„… bisher zu Klagen keine Veranlassung“ Aspekte zur Geschichte der Kapuziner in Ehrenbreitstein zwischen Kulturkampf und Erstem Weltkrieg
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1. Einleitung
Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht in erster Linie nicht das pastorale Wirken der Kapuziner in Ehrenbreitstein und der umgebenden Rhein-Mosel-Region, sondern das Verhältnis der Ordensmitglieder zu den Vertretern der öffentlichen Verwaltung „vor Ort“, namentlich in Ehrenbreitstein, Koblenz und dem südlichen Rheinland[1]. Den zeitlichen Rahmen bilden der Kulturkampf in Preußen und der Erste Weltkrieg. In einem ersten Schritt werden die Kulturkämpfe auf nationaler und internationaler Ebene thematisiert, um die Geschehnisse in und um Ehrenbreitstein in den internationalen wie nationalen Kontext einzuordnen. Danach wird die Situation in Preußen und in der Rheinprovinz beziehungsweise im Bistum Trier betrachtet, um zuletzt die Kapuziner in Ehrenbreitstein in den Mittelpunkt zu rücken.
2. Der Begriff „Kulturkampf“ und die Kulturkämpfe in der internationalen Zusammenschau
Wenden wir uns zunächst dem Begriff des „Kulturkampfes“ zu: Dabei handelt es sich nicht – wie häufig zu lesen ist – um eine Wortneuschöpfung des freisinnigen Politikers und Arztes Rudolf Virchow (1821-1902), sondern der Begriff begegnet zum ersten Mal im Jahr 1840 in der schweizerischen „Zeitschrift für katholische Theologie“. Der in einer anonymen Buchbesprechung verwandte Begriff bezieht sich dort auf die übernationale Auseinandersetzung in der katholischen Kirche zwischen strengkirchlichen und modernistischen Kräften[2].
Im Fortgang des 19. Jahrhunderts kam es in verschiedenen Staaten zunehmend zu Konflikten, in welchen es im Kern um den Standpunkt und den Stellenwert der Religion – nicht allein, aber doch nicht zuletzt der katholischen – in der „Moderne“ ging. Diese „Kulturkämpfe“ stellten ein „konfessionen- wie nationenübergreifendes Phänomen“[3] dar, so dass sie sich in damals nahezu rein katholischen Staaten wie Brasilien, Mexiko, Spanien oder Italien genauso abspielten wie in konfessionell gemischten oder mehrheitlich nichtkatholischen Staatswesen, beispielsweise in Preußen, in der Schweiz oder in Japan[4]. Insofern handelt es sich bei „dem Kulturkampf“ tatsächlich nicht nur um ein „europäisches Phänomen“[5] – geschweige denn um ein rein deutsches –, sondern um ein geradezu weltweites, transkontinentales. Dem politischen Liberalismus ging es in erster Linie um eine Unterscheidung, wenn nicht um eine klare Trennung von Staat und Kirche beziehungsweise Religion, wobei letztere dem Staat untergeordnet und in den Bereich des Privaten verwiesen werden sollte. Gleichzeitig sollten öffentliche Einrichtungen wie die Schule von jeglichem kirchlichen Einfluss und kirchlicher Aufsicht befreit und die Welt des religiösen Glaubens durch den Glauben an Wissenschaft und (technischen) Fortschritt, durch „reines Vernunftdenken“ und Rationalisierung der Gesellschaft ersetzt werden[6].
Diesen in sich heterogenen Bestrebungen, die in ihrer Intensität und den gewählten Mitteln zum Teil erhebliche Unterschiede aufwiesen und zum Teil von zueinander in Gegnerschaft stehenden Protagonisten getragen wurden, stemmte sich die kirchliche Seite, insbesondere in ihrer strengkirchlichen Spielart, vehement entgegen. Strengkirchliche Kräfte, die man auch „Ultramontane“ nannte, siedelten die kirchliche über der staatlichen Autorität an, was vor allem für Fragen galt, die Bereiche des Glaubens und der Moral betrafen. Als Höhepunkt der kirchlichen Maßnahmen gilt der „Syllabus Errorum“, ein Verzeichnis von 80 Thesen zu den zehn „hauptsächlichsten Irrtümern unserer Zeit“, welches den katholischen Bischöfen mit der päpstlichen Enzyklika „Quanta cura“ im Jahr 1864 zugestellt wurde. Indem sich Papst Pius IX. (Pontifikat 1846-1878) in dieser Verlautbarung ausdrücklich gegen „Fortschritt“, „Liberalismus“ und „moderne Kultur“ stellte, bestätigte er in den Augen seiner Gegner das Bild einer rückwärtsgewandten, verknöcherten, dogmatisch-unbeweglichen und letztlich unzeitgemäßen Institution. Gleichzeitig trugen die staatlichen Maßnahmen, die nicht selten die Form von Repressionen annahmen, zu einer Modernisierung der kirchlichen Strukturen bei – man denke lediglich an das katholische Vereinswesen, katholische Arbeitervereine und Gewerkschaften, die katholische Presse oder ausdrücklich katholisch orientierte politische Parteien[7]. Für fast alle Vertreter der staatlich-liberalen Seite gilt im Zusammenhang mit den Kulturkämpfen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts letztlich, was Manuel Borutta in seiner Dissertation zum „Antikatholizismus“ des 19. Jahrhunderts überzeugend dargelegt hat: die Identifizierung von Fortschritt und Moderne mit einer gesamtgesellschaftlichen Säkularisierung[8]. Insbesondere die katholische Kirche galt vielen Liberalen als Inbegriff von Rückständigkeit, Reaktion, despotischer Theokratie und Kulturfeindlichkeit beziehungsweise Kulturunfähigkeit. Gleichermaßen statisch wie unzeitgemäß, war der Katholizismus in den Augen seiner Gegner die Versinnbildlichung der „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ – er rührte quasi aus einem anderen Zeitalter her[9].
