Albero von Montreuil

Erzbischof von Trier (1132-1152)

Jörg R. Müller (Trier)

Erzbischof Albero von Trier, kolorierte  Zeichnung, 2. Hälfte 12. Jahrhundert. (Stadtbibliothek Trier)

Al­be­ro von Mon­treuil zählt zu den her­aus­ra­gen­den Trie­rer Me­tro­po­li­ten des Mit­tel­al­ters. Sei­ne Be­deu­tung grün­det sich vor al­lem auf sei­ne zu­kunfts­wei­sen­de Ter­ri­to­ri­al­po­li­tik und die Aus­brei­tung kirch­lich-re­li­giö­ser Re­for­men im Erz­bis­tum Trier. 

Al­be­ro von Mon­treuil wur­de wohl in den frü­hen acht­zi­ger Jah­ren des 11. Jahr­hun­derts als Sohn des loth­rin­gi­schen Nie­de­rad­li­gen Ger­hard von Thi­court (und Mon­treuil) ge­bo­ren. Be­reits als Met­zer Ar­ch­idia­kon hat­te er seit 1115 an der Spit­ze der Op­po­si­ti­on ge­gen den kai­ser­treu­en Met­zer Bi­schof Adal­be­ro IV. (Epis­ko­pat 1097-1120) ei­ne weit über das Reichs­ge­biet hin­aus­rei­chen­de Be­kannt­heit er­langt und sich ho­he per­sön­li­che Ver­diens­te er­wor­ben, die sei­ne kirch­li­che Lauf­bahn er­heb­lich för­der­ten. Die­se führ­te ihn über die Er­lan­gung be­deu­ten­der kirch­li­cher Äm­ter und Pfrün­den in den Trie­rer Suf­frag­an­bis­tü­mern Metz und Toul in den zwan­zi­ger Jah­ren des 12. Jahr­hun­derts (un­ter an­de­rem Pri­mi­ce­ri­us in Metz, Gro­ß­ar­ch­idia­kon in Toul) schlie­ß­lich im Jah­re 1132 auf den Trie­rer Erz­bi­schofs­stuhl. 

Ob­gleich nur von ei­ner Min­der­heit des Trie­rer Kle­rus ge­gen den Wi­der­stand vor al­lem lai­ka­ler Krei­se zum Erz­bi­schof ge­wählt, ge­lang es Al­be­ro bin­nen re­la­tiv kur­zer Zeit, sei­ne Po­si­ti­on zu sta­bi­li­sie­ren und die in den Wir­ren des In­ves­ti­tur­streits zer­rüt­te­te Trie­rer Kir­che zu kon­so­li­die­ren. Be­reits kurz nach sei­nem Amts­an­tritt be­müh­te er sich er­folg­reich um den Rück­erwerb ent­frem­de­ter und ver­pfän­de­ter Gü­ter, wo­bei er das „erz­stif­ti­sche Ar­chiv" sys­te­ma­tisch nach Be­sitz­ti­teln der Trie­rer Kir­che durch­fors­ten und ein Ko­pi­ar mit aus­ge­wähl­ten Ab­schrif­ten über­wie­gend kö­nig­li­cher und päpst­li­cher Rechts­ver­lei­hun­gen und Be­sitz­be­stä­ti­gun­gen an­fer­ti­gen ließ. Al­be­ro schuf ei­ne ef­fi­zi­en­te Ver­wal­tung, wo­zu er vor al­lem auf Kle­ri­ker der städ­ti­schen Kol­le­gi­at­stif­te zu­rück­griff. Nach­dem der zu Be­ginn sei­nes Epis­ko­pats ge­gen ihn op­po­nie­ren­de Füh­rer der erz­bi­schöf­li­chen Mi­nis­te­ria­li­tät, Burg­graf Lud­wig de Pon­te (ge­stor­ben zwi­schen 1138 und 1140), sei­nen Wi­der­stand auf­ge­ge­ben hat­te, konn­te Al­be­ro sich auch auf die von ihm re­or­ga­ni­sier­te Dienst­mann­schaft bei der Aus­übung sei­ner Herr­schaft in der Ka­the­dral­stadt und im Erz­stift stüt­zen. 

