Zu den Kapiteln
Allgemein gilt Hans-Dietrich Genscher als die bekannteste Persönlichkeit aus Sachsen-Anhalt im 20. Jahrhundert, aber 50 Jahre lang und damit die längste Zeit seines Lebens hatte der langjährige deutsche Außenminister und Vizekanzler Hans-Dietrich Genscher seinen Lebensmittelpunkt im Rheinland, wo er auch seine letzte Ruhestätte fand.
Geboren am 21.3.1927 in Reideburg (heute Stadt Halle (Saale)) war Genscher das einzige Kind des Justitiars Kurt Genscher (1898-1937) und seiner Ehefrau Hilda, geborene Kreime (1901-1988). Die Familie war evangelisch. Zwar zog sie 1933 nach Halle, wo der Sohn auch eingeschult wurde, doch verbrachte Hans-Dietrich Genscher seine Jugendzeit, insbesondere nach dem frühen Tod des Vaters, vornehmlich auf dem Reideburger Bauernhof, dem seine Mutter entstammte und wo es heute eine Erinnerungsstätte an ihn gibt. Noch während seiner Schulzeit am Hallenser Reform-Realgymnasium wurde er 1943 als Luftwaffenhelfer und dann zum Reichsarbeitsdienst eingezogen. Anfang 1945 meldete er sich freiwillig zur Wehrmacht und nahm als Soldat an der Schlacht um Berlin teil. Nach Kriegsende konnte er zwar schnell in seine Heimatstadt zurückkehren und dort 1946 auch das Abitur nachholen, erkrankte dann aber schwer an Lungentuberkulose, was seine Schaffenskraft während des gesamten nächsten Jahrzehnts immer wieder beeinträchtigen sollte.
Von 1946 bis 1949 studierte Genscher Volkswirtschaft und Jura an den Universitäten Halle und Leipzig, wo er das Studium mit der ersten juristischen Staatsprüfung beendete. Es schloss sich das Referendariat beim Amtsgericht im Oberlandesgerichtsbezirk Halle an. Schon zu Beginn des Jurastudiums in Leipzig begann sein politisches Engagement mit dem Eintritt in die Liberaldemokratische Partei Deutschlands, die zunächst gegen die Etablierung der SED-Diktatur Widerstand leistete, aber Anfang der 1950er Jahre faktisch gleichgeschaltet wurde. Etwa zu diesem Zeitpunkt siedelte der Gerichtsreferendar Genscher in den Westen über, wo er sich zunächst in Bremen niederließ, 1954 das zweite juristische Staatsexamen ablegte und unmittelbar darauf in die Rechtsanwalt-Sozietät Kuhlmann-Schulenburg eintrat.
Im April 1956 bekam Genschers Lebensweg eine völlig neue Wendung, als dem angehenden Rechtsanwalt und stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Nachwuchsorganisation in Bremen ein Posten bei der FDP-Bundestagsfraktion angeboten wurde und Genscher nach Bonn ging. Die FDP war kurz zuvor unter Verlust ihres „Ministerflügels“ aus der Koalition mit der CDU ausgeschieden und in die Opposition gegangen. Der streitbare und eigenwillige Parteivorsitzende Thomas Dehler (1897-1967) wurde zum Mentor und Vorbild für den Fraktionsassistenten Genscher, der trotz seines gesundheitlichen Handicaps durch Fleiß und Zielstrebigkeit auf sich aufmerksam machte.
So wurde er bereits 1959 Geschäftsführer der Bundestagsfraktion und übernahm 1962 als Nachfolger Karl-Hermann Flachs (1929-1973) zusätzlich die Geschäftsführung der FDP-Bundespartei. Für die Bundestagswahl 1965 trat er durch Vermittlung des nordrhein-westfälischen FDP-Landesvorsitzenden Willi Weyer (1917-1987) im Wahlkreis Wuppertal I an und zog über die FDP-Landesliste ins Parlament ein. Diesem von der SPD beherrschten Wahlkreis blieb Genscher bis zur Wahl von 1994 treu, obwohl er keine Chance auf ein Direktmandat hatte; immerhin erreichte er 1990 auf dem Höhepunkt seiner Popularität über 19 Prozent der Erststimmen.
Erstmals allgemeines Aufsehen erregte der neue Bundestagsabgeordnete im September 1966 mit einer Rede in Stuttgart, bei der Genscher eine Neukonzeption der Deutschland- und Ostpolitik entwarf und die deutsche Wiedervereinigung in eine Überwindung der europäischen Spaltung integrierte, ohne dass dabei die Westbindung Deutschlands aufgegeben werden sollte. Dass diese Rede in gewisser Weise eine Blaupause für den Kurs des späteren Außenministers bildete, sah kaum jemand voraus, zumal Genscher zunächst vornehmlich als Innenpolitiker galt.
