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Konrad von Hochstaden prägte beinahe ein Vierteljahrhundert lang die Politik im Erzstift wie Erzbistum Köln. Trotz verwandtschaftlicher Beziehungen zum staufischen Herrscherhaus zählte er zu den entschiedensten Vertretern der propäpstlichen, antistaufischen Opposition im Reich. Er war maßgeblich an der Wahl Heinrich Raspes zum König (Gegenkönig 1246/ 1247) beteiligt und agierte als der eigentliche Königsmacher bei den Wahlen Wilhelms von Holland (Gegenkönig 1248-1254, Regierungszeit 1254-1256) und Richards von Cornwall (Regierungszeit 1257-1272). Sein Episkopat bezeichnet einen Höhepunkt kölnischer Machtentfaltung.
Konrad wurde um 1200 als zweiter Sohn des Grafen Lothar I. von Are-Hochstaden (gestorben 1222) und seiner Gemahlin Mathilde von Vianden geboren. Sein älterer Bruder Lothar (gestorben 1243) erbte die Grafschaft; Konrad schlug die geistliche Laufbahn ein. Er besuchte vermutlich die Domschule in Köln und studierte in Paris. Sein Bruder übertrug ihm bereits 1216 die Pfarrei Wevelinghoven. 1226 ist Konrad als Kölner Domkanoniker bezeugt, und seit etwa 1232 stand er dem Kölner Stift St. Mariengraden als Propst vor. Als das Domkapitel mit dem amtierenden Propst Konrad von Büren um 1233/ 1234 in Streit geriet, wählte ihn ein Teil des Kapitels zu dessen Nachfolger. Da Konrad von Büren sich nicht verdrängen ließ, kam es zu heftigen, ja sogar handgreiflichen Auseinandersetzungen, in deren Folge Konrad von Hochstaden 1237 von Papst Gregor IX. (Pontifikat 1227-1241) exkommuniziert wurde. Der Streit schwelte noch, als der Kölner Erzbischof Heinrich I. von Müllenark am 26.3.1238 starb. Im darauf folgenden Monat wurde Konrad – obwohl exkommuniziert – auf Betreiben des Domkapitels zum Kölner Erzbischof gewählt.
Nach seiner Wahl zog Konrad an den kaiserlichen Hof nach Brescia, wo ihm Kaiser Friedrich II. (Regierungszeit 1220-1250) Anfang August 1238 die Regalien übertrug. Konrad folgte damit zunächst der prostaufischen Tradition seiner Familie. Bereits im Frühjahr 1239 reiste er abermals nach Italien, diesmal jedoch an die Kurie nach Rom. Dort konnte er im April seine Lösung vom Kirchenbann und die Anerkennung seiner Bischofswahl durch Papst Gregor IX. (Pontifikat 1227-1241) erreichen. Es war dies ein diplomatisches Meisterstück, das freilich mit einem folgenschweren Wechsel in das päpstliche Lager verbunden war. In Köln weihte ihn Bischof Ludolf von Münster (Episkopat 1226-1247) im Oktober 1239 zunächst zum Priester, dann zum Bischof. Bedingt durch den Tod Gregors IX. und die lange Sedisvakanz erhielt er erst Ende Mai 1244 von Papst Innozenz IV. (Pontifikat 1243-1254) das Pallium.
Konrad förderte im Bündnis mit dem Mainzer Erzbischof Siegfried III. (Episkopat 1230-1249) nachdrücklich die Position des Papstes im Deutschen Reich. Als dieser in Lyon im Juli 1245 das Absetzungsdekret über Friedrich II. aussprach, hatte Konrad maßgeblichen Anteil an der Wahl des thüringischen Landgrafen Heinrich Raspe zum König der antistaufischen Partei. Nach dessen Tod wurde er der eigentliche Königsmacher bei der Wahl des Grafen Wilhelm von Holland am 3.10.1247 in Worringen. Konrad war die führende Person im päpstlichen Lager, so dass Volk und Klerus von Mainz ihn sich als Nachfolger des am 9.3.1249 verstorbenen Erzbischof Siegfried wünschten. Doch stimmte der Papst dem nicht zu; stattdessen ernannte er Konrad zum päpstlichen Legaten. Konrads Einfluss auf Wilhelm von Holland schwand, als dieser spätestens nach dem Tod Kaiser Friedrichs II. im Dezember 1250 wachsende Zustimmung und breite Anerkennung fand. Die Gefangennahme des Paderborner Bischofs durch den Erzbischof entzweite die beiden.
Der König traf in Begleitung des päpstlichen Legaten Petrus Capocci Anfang 1255 mit Konrad in Neuss zusammen, um über die Freilassung zu beraten. Die Verhandlungen waren festgefahren, als die Unterkunft des Königs und des Legaten Feuer fing und beide sich nur mit Not retten konnten. An Konrad blieb der Verdacht hängen, es habe sich um einen von ihm angezettelten Anschlag gehandelt.