Der erz­bi­schöf­li­che Hof ent­wi­ckel­te sich zu ei­nem be­deu­ten­den Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Herr­schafts­zen­trum. So wur­den die häu­fig ab­ge­hal­te­nen Diö­ze­san- und Pro­vin­zi­al­syn­oden auch von zahl­rei­chen welt­li­chen Herr­schafts­trä­gern be­sucht. Dies gilt in be­son­de­rem Ma­ße für die drei loth­rin­gi­schen Suf­frag­an­bis­tü­mer Triers, zu de­nen Al­be­ro zeit­le­bens en­ge Ver­bin­dun­gen pfleg­te. Durch die en­ge Ein­bin­dung sei­ner loth­rin­gi­schen Suf­fra­ga­ne in sei­ne kir­chen­po­li­ti­schen Ak­ti­vi­tä­ten stärk­te der ge­bür­ti­ge Ro­ma­ne sei­ne Me­tro­po­litan­ge­walt ent­schei­dend. Auch mi­li­tä­risch griff Al­be­ro zu­wei­len auf ober­loth­rin­gi­sche Kon­tin­gen­te zu­rück. An sei­nem Hof um­gab sich der ge­bil­de­te Trie­rer Erz­bi­schof be­vor­zugt mit Ro­ma­nen, dar­un­ter be­kann­te Ge­lehr­te, mit de­nen er sich in kom­ple­xen wis­sen­schaft­li­chen Dis­kus­sio­nen über theo­lo­gi­sche Fra­ge­stel­lun­gen er­ging. 

Bei sei­ner in­ten­siv be­trie­be­nen Ter­ri­to­ri­al­po­li­tik stütz­te sich Al­be­ro mehr als je­der Trie­rer Erz­bi­schof zu­vor ge­zielt auf die Er­rich­tung und den Er­werb von Bur­gen und be­fes­tig­ten Plät­zen, ins­be­son­de­re aber auf geist­li­che In­sti­tu­tio­nen. Al­be­ros re­li­giö­se Re­form­vor­stel­lun­gen be­güns­tig­ten die Nie­der­las­sung und Aus­brei­tung neu­er Or­den und Kon­gre­ga­tio­nen im Erz­bis­tum Trier, de­nen er mög­lichst güns­ti­ge An­sied­lungs- und Ent­wick­lungs­be­din­gun­gen zu ver­schaf­fen such­te. Da­mit in­ten­dier­te er nicht nur die In­ten­si­vie­rung und Di­ver­si­fi­zie­rung des re­li­giö­sen Le­bens im Erz­bis­tum, son­dern auch die herr­schaft­li­che Durch­drin­gung des Rau­mes, in­dem er die Rech­te der zu­meist lai­ka­len Klos­ter- und Stifts­grün­der wei­test­ge­hend zu­guns­ten des Erz­stifts be­schränk­te. Her­vor­zu­he­ben sind hier die für seel­sor­ge­ri­sche Auf­ga­ben ge­ra­de­zu prä­des­ti­nier­ten Prä­mons­tra­ten­ser und die Re­gu­lar­ka­no­ni­ker von Sprin­giers­bach; letz­te­re al­ler­dings erst nach der suk­zes­si­ven Zu­rück­drän­gung des Ein­flus­ses Pfalz­graf Wil­helms von Bal­len­stedt (Amts­zeit cir­ca 1126-1140) auf das im Um­feld sei­nes Herr­schafts­zen­trums Co­chem ge­le­ge­ne erz­stif­ti­sche Au­gus­ti­ner­chor­her­ren­stift. Mit der nicht zu­letzt auf Al­be­ros Druck in den 1140er Jah­ren er­folg­ten Ver­la­ge­rung des pfalz­gräf­li­chen Schwer­punk­tes an den Mit­tel­rhein war der schärfs­te ter­ri­to­ri­al­po­li­ti­sche Kon­kur­rent des Trie­rer Erz­bi­schofs zwi­schen den bei­den erz­stif­ti­schen Zen­tren Trier und Ko­blenz na­he­zu aus­ge­schal­tet und als lang­fris­ti­ges Ziel erz­bi­schöf­li­cher Ter­ri­to­ri­al­po­li­tik die Ver­ei­ni­gung der um die bei­den Städ­te ge­le­ge­nen Herr­schafts­kom­ple­xe ge­wis­ser­ma­ßen vor­ge­zeich­net.

Ein wei­te­rer ter­ri­to­ri­al­po­li­ti­scher Geg­ner Al­be­ros war Graf Hein­rich IV. von Lu­xem­burg und Na­mur (Re­gie­rungs­zeit 1136–1196). Die­ser hat­te ne­ben sei­nen zahl­rei­chen ei­ge­nen Be­sit­zun­gen in der süd­li­chen und öst­li­chen Ei­fel über sein Amt als Vogt der Reichs­ab­tei St. Ma­xi­min sei­nen Ein­fluss­be­reich bis un­mit­tel­bar vor die Stadt Trier aus­ge­dehnt. Da Al­be­ro den erz­stif­ti­schen Be­sit­z­ur­kun­den ent­nom­men hat­te, dass die Be­ne­dik­ti­ner­ab­tei einst zum Trie­rer Bi­schofs­gut ge­hört hat­te, be­ab­sich­tig­te er, die­sen recht­li­chen Sta­tus wie­der­her­zu­stel­len. Hin­zu kam noch die be­harr­li­che Wei­ge­rung der vom Lu­xem­bur­ger Gra­fen ge­stütz­ten St. Ma­xi­mi­ner Mön­che, sich ei­ner vom Erz­bi­schof ge­for­der­ten Re­form des Kon­vents zu un­ter­zie­hen. Wäh­rend Al­be­ros di­plo­ma­ti­sche Be­mü­hun­gen bis 1139 kei­ne Er­fol­ge zei­tig­ten, er­hielt er in die­sem Jahr als Dank für sei­ne ma­ß­geb­li­che Rol­le bei der Kö­nigs­wahl Kon­rads III. (Re­gie­rungs­zeit 1138-1152) von die­sem die Reichs­ab­tei zu­ge­spro­chen. 