Die Umbruchphase, in die die FDP nach dem neuerlichen Bruch der Regierungskoalition mit der CDU ab Ende 1966 eintrat, begünstigte seinen innerparteilichen Aufstieg. Seit Anfang 1968 bildete er als Stellvertreter des Parteivorsitzenden Walter Scheel (1919-2016) mit diesem und dem Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Mischnick (1921-2002) ein Triumvirat, das den Kurs der FDP in den nächsten Jahren bestimmte. Als Scheel nach der für die FDP eigentlich verlustreichen Bundestagswahl 1969 die sich bietende Chance mutig ergriff und mit der SPD unter dem Kanzler Willy Brandt (1913-1992) erstmals eine sozial-liberale Regierung bildete, wurde Genscher Innenminister.
Das aufgrund seiner Größe und Heterogenität als schwierig angesehene Ressort hatte der neue Minister schnell im Griff und suchte seine Kompetenzen noch dadurch auszubauen, indem er sich unter anderem des neuen Themas Umweltschutz annahm. Durch etliche Gesetzesvorlagen sowie durch organisatorische Umstrukturierungen wie die Einrichtung eines Umweltbundesamtes erwarb Genscher sich den Ruhm, faktisch der erste deutsche Umweltminister gewesen zu sein.
Als überaus problematisch erwies sich die unerwartete Herausforderung durch den Terrorismus, den einerseits die linksradikale Baader-Meinhof-Gruppe und ihre Folgeorganisationen ausübten und den andererseits extremistische Palästinenser in Ausweitung des Nahost-Konflikts nach Deutschland zu tragen versuchten. 1972 konnte zwar die Baader-Meinhof-Gruppe größtenteils zerschlagen werden, kurz darauf unternahmen aber palästinensische Terroristen einen Anschlag auf die israelische Mannschaft bei den Olympischen Spielen in München, dem etliche Sportler zum Opfer fielen, obwohl der Innenminister Genscher zuvor direkt mit den Geiselnehmern verhandelt und sich selbst als Geisel zur Verfügung gestellt hatte. Das Problem suchte er danach vor allem durch eine Neustrukturierung des Bundeskriminalamtes und die Aufstellung einer speziellen Eingreiftruppe des Grenzschutzes, der sogenannten GSG 9, in den Griff zu bekommen, was sich im weiteren Verlauf der 1970er Jahre als erfolgreich erwies.
Zuvor war Genscher als für die innere Sicherheit zuständiger Minister noch in die Enttarnung eines Spions der DDR im Kanzleramt involviert, die im Frühjahr 1974 zum Rücktritt von Kanzler Brandt führte. Es gelang ihm aber, aus dieser schwierigen Situation am Ende sogar gestärkt hervorzugehen, da fast zeitgleich der Außenminister und Vizekanzler Scheel zum Bundespräsidenten gewählt wurde. Von ihm übernahm nun Genscher nicht nur den FDP-Vorsitz, sondern in der Neuauflage der sozial-liberalen Koalition unter dem Kanzler Helmut Schmidt (1918-2015) dessen Positionen im Kabinett, obwohl ihm Affinitäten zur Außenpolitik bis dahin nicht nachgesagt wurden.
Aber auch in die Materie des Auswärtigen Amtes, das er dann 18 Jahre und damit so lang wie kein deutscher Politiker seit Otto von Bismarck (1815-1898) leiten sollte und es auch niemand seither getan hat, arbeitete er sich schnell ein. Er setzte dabei erkennbar zwei Akzente, die zwar schwer miteinander vereinbar schienen, aber die deutsche Außenpolitik über Jahrzehnte prägen sollten: Es war zum einen die Fortsetzung der 1969 begonnenen Entspannungspolitik mit Osteuropa und zum anderen die Vertiefung der Integration West-Europas.
