleisch­spei­sen ver­kau­fen durf­ten. Ab April 1917 wur­de den Bä­ckern der Brot­ver­kauf ent­zo­gen und zwei Zen­tral­brot­ver­kaufs­stel­len in der Neu- und in der Mit­tel­stra­ße ein­ge­rich­tet, die un­ter städ­ti­scher Lei­tung stan­den und wö­chent­lich rund 4.000 von den Bä­ckern ge­lie­fer­te „Ein­heits­bro­te“ ver­kauf­ten. Die an­ge­streb­te schär­fe­re Be­auf­sich­ti­gung des Brot­be­zugs wur­de da­durch an­ge­strebt und auch er­reicht, wie der Ver­wal­tungs­be­richt fest­stellt. 1915 setz­te die Stadt­ver­wal­tung ei­nen Er­lass des Kriegs­er­näh­rungs­am­tes um, wo­nach mög­lichst kei­ne ent­behr­li­chen Hun­de mehr ge­hal­ten wer­den soll­ten, um so die Ver­füt­te­rung von Le­bens­mit­teln ein­zu­däm­men. Die Hun­de­steu­er wur­de da­her in der Stadt deut­lich er­höht, in den Dör­fern der Land­bür­ger­meis­te­rei neu ein­ge­führt. Zur För­de­rung der Fleisch- und Milch­pro­duk­ti­on wur­de Mit­te 1916 ei­ne städ­ti­sche Schwei­ne­mäs­te­rei er­rich­tet, ab Ja­nu­ar 1917 er­hiel­ten Pri­vat­leu­te, die sich Milch­kü­he an­schaff­ten und die Stadt mit Milch be­lie­fer­ten, Zu­schüs­se zu den Be­schaf­fungs­kos­ten. Stadt und Ver­brauch­s­amt ver­öf­fent­lich­ten au­ßer­dem Auf­ru­fe zum Sam­meln von Pil­zen, Bee­ren­obst oder Brenn­nes­seln und ga­ben Bro­schü­ren wie die „Neue Kriegs­kü­che“ mit Re­zep­ten für fleisch- und fett­ar­me Ge­rich­te oder der Zu­be­rei­tung von Steck­rü­ben, Kaf­fee-Er­satz, Buch­eckern­wurst oder Brot mit Kar­tof­fel­mehl her­aus[21].

Bald wa­ren die meis­ten Le­bens­mit­tel nur noch mit spe­zi­el­len, von der Stadt­ver­wal­tung aus­ge­stell­ten Be­zugs­kar­ten er­hält­lich. Be­reits En­de Fe­bru­ar 1915 wur­de die Brot­kar­te für den Be­zug von Brot oder Mehl ein­ge­führt, im Mai 1916 die Zu­cker­kar­te, im Ju­li 1916 die Fleisch­kar­te. Be­reits seit März 1916 durf­te But­ter und Mar­ga­ri­ne nur ge­gen But­ter­be­zugs­schei­ne ver­kauft wer­den. Im März 1917 wur­den Kin­der­milch­kar­ten aus­ge­ge­ben, im Win­ter 1917 so­gar Be­zugs­kar­ten für Kar­tof­feln und Steck­rü­ben ein­ge­führt[22].

Postkarte der Untersekunda des Linzer Gymnasiums. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

Be­hörd­li­cher­seits er­ging au­ßer­dem schon An­fang 1915 die An­wei­sung, je­des noch so klei­ne Stück­chen Brach­land in Acker­land um­zu­wan­deln. Da der Dieb­stahl von Feld­früch­ten stark zu­nahm, durf­ten Äcker und Gär­ten nachts nicht be­tre­ten wer­den und wur­den von be­waff­ne­ten Pa­trouil­len be­wacht. Ne­ben Dieb­stahl be­schäf­tig­ten die Jus­tiz auch die sich häu­fen­den Ver­stö­ße bei der Her­stel­lung und Ab­ga­be von Le­bens­mit­teln oder ge­gen die ver­ord­ne­ten Höchst­prei­se. So stan­den bei­spiels­wei­se 1915 vier Lin­zer Metz­ger­meis­ter we­gen der il­le­ga­len Stre­ckung von Wurst­wa­ren mit Was­ser und Mehl vor Ge­richt, und re­gel­mä­ßig wur­den Geld­bu­ßen we­gen des Kaufs und Ver­kaufs von Nah­rungs­mit­teln oh­ne Be­zugs­kar­te aus­ge­spro­chen. Ab 1917 wur­den die Na­men von we­gen „Kriegs­wu­cher“ Be­straf­ten in der Zei­tung be­kannt ge­ge­ben. An Markt­ta­gen kam es we­gen Hams­ter­käu­fen und Preis­trei­be­rei ge­le­gent­lich zu Kra­wal­len, wes­halb 1915 das Ab­hal­ten des But­ter­markts vor­über­ge­hend un­ter­sagt wur­de[23].

In Zei­ten grö­ß­ter Le­bens­mit­tel­knapp­heit wur­de in der Stadt zur Mas­sen­spei­sung Es­sen auch in Sup­pen­kü­chen aus­ge­teilt. 1916 be­trie­ben die Ver­ei­nig­ten Frau­en­ver­ei­ne ei­ne Sup­pen­kü­che im Hos­pi­tal, und es wur­de au­ßer­dem in ei­nem Saal der Volks­schu­le die städ­ti­sche Kriegs­kü­che er­öff­net, die Mit­te 1917 je­weils mit­tags und abends rund 600 Li­ter Ein­topf an täg­lich rund 1.200 Per­so­nen auf Be­zugs­kar­ten aus­gab. Un­ter den Ab­neh­mern be­fin­den sich Bür­ger al­ler Stän­de, hei­ßt es in der Stadt­chro­nik[24].

