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Franz Kaspar von Francken-Sierstorpff (Franken-Siersdorf) stammte aus einer Familie, die seit dem 17. Jahrhundert zahlreiche Geistliche hervorbrachte, die als Stiftsherren, Priesterherren im Kölner Domkapitel, Universitätsprofessoren und Regenten des Gymnasium Laurentianum wirkten. Ein Bruder wurde Bischof, zwei Neffen wurden Generalvikar. Franz Kaspar von Francken-Sierstorpff selbst wirkte seit 1711 als Professor an der Universität Köln und amtierte 1724-1728 als deren Rektor. 46 Jahre diente er der Kölner Kirche als Weihbischof und nahm zahlreiche Weihehandlungen vor. Wichtige Impulse für das kirchliche Leben gingen von ihm als Kommissar des 1736 errichteten Priesterseminars, des Seminarium Clementinum, aus.
Franz Kaspar von Francken-Sierstorpff wurde am 22.11.1683 als zwölftes Kind des kurfürstlichen Hofrates Andreas von Francken-Sierstorpff (1636-1707) und seiner Ehefrau Katharina Magdalena Theresia Buschmann (1640-1719), Tochter des kurkölnischen Kanzlers Peter Buschmann (um 1604-1673), in Köln geboren. Die Familie stammt aus dem Ort Siersdorf bei Jülich. Während der Stammvater Franz Francken Hamacher (Sattler, Kummetmacher) war, stiegen seine Nachkommen in ranghöhere Stellungen auf. Sein Sohn Theodor (1594-1646) wurde 1632 Stadtsyndikus von Köln und erreichte, dass die Familie unter dem Namen von Francken-Sierstorpff geadelt wurde. Dessen Sohn, Franz Kaspars Vater, war ab 1663 kurkölnischer Hofrat und übernahm 1681 das Amt des Greven des Kölner Hochgerichts. Ein Großonkel Franz Kaspars - Heinrich Francken (1580-1654) - war Domherr und Generalvikar und leitete ab 1611 das Laurentianergymnasium, wo er eine Reihe von Rektoren aus der Familie Francken-Sierstorpff begründete.
Als sechster Rektor folgte Franz Kaspar seinem Bruder Peter Joseph von Francken-Sierstorpff (Regens 1693/1694-1711), nachdem dieser Bischof von Antwerpen (Episkopat 1707-1727) geworden war. Schon als Kind für den geistlichen Beruf bestimmt, hatte Franz Kaspars Schulausbildung 1691 begonnen. Mit acht Jahren war er Portionist, das heißt Stipendiat der Stiftung Francken-Sierstorpff (heute Teil des Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds) geworden, die sein Großonkel Heinrich 1661 ins Leben gerufen hatte. Bereits am 29.9.1697 hatte er ein Eignungszeugnis für sein erstes Kanonikat am Kölner Severinstift erworben, dessen Präbende er 1699 erhielt. Wohl im Jahre 1704 brach Franz Kaspar zu Studien nach Rom auf, von wo er während seines Aufenthalts als Scholaster an das Stift zurückberufen und dort am 3.10.1706 zum Diakon geweiht wurde. 1709, mit 25 Jahren, ließ er sich die notwendigen Dimissorialien für die Priesterweihe ausstellen. Vor der Weihe begab er sich abermals nach Rom, wo er am 13.10.1710 an der Sapienza-Universität zum Doktor beider Rechte promoviert wurde. Der Zeitpunkt der Priesterweihe ist in der Forschung umstritten, die „Hierarchia catholica“ gibt den 2.7.1712 an.
In den Jahren seiner Ausbildung hatte Franz Kaspar von Francken-Sierstorpff ständigen Kontakt zu den Ausbildungsstätten in Köln, zur Universität und zur Bursa Laurentiana gehalten. In Rom hatte er für seine Studien die von verschiedenen Ordensleuten geführte Sapienza bevorzugt statt des von Jesuiten geleiteten Collegium Romanum, das auch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch ausschließlich an der scholastischen Lehre orientiert war.
Nach dem Studium in Italien begann Francken-Sierstorpff seine akademische Laufbahn 1711 in Köln. Hier wurde er Professor der artistischen und juristischen Fakultät, wo er bis 1770 tätig war und Regens der Bursa Laurentiana. Als er dieses Amt sowie die Professur an der Artistenfakultät 1730 niederlegte, folgte ihm sein Neffe Gerwin (1751-1763) - der spätere Generalvikar (1751-1763) - als Regens. Nach dem Rücktritt des älteren Bruders Peter Joseph trat Franz Kaspar zunächst am 23.4.1713 als Priesterkanoniker in das Kölner Domkapitel ein und wurde Stiftsdekan von St. Severin. Am 20.9.1716 erhielt er die Erlaubnis, neben zwei oder drei Kanonikaten noch verschiedene Vikarien zu besitzen. Etwa zur gleichen Zeit wurde er Stiftsherr von St. Maria im Kapitol und St. Ursula in Köln. Ab Oktober 1724 amtierte er vier Jahre als Rektor der Kölner Universität. Am 28.10.1723 wurde er zudem zum Klosterkommissar des Klosters Bethlehem in der Römergasse ernannt.