Bei Genschers Amtsantritt war zwar das Vertragswerk mit den osteuropäischen Nachbarstaaten weitgehend abgeschlossen, aber Genscher erkannte schnell die Bedeutung des sogenannten KSZE-Prozesses, mit dem neue kollektive Sicherheitsstrukturen zur Eindämmung des Ost-West-Konflikts aufgebaut und die Spaltung Europas überwunden werden sollten. Die „Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“, deren erste Etappe 1975 mit der Schlussakte von Helsinki abgeschlossen, die dann aber in Anschlusskonferenzen fortgeführt wurde, machte der deutsche Außenminister zu seinem wichtigsten Instrument, um die Entspannung ungeachtet aller Hindernisse fortzuführen. An deren Ende, so seine Vision, konnte auch eine Wiedervereinigung der Deutschen unter friedlichen und freiheitlichen Vorzeichen stehen. Vor allem die jährliche Vollversammlung der Vereinten Nationen nutzte Genscher, um diesen Anspruch der Deutschen zu betonen.
Gleichzeitig suchte er beharrlich auch das Zusammenwachsen der westeuropäischen Staaten zu fördern und zog dabei seine lange Zeit eher europa-skeptische Partei mit. Sein Credo lautete seit je, wie er Ende 1989 bekannte: „Europa ist unsere Chance. Eine andere haben wir Deutsche nicht.“ So startete er unter anderem 1981 gemeinsam mit dem italienischen Außenminister Emilio Colombo (1920-2013) eine Initiative zur Reform des Vertragswerkes, auf dem die damalige Europäische Gemeinschaft beruhte. Sie war ein wichtiger Schritt in Richtung der heutigen Europäischen Union.
Ein weiteres Merkmal des Außenministers Genscher war sein Bemühen, sein außenpolitisches Kapital, das er bald auf sich vereinte, in Wahlerfolge für die FDP umzumünzen. Das gelang ihm in unterschiedlichem Maße: Als Spitzenkandidat fuhr er für seine Partei 1980 erstmals seit 1961 wieder ein zweistelliges Bundestagswahl-Ergebnis ein, als sich zwischen SPD-Kanzler Schmidt und dem CSU-Herausforderer Franz-Josef Strauß (1915-1988) ein erbitterter Wahlkampf entfachte, bei dem sich Genscher und die Freien Demokraten als „vernünftige Kraft der Mitte“ profilieren konnten.
Bei der nächsten, vorgezogenen Wahl 1983 verlor die FDP gut ein Drittel ihrer Wähler. Im Jahr zuvor hatte sie einen Koalitionswechsel vollzogen, wobei zunächst nicht Genscher, sondern der liberale Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff (1926-2009) die treibende Kraft war. Da aber gegenüber dem bisherigen Koalitionspartner SPD nicht nur auf dem Feld der Wirtschaftspolitik, sondern auch in der Außen- und Wehrpolitik zunehmend Differenzen auftraten, machte Genscher den Weg frei für eine koalitionspolitische Neuorientierung. Anfang Oktober 1982 wurde der CDU-Politiker Helmut Kohl (1930-2017) mit Stimmen aus der FDP durch ein Konstruktives Misstrauensvotum zum Kanzler gewählt.
Die Folge waren eine schwere Krise der Partei, die viele Funktionäre und Mitglieder verlor, und ein Ansehensverlust des recht populären Genscher, was sich im Wahlergebnis von 1983 niederschlug. Mit der ihm oft konstatierten Zähigkeit versuchte er, der im Kabinett Kohl seine Posten behielt, den Wiederaufstieg und gab dafür 1985 auch den Parteivorsitz auf, blieb aber weiterhin in der FDP sehr einflussreich. Entgegen kamen Genscher zunächst die außenpolitische Unerfahrenheit des neuen Kanzlers und dann Veränderungen im Ostblock, auf die der deutsche Außenminister seit langem gehofft hatte. Mit dem Amtsantritt des neuen KPdSU-Generalsekretärs Michael Gorbatschow (1931-2022) sollte sich die weltpolitische Konstellation grundlegend ändern, da dieser in der Fortführung der Ost-West-Konfrontation samt drohendem Atomkrieg keinen Sinn mehr für die Sowjetunion erkannte und die Wirtschaftsprobleme dort durch Liberalisierungen in den Griff zu bekommen suchte.
Genscher war einer der ersten im Westen, der die neue Situation erkannte und Anfang 1987 in Aufsehen erregender Weise forderte: „Nehmen wir Gorbatschow ernst, nehmen wir ihn beim Wort!“ Diese Position stieß zunächst keineswegs auf allgemeine Zustimmung. Das nun aufkommende Schlagwort vom „Genscherismus“ war zuerst als Abqualifizierung einer vermeintlich nachgiebigen Haltung gegenüber dem Ostblock gemeint. In dem Maße aber, wie die Reformpolitik Gorbatschows auch im Westen Anklang fand, wandelte sich „Genscherismus“ zum Synonym für eine kluge, vorausschauende Außenpolitik.
