Kaspar Gropper

Theologe (1519-1598)

Martin Bock (Frechen)
Veröffentlicht am 28.08.2019, zuletzt geändert am 05.05.2020

Wappen des Kurfürstentums Köln seit circa 1530, hier in der seit 1989 für das Erzbistum gebräuchlichen Form. (Hansgeorg Molitor, Das Ezbistum Köln im Zeitalter der Glaubenskämpfe 1515-1688, Köln 2008, S.70)

Die Köl­ner Geist­lich­keit des 16. Jahr­hun­derts weist ei­ne Rei­he star­ker Per­sön­lich­kei­ten auf, die prä­gend für kon­fes­sio­nel­le Ent­wick­lung in der Re­gi­on wa­ren. Un­ter ih­nen ragt die Fa­mi­lie Grop­per al­lei­ne schon des­halb her­vor, weil nicht we­ni­ger als sie­ben eng mit­ein­an­der ver­wand­te Mit­glie­der an Schlüs­sel­po­si­tio­nen in Ver­wal­tung und Kir­che ge­lang­ten und so bei­na­he das ge­sam­te Jahr­hun­dert hin­durch we­sent­li­chen Ein­fluss auf die Re­li­gi­ons­po­li­tik der Stadt und de­s Kur­fürs­ten­tums Köln neh­men konn­ten.

 

Von den vier Söh­nen des Soes­ter Bür­ger­meis­ters Jo­han­nes Grop­per (ge­stor­ben 1543) und der An­na Hu­gen war der 1514 ge­bo­re­ne Kas­par Grop­per der jüngs­te. Der äl­tes­te Bru­der Jo­han­nes soll­te als Kar­di­nal und Ge­ne­ral­vi­kar de­s Erz­bis­tums Köln z­um pro­mi­nen­tes­ten Ver­tre­ter der Grop­per-Li­nie avan­cie­ren, aber auch Gott­fried (1507-1571), Ge­hei­mer Rat des Her­zogs von Jü­lich-Kle­ve Berg, und Pa­tro­k­lus Grop­per (1512-1585), Ka­no­ni­ker an St. Se­ve­rin, ka­men zu ei­ge­nen Eh­ren. Der ein­zi­ge der vier Brü­der, der ei­ne Fa­mi­lie grün­de­te, war Gott­fried Grop­per mit sei­ner Frau Ka­tha­ri­na Strauß und sei­nen Söh­nen Jo­han­nes (um 1534-1570), In­ha­ber zahl­rei­cher ho­her kirch­li­cher Pfrün­den, Gott­fried (ge­stor­ben 1598), wie der Va­ter eben­falls im Dienst des Her­zogs von Jü­lich, und Pe­ter (1550-1598), der wie sein On­kel Köl­ner Ge­ne­ral­vi­kar wur­de.

In ei­nem solch star­ken fa­mi­liä­ren Netz­werk war Kas­par Grop­pers Wer­de­gang gleich­sam vor­ge­zeich­net. Wie sei­ne Brü­der ver­brach­te er sei­ne Stu­di­en­zeit an der Uni­ver­si­tät Lö­wen, an der er sich im Jahr 1533 im­ma­tri­ku­lier­te – fi­nan­zi­ell ver­sorgt durch Pfrün­den in Soest und spä­ter, nach­dem die streng alt­gläu­bi­ge Fa­mi­lie die Stadt we­gen re­li­giö­ser Un­ru­hen ver­las­sen hat­te, auch in Köln. Ge­mein­sam mit Pa­tro­k­lus im­ma­tri­ku­lier­te sich Grop­per am 24.10.1537 an der ju­ris­ti­schen Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Köln, wo bei­de nach ei­nem Drei­vier­tel­jahr zum Dok­tor der Rech­te pro­mo­viert wur­den, üb­ri­gens durch ih­ren Bru­der Gott­fried, der ih­nen als De­kan und Vi­ze­kanz­ler die Prü­fung ab­nahm. Mit Jo­han­nes Ol­den­dorp (1487-1567) ver­band Kas­par Grop­per ei­ne aka­de­mi­sche Freund­schaft, und Grop­per war Ol­den­dorps re­for­ma­to­ri­schem Geist wohl auch nicht ab­ge­neigt. Die We­ge der bei­den trenn­ten sich je­doch früh, Ol­den­dorp ging nach Mar­burg, Grop­per er­hielt ei­ne Stel­le am Reichs­kam­mer­ge­richt in Spey­er.

Johannes Gropper, Ölgemälde, kölnisch, um 1559. (Kölner Gymnasial- und Stiftungsfond)

 

Da­mit schlug Kas­par Grop­per zu­nächst ei­ne welt­li­che Be­am­ten­lauf­bahn ein, die ihn in den Jah­ren 1541 bis 1546 in der Ge­folg­schaft sei­nes On­kels Gott­fried an den Hof Wil­helms V. von Jü­lich-Kle­ve-Berg (1516-1592) führ­te. Hier ver­trat er ins­be­son­de­re die In­ter­es­sen des Her­zogs im Streit um das nach dem To­d Karl von Eg­monds va­kant ge­wor­de­ne Her­zog­tum Gel­dern; im Ju­ni 1545 nahm er als Jü­lich­scher Ge­sand­ter am Worm­ser Reichs­tag teil, und da­nach ver­han­del­te er er­folg­reich an der rö­mi­schen Ku­rie über die Auf­lö­sung der Ehe Her­zog Wil­helms mit Jean­ne d’Al­bret (1528-1572). Dort wird er sich für sei­ne spä­te­re Lauf­bahn wich­ti­ge Kon­tak­te er­ar­bei­tet ha­ben.