Anfang November des Jahres 1723 designierte Erzbischof Joseph Clemens von Bayern Franz Kaspar zum Weihbischof. Sein Vorgänger Johann Werner von Veyder (1657-1723), Weihbischof seit 1704, war am 30. Oktober verstorben. Die Bischofsweihe empfing Frank Kaspar am 30.7.1724 durch seinen Bruder Peter Joseph in Antwerpen. Der Zeitraum von etwa acht Monaten zwischen Designation und Weihe erklärt sich daraus, dass sich die Bestätigung aus Rom durch den Tod Papst Innozenz‘ XIII. (Pontifikat 1721-1724) verzögert hatte. Sein Nachfolger Benedikt XIII. (Pontifikat 1724-1730) hatte Franz Kaspar am 12. Juni zum Titularbischof von Rhodiopolis ernannt und am 27. Juni die Weiheerlaubnis erteilt. Der neue Weihbischof stellte sogleich seinen Arbeitseifer, der ihn in den nächsten 45 Jahren auszeichnen sollte, unter Beweis: Nur zwei Tage nach seiner Weihe in der bischöflichen Hauskapelle zu Antwerpen erwähnen die Protocolla suffraganeatus für den 1. August seine erste Amtshandlung als Weihbischof von Köln.
Bemerkenswert ist das Pensum, welches Francken-Sierstorpff in seiner Amtszeit absolvierte. Er weihte insgesamt über 7.300 Priester. Wie selbstständig er arbeitete, zeigt sich beispielsweise daran, dass der Erzbischof, wenn er einmal die höheren Weihen selbst erteilte, den Weihbischof davon in Kenntnis setzte. Ein Erlass aus dem Jahr 1725 über die Zulassungsbedingungen zu den heiligen Weihen trägt neben der Unterschrift des Erzbischofs auch die des Weihbischofs Francken-Sierstorpff.
Wichtige Impulse für das kirchliche Leben gingen von ihm insbesondere während seiner Zeit als Seminarkommissar des 1736 errichteten Seminarium Clementinum aus. Die faktische Leitung des bereits während des Konzils von Trient geforderten Priesterseminars hatte zwar der Bartholomit Dr. Franz Philipp Wolff (1690-1767) inne, doch bestimmten die insgesamt vier Seminarkommissare die Dozenten und Regenten und nahmen regelmäßig Visitationen des Seminargebäudes vor.
Eine große Rolle im kirchlichen Leben des 18. Jahrhunderts spielte die Katechese. Die Einführung der regelmäßigen Christenlehre war nach der Reformation vor allem den Jesuiten zu verdanken. Sie hielten regelmäßige Katechesen in den Pfarrkirchen ab und wurden dabei von den Pfarrern unterstützt. Doch zahlreiche Klagen über die mangelnde Effizienz der Lehre sprechen dafür, dass es an religionspädagogisch geschultem Personal zur Unterstützung der unterrichtenden Pfarrer fehlte. Eine erzbischöfliche Verordnung aus dem Jahr 1728 forderte ein zusätzliches Lehrangebot für diejenigen Schüler, die aus den ländlichen Gebieten kamen. Um die entsprechenden Rahmenbedingungen zu gewährleisten, versprach Erzbischof Clemens August von Bayern 1743, für die Anstellung geeigneter Hilfskräfte zu sorgen. Der Weihbischof wurde angewiesen, auf pädagogisch oder didaktisch talentierte Weihekandidaten für Pfarrkirchen aufmerksam zu machen. Francken-Sierstorpff sollte diese Aufgabe übernehmen, weil er als Seminarkommissar die Fähigkeit der einzelnen Priesteramtskandidaten am besten kannte. Der Erzbischof betraute ihn auch wohl mit dieser Aufgabe, weil er aufgrund seiner zahlreichen Reisen durch die große Erzdiözese die Bedürfnisse der einzelnen Pfarreien besser einzuschätzen wusste als die übrigen Kollegen im Seminarkommissariat. Wenn Stephan Kremer schreibt, die Weihbischöfe seien oft die eigentlichen Hirten der Gläubigen und Hauptträger der tridentinischen Reformen gewesen, dürfte das auf Francken-Sierstorpff zutreffen.
Franz Kaspar von Francken-Sierstorpff starb am 6.2.1770 in Köln, wo er im Dom seine letzte Ruhestätte fand.
Quellen
Torsy, Jakob, Die Weihehandlungen der Kölner Weihbischöfe 1661-1840, Düsseldorf 1966.
Literatur
Boley, Karl, Stifter und Stiftung von Francken-Sierstorpff und Rensing, Köln 1982.
Gatz, Erwin, Franz Kaspar von Franken-Siersdorf (Francken-Sierstorpff), in: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe der Heiligen Römischen Reiches 1648 bis 1803, Berlin 1990, S. 122-123.
Haas, Barbara, Drei Kölner Weihbischöfe im Zeitalter der Aufklärung, in: Hirt und Herde. Religiosität und Frömmigkeit im Rheinland des 18. Jahrhunderts (= Der Riss im Himmel 5), hg. von Frank Günter Zehnder, Köln 2000, S. 175-196, besonders S. 175-179.
Haaß, Robert, Das religiös-kirchliche Leben im Erzbistum Köln unter dem Einfluß der Franken-Siersdorf (1724-1770), in: Repken, Konrad/Skalweit, Stephan (Hg.), Spiegel der Geschichte. Festgabe für Max Braubach, München 1964, S. 581-589.
Hegel, Eduard, Das Erzbistum Köln zwischen Barock und Aufklärung. Vom Pfälzischen Krieg bis zum Ende der französischen Zeit (1688-1814) (= Geschichte des Erzbistums Köln 4), Köln 1979.
Kremer, Stephan, Herkunft und Werdegang geistlicher Führungsschichten in den Reichsbistümern zwischen Westfälischem Frieden und Säkularisation. Fürstbischöfe, Weihbischöfe, Generalvikare, Freiburg 1992.
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Hillen, Barbara, Franz Kaspar von Francken-Sierstorpff, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/franz-kaspar-von-francken-sierstorpff-/DE-2086/lido/5e397d58f27d90.03365400 (abgerufen am 09.11.2024)