3. Die Situation in den deutschen Staaten und in Preußen
Die kulturkämpferischen Maßnahmen im Deutschen Reich und in den einzelnen Mitgliedsstaaten hatten nicht im überwiegend protestantischen Preußen ihren Ausgang, sondern in den gemischtkonfessionellen beziehungsweise mehrheitlich katholischen Staaten Baden und Bayern, wo sich der Konflikt in erster Linie an der Schulgesetzgebung entzündete[10]. Auch im Ausland waren wesentlich früher antikirchliche Maßnahmen ergriffen worden. Dies war der Tatsache geschuldet, dass dort bereits früher liberale Politiker in die Regierungsverantwortung gelangt waren.
Auch ging der Kulturkampf in diesen Staaten nicht von konservativen Protestanten, sondern von Liberalen – zum Teil oder sogar überwiegend von liberalen Katholiken – aus. So verbot das nahezu rein katholische Piemont die katholischen Orden etwa zwei Jahrzehnte früher als das Königreich Preußen, und auch das Königreich Sardinien war Preußen in Sachen Antijesuitismus und Antimonastismus weit voraus[11]. Zwischen der Beilegung der Kölner Wirren 1841 und der Reichsgründung im Januar 1871 begegnete der preußische Staat der katholischen Kirche mit verhältnismäßig großer Nachsicht und Respekt, während die Liberalen seit den 1860er Jahren überwiegend einen stramm antiklerikalen Kurs einschlugen[12]. Auf die Dogmatisierung der päpstlichen Infallibilität durch das Erste Vatikanische Konzil reagierte Österreich mit der Aufkündigung des Konkordats von 1855, Bayern untersagte die Bekanntmachung des Konzilsbeschlusses von den Kanzeln, während Baden den Ergebnissen des Konzils keinerlei Rechtsverbindlichkeit beimaß. Dagegen verhielten sich Preußen und der Norddeutsche Bund dilatorisch, ja geradezu reserviert – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des einen Tag später beginnenden Deutsch-Französischen Krieges[13]. Insofern war es folgerichtig, dass sich in Preußen der Konflikt erst mit der Übernahme des Kultusministeriums durch den Liberalen Adalbert Falk im Jahr 1872 verschärfte. Bis dahin kann man die preußische Entwicklung durchaus als „verzögert“ bezeichnen, ab 1872 eskalierte dann jedoch auch in Preußen die Situation[14].
Allerdings standen sich bei all diesen Auseinandersetzungen keineswegs monolithische Blöcke gegenüber. Während auf staatlicher Seite auch Katholiken mitwirkten – prominentestes Beispiel ist vermutlich der spätere Reichskanzler Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst[15] –, verweigerte sich andererseits eine Minderheit der Liberalen den staatlichen Zwangsmaßnahmen, welche von ihr letztlich als illiberal empfunden wurden. So stimmten 14 Delegierte verschiedener liberaler Parteien am 25.11.1871 im Reichstag gegen den Gesetzesentwurf des so genannten „Kanzelparagraphen“, der den Geistlichen aller Konfessionen eine Äußerung in politischen Angelegenheiten unter Strafandrohung untersagte[16].
Auch das preußische Schulaufsichtsgesetz von 1872, das die geistliche Schulaufsicht zugunsten staatlicher Inspektoren beendete, war in erster Linie eine Sache der Liberalen, während konservative Christen beider Konfessionen gegen dieses gesetzgeberische Vorhaben Stellung bezogen, und somit, so Borutta, „gleich zu Beginn des preußischen Kulturkampfes die innerprotestantischen Bruchlinien des antikatholischen Konsenses und die religiösen Grenzen des liberalen Projekts der Säkularisierung“[17] zutage treten ließen.
Auf Reichsebene wurde auch die nationale Karte gespielt, das Schema der Lagereinteilung in „Reichsfreunde“ und „Reichsfeinde“ aufgreifend, wandte man die „Herrschaftstechnik der negativen Integration‘“ an[18]. Die kirchentreuen Katholiken wurden als einer fremden Macht hörig und als national unzuverlässig dargestellt. Im Verbund mit Vertretern ethnischer Minderheiten und mit den Sozialdemokraten bildeten sie die Feinde des neu geschaffenen Reiches, das es in den Augen der Herrschenden vor jenen zu bewahren galt. Der protestantisch-liberale preußische Historiker Heinrich von Treitschke (1834-1896) betrachtete den preußisch-deutschen Krieg[19] von 1866 als einen „deutschen ,Racenkrieg‘ gegen Jesuiten, Ultramontane und Slawen“[20] und das Deutsche Reich von 1871 als „preußisches Reich deutscher Nation“[21]. Hinzu kam, dass nach der Reichsgründung die liberale – oder genauer: die nationalliberale – Hegemonie mit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts für Männer bedroht schien[22], da den Stimmen des ländlich-katholischen Raumes, aber auch der katholischen Arbeiterschaft in den Städten nun mehr Gewicht zukam als bei den preußischen Wahlen, bei welchen weiterhin das Dreiklassenwahlrecht galt.
