Heinrich Gottfried Wilhelm Daniels

Jurist (1754-1827)

Christoph Becker (Augsburg)

Dr. Heinrich Gottfried Wilhelm Daniels (1754 – 1827), lavierte Tuschezeichnung von Johann Adam Heinrich Oedenthal (1791 – 1876), vor 1827. (Rheinisches Bildarchiv / Kölnisches Stadtmuseum)

Hein­rich Gott­fried Wil­helm Da­ni­els war ein be­deu­ten­der Rechts­ge­lehr­ter des 18. und 19. Jahr­hun­derts. Er wirk­te als Rechts­an­walt vor den kur­k­öl­ni­schen Ge­rich­ten, als Rich­ter und Hoch­schul­leh­rer in Köln und in Bonn, als Ge­ne­ral­an­walt beim obers­ten Ge­richts­hof in Pa­ris, als Ge­ne­ral­pro­ku­ra­tor beim Ap­pel­la­ti­ons­hof in Brüs­sel so­wie als ers­ter Prä­si­dent des preu­ßi­schen Oberap­pel­la­ti­ons­ge­richts in Köln.

Hein­rich Gott­fried Wil­helm Da­ni­els wur­de am 25.12.1754 in Köln ge­bo­ren. Sein Va­ter war der Schnei­der­meis­ter Jo­hann Wil­helm Da­ni­els (1703-1796), sei­ne Mut­ter die Köl­ner Bür­gers­toch­ter An­na Ca­tha­ri­na Till­manns (1717-1795). Da­ni­els wuchs in Köln auf, wo er das Mon­ta­ner-Gym­na­si­um be­such­te. An der Köl­ner Uni­ver­si­tät stu­dier­te er Phi­lo­so­phie, Ma­the­ma­tik und schlie­ß­lich Rechts­wis­sen­schaf­ten. 1775 leg­te Da­ni­els die ju­ris­ti­sche Dok­tor­prü­fung ab. Im Fol­ge­jahr er­hielt er beim kur­fürst­li­chen Hof­rat in Bonn die Zu­las­sung für die Tä­tig­keit als Rechts­an­walt vor den Ge­rich­ten des Kur­fürs­ten­tums Köln. Im Jah­re 1780 wur­de Da­ni­els an das in der Stadt Köln sit­zen­de kur­k­öl­ni­sche Welt­li­che Hof­ge­richt be­ru­fen. 1781 hei­ra­te­te er Ma­ria Eli­sa­beth Püm­merl (Pum­merl, Bum­merl; 1756-1825), Toch­ter des kur­main­zi­schen Hoft­rom­pe­ters Chris­toph Püm­merl und sei­ner Ehe­frau Eli­sa­beth Mer­tens.

Noch in Köln nahm Da­ni­els ei­ne pri­va­te Lehr­tä­tig­keit als Re­pe­ti­tor auf. Kur­fürst Ma­xi­mi­li­an Fried­rich von Kö­nigs­egg-Ro­then­fels be­rief Da­ni­els 1783 als or­dent­li­chen Pro­fes­sor an die von ihm im Jah­re 1777 ge­grün­de­te Aka­de­mie in Bonn (die so ge­nann­te Ma­xi­sche Aka­de­mie). Dort lehr­te Da­ni­els auch nach Um­wand­lung der Aka­de­mie in die Uni­ver­si­tät Bonn 1786. Im sel­ben Jahr er­nann­te der letz­te Köl­ner Kur­fürst Ma­xi­mi­li­an Franz von Ös­ter­reich Da­ni­els zum Wirk­li­chen Hof- und Re­gie­rungs­rat. Au­ßer­dem ver­trat er seit die­sem Jahr als Land­syn­di­cus den Her­zog von Arem­berg (Aren­berg) we­gen des­sen im Kur­fürs­ten­tum lie­gen­den gräf­li­chen Be­sit­zun­gen auf dem Land­tag. 1789 folg­te die Er­nen­nung zum Re­fe­ren­dar in Ho­heits­sa­chen, zu des­sen Auf­ga­ben es ge­hör­te, das Kur­fürs­ten­tum vor den Ge­rich­ten des Al­ten Rei­ches zu ver­tre­ten. 1792 wur­de Da­ni­els Wirk­li­cher Ge­heim­rat und Rich­ter am kur­k­öl­ni­schen Oberap­pel­la­ti­ons­ge­richt in Bonn.

