Zu den Kapiteln
Schlagworte
Schmidtborn, ein tief frommer Mann, der fest im lutherischen Bekenntnis stand, förderte in 19 Amtsjahren als Pfarrer in Wetzlar die Kirchenunion, wirkte als Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Wetzlar und vertrat als Generalsuperintendent neun Jahre die evangelische Kirche in der Rheinprovinz.
Ludwig Schmidtborn wurde am 2.5.1798 als Sohn des Pfarrers Johann Ludwig Gottfried Julius Schmidtborn (1765-1823) in Wißmar bei Gießen geboren. Die Taufe war einen Tag später, die Konfirmation 1812. Die Mutter war Wilhelmine Christine Philippine geborene Kurz. Der Vater bereitete den Sohn schulisch bis zur Prima des Gymnasiums vor; dieser besuchte dann von 1813-1815 das Pädagogium in Gießen und ab 1815 die dortige Universität. Das letzte Semester 1817-1818 absolvierte Schmidtborn in Jena und legte 1818 das theologische Examen in Koblenz ab. 1819-1820 studierte er am Königlichen Prediger-Seminarium in Wittenberg.
1820 wurde Schmidtborn Vikar in Lützellinden im Kreis Wetzlar; 1821 folgte die Ordination; 1822-1827 war er Pfarrer in Eckweiler in der Synode Sobernheim, anschließend bis 1832 Pfarrer in Kirn und von 1832-1851 lutherischer Pfarrer auf der ersten der zwei Pfarrstellen in Wetzlar.
Schmidtborn heiratete in Eckweiler Katharina Auguste Friederike Lautenschläger aus Schwetzingen (1806-1825). Kurz nach dem Tod der Ehefrau starb auch ihr gemeinsames Kind. In Wetzlar heiratete Schmidtborn 1835 Sophie Amalie Lydia Seidensticker (1806-1894) aus Hermannstein. Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder hervor.
Der Übergang der Stadt Wetzlar an Preußen 1815 brachte auch für die dortige Evangelische Kirchengemeinde erhebliche Veränderungen mit sich; bis 1817 entstand der Evangelische Kirchenkreis Wetzlar. Bei der Umsetzung der seit 1817 geplanten Union der lutherischen und der reformierten Wetzlarer Kirchengemeinden wirkte Schmidtborn ab 1832 entscheidend mit. Als er nach Wetzlar kam, waren die Unionsverhandlungen zu einem Stillstand gekommen. Zusammen mit Christian Hofmann (1782-1857), dem solms-braunfelsischen Kirchenrat und Superintendenturverwalter, übernahm Schmidtborn die Verhandlungen; gemeinsam erarbeiteten sie einen Entwurf, der 1833 angenommen wurde. 1834 vereinigten sich auch die Schulen der beiden evangelischen Konfessionen und das neue Schulhaus wurde eingeweiht. Nach der Union wurde 1834 ein neues Gesangbuch in Wetzlar angeschafft. Am 5.3.1835 trat schließlich die Rheinisch-Westfälische Kirchenordnung in Kraft, die Schmidtborn in Wetzlar umzusetzen hatte.
Schmidtborn nahm darüber hinaus weitere Aufgaben im Rahmen der evangelischen Kirche in Wetzlar wahr; so er gehörte er zu den Gründern des Johann David Winkler´schen Waisenfonds 1833 und war Mitunterzeichner der ersten Satzung. 1837-1839 wurde das protestantische Kirchenschiff des seit 1561 simultan genutzten Wetzlarer Domes - der Chorraum steht der katholischen Gemeinde zur Verfügung – renoviert. König Friedrich Wilhelm III. von Preußen (Regentschaft 1797-1840) unterstützte die Maßnahme 1837 mit 1.500 Talern. Über die Renovierung kam es zu Konflikten und Prozessen mit der Katholischen Kirchengemeinde, in die Schmidtborn als Oberpfarrer und Superintendent involviert war. Als sich 1838/1839 die 1819 gegründete Bibelgesellschaft im Kirchenkreis Wetzlar neu konstituierte, wurde Schmidtborn ihr Präsident. Später erweiterte sich die Gesellschaft zur „Bibel- und Missionsgesellschaft“, indem sie sich mit dem Wetzlarer „Hülfs-Missionsverein für Innere und Äußere Mission“ verband. Auch an den folgenden Vorgängen, die in Schmidtborns Wetzlarer Zeit als Pfarrer und Superintendent fallen, dürfte er beteiligt gewesen sein: Das Wetzlarer Hospital begann, die Bezeichnung „Evangelisches Bürgerhospital zum Heiligen Geist“ zu führen. Im Hospital wurde 1843 eine Kleinkinderschule durch einen Frauenverein gegründet, der der Kirchengemeinde nahe stand. 1845 wurde der Wetzlarer Zweigvereins des Gustav-Adolf-Werkes gegründet und die ersten Diakonissen aus Kaiserswerth kamen nach Wetzlar. Schmidtborn unterrichtete auch am Wetzlarer Gymnasium und war Schulinspektor.