Beginnend mit seinem berühmten Auftritt vor den DDR-Flüchtlingen in der westdeutschen Botschaft in Prag Ende September 1989 zeigte die Phase der überraschend möglich gewordenen deutschen Wiedervereinigung Hans-Dietrich Genscher auf dem Höhepunkt seines Einflusses und seines Ansehens im In- und Ausland. Dieses moralische Kapital, das unter anderem in einer populären Comicfigur namens „Genschman“ zum Ausdruck kam, suchte er einzusetzen, um die verschiedenen, teils stark divergierenden Kräfte auszutarieren, die auf den sich anbahnenden Vereinigungsprozess Einfluss nehmen wollten und konnten wie die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs, die mittleren und kleineren Staaten ringsum, von denen viele eine neuerliche Hegemonie Deutschlands befürchteten, und nicht zuletzt die unterschiedlichen Positionen zur Wiedervereinigung im Inland. Dabei verlor er das Ziel einer möglichst schnellen Einigung nicht aus den Augen, die dann vor allem durch Absprachen und Verträge auf der Grundlage der von ihm selbst erfundenen Formel „Zwei-plus-Vier“, also der beiden deutschen Staaten und der vier Siegermächte, nicht ohne Rückschläge, aber immerhin binnen weniger Monate gelang. Genscher gerierte sich dabei erfolgreich als Vertreter eines „Deutschland, dem die Welt vertraut“, wie es bald darauf in einem auf ihn gemünzten Wahlslogan der FDP hieß.
Im Herbst 1990 konnte Genscher mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik am 3. Oktober und der Charta von Paris am 21. November, mit der das Ende des Ost-West-Konflikts und der Spaltung Europas besiegelt werden sollte, jene großen Ziele als erreicht ansehen, die er in seiner Stuttgarter Rede ein Vierteljahrhundert zuvor beschworen hatte. Dass er an dieser Entwicklung selbst großen Anteil hatte, wirkte sich auch für seine Partei aus: Bei der Bundestagswahl Ende 1990 wurde die FDP wieder zweistellig und erhielt dabei vor allem im Osten der neuen Bundesrepublik große Zustimmung. Genscher, der nun seine Hallenser Herkunft stark herausstellte, hätte wohl das Direktmandat in seiner Heimatstadt gewonnen, wie es dann ein weniger bekannter Parteifreund gewissermaßen „stellvertretend“ tat, doch er blieb seinem rheinischen Wahlkreis treu.
Im weiterhin amtierenden Kabinett Kohl übernahm nun Genscher die Leitung der gesamtdeutschen Außenpolitik, die sich fortan etwa durch den Konflikt um den Irak und den Zerfall Jugoslawiens mit völlig neuen Herausforderungen konfrontiert sah, in denen die bewährten Handlungsmuster nicht mehr ohne weiteres funktionierten. Aber es gibt bislang kaum Anzeichen dafür, darin den Grund zu sehen, dass Genscher im Mai 1992 einen allgemein überraschenden Schritt tat: Auf den Tag 18 Jahre nach Amtsantritt legte er sein Amt als Außenminister und Vizekanzler nieder und gab damit eines der wenigen Beispiele für einen selbstbestimmten Abschied von der großen Politik. Allerdings war die Nachfolgefrage nicht klar geregelt und führte zu starken innerparteilichen Auseinandersetzungen, aus denen schließlich Klaus Kinkel (1936-2019), langjähriger Vertrauter Genschers und bisher Justizminister, als neuer Außenminister hervorging.
Bis 1998 übte Genscher noch sein Bundestagmandat aus, den dann anstehenden Umzug nach Berlin machte er nicht mit, obwohl er sich zuvor dafür stark gemacht und im Juni 1991 auch entsprechend abgestimmt hatte. Seine Begründung war vor allem, dass er unglaubwürdig würde, wenn er, nachdem er seit langem für Berlin im In- und Ausland geworben und viele Amtskollegen extra nach Berlin zur Erkundung der Situation gebracht hätte, nun gegen eine Verlagerung der Hauptstadtfunktionen eintreten würde. Zugleich betonte er auch zu diesem Anlass, in Bonn „gerne zu leben und hier ein neues Zuhause gefunden“ zu haben.