Die Ver­bin­dung sei­nes aka­de­mi­schen Lehr­am­tes mit prak­ti­scher rich­ter­li­cher und ad­mi­nis­tra­ti­ver Er­fah­rung mach­te Da­ni­els zu ei­nem be­son­ders wirk­sa­men Hoch­schul­leh­rer - wie auch um­ge­kehrt die kur­k­öl­ni­sche Rechts­pfle­ge von der wis­sen­schaft­li­chen Ar­beits­wei­se Da­ni­els' pro­fi­tier­te. Da­ni­els lehr­te in Bonn das "ge­mei­ne" Recht (das all­ge­mein in Eu­ro­pa gel­ten­de rö­mi­sche Recht, wie es seit dem Mit­tel­al­ter an den Uni­ver­si­tä­ten wis­sen­schaft­lich auf­be­rei­tet war), aber auch das hei­mi­sche Recht mit­samt Pro­zess- und öf­fent­li­chem Recht.

Die fran­zö­si­sche Herr­schaft  auf dem lin­ken Rhein­ufer mach­te Da­ni­els' Äm­ter hin­fäl­lig. Im Jahr 1798 wur­de die Uni­ver­si­tät Bonn, de­ren Pro­fes­so­ren sich über­wie­gend noch der kur­k­öl­ni­schen Lan­des­ver­fas­sung ver­pflich­tet fühl­ten und nicht vor­be­halt­los den ge­for­der­ten Treu­eid auf die Fran­zö­si­sche Re­pu­blik leis­ten woll­ten, auf­ge­löst. Da­ni­els kehr­te nach Köln zu­rück. Hier hielt er zu­nächst Pri­vat­vor­le­sun­gen, dann wur­de er als Pro­fes­sor für Ge­setz­ge­bung an die im Jahr 1798 er­rich­te­te Köl­ner Zen­tral­schu­le (an­statt der eben­falls auf­ge­ho­be­nen Uni­ver­si­tät Köln) be­ru­fen. In die­ser Zeit pfleg­te Da­ni­els ei­ner­seits wei­ter das rhei­ni­sche Recht und er­stell­te auch ein gro­ßes Gut­ach­ten zum Fort­be­stand der aus dem Mit­tel­al­ter her­rüh­ren­den Köl­ner und Main­zer Sta­pel­rech­te. Doch ver­leg­te Da­ni­els sein In­ter­es­se mehr und mehr auf das fran­zö­si­sche Recht. 1804 wur­de die Köl­ner Zen­tral­schu­le auf­ge­löst. Da­ni­els wech­sel­te nach Pa­ris. Dort war er von 1805 bis 1813 beim 1804 neu ge­grün­de­ten Kas­sa­ti­ons­hof (dem obers­ten Ge­richt Frank­reichs, her­vor­ge­gan­gen aus dem in der fran­zö­si­schen Re­vo­lu­ti­on ein­ge­rich­te­ten Tri­bu­nal de Cas­sa­ti­on) als Sub­sti­tut du Pro­cur­eur Gé­né­ral, spä­ter mit dem Ti­tel Avo­cat Gé­né­ral, tä­tig. Als Ge­ne­ral­an­walt hat­te Da­ni­els in den Pro­zes­sen vor dem Kas­sa­ti­ons­hof die Funk­ti­on ei­nes Be­ob­ach­ters und Ver­tre­ters des öf­fent­li­chen In­ter­es­ses. Sei­ne Schrift­sät­ze und Vor­trä­ge gal­ten als vor­züg­lich. Von 1813 bis 1817 war Da­ni­els Ge­ne­ral­pro­ku­ra­tor am Brüs­se­ler Ap­pel­la­ti­ons­hof. Mit mehr­fach auf­ge­leg­ten Über­set­zun­gen der fran­zö­si­schen Ge­setz­bü­cher in die deut­sche Spra­che brach­te er wäh­rend sei­ner Zeit in den Diens­ten Frank­reichs das fran­zö­si­sche Recht der rhei­ni­schen Be­völ­ke­rung na­he.