Gesellschaftliche Exklusionsmechanismen in Wissenschaft, Kultur und Journalismus hatten sich allerdings schon früher gegen die katholische Bevölkerung gewandt. Preußisch-protestantisch-kleindeutsche Historiker und Literaten wie Gustav Droysen (1808-1884), Heinrich von Sybel (1817-1891) und Heinrich von Treitschke hatten die Katholiken bereits vor Beginn des Kulturkampfes aus Geschichte und Literatur verbannt, und der protestantische Lexikograph Joseph Kürschner (1853-1902) kennzeichnete die katholischen Schriftsteller in seinem 1883 erschienenen „Allgemeinen Deutschen Literaturkalender“ mit einem „K“, während für Protestanten keine Kennzeichnung vorgesehen war[23].
Das hochkulturelle Bildungsgefälle zwischen protestantischem und katholischem Bevölkerungsteil war keine naturgesetzmäßige Notwendigkeit, sie bildete sich erst im Laufe des 19. Jahrhunderts heraus – bedingt durch die strukturellen Folgen der Säkularisation, der konfessionell bestimmten Definition von Bildung sowie der zunehmenden Popularität von als vormodern empfundenen Frömmigkeitsformen in nichtbürgerlichen Kreisen der katholischen Bevölkerung[24].
Als dem reichsweiten Verbot des Jesuitenordens von 1872 im Jahr 1875 ein allgemeines Ordensverbot – mit Ausnahme der in der Krankenpflege tätigen Gemeinschaften – in Preußen folgte, wurde dies mit verschiedenen Argumenten begründet: Die Orden seien einer fremden Macht – insbesondere Rom, alternativ auch Frankreich – zu blindem Gehorsam verpflichtet, die Klöster seien Pflanzstätten des Müßiggangs, der Unzucht, des Aberglaubens, des Verbrechens gar, zudem kulturfeindlich und in der Vielzahl der von ihnen ausgehenden negativen Auswüchse Krebsgeschwüren ähnlich. So führte der nationalliberale Abgeordnete Gregor Jung (1814-1886) in seinem Schlussplädoyer am 7.5.1875 im preußischen Landtag aus: „[…] wer heutzutage glaubt, seine Religion umher tragen zu müssen, und einen besondern Rock dafür nothwendig hält, wer die grotesken Gelübde ablegt, heerdenweise sich zusammen schaart und zuletzt einen Kadavergehorsam nach Rom schwört, dem ärgsten Feind unserer jungen Deutschen und Preußischen Herrlichkeit, den können wir in unserem Staate nicht brauchen. Darum sage ich: weg mit ihm so schnell wie möglich!“[25].
Dass sich die Ordensgemeinschaften nicht nur in Preußen Anfeindungen ausgesetzt sahen, zeigt die Reihe an antimonastischen Maßnahmen seit Mitte des 19. Jahrhunderts: In Italien kam es 1848 zu Ausschreitungen gegen die Jesuiten, während Piemont im selben Jahr den Jesuitenorden und 1855 die übrigen katholischen Orden per Gesetzesverbot in seinem Territorium beseitigte. Maßgeblich waren auch hier die „Imperative von Nation (Antijesuitismus), Kapitalismus und Biopolitik (Antimonastismus)“[26].
4. Die Situation in der Rheinprovinz und im Bistum Trier
Die Situation in der Rheinprovinz war in konfessioneller Hinsicht eine besondere, denn nur hier schlug sich die Provinzialkirche der altpreußischen Union im Kulturkampf auf die Seite des liberalen Kultusministers Adalbert Falk (1827-1900)[27]. Generell waren es eben nicht die Konservativen, die Bismarck und dem Kultusminister beisprangen, sondern gerade die Liberalen, die ihren die eigene Weltanschauung betreffenden „Unbedingtheitsanspruch“ durchgesetzt sehen wollten[28].
Schon im Vormärz, namentlich anlässlich der Trierer Heilig-Rock-Wallfahrt im Jahr 1844, war es zu Interventionen von protestantischer beziehungsweise liberaler Seite gekommen, die um Pathologisierung, Exotisierung, Enthistorisierung und Orientalisierung des katholischen Glaubens bemüht gewesen waren[29]. Die Wallfahrt, das mit etwa 500.000 Pilgern zwischen August und Oktober 1844 größte organisierte Massenereignis im deutschen Vormärz[30], galt Demokraten, Liberalen und Konstitutionellen gleichermaßen als Inbegriff katholischer Rückständigkeit. Ja, man glaubte – oder unterstellte dies zumindest –, der Katholizismus sei ins Mittelalter zurückgefallen[31]. Liberale Zeitungen forderten 1844 – wie während des Kulturkampfes im Jahr 1876 angesichts der Marpinger Marienerscheinungen – von den Katholiken „geistige ,Hygiene‘“ und die Rückkehr zur Zivilisation[32]. Neben den Anfeindungen von inoffizieller und offiziöser Seite trug auch die „unsensible Kirchenpolitik der preußischen Regierung“[33] dazu bei, dass sich im Laufe des 19. Jahrhunderts im Bistum Trier bei großen Teilen des katholischen Klerus und der katholischen Laien die strengkirchliche Richtung durchsetzte und sich die Menschen in hohem Maße mit ihrer Kirche identifizierten und solidarisierten.
