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Albero von Montreuil zählt zu den herausragenden Trierer Metropoliten des Mittelalters. Seine Bedeutung gründet sich vor allem auf seine zukunftsweisende Territorialpolitik und die Ausbreitung kirchlich-religiöser Reformen im Erzbistum Trier.
Albero von Montreuil wurde wohl in den frühen achtziger Jahren des 11. Jahrhunderts als Sohn des lothringischen Niederadligen Gerhard von Thicourt (und Montreuil) geboren. Bereits als Metzer Archidiakon hatte er seit 1115 an der Spitze der Opposition gegen den kaisertreuen Metzer Bischof Adalbero IV. (Episkopat 1097-1120) eine weit über das Reichsgebiet hinausreichende Bekanntheit erlangt und sich hohe persönliche Verdienste erworben, die seine kirchliche Laufbahn erheblich förderten. Diese führte ihn über die Erlangung bedeutender kirchlicher Ämter und Pfründen in den Trierer Suffraganbistümern Metz und Toul in den zwanziger Jahren des 12. Jahrhunderts (unter anderem Primicerius in Metz, Großarchidiakon in Toul) schließlich im Jahre 1132 auf den Trierer Erzbischofsstuhl.
Obgleich nur von einer Minderheit des Trierer Klerus gegen den Widerstand vor allem laikaler Kreise zum Erzbischof gewählt, gelang es Albero binnen relativ kurzer Zeit, seine Position zu stabilisieren und die in den Wirren des Investiturstreits zerrüttete Trierer Kirche zu konsolidieren. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt bemühte er sich erfolgreich um den Rückerwerb entfremdeter und verpfändeter Güter, wobei er das „erzstiftische Archiv" systematisch nach Besitztiteln der Trierer Kirche durchforsten und ein Kopiar mit ausgewählten Abschriften überwiegend königlicher und päpstlicher Rechtsverleihungen und Besitzbestätigungen anfertigen ließ. Albero schuf eine effiziente Verwaltung, wozu er vor allem auf Kleriker der städtischen Kollegiatstifte zurückgriff. Nachdem der zu Beginn seines Episkopats gegen ihn opponierende Führer der erzbischöflichen Ministerialität, Burggraf Ludwig de Ponte (gestorben zwischen 1138 und 1140), seinen Widerstand aufgegeben hatte, konnte Albero sich auch auf die von ihm reorganisierte Dienstmannschaft bei der Ausübung seiner Herrschaft in der Kathedralstadt und im Erzstift stützen.
Der erzbischöfliche Hof entwickelte sich zu einem bedeutenden Kommunikations- und Herrschaftszentrum. So wurden die häufig abgehaltenen Diözesan- und Provinzialsynoden auch von zahlreichen weltlichen Herrschaftsträgern besucht. Dies gilt in besonderem Maße für die drei lothringischen Suffraganbistümer Triers, zu denen Albero zeitlebens enge Verbindungen pflegte. Durch die enge Einbindung seiner lothringischen Suffragane in seine kirchenpolitischen Aktivitäten stärkte der gebürtige Romane seine Metropolitangewalt entscheidend. Auch militärisch griff Albero zuweilen auf oberlothringische Kontingente zurück. An seinem Hof umgab sich der gebildete Trierer Erzbischof bevorzugt mit Romanen, darunter bekannte Gelehrte, mit denen er sich in komplexen wissenschaftlichen Diskussionen über theologische Fragestellungen erging.
Bei seiner intensiv betriebenen Territorialpolitik stützte sich Albero mehr als jeder Trierer Erzbischof zuvor gezielt auf die Errichtung und den Erwerb von Burgen und befestigten Plätzen, insbesondere aber auf geistliche Institutionen. Alberos religiöse Reformvorstellungen begünstigten die Niederlassung und Ausbreitung neuer Orden und Kongregationen im Erzbistum Trier, denen er möglichst günstige Ansiedlungs- und Entwicklungsbedingungen zu verschaffen suchte. Damit intendierte er nicht nur die Intensivierung und Diversifizierung des religiösen Lebens im Erzbistum, sondern auch die herrschaftliche Durchdringung des Raumes, indem er die Rechte der zumeist laikalen Kloster- und Stiftsgründer weitestgehend zugunsten des Erzstifts beschränkte. Hervorzuheben sind hier die für seelsorgerische Aufgaben geradezu prädestinierten Prämonstratenser und die Regularkanoniker von Springiersbach; letztere allerdings erst nach der sukzessiven Zurückdrängung des Einflusses Pfalzgraf Wilhelms von Ballenstedt (Amtszeit circa 1126-1140) auf das im Umfeld seines Herrschaftszentrums Cochem gelegene erzstiftische Augustinerchorherrenstift. Mit der nicht zuletzt auf Alberos Druck in den 1140er Jahren erfolgten Verlagerung des pfalzgräflichen Schwerpunktes an den Mittelrhein war der schärfste territorialpolitische Konkurrent des Trierer Erzbischofs zwischen den beiden erzstiftischen Zentren Trier und Koblenz nahezu ausgeschaltet und als langfristiges Ziel erzbischöflicher Territorialpolitik die Vereinigung der um die beiden Städte gelegenen Herrschaftskomplexe gewissermaßen vorgezeichnet.