Aufruf zur Bildung einer Jugendwehr, Linzer Zeitung, 1914. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

8. Kriegswohlfahrt

Die An­ge­hö­ri­gen von Sol­da­ten im Feld wur­den staat­li­cher­seits fi­nan­zi­ell un­ter­stützt. Im Ok­to­ber 1914 wur­de be­schlos­sen, dass den Hin­ter­blie­be­nen ei­nes Ge­fal­le­nen ei­ne ein­ma­li­ge Un­ter­stüt­zung von 150 Mark über­wie­sen wer­den soll­te, 1916 be­lie­fen sich die Aus­ga­ben der Stadt- und Land­bür­ger­meis­te­rei Linz für die Fa­mi­li­en von Kriegs­teil­neh­mern auf ins­ge­samt gut 160.000 Mark, 1917 wa­ren es auf­grund der fort­schrei­ten­den Teue­rung be­reits gut 300.000 Mark, die an gut 550 Ehe­frau­en und wei­te­re An­ge­hö­ri­ge aus­ge­zahlt wur­den. Gleich in den ers­ten Kriegs­ta­gen bil­de­te sich au­ßer­dem auf An­re­gung von Bür­ger­meis­ter Pie­per die „Städ­ti­sche Kriegs­hil­fe“, eben­falls zu Wohl­fahrts­zwe­cken. Die Ver­ei­ni­gung sam­mel­te Geld- und Sach­spen­den und or­ga­ni­sier­te Ver­an­stal­tun­gen wie Kon­zer­te oder Vor­trä­ge, um da­mit für Sol­da­ten und be­dürf­ti­ge Fa­mi­li­en so­wie die Ver­wun­de­ten im städ­ti­schen Re­ser­ve­la­za­rett zu sor­gen. Auch an­de­re Ver­ei­ni­gun­gen wie der Va­ter­län­di­sche Frau­en­ver­ein, der St. Eli­sa­be­then­ver­ein oder der Ka­tho­li­sche Frau­en­bund wa­ren im Rah­men der Kriegs­wohl­fahrt tä­tig[25].

Kriegsgetrautes Ehepaar, 1918. (Privatbesitz Willscheid, Dattenberg)

 

Auch an reichs­wei­ten Spen­den­ak­tio­nen be­tei­lig­te man sich in Linz. Im Ju­ni 1918 et­wa er­gab die Samm­lung für die „Lu­den­dorffs­pen­de“ für Kriegs­be­schä­dig­te in der Stadt die un­er­war­tet ho­he Sum­me von gut 28.000 Mark. Gleich zwei­mal wur­de in Linz auch zur so ge­nann­ten „Na­ge­lun­g“ auf­ge­ru­fen, die sich ab 1915 in Deutsch­land zur pa­trio­ti­schen Pflicht­ver­an­stal­tung ent­wi­ckel­te. Erst­mals durch­ge­führt wur­de die Na­ge­lung in Linz am 21.10.1915 an­läss­lich des 500. Ju­bi­lä­ums der Ho­hen­zol­lern­herr­schaft von der Un­ter­se­kun­da des Gym­na­si­ums. In der Au­la der Schu­le und an­schlie­ßend auf dem Markt­platz vor der Ma­ri­en­säu­le auf ei­nem mit schwarz-weiß-ro­tem Fah­nen­tuch ge­schmück­ten Tisch wur­de ein Ei­ser­nes Kreuz aus Holz auf­ge­stellt, in das ge­gen ei­ne Spen­de von 20 Pfen­nig, ei­ner be­zie­hungs­wei­se drei Mark Nä­gel von un­ter­schied­li­cher Grö­ße und Qua­li­tät ein­ge­schla­gen wer­den konn­ten. Da­durch soll­te es Men­schen aus al­len so­zia­len Schich­ten mög­lich sein, sich an der Ak­ti­on zu be­tei­li­gen. Der Er­lös zu­guns­ten der Städ­ti­schen Kriegs­hil­fe be­trug 1.000 Mark. Auf­grund des gro­ßen Er­folgs wur­de am Kai­ser­ge­burts­tag 1916, dem 27. Ja­nu­ar, ei­ne zwei­te Na­ge­lung ver­an­stal­tet[26].

