Zu den Kapiteln
Karl der Große wurde am 2.4.748 als ältester Sohn des fränkischen Hausmeiers und späteren Königs (seit 751) Pippin (714-768) und dessen Gemahlin Bertrada (um 725-783) geboren. Er war 768-814 König der Franken und seit 800 römischer Kaiser. Karls Geburtsort ist unbekannt, auch wenn Düren als sein Geburtsort erwogen wurde. Da sich sein Vater hauptsächlich im heutigen Frankreich aufhielt, dürfte Karl dort aufgewachsen sein.
Das Gewicht der Rheinlande im Frankenreich hat er entscheidend vergrößert, da er sich in seiner frühen Zeit als König oft am Mittelrhein aufhielt und ab den 790er Jahren Aachen zu seiner ständigen Winterpfalz und damit zur wichtigsten Residenz des Reiches ausbaute.
Karl wurde während des Besuchs Papst Stephans II. (Pontifikat 752-757) im Frankenreich 754 zusammen mit seinem Bruder Karlmann (751-771) zum König gesalbt. Nach Pippins Tod 768 wurden die Brüder zu Königen der Franken erhoben, das Reich unter ihnen aufgeteilt. Als es in Aquitanien 769 zu einem Aufstand kam, weigerte sich Karlmann, seinen Bruder zu unterstützen. Karl war zwar auch allein siegreich, aber die Brüder waren fortan verfeindet. Allein der überraschende Tod Karlmanns 771 verhinderte einen offenen Krieg. Innerhalb weniger Tage übernahm Karl nun auch die Herrschaft im Reichsteil seines Bruders, dessen Witwe Gerberga zusammen mit ihren jungen Söhnen zum Langobardenkönig Desiderius (Regierungszeit 757-774, gestorben nach 786) entfloh.
Diese Konstellation führte zu einem Krieg gegen die Langobarden. Karl trennte sich von seiner zweiten Frau, der Tochter des Desiderius, während dieser Papst Hadrian (Pontifikat 772-795) zwingen wollte, die beiden Söhne Karlmanns zu Königen zu salben, was die Alleinherrschaft Karls im Frankenreich in Frage gestellt hätte. Hadrian weigerte sich und bat Karl um Hilfe.
Dieser zog daher im Spätsommer 773 über die Alpen und begann mit der Belagerung der langobardischen Hauptstadt Pavia. Erst im Sommer 774 kapitulierte Desiderius, so dass Karl die Königsherrschaft über die Langobarden in Nord- und Mittelitalien übernehmen konnte. Während dieser Kämpfe begab sich Karl an Ostern 774 nach Rom. Er erneuerte das alte Bündnis mit dem Papsttum und bestätigte auch die sogenannte Pippinische Schenkung. Nach seinem Sieg verstand er sich ganz selbstverständlich als Schutzherr der römischen Kirche.
Schon ein Jahr vor seinem Aufbruch nach Italien hatte Karl einen Kriegszug gegen die Sachsen unternommen und die Irminsul, das zentrale Heiligtum der heidnischen Sachsen, zerstört. Neben religiösen Motiven strebte Karl vermutlich auch ganz einfach nach einer weiteren Expansion des Frankenreiches und nach einer Stärkung der eigenen Stellung. Mit dem Krieg gegen die Sachsen verlagerte sich der Schwerpunkt des Frankenreiches allmählich vom Pariser Becken an den Rhein, nicht zuletzt weil sich dieser Krieg über rund 30 Jahre hinzog und die persönliche Anwesenheit Karls in Sachsen selbst und den unmittelbar benachbarten Gebieten notwendig machte.
Ein erster Rückschlag für die Franken hing mit Karls Langobardenkrieg zusammen. Während seiner Abwesenheit nahmen die Sachsen Rache und überfielen zahlreiche christliche Kirchen im nördlichen Hessen. Seit 775 stieß Karl dann immer wieder konsequent nach Sachsen vor und erzwang die Unterwerfung und Christianisierung einzelner sächsischer Gruppen. Zwei Jahre später hielt er in Paderborn eine erste Reichsversammlung auf sächsischem Boden ab. Karl schien damit seine Kriegsziele erreicht zu haben und wandte sich einem anderen, ebenfalls nichtchristlichen Nachbarn zu.
