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Paulinus setzte als Bischof von Trier die kirchenpolitische Linie seines Vorgängers Maximinus fort. Auch er war eine der führenden Persönlichkeiten in den christologischen Auseinandersetzungen seiner Zeit, ein Engagement, das er mit der Verbannung bezahlte.
Spätestens im Jahr 347 trat Paulinus die Nachfolge des Maximinus an. Wie sein Vorgänger setzte er sich für Athanasius (Episkopat 328-373) ein. Dieser verteidigte ein Glaubensbekenntnis, wie es das Konzil von Nizäa im Jahr 325 festgeschrieben hatte. Demnach war Christus gleichen Wesens mit dem Vater, er war wahrer Gott und zugleich wahrer Mensch. Die Gegenposition wird mit dem Namen des alexandrinischen Priesters Arius (circa 260-336) verbunden. Dessen Anhänger, die Arianer, vertraten die Auffassung, dass Christus nur gottähnlich sei.
Sulpicius Severus (circa 363-425) nennt unter den Wenigen, die den "Arianern" Widerstand leisteten, nur Paulinus namentlich. Das Engagement des Trierer Bischofs ist umso höher zu bewerten, als sich Constantius II. als alleiniger Augustus gegen den Usurpator Magnentius (gestorben 353) durchgesetzt hatte. Da Constantius II. zu den Gegnern des Athanasius zählte, fehlte den nizänischen Bischöfen fortan die Unterstützung von kaiserlicher Seite. Dies sollte sich für Paulinus zum Nachteil auswirken. Im Jahr 353 versuchten die "arianischen" Bischöfe in Arles zum wiederholten Male, eine Verurteilung des Athanasius durchzusetzen. Paulinus, der sich der Verurteilung widersetzte, wurde ins Exil geschickt. In der Verbannung in Phrygien ist Paulinus im Jahr 358 gestorben.
Die Zeit des Episkopats des Paulinus war nicht nur geprägt von theologischen, sondern auch von militärischen Auseinandersetzungen. Noch vor dem Konzil von Arles brach die Usurpation des Magnentius zusammen. Im Jahr 355 kam es in Köln zum Putsch des Heermeisters Silvanus (gestorben 355), eines Franken in römischen Diensten. Die Germanen nutzten schließlich in den Jahren 355 / 356 die Gunst der Stunde, um die Rheingrenze zu überschreiten und bis ins Trierer Land vorzustoßen. Wie stark Trier von diesen Überfällen betroffen gewesen sein muss, lässt sich daran ablesen, dass die kaiserliche Münzprägestätte in Trier in der Zeit zwischen 355 und 367 ihre Tätigkeit einstellte und dass Julian (331-363), der von Constantius II. im Jahr 355 zum Caesar ernannt worden war, als Residenzort Paris und nicht Trier wählte.
Laut der älteren Fassung der Vita des Paulinus (10. Jahrhundert) wurde der Bischof gleich nach seinem Tod von den Trierern von Phrygien nach Trier überführt und nicht weit von St. Maximin entfernt in einer Basilika beigesetzt, die der Gottesmutter geweiht war. Die Trierer bauten "eine der Reliquie angemessene Krypta und ließen den Körper in seinem Sarg an eisernen Ketten mitten in der Krypta schweben." Nach der älteren Version der Vita des Trierer Bischofs Felix (Episkopat 386 bis mindestens 398 / 399) aus dem 10. oder der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts wird der Bau der Marienkirche jedoch Felix zugeschrieben. Von einer Grablege des Paulinus ist nicht die Rede. Die um die Mitte des 11. Jahrhunderts entstandene Vita des Trierer Bischofs Agricius (Episkopat 314-329) berichtet wiederum, dass sich das Grab des Paulinus in der von Felix errichteten Marienkirche befinde. Die jüngeren Versionen der Viten des Paulinus und des Felix sind nach 1072 entstanden und offensichtlich vom Fund der (gefälschten) Bleitafel in St. Paulin beeinflusst, die das Martyrium von Trierer Bürgern und von Angehörigen der Thebäischen Legion in Trier „bezeugt". Auch nach diesen Viten ließ Bischof Felix die Gebeine seines Amtsvorgängers nach Trier überführen und ihn in einer Kirche bestatten, die er zu Ehren der Gottesmutter und der Märtyrer der Thebäischen Legion hatte bauen lassen. Der Sarg des Paulinus ist auch nach dieser Schilderung an Ketten aufgehängt und von den Gräbern der Märtyrer umgeben. Bischof Paulinus ist demnach entweder direkt nach seinem Tod oder zur Zeit des Felix nach Trier zurückgebracht und in einer Kirche bestattet worden, die entweder bereits bestand oder erst von Felix errichtet wurde. Welches dieser widersprüchlichen Zeugnisse die wahre Version von der Bestattung des Paulinus überliefert, bleibt ungewiss. Auch mangels archäologischer Untersuchungen der Vorgängerbauten der Paulinkirche ist nicht zu entscheiden, ob Paulinus direkt nach seinem Tod zunächst in einem Grabbau auf dem nördlichen Gräberfeld beigesetzt wurde, der später dann in die von Felix erbaute Coemeterialbasilika miteinbezogen wurde, oder ob Felix Kirche und Krypta zeitgleich errichten und Paulinus dann erst dort bestatten ließ.
Durch die Öffnung des Steinsarkophags in der Krypta von St. Paulin in den Jahren 1402 und 1883 konnte die Beschreibung des Paulinusgrabes zumindest zu einem Teil bestätigt werden. Der Steinsarg enthielt einen Sarg aus Zedernholz, der neben Eckbeschlägen, Haltebändern und Halteringen noch mit einer Reihe von weiteren Beschlägen versehen war. Mehrfach ist das Christusmonogramm mit den Buchstaben A (Alpha) und w (Omega) dargestellt. Das Monogramm wurde kombiniert mit weiteren Inschriften, wie dem Kryptogramm ICQUS (= die griechischen Anfangsbuchstaben des Bekenntnisses "Jesus Christus, Sohn Gottes, Erlöser"), der Akklamation "Martiniani manus vi[nc]at" oder "vi[v]at", sowie der Inschrift "Eleuthera peccatrix posuit", und Darstellungen aus dem Alten Testament (Sündenfall) und dem Neuen Testament (Erweckung des Lazarus).
Literatur
Anton, Hans Hubert/Heinen, Heinz/Weber, Winfried (Hg.), Im Umbruch der Kulturen – Spätantike und Frühmittelalter (Geschichte des Bistums Trier 1), Trier 2003.
Heinen, Heinz, Frühchristliches Trier. Von den Anfängen bis zur Völkerwanderung, Trier 1996.
Pohlsander, Hans A., Maximinus und Paulinus. Zwei Bischöfe im vierten Jahrhundert, in: Trierer Zeitschrift 59 (1996), S. 157-160.
Winheller, Ernst, Die Lebensbeschreibungen der vorkarolingischen Bischöfe von Trier, Bonn 1935.
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Binsfeld, Andrea, Paulinus, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/paulinus/DE-2086/lido/57c9587f6474f7.16787739 (abgerufen am 05.12.2024)