'Vorführung von kinematographischen Kriegsbildern', Rhein-und-Wied-Zeitung, 1916. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

9. Kindheit und Jugend im Krieg

Auch Kin­der und Ju­gend­li­che hat­ten un­ter dem Kriegs­all­tag sehr zu lei­den. Durch die schlech­te Er­näh­rungs­la­ge war ih­re kör­per­li­che Ent­wick­lung be­ein­träch­tigt. Re­gu­lä­rer Schul­un­ter­richt fand we­gen der Ein­be­ru­fung der Leh­rer und vor al­lem ge­gen Kriegs­en­de auch be­dingt durch den an­hal­ten­den Brenn­stoff­man­gel kaum noch statt. An­fang 1917 be­gann der Un­ter­richt an al­len Schu­len der Stadt we­gen Koh­len­man­gels, schlech­ter Zug­ver­bin­dun­gen, an­dau­ern­der Käl­te und teil­wei­ser Un­ter­ernäh­rung der Schü­ler erst um 9.30 Uhr, zum Teil fiel er ganz aus. Kin­der aus Fa­mi­li­en in be­son­de­rer wirt­schaft­li­cher Not­la­ge konn­ten vor­zei­tig aus der Schu­le ent­las­sen wer­den, um zum Fa­mi­li­en­ein­kom­men bei­tra­gen zu kön­nen. Vie­le Lehr­lin­ge muss­ten ent­las­sen wer­den, da die Lehr­her­ren an der Front wa­ren, zum Kriegs­dienst ein­ge­zo­ge­ne Gym­na­si­as­ten und Kriegs­frei­wil­li­ge leg­ten Not­rei­fe­prü­fun­gen ab[27].

Die Schul­kin­der wur­den au­ßer­dem für die Kriegs­wirt­schaft ein­ge­setzt. Klas­sen­wei­se hal­fen sie bei der Ern­te und sam­mel­ten un­er­müd­lich bei­spiels­wei­se Buch­eckern, Ei­cheln, Kas­ta­ni­en, Brenn­nes­seln, Wild­ge­mü­se, Obst­ker­ne, Äh­ren oder Laub, au­ßer­dem Alt­ma­te­ri­al al­ler Art. Drei­mal pro Wo­che zu sam­meln, auch in den Fe­ri­en, war ei­ne va­ter­län­di­sche Pflicht. Auch für Spen­den­ak­tio­nen wur­den sie im­mer wie­der ein­ge­setzt, wie bei der er­wähn­ten Na­ge­lung 1915/1916 oder bei der Hin­den­burg­spen­de 1917. Im März 1915 sam­mel­ten die Gym­na­si­as­ten auf ei­ner Jagd nach „Gol­d“ 35.000 Mark, Schü­ler der evan­ge­li­schen Volks­schu­le ver­kauf­ten 1916 Post­kar­ten für wohl­tä­ti­ge Zwe­cke[28].

Arbeiter-, Bürger- und Soldatenrat Linz, Rhein-und-Wied-Zeitung, 1918. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

Be­reits 1915 gab es Kla­gen über die au­ßer­or­dent­li­che Ver­ro­hung der Ju­gend, was mit der Ab­we­sen­heit der meis­ten Vä­ter, Leh­rer und Lehr­her­ren er­klärt wur­de. Fäl­le von Van­da­lis­mus wie dem Ein­wer­fen von Schei­ben, ei­ner Brand­stif­tung am Kel­ter­haus, der Ver­wüs­tung von Blu­men­bee­ten in den Rhein­an­la­gen oder der Be­schä­di­gung des Hoch­be­häl­ters der Was­ser­lei­tung häuf­ten sich, au­ßer­dem nahm das Schu­le­schwän­zen über­hand. Es gab da­her Über­le­gun­gen, den Ar­beits­lohn von Min­der­jäh­ri­gen fort­an den El­tern aus­zu­zah­len, um zu ver­hin­dern, dass die Ju­gend­li­chen das für die Fa­mi­li­en so wich­ti­ge Ein­kom­men ins Wirts­haus, Ki­no oder den Ci­ga­ret­ten­la­den tra­gen. Ob die­ses Vor­ha­ben in Linz um­ge­setzt wur­de, ist nicht be­kannt. Im Sep­tem­ber 1916 al­ler­dings wur­de den Ju­gend­li­chen das Rau­chen ver­bo­ten. Wehr­fä­hi­ge jun­ge Män­ner ab dem 16. Le­bens­jahr wur­den zur Teil­nah­me an der im Ok­to­ber 1914 ge­grün­de­ten Ju­gend­wehr auf­ge­for­dert, wo sie durch Un­ter­richt, Übun­gen und Wett­kämp­fen wie dem Wehr­tur­nen ei­ne vor­mi­li­tä­ri­sche Aus­bil­dung er­hiel­ten. Die Lin­zer Ju­gend­wehr zähl­te 1914 et­wa 100 Mit­glie­der[29].

Deutsche Truppen ziehen durch Kripp, um nach Linz überzusetzen, November/Dezember 1918. (Archiv Weis/Funk, Remagen-Kripp)

 

Auf den Dör­fern wur­den ab 1916 Stadt­kin­der aus Groß­städ­ten und In­dus­trie­re­vie­ren we­gen der dort sich zu­spit­zen­den Er­näh­rungs­si­tua­ti­on un­ter­ge­bracht. Fa­mi­li­en aus der Land­bür­ger­meis­te­rei Linz nah­men 1916 Fe­ri­en­kin­der aus Es­sen bei sich auf. 1917 ging de­ren Zahl al­ler­dings schon wie­der er­heb­lich zu­rück, da auch hier die Er­näh­rungs­la­ge schlech­ter wur­de. 1918 ver­brach­ten noch 48 Stadt­kin­der den Som­mer in den Dör­fern der Land­bür­ger­meis­te­rei[30].