Ein weiterer territorialpolitischer Gegner Alberos war Graf Heinrich IV. von Luxemburg und Namur (Regierungszeit 1136–1196). Dieser hatte neben seinen zahlreichen eigenen Besitzungen in der südlichen und östlichen Eifel über sein Amt als Vogt der Reichsabtei St. Maximin seinen Einflussbereich bis unmittelbar vor die Stadt Trier ausgedehnt. Da Albero den erzstiftischen Besitzurkunden entnommen hatte, dass die Benediktinerabtei einst zum Trierer Bischofsgut gehört hatte, beabsichtigte er, diesen rechtlichen Status wiederherzustellen. Hinzu kam noch die beharrliche Weigerung der vom Luxemburger Grafen gestützten St. Maximiner Mönche, sich einer vom Erzbischof geforderten Reform des Konvents zu unterziehen. Während Alberos diplomatische Bemühungen bis 1139 keine Erfolge zeitigten, erhielt er in diesem Jahr als Dank für seine maßgebliche Rolle bei der Königswahl Konrads III. (Regierungszeit 1138-1152) von diesem die Reichsabtei zugesprochen.
Nachdem Versuche Graf Heinrichs, die Kurie in dem Streit gegen den 1137 von Papst Innozenz II. (Pontifikat 1130-1143) zum päpstlichen Legaten ernannten Trierer Erzbischof einzunehmen, fehlgeschlagen waren, entspann sich 1141 eine fast sechs Jahre andauernde Fehde, die das Erzstift und die Grafschaft Luxemburg stark in Mitleidenschaft zog. Heinrich musste schließlich gegenüber dem siegreichen Erzbischof den Lehnseid erneuern und auf einige erzstiftische Lehen verzichten. St. Maximin wurde ebenso wie weitere Benediktinerklöster nach jungcluniacensisch-hirsauischem Vorbild reformiert.
Bald nach Abschluss der St. Maximiner Fehde, in deren Verlauf Erzbischof und Trierer Bürgerschaft unter dem latenten Druck militärischer Bedrohung gemeinsam die von Erzbischof Bruno (Episkopat 1102-1124) begonnene mittelalterliche Stadtmauer vollendet hatten, besuchte Papst Eugen III. (Pontifikat 1145-1153) die Moselmetropole. Der dreimonatige Aufenthalt des Papstes in Trier bildete einen Höhepunkt in Alberos Episkopat.
Nach seinem Tod am 18.1.1152 wurde Albero im Trierer Dom bestattet. Sein Herz wurde in dem von ihm gegründeten und besonders geförderten Zisterzienserkloster Himmerod beigesetzt.
Zu den Albero eng verbundenen Personen innerhalb seines weit gespannten Beziehungsgefüges gehörten mit Bernhard von Clairvaux (1090-1153) und Norbert von Xanten auch die herausragenden Repräsentanten des Zisterzienser- und des Prämonstratenserordens.
In der Person des Trierer Erzbischofs Albero vereinigten sich in besonderer Weise tiefe Frömmigkeit, kirchliches Reformstreben und die Verantwortung für den Erhalt beziehungsweise den Ausbau der ökonomisch-materiellen Grundlagen seiner Bischofskirche unter den veränderten politisch-verfassungsrechtlichen Bedingungen des 12. Jahrhunderts.
Literatur
Müller, Jörg R., Vir religiosus ac strenuus. Albero von Montreuil, Erzbischof von Trier (1132-1152), Trier 2006.
Bautz, Friedrich Wilhelm, Artikel "Albero von Montreuil", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 1 (1990), Sp. 79.
Online
Conrad, Joachim, Montreuil, Adalbero von, in: Saarländische Biografien Online. [Online]
Zimmer, Nikolaus, Artikel "Albero", in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 124. [Online]
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Müller, Jörg R., Albero von Montreuil, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/albero-von-montreuil/DE-2086/lido/57a9dd1f51ca11.67005488 (abgerufen am 05.10.2024)