Im Jahr 778 zog Karl auf Bitten des muslimischen Statthalters von Saragossa nach Spanien, um diesen gegen den Emir von Cordoba zu unterstützen. Karls Feldzug endete allerdings in einem Debakel, unter anderem weil es einen Umsturz in Saragossa gegeben hatte. Auf dem Rückzug durch die Pyrenäen wurde zudem seine Nachhut von den Basken vernichtet.
Die Sachsen nutzten diese Entwicklung zu einem erneuten Gegenschlag, der sie 778 sogar bis an den Rhein führte. 779 siegte Karl in einer offenen Schlacht bei Bocholt und eroberte in den folgenden Jahren große Teile des Landes. 782 musste er jedoch einen großen Rückschlag hinnehmen. Am Süntelgebirge erlitt eines seiner Heere eine verheerende Niederlage. Dies veranlasste Karl zu einer – wohl auch in der Perspektive vieler Zeitgenossen – ausgesprochen drastischen Reaktion: In Verden an der Aller ließ er zahlreiche Sachsen – in den Quellen ist von 4.500 die Rede – hinrichten. Ein hartes Besatzungsrecht sollte jeden Widerstand sowohl gegen den Herrscher als auch gegen die Christianisierung mit dem Tode bedrohen. Schließlich intensivierte er in den folgenden Jahren seine militärischen Maßnahmen gegen widerständige Sachsen.
In der Summe hatten Karls Maßnahmen Erfolg: Der westfälische Adlige Widukind (gestorben nach 785), Anführer des Aufstands, gab 785 seinen Widerstand auf und wurde in Attigny getauft. In der folgenden Zeit wurden die Sachsen zwar zunehmend in das Frankenreich integriert, aber in den 790er Jahren kam es erneut zu heftigen Aufständen, vor allem im Norden Sachsens. Erst 804 unterwarfen sich die letzten Sachsen seiner Herrschaft. Eine Voraussetzung dafür war gewesen, dass Karl viele kooperationsbereite sächsische Adlige auf seine Seite gezogen und in sein Herrschaftssystem integriert und so dem Widerstand allmählich den Boden entzogen hatte.
Auch nach Südosten hin erweiterte Karl das Frankenreich. Als sich sein Verhältnis zu seinem Vetter, dem Bayernherzog Tassilo III. (741- nach 11.12.794) ab dem Beginn der 780er Jahre verschlechterte, marschierte Karl 787 in Bayern ein. Tassilo unterwarf sich kampflos auf dem Lechfeld, leistete einen Treueid und nahm sein Herzogtum vom fränkischen König zu Lehen. Schon ein Jahr später wurde der Herzog auf einer Reichsversammlung in Ingelheim des Treubruchs beschuldigt und zum Tode verurteilt. Karl wandelte diese Strafe in eine lebenslange Klagehaft um. Der König übernahm nun selbst die Herrschaft in Bayern und hielt sich einige Jahre lang vor allem in Regensburg auf. Von dort aus zog er 791 erstmals gegen die Awaren, die als Tassilos Verbündete galten und seit 788 Bayern beunruhigten. Das Unternehmen endete erfolglos, und erst 795/796 konnte Karls Sohn Pippin die Awaren endgültig bezwingen.
Neben all diesen äußeren Kriegen pflegte Karl auch seine Beziehungen zum Papst. Angesichts der Entfernung erschien er selbst nur selten in Italien, das von seinen Amtsträgern fränkischer, alemannischer und später auch bayerischer Herkunft verwaltet wurde. Zur Feier des Osterfestes 781 reiste der König dann aber persönlich nach Rom. Er und Papst Hadrian erneuerten ihr Bündnis. Zudem salbte und krönte Hadrian Pippin (777-810) und Ludwig (813 Mitkaiser, 814-840 Kaiser) die jüngeren Söhne Karls, zu Königen (von Italien und von Aquitanien). Karl überließ dem Papst Einkünfte beziehungsweise Gebiete in Tuszien und dem Herzogtum Spoleto, erfüllte aber weitere päpstliche Forderungen nicht. Auch folgte er dessen antibyzantinischer Haltung nicht, sondern schloss ein Bündnis mit dem Kaiser. Während vorgesehen war, dieses durch eine Heirat von Karls Tochter Rotrud (gestorben 810) mit dem jungen Konstantin VI. (Regierungszeit 780-797) abzusichern, hielt die Verlobung nicht lange: Sechs Jahre später erschien Karl erneut in Italien und brachte das Fürstentum Benevent in Süditalien in seine Abhängigkeit. Damit war er in oströmisches Interessensgebiet vorgedrungen und das Bündnis mit Ostrom endete.