1836 begann Schmidtborn, eine Pfarr- und Rektorstelle in Wetzlar einzurichten, in erster Linie für die Bürgerschule. 1849 genehmigte die Regierung dem Rektor der evangelischen Bürgerschule das Predigen. Die Rektoren waren zugleich Predigtamtskandidaten.
1832 wurde Schmidtborn Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Wetzlar und leitete ab 1835 die Kreissynoden. Seit der Einführung der Rheinisch-Westfälischen Kirchenordnung 1835 gehörte Schmidtborn als Superintendent den Provinzialsynoden an. Als die Provinzialsynode 1847 zusammenkam, fehlte ihr Moderamen. Das Konsistorium wählte einen ungewöhnlichen und in der Kirchenordnung nicht vorgesehenen Weg und ließ die rechtmäßigen Mitglieder der letzten Provinzialsynode schriftlichen abstimmen, wer die Versammlung 1847 leiten solle. So wurde Schmidtborn Präses und leitete von 1847 bis 1850 Provinzialsynoden. Etwa seit 1846 wurde in der rheinisch-westfälischen Provinzialkirche die Frage nach dem Bekenntnis der Provinzialkirche diskutiert. Schmidtborn setzte eine Diskussion in Gang, die zu den Bekenntnisparagraphen führten, die 1850 in die rheinisch-westfälische Kirchenordnung eingefügt wurden.
Als nach den Ereignissen des Jahres 1848 die freie Kirchenverfassung in Frage gestellt wurde, gehörte er zu denen, die sich an die preußische Zweite Kammer der Abgeordneten wandten. Ziel war die freie Kirchenverfassung und eine Kirche, die ihre Angelegenheiten selbständig ordnet und keine fremden Einflüsse zulässt. Am 29.4.1851 wurde Schmidtborn Generalsuperintendent der Rheinprovinz in Koblenz und verließ Wetzlar. Der Generalsuperintendent war dem Konsistorium beigeordnet und hatte eine bischöfliche Stellung; er war der Vertreter des staatlichen Kirchenregiments, und wurde vom König ernannt. Als höchster Geistlicher übte er die geistliche Leitung aus und war das Gegenüber des synodal gewählten Präses der Provinzialsynode.
Als Generalsuperintendent weihte er auch Kirchen ein, so zum Beispiel die Christuskirche in Boppard oder die Christuskirche in Mönchengladbach. 1853 erhielt Schmidtborn die theologische Ehrendoktorwürde der Universität Bonn, 1858 wurde ihm der preußische Rote Adlerorden zweiter Klasse verliehen. Schmidtborn blieb Generalsuperintendent bis zu seinem Tod am 8.2.1860 in Koblenz als Folge eines Herzschlages. Nach seinem Tod wurde eine Stiftung mit seinem Namen eingerichtet, aus deren Zinsen evangelische Theologen ein Studienstipendium erhielten. In einem Nachruf wird Schmidtborn als tief frommer Mann geschildert, der fest auf dem lutherischen Bekenntnis stand, die Reformierten achtete und die Union förderte
Literatur
Renkhoff, Otto, Nassauische Biographie. Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten, 2. Auflage, Wiesbaden 1992, S. 710.
Rudolph, Frank, 200 Jahre evangelisches Leben. Wetzlars Kirchengeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, Marburg 2009.
Rudolph, Frank, 200 Jahre Kindergarten. Wetzlars evangelische Kirchengemeinden und ihre Kindergartenarbeit 1803-2003, Marburg 2008.
Zur Erinnerung an den General-Superintendenten Dr. Schmidtborn, gestorben zu Coblenz den 8. Februar 1860, Koblenz 1860.
Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Rudolph, Frank, Georg August Ludwig Schmidtborn, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/georg-august-ludwig-schmidtborn/DE-2086/lido/57c9480321d388.01960962 (abgerufen am 03.10.2024)