Denn noch wäh­rend sei­ner Tä­tig­keit in her­zog­li­chen Diens­ten ori­en­tier­te sich Grop­per stär­ker in Rich­tung ei­ner geist­li­chen Kar­rie­re. Hier­zu über­nahm er das Amt ei­nes De­chan­ten am St. Vik­tor-Stift in Xan­ten, für des­sen Aus­übung die Pries­ter­wei­he ver­pflich­tend war, die er 1543 emp­fing. 1549 kehr­te er in sei­ne Hei­mat­stadt Soest zu­rück, wo er die Pfarr­stel­le an der Tho­mas­kir­che über­nahm, um sei­nem Bru­der Jo­han­nes bei ei­nem Ver­such bei­zu­ste­hen, die Re­for­ma­ti­on in der Stadt zu­rück­zu­drän­gen. Ein Jahr spä­ter er­nann­te ihn Erz­bi­schof Adolf von Schaum­burg als Of­fi­zi­al zum Lei­ter des erz­bi­schöf­li­chen Ge­richts­we­sens, 1551 konn­te er ei­ne der acht für Nicht­ad­li­ge vor­ge­se­he­nen Dom­stifts­pf­rün­den er­wer­ben. Au­ßer­dem über­nahm er die De­chanei des be­nach­bar­ten Ma­ri­en­gra­den­stifts und für kur­ze Zeit auch das Rek­to­rat der Köl­ner Uni­ver­si­tät.

1558 reis­ten die Brü­der Kas­par und Jo­han­nes Grop­per nach Rom. Der An­lass die­ser Rei­se wird zu­wei­len als um­ge­hen­der Pro­test ge­gen die im Ju­li des Jah­res er­folg­te Wahl Jo­hann Geb­hards von Mans­feld auf den Köl­ner Bi­schofs­stuhl ge­se­hen, in ei­ni­gen Dar­stel­lun­gen so­gar als Flucht in­fol­ge ei­nes At­ten­tats, das Jo­hann Geb­hard auf sei­ne In­tim­fein­de ha­be ver­üben las­sen. Tat­säch­lich fürch­te­te der neue Bi­schof, der den welt­li­chen Ge­nüs­sen sehr zu­ge­tan war und si­cher­lich kein gu­tes Bild ab­gab, von Grop­per des­avou­iert zu wer­den. Zu­nächst ein­mal woll­te die­ser aber sei­nen be­reits 1556 ver­lie­he­nen Kar­di­nals­hut per­sön­lich in Emp­fang neh­men, und au­ßer­dem hat­te er sich ei­nem, wenn auch nicht ernst zu neh­men­den, Hä­re­sie­vor­wurf zu stel­len und ließ sich zu die­sem Zweck von sei­nem Bru­der Kas­par, der auch als sein engs­ter Mit­ar­bei­ter gel­ten darf, be­glei­ten. Von ei­ner bis zum Mord­ver­such rei­chen­den Feind­schaft zwi­schen dem Erz­bi­schof und den Brü­dern Grop­per darf al­so kei­ne Re­de sein.

Jo­han­nes Grop­per starb in­fol­ge sei­ner längst an­ge­schla­ge­nen Ge­sund­heit im Früh­jahr 1559; die To­ten­mes­se in San­ta Ma­ria dell’Ani­ma in Rom, wo Grop­per bis heu­te be­gra­ben liegt, hielt Papst Paul IV. (1476-1559, Pon­ti­fi­kat 1555-1559) per­sön­lich, der bei­den Brü­dern gro­ße Wert­schät­zung ent­ge­gen­brach­te. Nur zwei Ta­ge nach der Be­er­di­gung über­trug Paul al­le Pfrün­den des Ver­stor­be­nen auf des­sen jün­ge­ren Bru­der und er­nann­te Kas­par Grop­per zu­dem zum Au­di­tor der Ro­ta ro­ma­na und da­mit zu ei­nem der höchs­ten Rich­ter der Ku­rie am apos­to­li­schen Ap­pel­la­ti­ons­ge­richts­hof. Hier wirk­te Grop­per über zwölf Jah­re lang mit Sach­ver­stand, Um­sicht und Klug­heit und er­warb sich da­durch all­seits Re­spekt und An­er­ken­nung.