10. Alltagsleben

Die Aus­wir­kun­gen des Krie­ges schlu­gen sich auch in den Be­völ­ke­rungs­zah­len nie­der. Die Zahl der Ehe­schlie­ßun­gen ging deut­lich zu­rück, 1917 et­wa wa­ren es noch 14, dar­un­ter sechs Kriegs­trau­un­gen, ge­gen­über 27 Ehe­schlie­ßun­gen 1913. Auch die Zahl der Ge­bur­ten war stark rück­läu­fig auf 37 im Jahr 1917 ge­gen­über 100-120 Ge­bur­ten in Frie­dens­jah­ren. Im Ok­to­ber 1918 for­der­te die „Spa­ni­sche Grip­pe“ zahl­rei­che To­des­op­fer in der Stadt. Die öf­fent­li­che und pri­va­te Bau­tä­tig­keit ruh­te in al­len Kriegs­jah­ren so gut wie voll­stän­dig, was bald zu ei­ner er­heb­li­chen Woh­nungs­not führ­te[31].

Ehrenpforte für duchziehende Truppen am Fähranleger in Kripp, Novenber/Dezember 1918. (Repro: Archiv Weis/Funk, Remagen-Kripp)

 

Auch ab­seits von Kriegs­wirt­schaft und Nah­rungs­mit­tel­knapp­heit war das All­tags­le­ben ge­prägt durch das Kriegs­ge­sche­hen. Die Frei­zeit­mög­lich­kei­ten wa­ren be­grenzt, er­laubt wa­ren nur Ver­an­stal­tun­gen, die dem Ernst der Zeit ent­spra­chen. Vor­trä­ge, Ki­no­fil­me oder Thea­ter­stü­cke dreh­ten sich meist um Kriegs­the­men. Kar­ne­val durf­te nicht ge­fei­ert wer­den, al­le kar­ne­va­lis­ti­schen Ver­an­stal­tun­gen in Ver­eins­räu­men und auf der Stra­ße wa­ren ver­bo­ten; auch der Mar­tins­zug durf­te nicht statt­fin­den. Im Som­mer bot im­mer­hin die städ­ti­sche Rhein­ba­de­an­stalt Ab­wechs­lung, im Win­ter wur­de ge­ro­delt und auf dem Heid­ches­wei­her Schlitt­schuh ge­lau­fen. Über Weih­nach­ten, wenn vie­le Sol­da­ten auf Ur­laub ka­men, war das Stadt­bild ge­prägt von den Feld­grau­en. Auch an Sil­ves­ter blieb es ru­hig, das Stra­ßen­bild zeig­te kein Le­ben, und der Markt­platz war ent­ge­gen frü­he­rer Ge­pflo­gen­heit zur Mit­ter­nachts­stun­de leer. Pa­trio­ti­sche Fei­er­lich­kei­ten gab es hin­ge­gen am Kai­ser­ge­burts­tag und bei Sie­ges­be­rich­ten, wenn auf Al­ler­höchs­ten Be­fehl […] Vik­to­ria­schie­ßen, Glo­cken­ge­läu­te und Be­flag­gen der öf­fent­li­chen Ge­bäu­de an­ge­ord­net wur­de. Groß war das Ge­bets­be­dürf­nis, die Got­tes­häu­ser wa­ren voll und re­gel­mä­ßig fan­den Kriegs­wall­fahr­ten statt. Al­lein in den na­he ge­le­ge­nen Wall­fahrts­ort Bruch­hau­sen führ­ten bis Mit­te 1918 von Linz aus 200 Pro­zes­sio­nen, an de­nen je­weils meh­re­re Hun­dert Per­so­nen teil­nah­men[32].

Ab En­de 1916 sah sich die Be­völ­ke­rung zu­dem der Ge­fahr von Flie­ger­an­grif­fen aus­ge­setzt. Im No­vem­ber 1916 wur­de in Erl ei­ne Flug­wa­che ein­ge­rich­tet und ein meh­re­re Mann zäh­len­des Flug­ab­wehr­kom­man­do bei Land­wir­ten in Oh­len­berg, Erl und Stux­hof ein­quar­tiert. Ab Sep­tem­ber 1917 muss­ten in Linz die Häu­ser ver­dun­kelt wer­den. Bom­ben schlu­gen je­doch nur ein­mal auf der Lin­zer Hö­he ein, als in der Nacht vom 22./23.8.1918 bei ei­nem An­griff auf Ko­blenz ver­irr­te feind­li­che Flie­ger drei Bom­ben, wohl No­t­ab­wür­fe, über un­be­bau­tem Ge­biet in Lor­scheid und Not­scheid aus­klink­ten[33].

Französische Besatzungstruppen, so genannte 'Marokkaner'-Soldaten im Linzer Rathaus, 1923. (Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland - RW 8 Nr. 1)

 