Wie stark bereits zu Beginn des Kulturkampfes auch der politische Katholizismus in der Bevölkerung der Rheinprovinz – übrigens die bevölkerungsreichste der 13 preußischen Provinzen[34] – verankert war, zeigte sich nach der Reichsgründung vom 18.1.1871: Von den 35 rheinischen Reichstagsmandaten fielen 23 an die katholische Volkspartei, also an die nachmalige Zentrumspartei; in den Regierungsbezirken Koblenz und Trier waren es jeweils drei von insgesamt sechs Mandaten[35]. In der Bevölkerung der südlichen Rheinprovinz hatte die katholische Kirche demnach – auch in ihrer parteipolitischen Ausformung – einen großen Rückhalt, worauf sich die Vertreter der öffentlichen Verwaltung vor Ort einzustellen hatten.
Kommen wir zu den Auswirkungen des Kulturkampfes auf die katholische Kirche im südlichen Rheinland: Das Bistum Trier traf die Kulturkampfgesetzgebung „besonders heftig“, sie brachte eine mehrjährige Sedisvakanz mit sich. Erst fünf Jahre nach dem Tod des Bischofs Matthias Eberhard konnte im Jahr 1881 der aus dem Elsass stammende Michael Felix Korum dessen Nachfolge antreten. Der als strengkirchlich geltende Korum wurde „in Berlin misstrauisch beäugt[]“. Seine Amtsübernahme bedeutete dennoch einen „Hoffnungsschimmer für die Kirche an Rhein und Mosel“[36], denn die Situation im Bistum war nicht allzu komfortabel:
Der Kulturkampf führte zu einer Schließung des Priesterseminars in Trier zwischen den Jahren 1874 und 1886. Von den 822 Priestern im Bistum Trier wurden im Verlauf des Kulturkampfes 250 mit Geldstrafen belegt, mehr als 100 Geistliche wurden vorübergehend inhaftiert. Im Zeitraum zwischen 1875 und 1901 verließen 224 Trierer Geistliche das Bistum, so dass etwa im Januar 1883 229 Pfarrstellen vakant und somit mehr als 125.000 Katholiken ohne jegliche seelsorgerische Betreuung waren[37].
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass der Kanzelparagraph im Rheinland in erster Linie nach dem Kulturkampf Anwendung fand, was ein Indiz für die These zu sein scheint, dass – so Manuel Borutta in Anlehnung an Ronald Ross – „die preußischen Behörden auf eine strikte Strafverfolgung verzichteten, um sich bei den Katholiken nicht noch unbeliebter zu machen“[38].
Helmut Rönz hat dies anschaulich an dem Fallbeispiel des in der Diözese Trier gelegenen Eifeldorfes Wiesbaum bei Daun illustriert. Auch hier gilt, so Rönz, für die lokale beziehungsweise regionale Administration die Feststellung: „Den Behörden vor Ort war nicht an einer fortwährenden Eskalation gelegen“[39]. Hierin unterschieden sich die nachgeordneten Instanzen der öffentlichen Verwaltung wahrnehmbar von Ihren vorgesetzten Behörden in Berlin, die eine politische Zielvorgabe ins Auge gefasst hatten: „Die örtlichen Behörden waren für den politischen Kampf nicht geeignet, denn viel zu sehr dachten sie in den Kategorien von Ruhe, Sicherheit und Ordnung und zogen der politischen Auseinandersetzung einen aus Berliner Sicht faulen Frieden vor“[40].
Wir werden sehen, ob sich dieses Bild anhand der Quellen auf die Situation der Kapuziner in Ehrenbreitstein übertragen lässt.
5. Die Kapuziner in Ehrenbreitstein
Am 29.6.1861 waren die Kapuziner, die mit Dekret vom 30.1.1813 von der nassauischen Regierung unter Friedrich Wilhelm zu Nassau-Weilburg vertrieben worden waren[41], nach Ehrenbreitstein zurückgekehrt und hatten auf Betreiben des Pfarrers von Ehrenbreitstein, Hubert Piesbach (Pfarrer 1860–1878), als Hilfsgeistliche des katholischen Pfarramts die Sorge für die Feier des Gottesdienstes und Teile der Seelsorge übernommen[42]. Kurz vor der Wiederkehr der Kapuziner, am 17.6.1861, schrieb Piesbach an den Provinzial der Kapuziner zu Mainz[43], Pater Irenaeus Koffler: „Von Seiten der Regierung ist – nach Aussage der Regierungsräthe Halm[44] und Henrich – Nichts zu besorgen; sie wird sich nicht um Sie kümmern. Gott Dank, dass wir so weit sind“[45]. Die „bärtigen Gestalten aus Tirol, deren Charakter und Sprache so schön mit dem schlichten Ordensgewande harmonierten“, wie der Provinzialarchivar Jahrzehnte später schreibt, waren nicht nur in Kirche, Schule und Krankenfürsorge tätig, sondern sie „leisteten […] in der ganzen Umgegend Aushülfen und hielten an sehr vielen Orten Missionen und Exerzitien ab“[46].