Wilhelm V. Herzog von Kleve, Jülich und Berg (. (LVR-Zentrum für Medien und Bildung)

 

Erst 1573, 15 Jah­re, nach­dem er Köln ver­las­sen hat­te, kehr­te Kas­par Grop­per dort­hin zu­rück. Ge­mein­sam mit Ni­ko­laus El­gard (1547-1587) wur­de er als Ken­ner der deut­schen Ver­hält­nis­se von Papst Gre­gor XIII. (1502-1585, Pon­ti­fi­kat 1572-1585) in die Hei­mat ent­sandt, um ver­schie­de­ne Streit­fäl­le zu klä­ren, dar­un­ter der über das Augs­bur­ger Au­gus­ti­ner­klos­ter und ins­be­son­de­re die Aus­ein­an­der­set­zung über die Müns­te­ra­ner Bi­schofs­wahl, bei der mit Jo­hann Wil­helm von Jü­lich-Kle­ve-Berg (1562-1609) ein min­der­jäh­ri­ger und we­gen der ver­meint­lich re­for­ma­ti­ons­freund­li­chen Po­li­tik sei­nes Va­ters auch sonst als un­ge­eig­net an­ge­se­he­ner Kan­di­dat im Raum stand. Als sich ab­zeich­ne­te, das­s Sa­len­tin von Isen­burg (1532-1610) als Erz­bi­schof von Köln und Bi­schof von Pa­der­born re­si­gnie­ren wür­de, um die Re­gie­rung in sei­nem Ter­ri­to­ri­um Isen­burg-Grenzau zu über­neh­men, wur­de Grop­per auch mit der Be­richt­er­stat­tung über die­sen Vor­gang be­auf­tragt.

Zu die­sem Zweck ließ sich Kas­par Grop­per wie­der im Rhein­land nie­der und leb­te ab­wech­selnd in Bonn und Köln, wo er Häu­ser als Propst des Cas­si­us­stifts be­zie­hungs­wei­se als De­chant von St. Ma­ria ad gra­dus be­saß. In letz­te­rem ver­starb er am 9.3.1594 mit im­mer­hin 80 Jah­ren; sei­ne letz­ten bei­den Le­bens­jahr­zehn­te hat­te er in zu­neh­men­der Ein­sam­keit und wohl auch Schwer­mut ver­bracht, nach­dem die apos­to­li­sche Nun­tia­tur seit den 1580er Jah­ren auf ita­lie­ni­sche Ku­rien­bi­schö­fe über­tra­gen wur­de und Grop­per we­der in Köln noch in Rom mehr Auf­ga­ben er­hielt.

An­ders als sein all­ge­gen­wär­ti­ger Bru­der Jo­han­nes ge­riet Kas­par Grop­per da­mit schon zu Leb­zei­ten zu­neh­mend in Ver­ges­sen­heit. Sein ei­ge­nes Selbst­ver­ständ­nis als dis­kre­ter Di­plo­mat wird da­zu bei­ge­tra­gen ha­ben; be­reits wäh­rend sei­ner Jü­li­schen Zeit hat­te ihn der Kon­stan­zer Bi­schof Jo­hann von Weeze (1489-1548), der Grop­per aus meh­re­ren Reichs­ver­samm­lun­gen als Un­ter­händ­ler ken­nen ge­lernt hat­te, als ver­trau­ens­wür­di­ge, from­me, ver­schwie­ge­ne und dienst­wil­li­ge Per­son cha­rak­te­ri­siert. Dass er nicht das theo­lo­gi­sche Ge­wicht ei­nes Jo­han­nes Grop­per auf­wei­sen konn­te, son­dern in ers­ter Li­nie ein Maß und Mit­te ver­pflich­te­ter Ju­rist blieb und da­mit in der kon­fes­sio­nel­len Ver­schär­fung des aus­ge­hen­den 16. Jahr­hun­derts kei­ne Ver­wen­dung mehr fand, darf je­doch nicht dar­über hin­weg­täu­schen, dass er ei­ner der we­ni­gen deutsch­stäm­mi­gen Ge­lehr­ten war, die über ei­nen lan­gen Zeit­raum hin­weg sehr er­folg­reich an der rö­mi­schen Ku­rie wir­ken konn­ten.

Quellen

Schwarz, Wil­helm Eber­hard, Die Nun­tia­tur­be­rich­te Kas­par Grop­pers nebst ver­wand­ten Ak­ten­stü­cken (1573-1576), Pa­der­born 1898.

Literatur

Greb­ner, Chris­ti­an, Kas­par Grop­per (1514 bis 1594) und Ni­ko­laus El­gard (ca. 1538 bis 1587). Bio­gra­phie und Re­form­tä­tig­keit, Müns­ter 1982.
Schwarz, Wil­helm Eber­hard, Der päpst­li­che Nun­ti­us Kas­par Grop­per und die ka­tho­li­sche Re­form im Bis­tum Müns­ter, in: Zeit­schrift für va­ter­län­di­sche Ge­schich­te 68 (1910), S. 1-96. 

Online

Lipp­gens, Wal­ter, „Grop­per, Kas­par“, in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 7 (1966), S. 136. [on­line]

Salentin von Isenburg, Porträt, Kupferstich, um 1570. (Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn)

 
Zitationshinweis

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Bock, Martin, Kaspar Gropper, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/kaspar-gropper/DE-2086/lido/5d66416b140fa1.96961235 (abgerufen am 13.01.2025)