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Reinhold Heinen war während der Weimarer Republik ein bedeutender Kommunalpolitiker der Deutschen Zentrumspartei, leistete aktiven Widerstand gegen den Nationalsozialismus und überlebte eine mehrjährige Haftzeit im Konzentrationslager Sachsenhausen. In der Nachkriegszeit wurde er Mitglied der CDU, engagierte sich für den Wiederaufbau einer demokratischen Presse und war Gründer und Verleger der „Kölnischen Rundschau".
Reinhold Heinen wurde am 7.1.1894 in Düsseldorf als Sohn von Heinrich Heinen (1862-1932) und dessen Frau Maria Heinen geborene Classen (gestorben 1924) geboren. Er hatte mehrere Geschwister, unter anderem die Brüder Philipp (1897-1969), Rudolf (1903-1924), Otto (1910-1997) und Eduard (1905-1970). Der Vater war aus der Eifel in die Großstadt gekommen, um eine kleine Möbel- und Bautischlerei zu betreiben. Als 7-jähriger erlebte Reinhold Heinen die Rückkehr seiner Familie zum heimatlichen Ursprung in die Nordeifel nach Hasenfeld, heute ein Ortsteil von Heimbach. Neben der Schreinerei und dem Holzhandel öffnete sich die Familie Heinen dem aufkommenden Fremdenverkehr und investierte das in Düsseldorf verdiente Geld in ein Hotel. Heinen legte 1914 auf dem humanistischen „Stiftischen Gymnasium" in Düren seine Abiturprüfung ab. Erste Andeutungen der späteren journalistischen Laufbahn zeigten sich schon in einem Volontariat bei der zentrumsnahen „Dürener Zeitung", das er während seiner Gymnasialzeit absolvierte. Bereits 1913 trat Heinen der Zentrumspartei bei.
1914 nahm Heinen an der Universität Bonn das Studium der Staatswissenschaften auf. Noch vor Abschluss seines Studiums begann er während des Ersten Weltkrieges eine politische und journalistische Laufbahn bei verschiedenen Zeitungen in Ostpreußen und Oberschlesien. In der Katholischen Volkspartei engagierte sich Heinen 1919 an der Seite von Carl Ulitzka (1873-1953) für den Verbleib Oberschlesiens und des Hultschiner Ländchens im Deutschen Reich. Im selben Jahr schloss Heinen sein Studium mit der Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität Breslau ab.
Anfang Dezember 1919 kehrte er aus Heimatverbundenheit ins Rheinland zurück und wurde Chefredakteur der zentrumsnahen Zeitung „Der Volksfreund" in Aachen. Die Zeitung unterstützte separatistische Bestrebungen, das Rheinland in eine unabhängige, von Frankreich protegierte „Rheinische Republik" zu verwandeln. Vermutlich wirkten Aachener Zentrumskreise oder sogar überregionale Parteikreise daran mit, dass Heinen auf den Posten des Chefredakteurs beim „Volksfreund" kam. Er sollte die damals größte Zeitung des Aachener Wirtschaftsgebietes in der nationalen Frage wieder auf die offizielle Parteilinie führen, die die Schaffung eines rheinischen Bundesstaates innerhalb des Reichsverbundes favorisierte.
Darüber hinaus setzte sich Heinen in seiner Aachener Zeit als Wortführer der deutschen Bevölkerung für eine faire Volksabstimmung in Eupen-Malmedy ein. Dies führte zu Konflikten mit der (noch bis 1929 andauernden) belgischen Besatzungsmacht: Der „Volksfreund" wurde vorübergehend verboten und Heinen wurde 1921 zu einer vierwöchigen Gefängnisstrafe verurteilt.
Im selben Jahr heiratete er Mia oder Maria Gilles (1896-1973). Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor, der Sohn Reinhold Andreas und die Tochter Marianne.
Ebenfalls 1921 begann die politische Karriere Heinens. Er wurde zum Generalsekretär der Kommunalpolitischen Vereinigung der Deutschen Zentrumspartei (KPV) berufen. Die Anfänge dieser Vereinigung noch vor dem Ersten Weltkrieg sind mit dem Kölner Zentrumspolitiker und ersten rheinischen Vorsitzenden der Gesamtpartei Karl Trimborn verbunden. Heinen führte die KPV zusammen mit dem Ersten Vorsitzenden Hugo Mönnig, der von 1922 bis 1933 Vorsitzender der Rheinischen Zentrumspartei und stellvertretender Vorsitzender der Gesamtpartei war, bis 1933 zur größten und schlagkräftigsten kommunalpolitischen Organisation aller Weimarer Parteien und baute die Verbandspublikation, die „Kommunalpolitischen Blätter", zu einer über die Parteigrenzen hinweg anerkannten fachpolitischen Zeitschrift aus.