Mit Schreiben vom 28.3.1874 erkundigte sich der Bürgermeister von Ehrenbreitstein, von Eyß, bei Pfarrer Piesbach, „ob jeder der hier befindlichen Ordensgeistlichen vor Eintritt der Rechtskraft des Gesetzes vom 11.5.1873 zur Vornahme seelsorgerlicher Funktionen einen Auftrag und zuvor Jeder für seine Person und von wem erhalten hat, sowie ob sich unter diesen Ordensgeistlichen Ausländer befinden“. Piesbach legte daraufhin für die vier Patres der Niederlassung die Erteilung der bischöflichen Jurisdiktionsvollmacht für die 1861 und 1862 eingetretenen Patres vor[47].
Am 15.8.1875[48] wurde aus den oben geschilderten Gründen die Niederlassung erneut aufgehoben, dieses Mal durch die preußische Regierung. Pater Gabriel Rugge wurde am 8.9.1875 vom Königlichen Kreisgericht Neuwied zu einer dreimonatigen Haftstrafe verurteilt, weil er den Bürgermeister einer rheinischen Stadt „wegen Ausführung der Maigesetze“ die Absolution verweigert haben sollte[49]. Er floh nach England, während Pater Bernhard August Koch, der sich zunächst im Krankenhaus betätigt hatte, im Jahr 1883 nach Amerika emigrierte. In die nordamerikanische Provinz wichen auch der Obere, Pater Gregor aus Mainz, und Pater Maurus aus. Lediglich Bruder Felix Welling war es möglich, als Küster der Klosterkirche in Zivilkleidung weiterhin im Kloster zu verbleiben[50].
Der rechtsrheinische Teil des Bistums Trier war von den staatlichen Maßnahmen während des Kulturkampfes in besonderer Weise betroffen: Acht Pfarreien und drei Kaplaneien blieben bis 1880 vakant. Etwa 22.000 Katholiken waren teilweise, 5.500 ohne jeglichen seelsorgerischen Beistand[51]. Das Dekanat Engers, zu welchem Ehrenbreitstein gehörte, zählte „zu den am stärksten vom Kulturkampf betroffenen Regionen des Bistums“[52]. Hier waren 3.652 Gläubige völlig, 16.214 zu Teilen ihrer pastoralen Betreuung beraubt[53]. In Ehrenbreitstein verwaiste die gesamte Pfarrseelsorge: Zwischen 1878 und 1884, also zu einer Zeit, als der Kulturkampf seinen Zenit bereits überschritten hatte, wurde die Stadt weder von eigenen Weltgeistlichen noch von Patres seelsorgerisch betreut, sondern von Koblenzer Kaplänen, in der Regel von St. Castor aus[54].
Der Konflikt um die Kapuziner schlug sich in einer Verfügung des Oberpräsidenten der Rheinprovinz an die Regierung in Koblenz vom 24.7.1883 nieder, die zugleich den Konflikt um die Auslegung der Kulturkampfgesetze widerspiegelt, in diesem Falle die Frage, wo eine Tätigkeit beginnt, seelsorgerisch zu sein: „Auf den gefälligen Bericht vom 11. d[ieses] M[ona]ts […] erwidere ich der Königlichen Regierung ergebenst, daß es Sache der Gerichte sein würde, darüber zu entscheiden, ob die Messe, welche der Capuziner-Pater [Bernhard] August Koch täglich um 6 Uhr Morgens in der Capuziner-Kirche zu Ehrenbreitstein liest, als eine strafbare seelsorgerische Funktion anzusehen sein möchte. Eine solche Entscheidung herbeizuführen liegt zur Zeit keine Veranlassung vor“[55].
An diesem Beispiel wird deutlich, dass den Vertretern des preußischen Staates nicht an einem Konflikt um jeden Preis gelegen war, verzichtete doch der Oberpräsident darauf, der Sache gerichtlich nachzugehen. Es gab demzufolge ein gewisses Misstrauen gegenüber der Tätigkeit katholischer Orden – in diesem Falle der Kapuziner –, das jedoch nicht zwangsläufig in einen offenen Konflikt münden musste; das Verhältnis des preußischen Staates zur katholischen Kirche blieb selbst während des Kulturkampfes ambivalent.
Gegen Ende des Kulturkampfes, in den 1880er und 1890er Jahren, kam es zu einer Konsolidierung der katholischen Orden und ordensähnlichen Gemeinschaften[56]. Diese Stärkung des Ordenswesens wurde durch den allmählichen Abbau der Kulturkampfgesetzgebung ermöglicht. Zunächst kam es mit Gesetz vom 29. April 1887 zu einer Wiederzulassung der 1875 vertriebenen Orden und Kongregationen. So stieg die Zahl der Niederlassungen von geistlichen Gemeinschaften im Bistum Trier bei den Männern von sieben im Jahr 1885, über 16 im Jahr 1894 bis auf 22 im Jahr 1912 an[57].
Für die Kapuziner bedeutete das Jahr 1887, welches häufig als Ende des preußischen Kulturkampfes betrachtet wird, die Rückkehr nach Ehrenbreitstein und somit den Neubeginn in der seelsorgerischen Tätigkeit im Dienst an den Gläubigen vor Ort[58].
