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Der heilige Kunibert war im 7. Jahrhundert Bischof von Köln und zugleich einer der wichtigsten Berater und Erzieher der Könige des östlichen Merowingerreichs sowie der frühen Pippiniden. Er vermochte die Kölner Diözese fest in den fränkischen Staatsverband einzubeziehen und stand gleichsam am Anfang einer langen Reihe von Kölner Bischöfen, die im Mittelalter als Berater und Erzieher von Königen tätig waren. Sein Festtag ist der 12. November.
Kunibert wurde wohl um 590 geboren und starb um oder nach der Mitte des 7. Jahrhunderts, eventuell im Jahre 663. Der Geburtsort ist nicht bekannt; genannt wurden das luxemburgische Remich (verbunden mit einer Verehrung von Kunibertsreliquien am Ort) sowie eine Reihe von Orten, insbesondere im Moselraum. Wahrscheinlich stammt er aus einer merowingischen Adelsfamilie aus dem Raum Trier-Metz; der Vater hieß vermutlich Crallo, die Mutter Regina. Erzogen wurde Kunibert am austrasischen Königshof Theudeberts II. (Regierungszeit 596–612) in Metz und erhielt dort auch seine literarische Unterweisung sowie eine Militärausbildung, ebenso wie der nachmalige Bischof Arnulf von Metz (582-641). Am Königssitz Metz kam Kunibert in Kontakt mit einer ganzen Reihe von Aristokraten des Gesamtreiches. Der Metzer Königshof gilt als „Vorort politischer Integration des Adels unter dem Signum columbanisch-irofränkischer Reform" (Heribert Müller, 1991); bereits Kuniberts Vorfahren gehören zu den „Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger" (Müller, 1991).
Kunibert fungierte wohl auch als Archidiakon in Trier, bevor er von König Dagobert I. (Regierungszeit 623–638/639) zum Kölner Bischof bestellt wurde. An einem 25. September soll er die Bischofsweihe empfangen haben, wahrscheinlich im Jahre 623. Die circa 40-jährige Amtszeit könnte somit in einem Zeitraum zwischen 623 beziehungsweise 626 und 663 gelegen haben.
Enge Beziehungen pflegte Kunibert zum merowingischen Königshaus. Der Unterkönig von Austrasien, Dagobert I., machte den Bischof von Köln kurz nach seiner Teilnahme an der Synode von Clichy (626/627) zu seinem Berater und um 634 zusammen mit dem „dux" Adalgisel Grimo (gestorben nach 634, Testament vom 30.12.634) zum Regenten, Berater und Erzieher für seinen noch minderjährigen Sohn Sigibert III. (Erhebung zum König 633, Regierungszeit 639–656) für den austrasischen Reichsteil. Auf der Synode von Clichy unterzeichnete Kunibert das Protokoll. Er fungierte hier schon als gewichtiger Vertreter seiner Kirche auf einer von Bischöfen des neustrischen Westens dominierten Versammlung. Dies und insbesondere die Berufung zum Berater und Erzieher zeigt die hohe Anerkennung Kuniberts wie auch die noch über ein Jahrhundert nach Auflösung des selbstständigen fränkischen Kleinkönigreichs von Köln vorhandene politische Bedeutung von Stadt und Bischofssitz. Kunibert beteiligte sich auch maßgeblich an der Beratung der älteren Pippiniden und war ein Vertrauter des fränkischen Hausmeiers Pippins des Älteren (580-640).
Kunibert engagierte sich wohl auch maßgeblich an einer um 633/634 erfolgten Redaktion der „Lex Ribuaria", ein merowingisches Gesetzbuch auf der Grundlage der „Lex Salica". Wahrscheinlich intendierte er schon hier eine stärkere Anbindung der Kölner Diözese an den Reichsverband. Zumindest vermochte man die Kölner Franken endgültig in das Merowingerreich einzubeziehen. König Sigibert III. begünstigte unter Bezugnahme auf Kunibert die Petruskirche in Köln um oder kurz nach 640 durch Schenkung eines Landgutes mit seinen Einkünften aus dem südfranzösischen Rodez. Nach dem Tod Dagoberts 639 unterstützte Kunibert Hausmeier Grimoald den Älteren (um 616-657 oder 662). Besonders engagierte sich Kunibert in den westlich von Köln gelegenen Regionen, wo er sich an Bischofsweihen (Theodardus, gestorben 670) und Lambertus (um 635-um 705) von Maastricht) ebenso wie an Klostergründungen (Cugnon 646/647, Stablo-Malmédy um 646/650) beteiligte. In den mittelalterlichen Kölner Bischofslisten wird Kunibert als siebter Amtsträger genannt. Wie bei seinen Vorgängern ist auch zu Kunibert die Überlieferung, trotz seiner in den wenigen Informationen aufscheinenden hohen persönlichen Bedeutung, recht spärlich.
