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Elisabeth Treskow war eine der ersten Frauen, die in neuerer Zeit das Gewerk der Goldschmiedekunst professionell ausüben konnten. Zu den herausragenden Schmuckkünstlerinnen des 20. Jahrhunderts zählend, ist ihr Name nicht zuletzt mit der Wiederentdeckung der etruskischen Granulationstechnik verbunden, die sie in ihren Werken auf meisterliche Weise umzusetzen verstand.
Elisabeth Treskow wurde am 20.8.1898 als Tochter des Drogeristen Max Treskow und seiner Ehefrau Hedwig in Bochum geboren. Nach Besuchen der Hagener Silberschmiede und der Kunstgewerbeschule Essen absolvierte sie eine Gold- und Silberschmiedelehre in Schwäbisch-Gmünd (1916-1917) und in München (1918-1918). Bei dem Münchner Goldschmied Karl Rothmüller (1860-1930) legte sie 1918 die Gesellenprüfung ab.
1919 gründete Elisabeth Treskow eine Werkstatt in Bochum, 1923 verlegte sie diese in den neu entstandenen Essener Stadtteil Margarethenhöhe. Hier kam es zur Zusammenarbeit mit dem Emailleur Kurt Levy (1911-1987) und der Buchbinderin Frida Schoy (1889-1963). 1924 bestand Treskow die Meisterprüfung vor der Handwerkskammer Düsseldorf, 1927 erfolgte ein Werkstattwechsel in das Werkhaus der Margarethenhöhe, Im Stillen Winkel 1, wo auch der Bildhauer Will Lammert (1892-1957) und der Druckgraphiker Hermann Kätelhön (1884-1940) arbeiteten.
Sehr wahrscheinlich in das gleiche Jahr fällt eine Studienreise nach Paris, wo Elisabeth Treskow im Musée Cluny bleibende Eindrücke von Schmuckstücken der Völkerwanderungszeit empfing. 1927 trat sie dem Deutschen Werkbund bei.
Als 1929/ 1930 die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise spürbar wurden und Aufträge ausblieben, widmete sich Elisabeth Treskow dem Studium der Metallurgie der Etrusker. Dabei entdeckte sie die von den Etruskern zu hoher Meisterschaft geführte Granulationstechnik. Diese bestand darin, winzige, staubkörnchengroße Goldkügelchen auf einen Metallträger aufzubringen, ohne dass diese im Feuer schmolzen. Zwar hatte der Münchner Goldschmied Johann Michael Wilm (1885-1963) die Granulation bereits um 1919 experimentell nachvollzogen, doch blieb sie noch lange ein Geheimnis. Elisabeth Treskow übertrug sie seit den frühen 1930er Jahren auf zahllose Schmuckstücke und propagierte damit ihre technischen und dekorativen Möglichkeiten - alsbald besaß sie den Ruf der Wiederentdeckerin dieser Technik, den sie durch Vorträge und Publikationen untermauerte.
Mit den Arbeiten einher ging ein Studium antiker Kultur, der Archäologie und antiker Autoren. So waren die bildlichen Motive der Granulationsarbeiten Elisabeth Treskows vor allem antikisch inspiriert. Auf kleinster Fläche, auf einem Armreif oder der Schmuckplatte eines Rings, gestaltete sie Jagdfriese und mythologische Figuren, Darstellungen von Flora, Fauna und den Tierkreiszeichen. Auf Edelsteine konnte sie fast vollständig verzichten, da die Ausstrahlung des Schmucks ganz auf der Wirkung des Goldes beruhte.
Elisabeth Treskow arbeitete während der 1930er Jahre für prominente Auftraggeber, zu denen die Vorstände der Firmen Krupp und der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke AG (RWE) ebenso gehörten wie der Essener Oberbürgermeister Hans Luther, der Leiter des Folkwang-Museums Ernst Gosebruch (1872-1953) oder die Verlegergattin Marta Baedeker. Indiz für ihren künstlerischen Erfolg waren unter anderem mehrere von ihr gewonnene Wettbewerbe der Gesellschaft für Goldschmiedekunst in Berlin. Für den "Ehrenring" (1933), das "Schmuckkreuz" (1935) und den "Liebesring" (1936) gewann sie jeweils erste Preise, 1937 erhielt sie die Goldmedaille der Pariser Weltausstellung, 1938 wurde ihr als erster Frau der Ehrenring der Gesellschaft für Goldschmiedekunst verliehen. 1941 ging sie mit einer Friedenstaube mit einem Lorbeerzweig im Schnabel noch einmal siegreich aus dem Wettbewerb "Goldschmiedeplastik" hervor. Elisabeth Treskow, die sich stets zu den Traditionen des Humanismus bekannte, äußerte im Alter, sie habe Glück gehabt, in den Jahren des Dritten Reichs nicht zu offiziellen Aufträgen herangezogen worden zu sein. So konnte sie ihre künstlerische Arbeit frei halten von nationalsozialistischen Symbolen. Parteiabzeichen, Ehrenkassetten, Marschallstäbe sind von ihr nie bekannt geworden.