Die Regierung zu Koblenz teilte dem Provinzialoberen der rheinisch-westfälischen Kapuzinerprovinz, Pater Alfonsus Maria Neyssen, mit Schreiben vom 8.9.1887 mit, dass die Minister des Innern sowie der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten „genehmigt haben, daß in Ehrenbreitstein eine Niederlassung des Kapuziner-Ordens von Neuem errichtet wird, und zwar zum Zwecke der Aushülfe in der Seelsorge“. Erläuternd heißt es weiter: „Wir bemerken hierbei, daß eine andere Ordensthätigkeit als diese ohne ausdrückliche staatliche Genehmigung von den Mitgliedern der Niederlassung nicht ausgeübt werden darf und daß nach Eröffnung der Niederlassung, in welche nur Ordensangehörige, die das deutsche Indigenat besitzen, aufgenommen werden dürfen, eine Bestands-Nachweisung nach dem beiliegenden Formular A in zwei Exemplaren durch Vermittelung der Ortspolizeibehörde zu Ehrenbreitstein an uns einzureichen ist“[59].
Bereits vor der Rückkehr der Kapuziner nach Ehrenbreitstein fanden sich Interessenten für das klösterliche Leben im Sinne des Kapuzinerordens, wie das Schreiben des Kapuzinerpaters Matthias vom 20.8.1887 an Bischof Korum belegt:
„Hochwürdigster Herr Bischof!
Gnädiger Herr!
Im Auftrage unseres Adm[odum] Rever[endus] P[ater] Provincials, der wegen einer bevorstehenden längeren Reise verhindert ist, selbst zu schreiben, soll ich Ew[er] Bischöflichen Gnaden ebenso dringend als demüthig bitten, dem derzeitigen Kaplan von Horhausen, Herrn Dr. Emmerich, das so sehr gewünschte Exeat, wenn irgend möglich, bald zu gestatten, damit derselbe, seinem Herzenswunsche entsprechend, noch in diesem Herbste bei uns sein Noviziat beginnen kann. Ew[er] Bischöflichen Gnaden gewähren damit unserer neu auflebenden Ordensprovinz einen großen Dienst, da es für uns von der größten Wichtigkeit ist, gleich im Anfange tüchtige Kräfte zu gewinnen, die wir in nächster Zukunft verwerthen können. […] Vielleicht darf ich mir erlauben, […] zu bemerken, daß ich jetzt hier in Mainz bin, um in aller Kürze nach Münster in Westfalen zu reisen und dort die Leitung unseres neu eröffneten Klosters zu übernehmen“[60].
Einen Überblick über den anfänglichen Personalbestand des Klosters ermöglicht die „Nachweisung des Personal-Bestandes der zu Ehrenbreitstein Kreis Coblenz bestehenden Niederlassung des Ordens der Kapuziner“, die der Bürgermeister der Stadt Ehrenbreitstein am 25.10.1887 aufstellen ließ[61].
Schon bald waren die Kapuzinerpatres derart in die Seelsorge – nicht nur in Ehrenbreitstein, sondern auch in Koblenz, und – wie das zitierte Schreiben zeigt – in der preußischen „Nachbarprovinz“ Westfalen – eingebunden, dass sie sich im Falle einer Verhinderung bei Bischof Korum entschuldigten. So schreibt Pater Leonhard am 10.9.1888 aus Ehrenbreitstein nach Trier:
„Wie Ew[er] Bischöflichen Gnaden bereits bekannt, wurde die Aushülfe für den Beichtstuhl in dieser laufenden Woche zugesagt von unserem hiesigen Hochw[ürdigen] P. Superior. Es war aber der Hochw[ürdige] P. Provincial hier von Mainz (Er hielt nämlich die Schlußpredigt für die Männer-Congregation in St. Johann in Coblenz) u[nd] hatte eine Reise vor nach Bregenz, zum Revend. [richtig: Reverendus] P. General, zur Besprechung sehr wichtiger Angelegenheiten. Da für solche Reisen ein Pater den Rev[erendus] P. Provincial zu begleiten hat, so nahm Er [!] den hiesigen P. Superior, P. Ludwig, mit. […] Im Auftrage des Hochw[ürdigen] P. Superiors sollte Ew[er] Bischöflicher Gnaden Unterzeichneter dieses mittheilen, daß die Aushülfe für diese laufende Woche nicht möglich wäre; für die nächste Woche dagegen Jemand kommen würde. […]“[62].
Von staatlicher Repression ist in den Schreiben nach Trier nicht die Rede, es scheint in der Anfangsphase der Wiederbelebung der Niederlassung nicht zu nennenswerten Behinderungen oder Beeinträchtigungen gekommen zu sein.