Heinen lehnte den Nationalsozialismus strikt ab und wurde erstmals – unter anderem wegen seines Eintretens für die demokratischen Rechte der Kommunalparlamente – im Juni 1933 für zehn Tage im Kölner Gefängnis Klingelpütz „in Schutzhaft genommen". Zur gleichen Zeit saß dort neben vielen anderen Nazigegnern auch der Euskirchener Zentrumspolitiker und Reichstagsvizepräsident Thomas Esser ein. Das Verbot der Zentrumspartei und der KPV bedeuteten für Heinen sowohl politisch als auch persönlich einen tiefen Einschnitt. Er musste sein komfortables Haus in Rodenkirchen (Stadt Köln) aufgeben und zog mit seiner Familie auf den Bauernhof seiner Schwiegereltern nach Berg bei Nideggen. Anfangs konnte er seinem seit 1930 bestehenden, auf Vermittlung von Konrad Adenauer zu Stande gekommenen Lehrauftrag an der Universität in Köln noch nachgehen, doch wurde er auch dort 1937 wegen „politischer Unzuverlässigkeit" entlassen.
Nach dem Verlust seiner politischen und wirtschaftlichen Grundlagen beschritt Heinen den Weg der inneren Emigration, indem er heimatkundliche und belletristische Arbeiten und Aufsätze unter anderem in den „Heimatblättern", einer Beilage der „Dürener Zeitung", veröffentlichte. Doch er leistete auch aktiven Widerstand gegen das NS-Regime, indem er etwa seit 1936 für das katholische Nachrichtenbüro „Katholike Wereld Pers" im niederländischen Breda unter einem Decknamen illegale Berichte über die nationalsozialistische Politik gegenüber der katholischen Kirche anfertigte. Diese Tätigkeit war der Grund für Heinens Verhaftung im Februar 1941. Über ein Gewahrsam im Aachener Polizeipräsidium und das Aachener Untersuchungsgefängnis „Muhlenhöhe" sowie das Berliner Polizeigefängnis am Alexanderplatz kam er 1942 als politischer Häftling in das Konzentrationslager Sachsenhausen, in dem er mit Glück das Ende des Naziterrors im Mai 1945 überlebte.
Die Erfahrungen von Widerstand und Haft im Nationalsozialismus beeinflussten seine weitere politische Einstellung nachhaltig, was sich unter anderem in seinem pressepolitischen Engagement der Nachkriegszeit wie in seinem aktiven Eintreten für die Aufklärung der bundesdeutschen Öffentlichkeit über die nationalsozialistischen Verbrechen niederschlug.
Nach seiner Rückkehr ins Rheinland schaltete sich Heinen 1945 sofort in den Wiederaufbau der späteren Bundesrepublik ein, zunächst als Landrat im Kreis Monschau. Mit anderen zusammen gründete Heinen in Düren die CDP/CDU und trug mit Stolz auf der Mitgliedsliste die Nummer 1. In den 1950er Jahren engagierte er sich als Vorsteher des damaligen Wasserverbandes Schwammenauel für den Ausbau der Rurtalsperre zur seinerzeit größten Talsperre der Bundesrepublik Deutschland. Noch immer schmückt ein bronzenes Konterfei Reinhold Heinens die Staumauer bei Schwammenauel.
Seine wichtigste öffentliche Funktion im Nachkriegsdeutschland übernahm er 1946 als Hauptlizenzträger der „Kölnischen Rundschau", die er als Verleger und vorübergehend auch als Chefredakteur – nicht ohne Dissens mit der Kölner CDU und Konrad Adenauer – zu einem christlich-demokratischen, aber wirtschaftlich und politisch parteiunabhängigen Blatt formte.
Im Jahre 1964 bedankte sich Konrad Adenauer an Heinens 70. Geburtstag ausdrücklich „als Kölner" für die Arbeit, die Heinen „durch sein Blatt, die ‚Kölnische Rundschau’, geleistet hat". Weiterhin bezeichnete er Heinen „als einen Mann …, der seinem einmal erkannten politischen Weg unbeirrt, folgerichtig und unter großen persönlichen Opfern treu blieb." Für Adenauer war Heinen „ein Vollblutpolitiker, und zwar in seiner ausgeprägten rheinischen Eigenart." (Kölnische Rundschau, 7.1.1964).
Reinhold Heinen starb am 23.7.1969 in Heimbach.
Werke (Auswahl)
Die Fraktion im Gemeindeparlament, 2. Auflage, Köln 1926.
Zerkall in der Eifel. Bild der Landschaft, Geschichte, Sage, hg. zusammen mit Armin Renker, Düren 1936.
Literatur
Heider, Hans (Hg.), Reinhold Heinen. Der Gründer und sein Lebenswerk. Köln 1996.
Moltmann, Rainer, Reinhold Heinen (1894-1969). Ein christlicher Politiker, Journalist und Verleger, Düsseldorf 2005.
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Moltmann, Rainer, Reinhold Heinen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/reinhold-heinen/DE-2086/lido/57c8296d8e5368.27403945 (abgerufen am 03.05.2024)