Elisabeth Treskow

Goldschmiedin (1898-1992)

Rüdiger Joppien (Hamburg)

Elisabeth Treskow, Porträtfoto. (Rheinisches Bildarchiv)

Eli­sa­beth Tres­kow war ei­ne der ers­ten Frau­en, die in neue­rer Zeit das Ge­werk der Gold­schmie­de­kunst pro­fes­sio­nell aus­üben konn­ten. Zu den her­aus­ra­gen­den Schmuck­künst­le­rin­nen des 20. Jahr­hun­derts zäh­lend, ist ihr Na­me nicht zu­letzt mit der Wie­der­ent­de­ckung der etrus­ki­schen Gra­nu­la­ti­ons­tech­nik ver­bun­den, die sie in ih­ren Wer­ken auf meis­ter­li­che Wei­se um­zu­set­zen ver­stand.

Eli­sa­beth Tres­kow wur­de am 20.8.1898 als Toch­ter des Dro­ge­ris­ten Max Tres­kow und sei­ner Ehe­frau Hed­wig in Bo­chum ge­bo­ren. Nach Be­su­chen der Ha­ge­ner Sil­ber­schmie­de und der Kunst­ge­wer­be­schu­le Es­sen ab­sol­vier­te sie ei­ne Gold- und Sil­ber­schmie­de­leh­re in Schwä­bisch-Gmünd (1916-1917) und in Mün­chen (1918-1918). Bei dem Münch­ner Gold­schmied Karl Roth­mül­ler (1860-1930) leg­te sie 1918 die Ge­sel­len­prü­fung ab.

1919 grün­de­te Eli­sa­beth Tres­kow ei­ne Werk­statt in Bo­chum, 1923 ver­leg­te sie die­se in den neu ent­stan­de­nen Es­se­ner Stadt­teil Mar­ga­re­then­hö­he. Hier kam es zur Zu­sam­men­ar­beit mit dem Email­leur Kurt Le­vy (1911-1987) und der Buch­bin­de­rin Fri­da Schoy (1889-1963). 1924 be­stand Tres­kow die Meis­ter­prü­fung vor der Hand­werks­kam­mer Düs­sel­dorf, 1927 er­folg­te ein Werk­statt­wech­sel in das Werk­haus der Mar­ga­re­then­hö­he, Im Stil­len Win­kel 1, wo auch der Bild­hau­er Will Lam­mert (1892-1957) und der Druck­gra­phi­ker Her­mann Kä­tel­hön (1884-1940) ar­bei­te­ten.

Sehr wahr­schein­lich in das glei­che Jahr fällt ei­ne Stu­di­en­rei­se nach Pa­ris, wo Eli­sa­beth Tres­kow im Mu­sée Cluny blei­ben­de Ein­drü­cke von Schmuck­stü­cken der Völ­ker­wan­de­rungs­zeit emp­fing. 1927 trat sie dem Deut­schen Werk­bund bei.

Als 1929/ 1930 die Aus­wir­kun­gen der Welt­wirt­schafts­kri­se spür­bar wur­den und Auf­trä­ge aus­blie­ben, wid­me­te sich Eli­sa­beth Tres­kow dem Stu­di­um der Me­tall­ur­gie der Etrus­ker. Da­bei ent­deck­te sie die von den Etrus­kern zu ho­her Meis­ter­schaft ge­führ­te Gra­nu­la­ti­ons­tech­nik. Die­se be­stand dar­in, win­zi­ge, staub­körn­chen­gro­ße Gold­kü­gel­chen auf ei­nen Me­tall­trä­ger auf­zu­brin­gen, oh­ne dass die­se im Feu­er schmol­zen. Zwar hat­te der Münch­ner Gold­schmied Jo­hann Mi­cha­el Wilm (1885-1963) die Gra­nu­la­ti­on be­reits um 1919 ex­pe­ri­men­tell nach­voll­zo­gen, doch blieb sie noch lan­ge ein Ge­heim­nis. Eli­sa­beth Tres­kow über­trug sie seit den frü­hen 1930er Jah­ren auf zahl­lo­se Schmuck­stü­cke und pro­pa­gier­te da­mit ih­re tech­ni­schen und de­ko­ra­ti­ven Mög­lich­kei­ten - als­bald be­saß sie den Ruf der Wie­der­ent­de­cke­rin die­ser Tech­nik, den sie durch Vor­trä­ge und Pu­bli­ka­tio­nen un­ter­mau­er­te.

Mit den Ar­bei­ten ein­her ging ein Stu­di­um an­ti­ker Kul­tur, der Ar­chäo­lo­gie und an­ti­ker Au­to­ren. So wa­ren die bild­li­chen Mo­ti­ve der Gra­nu­la­ti­ons­ar­bei­ten Eli­sa­beth Tres­kows vor al­lem an­ti­kisch in­spi­riert. Auf kleins­ter Flä­che, auf ei­nem Arm­reif oder der Schmuck­plat­te ei­nes Rings, ge­stal­te­te sie Jagd­frie­se und my­tho­lo­gi­sche Fi­gu­ren, Dar­stel­lun­gen von Flo­ra, Fau­na und den Tier­kreis­zei­chen. Auf Edel­stei­ne konn­te sie fast voll­stän­dig ver­zich­ten, da die Aus­strah­lung des Schmucks ganz auf der Wir­kung des Gol­des be­ruh­te.