11. Kriegsende und Revolution

Nach vier Jah­ren Krieg ka­pi­tu­lier­te das Deut­sche Reich im Herbst 1918. Als am 11. No­vem­ber der Waf­fen­still­stand ge­schlos­sen wur­de, hat­te der Kai­ser ab­ge­dankt und war ins hol­län­di­sche Exil ge­gan­gen. Be­reits am 9. No­vem­ber war Deutsch­land Re­pu­blik ge­wor­den. Aus­ge­hend von ei­nem Ma­tro­sen­auf­stand der Hoch­see­flot­te, brei­te­te sich die Re­vo­lu­ti­on wie ein Flä­chen­brand aus. Auch in Linz über­schlu­gen sich die Er­eig­nis­se, wie Bür­ger­meis­ter Pie­per in der Stadt­chro­nik no­tier­te: In den Städ­ten bil­den sich Ar­bei­ter-, Bür­ger- und Sol­da­ten­rä­te. Am Sams­tag, den 9.11., er­scheint auf mei­nem Amts­zim­mer der Bä­cker Her­mann Schweit­zer und teilt mir mit, man ha­be ihn in Köln be­auf­tragt, mich an­zu­wei­sen, die Re­pu­blik zu ver­kün­den. Auf der Stra­ße geht man in­zwi­schen da­zu über, Of­fi­zie­ren die Ach­sel­stü­cke ab­zu­rei­ßen. […] All­ge­mein be­steht die An­sicht, daß die lei­ten­den Be­am­ten ih­res Am­tes als ent­ho­ben an­zu­se­hen sind. Sonn­tag, den 10., bin ich früh auf dem Rat­haus nach durch­wach­ter Nacht. In der Stadt ist ver­hält­nis­mä­ßig Ru­he. Es er­schien an die­sem Vor­mit­tag ei­ne grö­ße­re An­zahl von Bür­gern auf dem Rat­haus, die ge­mein­sam mit dem Bür­ger­meis­ter die Be­kannt­ma­chung for­mu­lier­ten, dass sich ein Ar­bei­ter-, Bür­ger- und Sol­da­ten­rat ge­bil­det ha­be, und die nach Läu­ten der Sturm­glo­cke der zahl­reich er­schie­ne­nen Bür­ger­schaft von der Rat­haus­trep­pe aus vor­ge­le­sen wird. Ich fü­ge ei­ni­ge we­ni­ge Wor­te an und ra­te zur Ru­he und Be­son­nen­heit. Be­kann­te sa­gen mir, ich sei lei­chen­blaß ge­we­sen und man wer­de die­se Se­kun­den nie im Le­ben ver­ges­sen. In der Stadt ist man, wie ich auf dem Heim­weg se­he, ru­hig und an­stän­dig, aber al­les ist auf­ge­regt wie ein Bie­nen­schwarm[34].

Von Separatisten verwüstete Aula des Linzer Gymnasiums, 1923. (Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland - RW 8 Nr. 44)

 

Der Lin­zer ABS-Rat trat am 11.11.1918 erst­mals zu­sam­men, am 12. No­vem­ber wur­den der Be­völ­ke­rung die Zu­sam­men­set­zung und die Auf­ga­ben des Rats ver­kün­det. Bür­ger­meis­ter Pie­per zu­fol­ge hat­te in die­sen auf­re­gen­den No­vem­ber­ta­gen das Vor­han­den­sein und die Tä­tig­keit des Ar­bei­ter-, Bür­ger- und Sol­da­ten­rats man­che Schwie­rig­keit be­ho­ben, be­son­ders bei Be­reit­stel­lung der Quar­tie­re beim Trup­pen­rück­marsch, den­noch be­an­trag­ten nur we­ni­ge Ta­ge nach dem Ab­rü­cken der Trup­pen rund 151 Lin­zer bei Pie­per die Auf­lö­sung des Ra­tes, da der Stadt­rat nun wie­der selbst für Ord­nung und Si­cher­heit der Bür­ger sor­gen kön­ne. Der ABS-Rat ver­ur­sa­che nur un­nö­ti­ge Kos­ten [35]. Dies be­stritt der Rat en­er­gisch [36]. Ob­wohl in der neu­tra­len Zo­ne, zu der Linz mitt­ler­wei­le ge­hör­te, ABS-Rä­te ei­ner An­ord­nung der Sie­ger­mäch­te zu­fol­ge nicht ge­dul­det wur­den und un­ver­züg­lich auf­zu­lö­sen wa­ren, blieb der Lin­zer ABS-Rat, der sich seit dem 29.11.1918 als „Ar­bei­ter-, Bür­ger- und Bau­ern­ra­t“ be­zeich­ne­te, be­ste­hen und stell­te erst am 7.4.1919 sei­ne Tä­tig­keit ein[37].

Als Notgeld dienender Scheck der städtischen Sparkasse Linz, 1923. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 

12. Truppenrückzug

Der Waf­fen­still­stands­ver­trag vom No­vem­ber 1918 sah ei­ne Ent­mi­li­ta­ri­sie­rung der links­rhei­ni­schen Ge­bie­te, ei­nes 50 Ki­lo­me­ter brei­ten Strei­fens auf der rech­ten Rhein­sei­te und von vier rechts­rhei­ni­schen Brü­cken­köp­fen, dar­un­ter Köln, Ko­blenz und Mainz mit ei­nem Ra­di­us von 30 Ki­lo­me­tern, vor. Die­se Ge­bie­te wur­den An­fang De­zem­ber 1918 von Trup­pen der Sie­ger­mäch­te be­setzt. In Linz mach­te sich der deut­sche Rück­zug ab dem 19.11.1918 lang­sam be­merk­bar. Erst zo­gen klei­ne­re Trupps von Sol­da­ten mit Fahr­zeu­gen und Feld­kü­chen ein, doch schon En­de No­vem­ber glich die Stadt ei­ner gro­ßen Gar­ni­son. Trup­pen al­ler Gat­tun­gen be­le­ben die Stra­ßen der Stadt, die be­flaggt und mit Gir­lan­den ge­schmückt wa­ren. Zu Eh­ren der zum Teil un­ter klin­gen­dem Spiel in mus­ter­haf­ter Ord­nung durch die Stadt zie­hen­den Ko­lon­nen wur­den au­ßer­dem meh­re­re so ge­nann­te „Eh­ren­pfor­ten“ er­rich­tet; ei­ne trug die Auf­schrift: Ihr habt be­schützt den deut­schen Rhein, das soll Euch nie­mals ver­ges­sen sein[38].