Zu Kuniberts besonderen Verdiensten gehört, dass er den „Außen- und Vorposten Köln fest in den von Chlotar II. und Dagobert I. konsolidierten fränkischen Staatsverband einbezogen" hat (Müller, 1991). Zudem vermochte er missionarisch ausgreifend in Friesland und im Westfälischen tätig zu werden. Kunibert verkörpert den „neuen Heiligentypus des 7. Jahrhunderts, nämlich den am Hof erzogenen und dienenden Adeligen, der dann als Bischof in engem Kontakt mit den weltlichen Geschäften blieb" (Müller, 1991); somit erscheint er „als Vorläufer" der „hohen karolingischen Hofgeistlichkeit" (Müller, 1987). Er stand gleichsam am Anfang einer langen Reihe an Kölner Bischöfen, die als Berater und Erzieher von Königen tätig waren.
Der Legende nach soll Kunibert das Grab der heiligen Ursula in Köln entdeckt haben. Die von Kunibert errichtete oder erweiterte Clemenskirche war vermutlich seine Grabkirche; diese wird heute mit der späteren Stiftskirche St. Kunibert identifiziert. Kunibert ist damit auf jeden Fall der erste frühchristliche Kölner Bischof, dessen Grablege in Köln beschrieben ist. Spätestens für das 9. Jahrhundert ist der Beginn der Heiligenverehrung für Kunibert gesichert, die allerdings auf die Kölner und Trierer Diözese beschränkt blieb.
Eine Neuerhebung der Kunibertsreliquien erfolgte 1168. Der ursprüngliche, verlorene Kunibertsschrein aus dem 12. Jahrhundert war im 17. Jahrhundert umgearbeitet worden. Gegenwärtig werden die in einen sasanidischen Seidenstoff aus karolingischer Zeit gehüllten Gebeine Kuniberts in einem Schrein aus dem Jahre 1869 bewahrt.
Eine Statue Kuniberts (Bildhauerin: Majka Wichner) ist seit 1990 Teil des Figurenprogramms des Kölner Ratsturmes.
Quellen
Regesten der Erzbischöfe von Köln, Band 1, bearb. von Friedrich Wilhelm Oediger, Bonn 1954-1961, Nachdruck 1978, S. 25-28.
Literatur
Gauthier, Nancy, L'évangélisation des pays de la Moselle. La province romaine de Première Belgique entre Antiquité et Moyen-Age (IIIe–VIIIe siècle). Paris 1980, S. 260-261.
Gierlich, Ernst, Die Grabstätten der rheinischen Bischöfe vor 1200. Mainz 1990, S. 255, 262-263.
Kürten, Peter, Das Stift St. Kunibert in Köln von der Gründung bis zum Jahre 1453. Köln 1985.
Müller, Heribert, Bischof Kunibert von Köln. Staatsmann im Übergang von der Merowinger- zur Karolingerzeit, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte_ _98 (1987), S. 167-205.
Müller, Heribert: Kunibert von Köln (um 590–663?), in: Rheinische Lebensbilder 12 (1991), S. 7-23.
Müller, Heribert, Kunibert, in: Lexikon des Mittelalters, Band 5, München/Zürich 1991, Sp. 1570.
Müller, Heribert, Bischof Kunibert von Köln (um 590–663?). Leben und Werk. in: Colonia Romanica 7 (1992), S. 8-14.
Ristow, Sebastian, Artikel „Kunibert", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 29 (2008), Sp. 796–802.
Weinfurter, Stefan, Colonia (Köln), in: Series episcoporum ecclesiae catholicae occidentalis ab initio usque ad annum MCXCVIII, Band 5,1: Germania. Archiepiscopatus Coloniensis, bearb. von Odilo Engels/Stefan Weinfurter, Stuttgart 1982, S. 3–42, hier S. 9-10.
Online
Bischof Kunibert (Information auf der Website des Kölner Doms). [Online]
Brinkmann, Ulrike, Kunibertfenster, um 1330/40 (Information auf der Website des Kölner Doms). [Online]
Kunibertswunder (Information über die Auffindung des Grabes der heiligen Ursula durch Kunibert auf der Website des Fördervereins Romanische Kirchen Köln e.V.). [Online]
Müller, Heribert: Kunibert von Köln (um 590–663?), in: Rheinische Lebensbilder 12 (1991), S. 7–23 (Text als PDF-Datei auf der Website der Universitätsbibliothek Frankfurt, 1400KB). [Online]
St. Kunibert (Informationen über die Baugeschichte der St. Kunibertkirche auf der Website des Fördervereins Romanische Kirchen Köln e.V.). [Online]
Torsy, Jakob, Artikel „Kunibert", in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 296. [Online]
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Rosen, Wolfgang, Kunibert, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/kunibert/DE-2086/lido/57c93be8881ad7.67920526 (abgerufen am 06.10.2024)