Eli­sa­beth Tres­kow ar­bei­te­te wäh­rend der 1930er Jah­re für pro­mi­nen­te Auf­trag­ge­ber, zu de­nen die Vor­stän­de der Fir­men Krupp und der Rhei­nisch-West­fä­li­schen Elek­tri­zi­täts­wer­ke AG (RWE) eben­so ge­hör­ten wie der Es­se­ner Ober­bür­ger­meis­ter Hans Lu­ther, der Lei­ter des Folk­wang-Mu­se­ums Ernst Go­se­bruch (1872-1953) oder die Ver­le­ger­gat­tin Mar­ta Ba­ede­ker. In­diz für ih­ren künst­le­ri­schen Er­folg wa­ren un­ter an­de­rem meh­re­re von ihr ge­won­ne­ne Wett­be­wer­be der Ge­sell­schaft für Gold­schmie­de­kunst in Ber­lin. Für den "Eh­ren­ring" (1933), das "Schmuck­kreuz" (1935) und den "Lie­bes­ring" (1936) ge­wann sie je­weils ers­te Prei­se, 1937 er­hielt sie die Gold­me­dail­le der Pa­ri­ser Welt­aus­stel­lung, 1938 wur­de ihr als ers­ter Frau der Eh­ren­ring der Ge­sell­schaft für Gold­schmie­de­kunst ver­lie­hen. 1941 ging sie mit ei­ner Frie­dens­tau­be mit ei­nem Lor­be­er­zweig im Schna­bel noch ein­mal sieg­reich aus dem Wett­be­werb "Gold­schmie­de­plas­tik" her­vor. Eli­sa­beth Tres­kow, die sich stets zu den Tra­di­tio­nen des Hu­ma­nis­mus be­kann­te, äu­ßer­te im Al­ter, sie ha­be Glück ge­habt, in den Jah­ren des Drit­ten Reichs nicht zu of­fi­zi­el­len Auf­trä­gen her­an­ge­zo­gen wor­den zu sein. So konn­te sie ih­re künst­le­ri­sche Ar­beit frei hal­ten von na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Sym­bo­len. Par­tei­ab­zei­chen, Eh­ren­kas­set­ten, Mar­schall­stä­be sind von ihr nie be­kannt ge­wor­den.

1943 ver­leg­te Eli­sa­beth Tres­kow kriegs­be­dingt ih­re Werk­statt von Es­sen nach Det­mold. 1948 be­rief sie der neue Di­rek­tor der Köl­ner Werk­schu­len, Au­gust Hoff (1892-1971), als Lei­te­rin der Klas­se für Gold­schmie­de­kunst nach Köln. Hier ent­fal­te­te sie bis zu ih­rer Pen­sio­nie­rung 1964 ei­ne bei­spiel­lo­se künst­le­ri­sche und päd­ago­gi­sche Wirk­sam­keit, die ihr bis in höchs­te ge­sell­schaft­li­che und kirch­li­che Krei­se An­er­ken­nung ein­brach­te. Als ers­te deut­sche Gold­schmie­din wur­de Eli­sa­beth Tres­kow 1956 zur Pro­fes­so­rin er­nannt.

Ho­hes An­se­hen er­lang­te die Künst­le­rin in Köln 1948 mit der pro­vi­so­ri­schen Re­stau­rie­rung des im Krieg ver­sehr­ten Schreins der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge im Köl­ner Dom. Kirch­li­che Auf­trä­ge um­fass­ten ei­ne Chor­man­tel­schlie­ße für den Köl­ner Erz­bi­schof Kar­di­nal Jo­seph Frings, spä­ter auch Re­li­quia­re, Ta­ber­na­kel, Kel­che, Bi­schofs­stä­be, Pek­to­ra­le und Bi­schofs­rin­ge.

1949 ent­warf die Künst­le­rin die (noch heu­te be­nutz­te) Meis­ter­scha­le des Deut­schen Fuß­ball-Bun­des und führ­te sie mit ih­ren Stu­den­ten aus. 1955 ent­stand die plas­tisch ge­schmück­te, mit an­ti­ken Mün­zen ver­se­he­ne und teil­gra­nu­lier­te Amts­ket­te des Ober­bür­ger­meis­ters der Stadt Köln. Zeit­wei­lig en­ga­gier­te sich Eli­sa­beth Tres­kow auch auf dem Ge­biet des Pro­dukt­de­signs, als sie für den So­lin­ger Fa­bri­kan­ten Carl Pott (1906-1985) ein Be­steck ent­warf.