Neben Karls Vorgehen hatte auch das Konzil von Nicäa im Jahr 787 die fränkisch-byzantinischen Beziehungen belastet. Während Papst Hadrian die Absicht unterstützte, mit diesem Konzil den sogenannten Bilderstreit und damit die Spaltung der Kirche zu beenden und Legaten nach Nicäa entsandte, blieben Karl der Große und die fränkischen Bischöfe außen vor. Als Reaktion erkannten die Franken die Beschlüsse des Konzils nicht an. Damit hatte Karl der Große in einer der zentralen Fragen der Christenheit eine eigene Position bezogen und machte damit deutlich, dass sein Reich selbst in theologischen Fragen eine eigenständige Rolle neben den beiden Universalgewalten spielte.
Ende 795 verstarb Papst Hadrian. Anscheinend kam es daraufhin in Rom zu einem Machtwechsel. Nicht wie bisher ein Vertreter der Aristokratie, sondern mit Leo III. (Pontifikat 795-816) wurde ein Aufsteiger aus dem Klerus zum Nachfolger des heiligen Petrus gewählt. Die inneren Spannungen entluden sich in einem Aufstand, bei dem im Frühjahr 799 der Papst angeblich geblendet und der Zunge beraubt wurde.
Leo flüchtete und fand Schutz bei Karl, der sich damals in Paderborn aufhielt. Dort wurde weniger über eine mögliche Kaiserkrönung verhandelt als vielmehr um die Rehabilitierung des Papstes, gegen den seine Gegner schwere Anklagen erhoben. Karl ließ Leo im Herbst nach Rom zurückführen, aber die Vorwürfe gegen den Papst blieben im Raum stehen. Erst als Karl ein Jahr später selbst nach Rom kam, wurden die Anklagen auf einer Synode verhandelt. Diese konnten nur aus der Welt geräumt werden, indem Leo einen Reinigungseid leistete.
Im Gegenzug votierte der Papst an der Spitze der Synode dafür, Karl zum Kaiser zu erheben. Am Weihnachtstag des Jahres 800 wurde der Frankenkönig vom Papst zum Kaiser gekrönt und von den Römern akklamiert. Für seine Anerkennung als Kaiser war jedoch das Verhältnis zu Ostrom entscheidend. Kaiser Nikephoros I. (802-811) wollte den Franken jedoch keinesfalls als gleichberechtigten Kaiser anerkennen. Diplomatische Wege scheiterten spätestens als sich Karl in einen inneren Konflikt in dem zu Byzanz gehörenden Venedig einmischte. Es kam zum Krieg, der unentschieden endete. Nach langen Verhandlungen wurde Karl Ende 812 vom neuen oströmischen Kaiser Michael I. (Kaiser 811-813, gestorben 844) als Kaiser letztlich anerkannt.
Im Innern suchte Karl mit Hilfe von schriftlichen Erlassen, den sogenannten Kapitularien, der inneren Probleme seines Reiches Herr zu werden: Mangelnde Disziplin sowohl der hohen Geistlichkeit als auch der weltlichen Amtsträger, fehlende Rechtseinheit und vor allem ein ungenügender Bildungsstand in kirchlichen Kreisen. Mit dem Kapitular von Herstal (779) forderte er eine bessere Amtsführung und einen korrekteren Lebenswandel von Klerikern und Mönchen ein.
Die Admonitio generalis (789) handelte ebenfalls von den Pflichten und dem Lebenswandel der Geistlichen. Dabei strebte Karl eine einheitliche Organisation des kirchlichen Lebens im gesamten Frankenreich an. Insbesondere sollten Bischöfe die Seelsorge in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit stellen, regelmäßig Diözesansynoden abhalten und den Klerus regelmäßig visitieren. Zentrales Anliegen aber war eine Verbesserung des Bildungsstands von Geistlichen und Mönchen. Daher sollten Schulen an Bischofskirchen und in Klöstern eingerichtet werden.