Schu­len und an­de­re Ge­bäu­de dien­ten als Mas­sen­quar­tie­re, hö­he­re Stä­be be­zo­gen den Eu­ro­päi­schen Hof und die Vil­la Heu­ser am Rhein. Am Lin­zer Bahn­hof wur­den Trans­port­zü­ge zu­sam­men­ge­stellt, Trup­pen mar­schier­ten au­ßer­dem über die Fried­rich­stra­ße (heu­te Am Sänd­chen) und die As­ba­cher Stra­ße ab. Zwei Funk­sta­tio­nen wur­den ein­ge­rich­tet, die Via­dukt­bo­gen am Rhein ent­lang mit Bret­tern ver­schalt und zu Pfer­de­stäl­len um­ge­wan­delt und ei­ne Feld­bä­cke­rei in Be­trieb ge­nom­men. Die Stra­ßen­zü­ge wa­ren von Te­le­fon­dräh­ten durch­zo­gen, und von Kripp ahr­auf­wärts ste­hen die Ko­lon­nen in dich­ten Mas­sen und har­ren des Über­set­zens über den Rhein. Da die Lin­zer Fäh­re den Ver­kehr nicht be­wäl­ti­gen konn­te, wur­den Trup­pen auch auf Rhein­damp­fern und Trans­port­schif­fen über­ge­setzt, grö­ße­re Ver­bän­de wur­den au­ßer­dem über die 1917 er­rich­te­te Lu­den­dorff­brü­cke zwi­schen Re­ma­gen und Er­pel ge­lei­tet. An­fang De­zem­ber 1918 er­reich­te der Trup­pen­durch­zug sei­nen Hö­he­punkt[39].

Am 3. De­zem­ber wur­den die Sta­tio­nen des Re­ser­ve­la­za­retts bis auf die drei Ab­tei­lun­gen im neu­en Kran­ken­haus, im Hos­pi­tal und im An­to­ni­us­haus auf­ge­löst, die Sa­ni­täts­mann­schaf­ten und Ärz­te zum Teil ent­las­sen. Am 5. De­zem­ber ver­lie­ßen die letz­ten Trup­pen, Ko­lon­nen und Kraft­wa­gen Linz. Der Stadt­chro­nist no­tier­te: Der Fah­nen­schmuck und die Eh­ren­pfor­ten wer­den ab­ge­nom­men. Bald wer­den die letz­ten Res­te mi­li­tä­ri­schen Le­bens und Trei­bens ver­schwun­den sein. Die sonst hier ge­wohn­te Ru­he kehrt wie­der ein[40].

475 Lin­zer Sol­da­ten kehr­ten aus dem Krieg zu­rück, die meis­ten bis En­de 1918, ei­ni­ge auch erst Mit­te 1919 oder noch spä­ter. Die Heim­keh­ren­den wur­den in Linz und den Dör­fern mit Freu­de und Eh­ren emp­fan­gen, zum Teil fest­lich mit Mu­sik am Bahn­hof ab­ge­holt oder mit Fa­ckel­zü­gen von der Kir­che bis zu ih­rem Haus ge­lei­tet[41].