Die von Eli­sa­beth Tres­kow her­ge­stell­ten Schmuck­stü­cke er­freu­ten sich ei­ner gro­ßen Be­liebt­heit und Nach­fra­ge. Zu ih­ren Kun­den zähl­ten die ers­ten Fa­mi­li­en des Rhein­lands, wie zum Bei­spiel die Wer­hahns aus Neuss. Schon bald nach 1948 ver­füg­te Eli­sa­beth Tres­kow über ei­nen rei­chen Be­stand an Edel­stei­nen, die sie zu flo­ral in­spi­rier­ten An­hän­gern, Bro­schen und Bou­quets ver­ar­bei­te­te, oh­ne da­bei in blo­ße Ju­we­lier­kunst ab­zu­glei­ten. Wich­tig war ihr stets, die Trä­ge­rin­nen ih­rer Schmuck­stü­cke per­sön­lich ken­nen zu ler­nen, um da­nach ei­nen in­di­vi­du­el­len Ent­wurf zu schaf­fen. So wur­den aus vie­len Kun­den en­ge Freun­de.

Um den stei­gen­den Be­darf nach ih­ren Ar­bei­ten er­fül­len zu kön­nen, ging Eli­sa­beth Tres­kow in den 1950er Jah­ren da­zu über, auch an­ti­ke ge­schnit­te­ne Stei­ne und Mün­zen in ih­re Schmuck­ar­bei­ten zu in­te­grie­ren. Durch die Re­stau­rie­rung des Drei­kö­ni­gen­schreins war sie auf Gem­men auf­merk­sam ge­wor­den und hat­te da­von bald ei­ne be­acht­li­che Samm­lung an­ge­legt. Die An­ti­ke und das Chris­ten­tum des Mit­tel­al­ters wa­ren für sie stän­di­ge In­spi­ra­ti­ons­quel­len.

Eli­sa­beth Tres­kow nahm an zahl­lo­sen Aus­stel­lun­gen zur Gold- und Sil­ber­schmie­de­kunst teil, wie zum Bei­spiel an der wich­ti­gen "In­ter­na­tio­nal Ex­hi­bi­ti­on of Mo­dern Je­wel­le­ry 1890-1961" in der Golds­miths' Hall, Lon­don. 1963 er­hielt sie den Baye­ri­schen Staats­preis, 1967 den Staats­preis des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len und 1975 die Aus­zeich­nung "Pro Eccle­sia et Pon­ti­fice" durch Papst Paul VI. (Pon­ti­fi­kat 1963-1978). 1977 wur­de ihr die Ja­bach-Me­dail­le der Stadt Köln und 1980 der Her­bert Hoff­mann Preis der In­ter­na­tio­na­len Hand­werks­mes­se Mün­chen (IHM) zu­er­kannt. Die Ja­bach-Me­dail­le er­hielt sie als Dank für die Stif­tung ih­rer Schmuck­samm­lung an das Köl­ner Kunst­ge­wer­be­mu­se­um.

Als sie 1971 in ei­ne Se­nio­ren­re­si­denz nach Brühl zog, gab sie ih­re Werk­statt auf. Doch ent­warf sie wei­ter­hin Schmuck­stü­cke, die sie von ei­ni­gen ih­rer Schü­ler, dar­un­ter Chris­ta Bau­er, Fritz Deutsch, Fal­ko Marx und Ger­trud We­ber-Vo­gel aus­füh­ren ließ. 1991 prä­sen­tier­te das Köl­ner Mu­se­um für An­ge­wand­te Kunst ei­ne Re­tro­spek­ti­ve ih­res Le­bens­werks, die über 300 Wer­ke um­fass­te. Am 6.10.1992 ist die Künst­le­rin in Brühl ge­stor­ben.

Zahl­rei­che Mu­se­en des In- und Aus­lan­des, dar­un­ter das Mu­se­um für Kunst und Ge­wer­be Ham­burg, das Deut­sche Gold­schmie­de­haus Ha­nau, das Schmuck­mu­se­um Pforz­heim und das Vic­to­ria & Al­bert Mu­se­um Lon­don, eben­so das Es­se­ner Müns­ter, die ho­he Dom­kir­che Köln und die Be­ne­dik­ti­ner­ab­tei Ma­ria Laach be­sit­zen Ar­bei­ten von Eli­sa­beth Tres­kow. Das Mu­se­um für An­ge­wand­te Kunst ver­wahrt, ne­ben Bei­spie­len ih­res Schmuck­schaf­fens, ih­re Schmuck- und Gem­men­samm­lung, ei­nen gro­ßen Teil ih­res zeich­ne­ri­schen Ent­wurfs­schaf­fens so­wie ih­re Pho­to­do­ku­men­ta­ti­on. Im Köl­ner Stadt­teil Rhein­au­ha­fen er­in­nert der Eli­sa­beth-Tres­kow-Platz an die Künst­le­rin.

Literatur

Jop­pi­en, Rü­di­ger, Eli­sa­beth Tres­kow. Gold­schmie­de­kunst des 20. Jahr­hun­derts, Köln 1991.

Elisabeth Treskow, Porträtfoto. (Rheinisches Bildarchiv)

 
Zitationshinweis

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Joppien, Rüdiger, Elisabeth Treskow, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/elisabeth-treskow/DE-2086/lido/57c940523b5eb6.17129434 (abgerufen am 19.03.2024)