1943 verlegte Elisabeth Treskow kriegsbedingt ihre Werkstatt von Essen nach Detmold. 1948 berief sie der neue Direktor der Kölner Werkschulen, August Hoff (1892-1971), als Leiterin der Klasse für Goldschmiedekunst nach Köln. Hier entfaltete sie bis zu ihrer Pensionierung 1964 eine beispiellose künstlerische und pädagogische Wirksamkeit, die ihr bis in höchste gesellschaftliche und kirchliche Kreise Anerkennung einbrachte. Als erste deutsche Goldschmiedin wurde Elisabeth Treskow 1956 zur Professorin ernannt.
Hohes Ansehen erlangte die Künstlerin in Köln 1948 mit der provisorischen Restaurierung des im Krieg versehrten Schreins der Heiligen Drei Könige im Kölner Dom. Kirchliche Aufträge umfassten eine Chormantelschließe für den Kölner Erzbischof Kardinal Joseph Frings, später auch Reliquiare, Tabernakel, Kelche, Bischofsstäbe, Pektorale und Bischofsringe.
1949 entwarf die Künstlerin die (noch heute benutzte) Meisterschale des Deutschen Fußball-Bundes und führte sie mit ihren Studenten aus. 1955 entstand die plastisch geschmückte, mit antiken Münzen versehene und teilgranulierte Amtskette des Oberbürgermeisters der Stadt Köln. Zeitweilig engagierte sich Elisabeth Treskow auch auf dem Gebiet des Produktdesigns, als sie für den Solinger Fabrikanten Carl Pott (1906-1985) ein Besteck entwarf.
Die von Elisabeth Treskow hergestellten Schmuckstücke erfreuten sich einer großen Beliebtheit und Nachfrage. Zu ihren Kunden zählten die ersten Familien des Rheinlands, wie zum Beispiel die Werhahns aus Neuss. Schon bald nach 1948 verfügte Elisabeth Treskow über einen reichen Bestand an Edelsteinen, die sie zu floral inspirierten Anhängern, Broschen und Bouquets verarbeitete, ohne dabei in bloße Juwelierkunst abzugleiten. Wichtig war ihr stets, die Trägerinnen ihrer Schmuckstücke persönlich kennen zu lernen, um danach einen individuellen Entwurf zu schaffen. So wurden aus vielen Kunden enge Freunde.
Um den steigenden Bedarf nach ihren Arbeiten erfüllen zu können, ging Elisabeth Treskow in den 1950er Jahren dazu über, auch antike geschnittene Steine und Münzen in ihre Schmuckarbeiten zu integrieren. Durch die Restaurierung des Dreikönigenschreins war sie auf Gemmen aufmerksam geworden und hatte davon bald eine beachtliche Sammlung angelegt. Die Antike und das Christentum des Mittelalters waren für sie ständige Inspirationsquellen.
Elisabeth Treskow nahm an zahllosen Ausstellungen zur Gold- und Silberschmiedekunst teil, wie zum Beispiel an der wichtigen "International Exhibition of Modern Jewellery 1890-1961" in der Goldsmiths' Hall, London. 1963 erhielt sie den Bayerischen Staatspreis, 1967 den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen und 1975 die Auszeichnung "Pro Ecclesia et Pontifice" durch Papst Paul VI. (Pontifikat 1963-1978). 1977 wurde ihr die Jabach-Medaille der Stadt Köln und 1980 der Herbert Hoffmann Preis der Internationalen Handwerksmesse München (IHM) zuerkannt. Die Jabach-Medaille erhielt sie als Dank für die Stiftung ihrer Schmucksammlung an das Kölner Kunstgewerbemuseum.
Als sie 1971 in eine Seniorenresidenz nach Brühl zog, gab sie ihre Werkstatt auf. Doch entwarf sie weiterhin Schmuckstücke, die sie von einigen ihrer Schüler, darunter Christa Bauer, Fritz Deutsch, Falko Marx und Gertrud Weber-Vogel ausführen ließ. 1991 präsentierte das Kölner Museum für Angewandte Kunst eine Retrospektive ihres Lebenswerks, die über 300 Werke umfasste. Am 6.10.1992 ist die Künstlerin in Brühl gestorben.
Zahlreiche Museen des In- und Auslandes, darunter das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, das Deutsche Goldschmiedehaus Hanau, das Schmuckmuseum Pforzheim und das Victoria & Albert Museum London, ebenso das Essener Münster, die hohe Domkirche Köln und die Benediktinerabtei Maria Laach besitzen Arbeiten von Elisabeth Treskow. Das Museum für Angewandte Kunst verwahrt, neben Beispielen ihres Schmuckschaffens, ihre Schmuck- und Gemmensammlung, einen großen Teil ihres zeichnerischen Entwurfsschaffens sowie ihre Photodokumentation. Im Kölner Stadtteil Rheinauhafen erinnert der Elisabeth-Treskow-Platz an die Künstlerin.
Literatur
Joppien, Rüdiger, Elisabeth Treskow. Goldschmiedekunst des 20. Jahrhunderts, Köln 1991.
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Joppien, Rüdiger, Elisabeth Treskow, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/elisabeth-treskow/DE-2086/lido/57c940523b5eb6.17129434 (abgerufen am 09.12.2024)