13. Nachkriegszeit

Am 19.1.1919 fand die Wahl zur Deut­schen Na­tio­nal­ver­samm­lung statt, bei der erst­mals auch Frau­en das Wahl­recht hat­ten. Im Kreis Neu­wied er­hielt die Zen­trums­par­tei gut 47 Pro­zent der Stim­men, ge­folgt von der SPD mit gut 28 Pro­zent und der DVP/DDP mit gut 23 Pro­zent. Im Rah­men der be­reits er­wähn­ten Waf­fen­still­stands­ver­ein­ba­run­gen wa­ren seit De­zem­ber 1918 ame­ri­ka­ni­sche Sol­da­ten im Raum Linz sta­tio­niert. Das mit dem Ver­sailler Ver­trag ver­bun­de­ne Rhein­land­ab­kom­men vom Ju­ni 1919 teil­te das links­rhei­ni­sche Deutsch­land in drei Be­sat­zungs­zo­nen, die rechts­rhei­ni­schen Brü­cken­köp­fe blie­ben er­hal­ten. Linz ge­hör­te nicht zum be­setz­ten Ge­biet, son­dern lag im so ge­nann­ten „Fla­schen­hal­s“, ei­ner neu­tra­len Zo­ne zwi­schen den Brü­cken­köp­fen Köln und Ko­blenz. Den­noch kam es zu Zu­sam­men­stö­ßen mit ame­ri­ka­ni­schen und fran­zö­si­schen Be­sat­zungs­sol­da­ten, denn das Ge­biet des Ko­blen­zer Brü­cken­kop­fes reich­te bis an die Gren­ze der Land­bür­ger­meis­te­rei Linz her­an und Grenz­über­schrei­tun­gen wa­ren an der Ta­ges­ord­nung. Gleich­zei­tig be­hin­der­ten be­hörd­li­che Schi­ka­nen für die Zi­vil­be­völ­ke­rung den Ver­kehr von und nach Linz durch die be­setz­te Zo­ne des Ko­blen­zer Brü­cken­kopfs. Die Stadt pro­fi­tier­te aber auch von ih­rer La­ge, denn über die der al­li­ier­ten Kon­trol­le noch ent­zo­ge­ne Bahn­stre­cke Linz-Al­ten­kir­chen ent­wi­ckel­te sich in den ers­ten Mo­na­ten nach dem Krieg ein schwung­haf­ter Gro­ßhan­del mit den frei­en in­ner­deut­schen Ge­bie­ten, wes­halb Linz zur Wirt­schafts­dreh­schei­be im „Fla­schen­hal­s“ wur­de. Auch wäh­rend der ers­ten Wo­chen des Ruhr­kampfs zu Be­ginn des Jah­res 1923 blieb die Stadt un­be­setzt, und die Wes­ter­wald­bahn bot als ein­zi­ge freie Stre­cke vom Rhein in das In­ne­re Deutsch­lands die Mög­lich­keit, Wa­ren vom links­rhei­nisch be­setz­ten Ge­biet zoll­frei dort­hin zu be­för­dern. Am 1.3.1919 mar­schier­ten die Fran­zo­sen in die neu­tra­le „Fla­schen­hals­zo­ne“ ein und ver­sperr­ten die­ses Schlupf­loch. In Linz wur­de ge­gen 5 Uhr nach­mit­tags der Bahn­hof be­setzt, sämt­li­che Bahn­uh­ren zum Still­stand ge­bracht, sämt­li­che Ein- und Aus­gän­ge des Bahn­hofs durch ei­ne Ab­tei­lung mit Ma­schi­nen­ge­weh­ren ge­sperrt, die War­te­räu­me be­legt, und die an­we­sen­den Be­am­ten in vor­läu­fi­ge Haft ge­nom­men[42].

Nach der Be­set­zung der Stadt durch die Fran­zo­sen war die Lin­zer Be­völ­ke­rung ver­pflich­tet, sich dem von der deut­schen Re­gie­rung aus­ge­ru­fe­nen pas­si­ven Wi­der­stand an­zu­schlie­ßen, und Bür­ger­meis­ter Pie­per wies trotz zwi­schen­zei­ti­ger Ver­haf­tung durch die Be­sat­zer de­ren For­de­run­gen nach Be­schlag­nah­mung von Woh­nun­gen, Bet­ten, Le­bens­mit­teln und Sons­ti­gem wie­der­holt zu­rück. Im Ge­gen­zug schränk­ten die Fran­zo­sen den Stra­ßen­ver­kehr ein und schlos­sen Mit­te Ju­ni die Fäh­re. Von Früh­jahr 1923 bis Ok­to­ber 1924 muss­ten au­ßer­dem Be­am­te und An­ge­stell­te von Ei­sen­bahn und öf­fent­li­cher Ver­wal­tung mit ih­ren An­ge­hö­ri­gen, ins­ge­samt 113 Per­so­nen, Linz ver­las­sen. Die­se Sank­tio­nen und wie­der­hol­te Über­grif­fe durch die fran­zö­si­schen Be­sat­zungs­trup­pen ver­setz­ten die Be­völ­ke­rung in gro­ße Un­ru­he. Erst nach dem Ab­bruch des pas­si­ven Wi­der­stands durch die Reichs­re­gie­rung am 26.9.1923 ent­wi­ckel­te sich ein er­träg­li­ches Zu­sam­men­le­ben. Am 20.11.1925 räum­ten die Fran­zo­sen mit dem ge­sam­ten „Fla­schen­hal­s“ auch Linz[43].

Nicht nur mit den Aus­wir­kun­gen der Be­sat­zung hat­te die Lin­zer im Kri­sen­jahr 1923 zu kämp­fen: In der Nacht zum 11.11.1923 mar­schier­ten Se­pa­ra­tis­ten in die Stadt ein, die sich die Los­lö­sung der Rhein­pro­vinz vom Deut­schen Reich auf die Fah­nen ge­schrie­ben hat­ten. In Linz be­setz­ten sie Rat­haus, Gym­na­si­um, Volks­schu­len und den Dill­mann­schen Saal, und es kam zu ge­walt­tä­ti­gen Über­grif­fen. Aus der Ga­ra­ge der Ba­salt AG wur­den zwei wert­vol­le Au­tos ge­stoh­len, die Ge­schäf­te zur Lie­fe­rung von Nah­rungs­mit­teln, Klei­dung oder Rauch­wa­ren ge­zwun­gen und die Stadt­kas­se ge­plün­dert. Der Bür­ger­meis­ter wur­de ab­ge­setzt, die Po­li­zei­be­am­ten ent­waff­net und die grün-weiß-ro­te Fah­ne auf dem Rat­haus­dach ge­hisst. Franz He­cker (ge­bo­ren 1895) wur­de Orts­kom­man­dant. Am 14. No­vem­ber ließ der aus Neu­wied ein­ge­trof­fe­ne fran­zö­si­sche De­le­gier­te Graf de Beaure­pai­re Se­pa­ra­tis­ten­füh­rer Schil­ling im Lin­zer Rat­haus vor­füh­ren. Beaure­pai­re sprang auf ihn zu, griff ihn beim Rock und Wes­te und warf ihn quer durch das Amts­zim­mer des Bür­ger­meis­ters, dann ließ er ihn in­haf­tie­ren. Die grün-weiß-ro­te Fah­ne wur­de un­ter Freu­den­ge­heul der Lin­zer her­un­ter­ge­holt, und die Se­pa­ra­tis­ten von ei­ner auf­ge­reg­ten Men­schen­men­ge aus der Stadt ge­jagt[44].