Im Jah­re 1818 trat Da­ni­els in preu­ßi­sche Diens­te über. Als Ge­hei­mer Staats­rat be­riet er in Ber­lin die Re­gie­rung in der Fra­ge, ob in den nach dem Wie­ner Kon­gress (1815) zu Preu­ßen ge­lang­ten Rhein­lan­den das All­ge­mei­ne Land­recht für die Preu­ßi­schen Staa­ten von 1794 ein­ge­führt wer­den soll­te. Da­ni­els ge­lang es, die Re­gie­rung von den Er­run­gen­schaf­ten des mo­der­ne­ren fran­zö­si­schen Rechts zu über­zeu­gen, das in der rhei­ni­schen Be­völ­ke­rung in­ner­halb we­ni­ger Jah­re ei­nen star­ken Rück­halt ge­won­nen hat­te. So blie­ben am Rhein fran­zö­si­sches Zi­vil­recht, Han­dels­recht und Pro­zess­recht bis zur Ver­ein­heit­li­chung des Reichs­rechts am En­de des 19. Jahr­hun­derts in Kraft. 1819 wur­de Da­ni­els der ers­te Prä­si­dent des neu­er­rich­te­ten Rhei­ni­schen Ap­pel­la­ti­ons­ge­richts­ho­fes, an des­sen ur­sprüng­li­chen Stand­ort noch heu­te der Ap­pell­hof­platz in der Köl­ner In­nen­stadt er­in­nert und aus dem 1879 das Ober­lan­des­ge­richt Köln her­vor­ge­gan­gen ist.

Da­ni­els' 50-jäh­ri­ges Dienst­ju­bi­lä­um wur­de mit gro­ßen Fei­er­lich­kei­ten be­gan­gen. Zwei Ex­tra-Beiblät­ter der Köl­ni­schen Zei­tung (19. und 23.11.1826) be­rich­te­ten aus­führ­lich hier­über. Die Zahl der Dienst­jah­re er­gab sich aus Zäh­lung ab der An­walts­zu­las­sung im Jah­re 1776. Am 28.3.1827 voll­ende­te sich Da­ni­els' Le­bens­lauf in sei­ner Ge­burts­stadt. Durch drei Epo­chen zog sich sein Wir­ken und in je­der glänz­te sei­ne fach­li­che Kom­pe­tenz: in der kur­fürst­li­chen Zeit am En­de des Al­ten Rei­ches, in der re­pu­bli­ka­ni­schen und im­pe­ria­len fran­zö­si­schen Ära und schlie­ß­lich in der be­gin­nen­den re­stau­ra­ti­ven preu­ßi­schen Herr­schaft. Sei­ne sterb­li­chen Über­res­te ru­hen mit de­nen sei­ner Ehe­frau auf dem Köl­ner Fried­hof Me­la­ten.

 

An der Fas­sa­de des Köl­ner Rat­haus­turms ist im zwei­ten Ober­ge­schoß (Nord­sei­te; drit­te Fi­gur von der Nord­west­e­cke aus ge­zählt) ei­ne von Jo­hann Pe­ter Schil­ling ge­schaf­fe­ne Sta­tue Da­ni­els' (1992) zu se­hen. Ei­ne klei­ne­re Fas­sung der Sta­tue (1993) steht im Ple­nar­saal des Ober­lan­des­ge­richts Köln am Rei­chen­sper­ger­platz. Ei­ne von der Stadt Köln an­läss­lich des 50-jäh­ri­gen Dienst­ju­bi­lä­ums bei Wil­helm Jo­seph Im­hoff (1791-1858) in Auf­trag ge­ge­be­ne Büs­te von Da­ni­els wird heu­te im De­pot des Wall­raf-Ri­ch­artz-Mu­se­ums Köln auf­be­wahrt.