Aufschluss über den Rückhalt und den Anklang der Kapuziner in der einheimischen Bevölkerung gibt der Bericht des Königlichen Landrats von Koblenz an die Königliche Regierung in Koblenz vom 23.11.1889:
„[...] Die Kapuziner in Ehrenbreitstein haben bisher zu Klagen keine Veranlassung gegeben. Sie gewinnen ihren Lebensunterhalt nur von solchen Gaben, welche ihnen die Bevölkerung von selbst, ohne daß seitens der Kapuziner eine Bitte ergeht, bringt. [...] Die Thätigkeit der dortigen Kapuziner besteht theils in Beichthören u[nd] sonstiger Seelsorge an Ort u[nd] Stelle, theils im Abhalten sogenannter Missionen außerhalb Ehrenbreitsteins. Ich selbst hatte in diesem Frühjahr in Daun Gelegenheit, eine solche von Kapuzinern abgehaltene Mission, wenigstens theilweise, zu beobachten. Die Predigten waren gut und jedenfalls besser, wie die von sonstigen Landgeistlichen gewöhnlich gehaltenen. Der Inhalt war theilweise den staatlichen u[nd] gesellschaftlichen Bedürfnissen entgegenkommend, indem Arbeitsamkeit, Reinlichkeit und Genügsamkeit empfohlen, Trägheit, Schmutz u[nd] Trunksucht in wirksamen Weisen bekämpft wurde[n]. [...] Was die Thätigkeit der Kapuziner in Ehrenbreitstein selbst betrifft, so sind sie, dem Vernehmen nach, auch bei den Einwohnern von Koblenz [!] als Beichtväter beliebt. Außerdem wird der von den Kapuzinern abgehaltene Gottesdienst in Ehrenbreitstein viel besucht, weil er zu solchen Stunden stattfindet, in welchen die Pfarrkirche keinen Gottesdienst hat“[63]. Die Kapuziner erfreuten sich also offenkundig einer großen Wertschätzung seitens der Bevölkerung. Es ist bemerkenswert, dass auch in diesem Falle von einer ungünstigen Darstellung des Kapuzinerordens durch die preußische Verwaltung keine Rede sein kann.
Anlass für den Bericht des Landrates war eine kurz zuvor ergangene Verfügung des Oberpräsidenten der Rheinprovinz vom 13.11.1889 an den Regierungspräsidenten von Koblenz, Jesco von Puttkamer[64], die wiederum von dem bereits erwähnten staatlichen Misstrauen gegenüber der Tätigkeit der pastoral tätigen Orden zeugt:
„Euer Hochwohlgeboren ersuche ich ergebenst um eine gefällige vertrauliche Aeußerung über die im dortigen Bezirke, insbesondere in der Niederlassung zu Ehrenbreitstein von den Kapuzinern vor ihrer Ausweisung und nach ihrer Wiederzulassung geübten Thätigkeit. Namentlich werden zwei Punkte zu erörtern sein, einmal, wie sich die von dem genannten Orden in der Seelsorge geleistete Aushülfe bewährt, sodann ob das Kollektiren der Ordensmitglieder zu Unzuträglichkeiten geführt hat. Sofern Euer Hochwohlgeboren in der Lage sein sollten, auch Stimmen aus geistlichen Kreisen hierüber, namentlich über die Aushülfe in der Seelsorge in ganz vertraulicher Weise zu hören, so würde mir dies von besonderem Interesse sein. Auf eine schleunige Erledigung dieser Anfragen lege ich besonderen Werth und bitte den Bericht jedenfalls innerhalb 14 Tagen zu erstatten“[65].
Welchen Radius die seelsorgerische Tätigkeit der Ehrenbreitsteiner Kapuziner hatte, zeigt ein Schreiben des Regierungspräsidenten von Trier vom 10.11.1893 an den Regierungsvizepräsidenten Ferdinand von Itzenplitz[66] zu Koblenz: „Im Anfang dieses Monats ist von dem Pater Ludwig aus Ehrenbreitstein in der Pfarrei Nalbach[67] eine Mission abgehalten worden. Euer Hochwohlgeboren ersuche ich ergebenst, mir gefälligst mittheilen zu wollen, welchem Orden derselbe angehört“[68]. Es handelte sich um den Kapuzinerpater, der mit bürgerlichem Namen Joseph Aegidius Hannappel hieß.
In den Jahren vor 1900 gehörten vier Patres und vier Laienbrüder der Niederlassung unter Guardian Pater Gabriel Rugge an[69], im Jahr 1906 residierten zehn Patres und fünf Brüder in Ehrenbreitstein. Noch immer war die Zeit des Kulturkampfes präsent. So hielt Provinzial-Archivar Pater Kilian in einer im selben Jahr publizierten Schrift fest: „Möge das Fürbitt-Gebet derjenigen, die in den Jahrhunderten des Bestehens des Klosters hier gelebt und gebetet haben, unser Werk vor den Stürmen der Verfolgung bewahren, deren Zeugen und Opfer manche von ihnen waren“[70].
Welche geistlich-pastorale Bedeutung die Kapuzinerniederlassung in Ehrenbreitstein bis zum Vorabend des großen Krieges erlangen sollte, führt uns eindrucksvoll die Statistik des Kommunionempfangs für das Jahr 1909 vor Augen:
4.600 Jahreskommunionen in der Pfarrkirche und 11.400 Kommunionen in der Pallottinerkirche standen 22.000 Kommunionen in der Kapuzinerkirche gegenüber[71]. Dies änderte sich auch im nachfolgenden Jahr nicht: 1910 wurden – bei einer Gesamteinwohnerzahl Ehrenbreitsteins von 4.873 Personen – in der Pfarrkirche insgesamt 5.800, in der Pallottinerkirche 15.350, in der Hospitalkapelle 7.200 und in der Kapuzinerkirche 23.000 Kommunionen empfangen[72]. Von der regen Inanspruchnahme des pastoralen Angebots der Kapuziner zeugen die Installation einer elektrischen Beichtschelle in der Kapuzinerkirche sowie die Ausgabe von Eintrittskarten für die Christmette im Jahr 1904[73].