1923 er­reich­te zu­dem ei­ne dra­ma­ti­sche Wirt­schafts­kri­se ih­ren Hö­he­punkt. Die seit 1914 sich ste­tig stei­gern­de Geld­ent­wer­tung hat­te sich zur Hy­per­in­fla­ti­on ent­wi­ckelt und trieb auch in Linz die Le­bens­hal­tungs­kos­ten in schwin­deln­de Hö­hen. Im Ja­nu­ar 1923 kos­te­te ein Pfund But­ter auf dem Lin­zer Wo­chen­markt be­reits 1.800-2.000 Mark, Ei­er wur­den mit 80-90 Mark das Stück ge­han­delt. Im Sep­tem­ber 1923 muss­ten für ei­nen Li­ter Milch 3,8 Mil­lio­nen Mark, für 1 Pfund But­ter im Durch­schnitt 60 Mil­lio­nen, für ein Ei 4 Mil­lio­nen be­zahlt wer­den. Er­neut wa­ren Not­geld­schei­ne in Um­lauf, brei­te Be­völ­ke­rungs­schich­ten ver­arm­ten, Lohn­streiks bei der Ba­salt AG wa­ren die Fol­ge. Erst mit Ein­füh­rung der Ren­ten­mark im Zu­ge der Wäh­rungs­re­form im No­vem­ber 1923 wur­de die In­fla­ti­on in Deutsch­land schlag­ar­tig ge­stoppt. Auch in Linz er­hol­te sich die Wirt­schaft in den kom­men­den Jah­ren, die Be­schäf­ti­gungs­la­ge war gut, es gab we­nig Ar­beits­lo­se, und die Kauf­kraft war ver­hält­nis­mä­ßig stark. Erst 1930 ent­wi­ckel­ten sich die wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se in Linz er­neut zum Schlech­te­ren, als die Welt­wirt­schafts­kri­se zum Durch­bruch kam. Nicht zu­letzt setz­te Bür­ger­meis­ter Pie­per in den Nach­kriegs­jah­ren zahl­rei­che Vor­ha­ben um, die die Stadt in ih­rer kom­mu­na­len, wirt­schaft­li­chen und so­zia­len Ent­wick­lung er­heb­lich vor­an­brach­ten. Er ließ ei­ne Was­ser­sta­ti­on am Rhein, ein neu­es Feu­er­wehr­haus und ei­ne mo­der­ne Ju­gend­her­ber­ge am Schopp­bü­chel, die Krie­ger­ge­dächt­nis­stät­te, ein neu­es Post- und ein neu­es Ka­tas­ter­amt so­wie ei­ne Rei­he von stadt­ei­ge­nen Woh­nun­gen er­rich­ten. Der Aus­bau und die Mo­der­ni­sie­rung der städ­ti­schen In­fra­struk­tur fie­len eben­so in die­se Zeit wie et­wa der Er­werb des Stadt­gar­tens, die Grün­dung des Hei­mat­mu­se­ums und nicht zu­letzt die Frei­le­gung der Fach­werk­häu­ser, die Linz erst zur „Bun­ten Stadt“ mach­te[45].

Quellen

Stadt­ar­chiv Linz am Rhein (StAL)

- Best. 2 Ak­ten von 1815-1945
Abt. 13 Bau­ten
Abt. 43 Ste­hen­des Heer
Abt. 46 Mo­bil­ma­chung, Krieg und De­mo­bil­ma­chung - Best. 4 Bau­ak­ten
- Best. Samm­lung
- Best. Pro­to­koll­bü­cher
- Best. Zei­tungs­samm­lung
- Un­ver­zeich­ne­te Ak­ten zum Ers­ten Welt­krieg u. zur Nach­kriegs­zeit

Lan­des­haupt­ar­chiv Ko­blenz (LHAK)

- Best. 475 Land­rats­amt Neu­wied
- Best. 476 Kreis­aus­schuss Neu­wied
- Best. 709,002 Zei­tungs­fil­me

Literatur

Burg­hard, Her­mann/Kap­ser, Cor­du­la, Linz am Rhein. Die Ge­schich­te der Stadt von der Früh­zeit bis zur Ge­gen­wart, Köln [u.a.] 2002.
Rings, An­ton u. Ani­ta, Die ehe­ma­li­ge jü­di­sche Ge­mein­de in Linz am Rhein. Er­in­ne­rung und Ge­den­ken, 2. Auf­la­ge, Linz am Rhein 1992.

Online

Samm­lung "Linz im Ers­ten Welt­krieg" im Blog des Stadt­ar­chivs Linz am Rhein. [On­line]

Bürgermeister Dr. Paul Pieper, undatierte Aufnahme. (Stadtarchiv Linz am Rhein)

 
Anmerkungen
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Rönz, Andrea, Linz am Rhein im Ersten Weltkrieg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/linz-am-rhein-im-ersten-weltkrieg/DE-2086/lido/57d136a0aa4a56.62632641 (abgerufen am 18.03.2024)