Die Verbesserung der Bildung war kein Selbstzweck, sondern sollte eine einheitliche Organisation des kirchlichen Lebens im gesamten Frankenreich fördern. Dazu gehörte auch eine einheitliche und leicht lesbare Schrift, die karolingische Minuskel, die eine wichtige Voraussetzung für die Verbreitung neuer Ideen und alter Texte war. Die Laien sollten schließlich der Admonitio generalis zufolge die Zehn Gebote einhalten und am Sonntag die Messe besuchen, während ihnen an diesem Tag das Arbeiten untersagt wurde.
Die Erhebung Karls zum Kaiser veranlasste ihn zu noch mehr gesetzgeberischen Anstrengungen. In den 802 entstandenen Aachener Kapitularien forderte Karl von seinen Untertanen zunächst vor allem Loyalität in Form von Treueiden, aber auch eine christliche Lebensführung. Ein zentrales Anliegen war der Schutz von Kirchen, Witwen, Waisen und Pilgern, eine Aufgabe, die schon der Kirchenvater Augustinus (354-430) dem christlichen Herrscher zugewiesen hatte. Insgesamt folgten seine Erlasse diesen Idealen, einem zutiefst im christlichen Glauben verwurzelten Herrscherethos und seinem neuen Selbstverständnis als Kaiser.
Auch auf der praktischen Ebene machte der Kaiser neue Vorgaben: Im Gerichtswesen verbesserte er die Stellung der Ärmeren und Machtlosen, indem er Selbsthilfe und Blutrache einschränkte und die Annahme eines Sühnegeldes verpflichtend machte. Auch die Rechtssprechung selbst reformierte er: Bei Gericht führten Grafen oder ihre Vertreter im Namen des Königs den Vorsitz und vollstreckten das Urteil, das von rechtserfahrenen Männern aus dem Volk, sogenannten Schöffen (scabini) ‚gefunden’ wurde. Weiter führte Karl sogenannte Rügezeugen ein, die als Ankläger aufzutreten hatten, wenn ein Verbrechensopfer dies nicht selbst tat. Mit diesen Änderungen reagierte Karl auf die Missstände bei der ‚Verwaltung‘ seines Reiches, etwa durch Macht- beziehungsweise Amtsmissbrauch. Mit ihrer Kontrolle beauftragte er Königsboten (missi dominici). Sie reisten im Reich umher, kontrollierten die örtlichen Würdenträger und brachten den Willen des Herrschers zur Geltung.
In seiner persönlichen Lebensführung richtete sich Karl allerdings nicht immer nach den kirchlichen Idealen. Seine beiden ersten Ehefrauen, Himiltrud und eine namentlich nicht bekannte Tochter des Langobardenkönigs Desiderius hat er aus politischen Gründen verstoßen. Danach hat er noch zwei- oder dreimal geheiratet. Seine dritte Gemahlin Hildegard (gestorben 783) schenkte ihm die drei für die Nachfolge ausersehenen Söhne Karl, Pippin und Ludwig, von denen aber nur der letztere den Vater überlebte. Weitere uneheliche Nachkommen spielten politisch keine Rolle. Als er im Herbst des Jahres 813 sein Ende nahen fühlte, krönte er Ludwig in Aachen eigenhändig zum Mitkaiser, verzichtete also auf eine Beteiligung des Papstes. Karl der Große starb am 28.1.814 in Aachen, wo er noch am selben Tag in der Pfalzkapelle an heute unbekannter Stelle beigesetzt wurde.
Quellen (Auswahl)
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Literatur (Auswahl)
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Schieffer, Rudolf, Die Karolinger, 5. Auflage, Stuttgart 2014.
Weinfurter, Stefan, Karl der Große. Der heilige Barbar, München 2013.
Online
Schieffer, Theodor, „Karl der Große“ in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 157-174 [Online-Version, abgerufen am 2017-03-24]; URL: https-blank://www.deutsche-biographie.de/gnd118560034.html#ndbcontent
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Becher, Matthias, Karl der Große, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/karl-der-grosse/DE-2086/lido/5acdc9f2207d09.41489983 (abgerufen am 12.12.2024)