Den direkten Zusammenstoß zwischen Erzbischof und König verhinderte vermutlich nur der Tod Wilhelms im Kampf gegen die Friesen Anfang 1256. Bei der Wahl seines Nachfolgers Richard von Cornwall 1257 war Konrad wiederum die treibende Kraft. Der Landfremde war noch stärker als sein Vorgänger auf Konrad angewiesen. Als er 1258 nach England zurückkehrte, ernannt er Konrad sogar zum Reichsvikar im Nordwesten des Reiches und betraute ihn 1260 mit der Investitur der Bischöfe. Konrads Engagement in der Reichspolitik wirkte sich auch auf sein Verhältnis zum Territorialadel aus. Bereits 1239 bildete sich eine adelige Opposition, die vom Grafen von Sayn und vom Herzog von Limburg-Berg ausging, sich bald aber auf andere Große wie den Grafen von Jülich und den Herzog von Brabant sowie deren Verbündete ausdehnte. Ursache waren der Frontwechsel Konrads ins päpstliche Lager, aber auch Unabhängigkeitsbestrebungen des Territorialadels gegenüber dem Kölner Erzbischof. Die kriegerischen Auseinandersetzungen zogen sich über Jahre hin und flammten immer wieder auf. Im Februar 1242 wurde Konrad bei Lechenich von Leuten des Grafen Wilhelm IV. von Jülich (Regierungszeit 1225-1278) sogar gefangen genommen und auf der Burg Nideggen neun Monate festgehalten. Doch wurde er bezeichnenderweise nicht an die Staufer ausgeliefert, sondern gegen einige territorialpolitische Zugeständnisse wieder freigelassen. Durch Siege über seine rheinischen und westfälischen Gegner wurde Konrad noch einmal Herr dieser rebellio nobilium terre. Er hatte es verstanden, die Ausformung und Sicherung seines weltlichen Herrschaftsraums mit militärischen Mitteln zu verwirklichen und damit die Machtstellung des Erzstifts deutlich zu stärken. Es kam zu Einigungen mit Berg, Jülich, Kleve, Geldern, Limburg und Brabant. Ein Landfriedensbündnis sicherte 1259 den Status quo im kölnischen Interesse.
Konrads Verhältnis zur Stadt Köln, seiner bevorzugten Residenz, war anfangs gut gewesen. Doch da Köln staufisch gesinnt blieb, trat mit seinem Wechsel ins päpstliche Lager ein Wandel ein. 1252 kam es wegen des erzbischöflichen Münzprägerechts zum ersten offenen Konflikt, der durch ein Schiedsgericht beigelegt wurde. 1257 schlossen sich gar Kriegshandlungen an, die durch den von Albertus Magnus vermittelten „Großen Schied" überwunden wurden. In deren Folge suchte sich Konrad nun gegen die Stadt durchzusetzen, indem er sich mit den Zünften gegen die Patrizier verband. In Unruhen, die 1260 ausbrachen, unterlagen die Patrizier und Konrad setzte sich mit sichtbarem Erfolg durch.
Konrad unterstützte den inneren Ausbau des Territoriums durch Verleihung von Stadtrechten für Bonn (1244), Dorsten (1251), Vreden (1252) und Uerdingen (1255) sowie durch zahlreiche andere Städteprivilegien. Außerdem sorgte er für den Schutz der Bevölkerung durch Befestigung der Städte und die Verstärkung und Errichtung von Burgen (Aspel, Godesburg, Ringenberg, Kuchenheim). Durch zwei wichtige Erwerbungen konnte er das Erzstift territorial stärken: Nach dem Tod seines Neffen Dietrich, des letzten Angehörigen weltlichen Standes, übertrug er sein Familienerbe 1246 dem Erzstift (Hochstadensche Schenkung). Dieser Zuwachs wurde wenig später noch durch den Erwerb der Grafschaft Sayn ausgebaut.
Über Konrads persönliche Frömmigkeit ist wenig bekannt. Mit seinem Namen ist die Grundsteinlegung des schon länger geplanten Neubaus des Kölner Doms am 15.8.1248 verbunden. Seinen geistlichen Amtspflichten kam Konrad auch durch Beauftragte nach. In seinem Episkopat trat erstmals das Amt des Offizials auf, der die Gerichtsaufgaben für den Erzbischof erfüllte. Konrad sorgte sich um die Zisterzienserinnenklöster im Erzbistum, deren Inkorporation in den Orden er unterstützte; ähnlich förderte er die Beginen. Missständen versuchte er durch Visitationen und ein Provinzialkapitel 1261 zu begegnen.
Konrad von Hochstaden starb am 18.9.1261 in Köln. Er wurde im Kölner Dom beigesetzt. Bei seinem Tod schien die Machtstellung des Kölner Erzbischofs gegenüber Reich, territorialen Konkurrenten und der Stadt Köln gefestigt. Von langer Dauer war sie nicht.
Seit 1991 erinnert eine Statue im Figurenprogramm des Kölner Rathausturmes (Bildhauer: Rainer Walk) an Konrad von Hochstaden.
Quellen
Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Band 3,1, bearbeitet von Richard Knipping, Bonn 1909, Nachdruck Düsseldorf 1985.
Literatur (Auswahl)
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Groll, Karin, Artikel "Konrad von Hochstaden", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 4 (1992), Sp. 295-396.
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Prößler, Robert, Das Erzstift Köln in der Zeit des Erzbischofs Konrad von Hochstaden. Organisatorische und wirtschaftliche Grundlagen in den Jahren 1238-1261, Köln 1997.
Strauch, Dieter, Der Große Schied von 1258. Erzbischof und Bürger im Kampf um die Kölner Stadtverfassung, Köln/Weimar/Wien 2008.
Wisplinghoff, Erich, Konrad von Hochstaden, Erzbischof von Köln (1205-1261), in: Rheinische Lebensbilder 2 (1966), S. 7-24.
Online
Hardering, Klaus, Grabmal Konrad von Hochstaden(Information auf der Website des Kölner Doms). [Online]
Stehkämper, Hugo, Artikel "Konrad von Hochstaden", in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 506-507. [Online]
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Brunsch, Swen Holger, Konrad von Hochstaden, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/konrad-von-hochstaden/DE-2086/lido/57c938272cd249.04014448 (abgerufen am 10.12.2024)