Nach­dem Ver­su­che Graf Hein­richs, die Ku­rie in dem Streit ge­gen den 1137 von Papst In­no­zenz II. (Pon­ti­fi­kat 1130-1143) zum päpst­li­chen Le­ga­ten er­nann­ten Trie­rer Erz­bi­schof ein­zu­neh­men, fehl­ge­schla­gen wa­ren, ent­spann sich 1141 ei­ne fast sechs Jah­re an­dau­ern­de Feh­de, die das Erz­stift und die Graf­schaft Lu­xem­burg stark in Mit­lei­den­schaft zog. Hein­rich muss­te schlie­ß­lich ge­gen­über dem sieg­rei­chen Erz­bi­schof den Lehn­seid er­neu­ern und auf ei­ni­ge erz­stif­ti­sche Le­hen ver­zich­ten. St. Ma­xi­min wur­de eben­so wie wei­te­re Be­ne­dik­ti­ner­k­lös­ter nach jung­clu­ni­a­cen­sisch-hirsaui­schem Vor­bild re­for­miert. 

Bald nach Ab­schluss der St. Ma­xi­mi­ner Feh­de, in de­ren Ver­lauf Erz­bi­schof und Trie­rer Bür­ger­schaft un­ter dem la­ten­ten Druck mi­li­tä­ri­scher Be­dro­hung ge­mein­sam die von Erz­bi­schof Bru­no (Epis­ko­pat 1102-1124) be­gon­ne­ne mit­tel­al­ter­li­che Stadt­mau­er voll­endet hat­ten, be­such­te Papst Eu­gen III. (Pon­ti­fi­kat 1145-1153) die Mo­sel­me­tro­po­le. Der drei­mo­na­ti­ge Auf­ent­halt des Paps­tes in Trier bil­de­te ei­nen Hö­he­punkt in Al­be­ros Epis­ko­pat. 

Nach sei­nem Tod am 18.1.1152 wur­de Al­be­ro im Trie­rer Dom be­stat­tet. Sein Herz wur­de in dem von ihm ge­grün­de­ten und be­son­ders ge­för­der­ten Zis­ter­zi­en­ser­klos­ter Him­merod bei­ge­setzt. 

Zu den Al­be­ro eng ver­bun­de­nen Per­so­nen in­ner­halb sei­nes weit ge­spann­ten Be­zie­hungs­ge­fü­ges ge­hör­ten mit Bern­hard von Clairvaux (1090-1153) un­d Nor­bert von Xan­ten auch die her­aus­ra­gen­den Re­prä­sen­tan­ten des Zis­ter­zi­en­ser- und des Prä­mons­tra­ten­ser­or­dens. 

In der Per­son des Trie­rer Erz­bi­schofs Al­be­ro ver­ei­nig­ten sich in be­son­de­rer Wei­se tie­fe Fröm­mig­keit, kirch­li­ches Re­form­stre­ben und die Ver­ant­wor­tung für den Er­halt be­zie­hungs­wei­se den Aus­bau der öko­no­misch-ma­te­ri­el­len Grund­la­gen sei­ner Bi­schofs­kir­che un­ter den ver­än­der­ten po­li­tisch-ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­din­gun­gen des 12. Jahr­hun­derts. 

Literatur

Mül­ler, Jörg R., Vir re­li­gio­sus ac stre­nuus. Al­be­ro von Mon­treuil, Erz­bi­schof von Trier (1132-1152), Trier 2006.
Bautz, Fried­rich Wil­helm, Ar­ti­kel "Al­be­ro von Mon­treuil", in: Bio­gra­phisch-Bi­blio­gra­phi­sches Kir­chen­le­xi­kon 1 (1990), Sp. 79.

Online

Con­rad, Joa­chim, Mon­treuil, Adal­be­ro von, in: Saar­län­di­sche Bio­gra­fi­en On­line. [On­line]
Zim­mer, Ni­ko­laus, Ar­ti­kel "Al­be­ro", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 1 (1953), S. 124. [On­line]

 
Zitationshinweis

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Müller, Jörg R., Albero von Montreuil, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/albero-von-montreuil/DE-2086/lido/57a9dd1f51ca11.67005488 (abgerufen am 05.10.2024)