Genschers Beziehung zum Rheinland war vielschichtig: Seit 1956 wohnte er in Bonn beziehungsweise in der unmittelbaren Umgebung, seine politische Heimat war die rheinische FDP. Dem rheinischen Karneval waren er und seine zweite, aus Niederschlesien stammende Ehefrau Barbara, geborene Schmidt, (geboren 1936), die er 1969 in Bonn geheiratet hatte, überaus zugetan; im berühmten Godesberger Weinlokal von Ria Maternus (1914-2001) gehörten sie zu den Stammgästen. In erster Ehe war Genscher von 1958 bis 1965 mit Luise, geborene Schweitzer (geboren 1937) verheiratet gewesen, aus dieser Ehe ging 1961 die Tochter Martina hervor.
Doch öffentlich stellte Genscher seine Bindung an das Rheinland nicht so heraus wie seine Hallenser Herkunft und legte auch Wert darauf, als „gesamtdeutsche“ Persönlichkeit wahrgenommen zu werden: So erlebte er die Vereinigungsfeierlichkeiten 1990 gleich an vier Orten, in Halle, Berlin, Wuppertal und Bonn. Insgesamt taten sich die „Rheinländer“ ihrerseits vor allem nach seiner Positionierung in der Hauptstadt-Frage wohl etwas schwer, Genscher als einen der „Ihren“ anzusehen. Trotzdem erhielt er unter seinen überaus zahlreichen in- wie ausländischen Auszeichnungen und Ehrungen auch solche aus dem Rheinland, unter anderem den „Orden wider den tierischen Ernst“ (1978), den „Mercator-Preis der Univ. Duisburg-Essen“ (1997) und den „Ehrenring der Stadt Wuppertal“ (1998). Außerdem war Genscher „Ehrenoberst der Bonner Stadtsoldaten“, Bad Honnefer „Aal-König“ und Ehrenbürger von Wachtberg. Postum wurden Örtlichkeiten in Wuppertal und Bonn sowie Wachtberg nach ihm benannt.
Sein vielleicht deutlichstes Bekenntnis zum Rheinland erfolgte, als Genscher Ende März 2016 - hochangesehen und noch immer häufig um Rat gefragter Elder Statesman, der sich gerade auch um das Aufrechterhalten von guten Beziehungen zu Russland, aber auch die Freiheitsrechte dort sorgte - verstarb: Seine letzte Ruhestätte fand er wie gewünscht auf dem Rheinhöhenfriedhof nahe Wachtberg, wo schon seine Mutter beerdigt worden war und auch an seinen ursprünglich in Halle begrabenen Vater erinnert wird. Als Politiker. der sich um die Bundesrepublik Deutschland und auch das Rheinland verdient gemacht hatte, wurde Genscher am 17.4.2016 mit einem Staatsakt im ehemaligen Bundestagsplenarsaal in Bonn (heute WCCB) geehrt.
Schriften (Auswahl)
Bundestagsreden, Bonn 1972.
Unterwegs zur Einheit. Reden und Dokumente aus bewegter Zeit, Berlin 1991.
Erinnerungen, Berlin 1995.
[zusammen mit Christian Lindner], Brückenschläge. Zwei Generationen, eine Leidenschaft, Hamburg 2013.
Meine Sicht der Dinge. Im Gespräch mit Hans-Dieter Heumann, Berlin 2015.
Literatur (Auswahl)
Heumann, Hans-Dieter, Hans-Dietrich Genscher. Die Biographie, Paderborn [u.a.] 2012.
Kinkel, Klaus (Hg.), In der Verantwortung. Hans-Dietrich Genscher zum Siebzigsten, Berlin 1997.
Lorenz, Jürgen, Gefragt: Hans-Dietrich Genscher, Bornheim 1983.
Lucas, Hans-Dieter (Hg.), Genscher, Deutschland und Europa, Baden-Baden 2002.
Ritter, Gerhard A., Hans-Dietrich Genscher, das Auswärtige Amt und die deutsche Vereinigung, München 2013.
Brauckhoff, Kerstin/Schwaetzer, Irmgard (Hg.), Hans-Dietrich Genschers Außenpolitik, Wiesbaden 2015.
Schaefer, Bettina (Hg.), Mensch Genscher. Persönliches, Hamburg 2018.
Online
Online (Zugriffe jeweils 21.11.2021)
Hans-Dietrich Genscher auf der Homepage des Bundestages [Online]
Beiträge mit und über Hans-Dietrich Genscher bei Youtube [Online]
Würdigung von Hans-Dietrich Genscher bei der „Bundeszentrale für politische Bildung“ [Online]
Biographische Skizze von Hans-Dietrich Genscher als Download bei der „Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit“ [Online]
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Frölich, Jürgen, Hans-Dietrich Genscher, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/hans-dietrich-genscher/DE-2086/lido/64f58d649a2985.54963731 (abgerufen am 06.10.2024)