Da­ni­els' Tä­tig­keit als Do­zent und Buch­au­tor galt als­bald nach sei­nem To­de als der wich­tigs­te Zu­gang zum al­ten rhei­ni­schen Recht. Denn in ei­nem merk­wür­di­gen Ge­gen­satz zur öko­no­mi­schen, so­zia­len und kul­tu­rel­len Be­deu­tung der Rhein­lan­de fan­den die Quel­len des rhei­ni­schen Rechts vor Da­ni­els nur sehr ge­rin­ge wis­sen­schaft­li­che Be­ach­tung. Mit Un­ter­stüt­zung un­ter an­de­rem des Land­schafts­ver­ban­des Rhein­land er­schei­nen heu­te nach und nach Edi­tio­nen der von Da­ni­els' Hö­rern er­stell­ten Vor­le­sungs­mit­schrif­ten (Pro­jekt­lei­tung: Chris­toph Be­cker, Augs­burg; Rein­hard Vop­pel, Köln). Aus den in Ar­chi­ven und Bi­blio­the­ken Bonns (Uni­ver­si­täts- und Lan­des­bi­blio­thek), Düs­sel­dorfs (Hein­rich-Hei­ne-In­sti­tut) und Kölns (Bi­blio­thek des Ober­lan­des­ge­richts; His­to­ri­sches Ar­chiv der Stadt; Uni­ver­si­täts- und Stadt­bi­blio­thek) be­wahr­ten Ma­nu­skrip­ten las­sen sich die Leh­ren vom rhei­ni­schen Recht in dem Zu­stand re­kon­stru­ie­ren, wie es vor der Ein­glie­de­rung der links­rhei­ni­schen Ge­bie­te nach Frank­reich am En­de des 18. Jahr­hun­derts be­stand.

Literatur

Be­cker, Chris­toph (Hg.), Hein­rich Gott­fried Wil­helm Da­ni­els, Kur­k­öl­ni­sches Land­recht. Ei­ne Vor­le­sungs­nach­schrift, Köln / Wei­mar / Wien 2005.
Klein­he­yer, Gerd / Schrö­der, Jan, Deut­sche und Eu­ro­päi­sche Ju­ris­ten aus neun Jahr­hun­der­ten. Ei­ne bio­gra­phi­sche Ein­füh­rung in die Ge­schich­te der Rechts­wis­sen­schaft, 5. Auf­la­ge, Hei­del­berg 2008, S. 109-112.
Rei­sin­ger-Selk, Ni­co­le, Hein­rich Gott­fried Wil­helm Da­ni­els (1754-1827). Le­ben und Werk - Ein Ju­rist in drei Zeit­al­tern, Ber­lin 2008 [mit Schrif­ten­ver­zeich­nis].

Online

Dahm, Hel­mut, Ar­ti­kel "Da­ni­els, Hein­rich Gott­fried Wil­helm", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 3 (1957) S. 508. [On­line]
Kur­ze Ge­schich­te des Ober­lan­des­ge­richts Köln (Home­page des Ober­lan­des­ge­richts Köln). [On­line]

Heinrich Gottfried Wilhelm Daniels, Skulptur am Kölner Rathausturm, 1992, Bildhauer: Johann Peter Schilling. (Stadtkonservator Köln)

 
Zitationshinweis

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Becker, Christoph, Heinrich Gottfried Wilhelm Daniels, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/heinrich-gottfried-wilhelm-daniels/DE-2086/lido/57c690395ecbd4.17540389 (abgerufen am 06.10.2024)