Letztlich war dem Kapuzinerorden im Bistum Trier sogar eine räumliche und institutionelle Expansion möglich. Am 26.2.1895 schreibt Provinzial Pater Matthias aus Münster an den Bischof in Trier:
„Es freut mich sehr, wenn wir in der Diözese Trier noch ein IItes Kloster übernehmen können“[74]. Dieses sollte an der Saar, nahe den Städten Saarlouis, Saargemünd und Saarbrücken liegen[75]. Die staatlichen Stellen stellten diesem Ansinnen keine unüberwindbaren Hindernisse in den Weg. Die Wahl des Ortes für die neue Niederlassung fiel schließlich auf St. Gangolf bei Mettlach.
Bischof Korum unterhielt in dieser Angelegenheit, also der Errichtung einer weiteren Kapuzinerniederlassung im Bistum Trier, mit den staatlichen Verwaltungsinstanzen – insbesondere mit dem Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten und dem Minister des Innern – eine Korrespondenz, welche von der – wohlgemerkt vorsichtig vorgetragenen – Skepsis der preußischen Verwaltung diesem Unterfangen gegenüber zeugt. So heißt es in dem Schreiben des Regierungspräsidenten von Trier, Adolf von Heppe[76], an Bischof Korum, am 3.8.1897:
„Die Herrn Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten und des Innern haben mich angewiesen, die bezüglich des Gesuchs um Genehmigung einer Niederlassung der Kapuziner in St. Gangolph, Kreises Merzig, von mir vorgetragenen Berichtsanführungen zur Kenntnis Euer Bischöfliche Hochwürden zu bringen […]. In dem von hier erstatteten Bericht war erwähnt, daß zunächst wohl noch Aufklärung darüber herbeizuführen sei, wo die Ordensmitglieder in St. Gangolph Unterkunft finden werden und wie viele sich dort ansiedeln wollen. Sodann wäre anzugeben, ob für das Auskommen der Niederlassung hinreichende Fürsorge getroffen ist“. Ferner habe er „aber auch sachliche Bedenken, insbesondere bezüglich der Bedürfnisfrage“, denn er sei der Auffassung, „daß im Saargebiete […] sehr reichliche geistliche Kräfte vorhanden seien […], so daß dort die Geistlichkeit wohl als im Stande anzusehen sei, den ordentlichen Bedürfnissen der Bevölkerung zu genügen. [… viele der dortigen Pfarreien] dürften […] nach ihren [!] Seelenzahl ohne Beeinträchtigung der seelsorgerischen Interessen von einem Nachbarpfarrer mit verwaltet werden können“.
Sodann kommt der Regierungspräsident auf einen Aspekt zu sprechen, der in seinen Augen als maßgeblich für die Duldung seelsorgerischer Aktivitäten der Ordensgeistlichen zu betrachten ist: „Was die außerordentliche Seelsorge angeht, so ist von mir darauf hingewiesen worden, daß die Bekämpfung sozialistischer Ideen im Saargebiete bei dem Rückgange der s[einer] Z[ei]t als Folge der Dasbach’schen Wühlereien[77] zur Bedeutung gelangten sozialdemokratischen Bewegung nicht mehr in dem Maaße erforderlich sei als früher und deshalb die an sich in religiöser Beziehung fördersame und anzuerkennende Abhaltung von Volksmissionen nicht so sehr als Notwendigkeit erscheinen könne. Ob neben der Abhaltung von Missionen aber die Kapuzinerniederlassung bei ihrer doch immerhin beschränkten Zahl von Mitgliedern durch Beichtehören und Predigten an Sonn- und Festtagen eine als wesentlich in Betracht kommende Unterstützung der Pfarrgeistlichkeit werden möchte, das habe ich dahingestellt sein lassen […]“[78].
Die Vertreter des Staates betrachteten also den Katholizismus gegenüber der Sozialdemokratie als das „kleinere Übel“. Die Kapuziner hielt man für geeignet, Volksmissionen abzuhalten, und auf diesem Wege die katholische Landbevölkerung sowie die katholische Arbeiterschaft gegen sozialdemokratisches Gedankengut zu immunisieren.
In dem geschilderten Fall konfligierten die staatlichen und kirchlichen Interessen zwar nicht unmittelbar, doch eine Differenz bezüglich der Bedeutung und der Ziele, die der inneren Mission beigemessen wurden, war nicht zu übersehen.
So antwortete Bischof Korum am 28.10.1897:
„Was die außerordentliche Seelsorge in den Missionen angeht, so ist dieselbe keineswegs nur zur Bekämpfung sozialistischer Ideen gefordert. Eine Erneuerung des christlichen Lebens durch Missionen ist alle 6–8 Jahre in jeder Gemeinde von allergrößtem Nutzen“. Der Bischof bittet den Regierungspräsidenten daher, „meinen Antrag auf Gewährung einer Ordensniederlassung der Kapuziner im Saargebiet beim Herrn Minister geneigtest zu unterstützen“[79].
Die Entscheidung der beiden beteiligten Ministerien teilte der Trierer Regierungspräsident am 22.4.1898 Bischof Korum mit:
„Auf den gefälligen Bericht vom 5. November v[origen] J[ahre]s […] wollen wir auf Grund des Artikels 5 des Gesetzes vom 29. April 1887 […] genehmigen, daß in St. Gangolph, Kreis Merzig, eine neue Niederlassung der Genossenschaft der Kapuziner der Deutschen Ordensprovinz, und zwar zum Zwecke der Aushülfe in der Seelsorge, errichtet werde. Eine andere Ordensthätigkeit als diese darf ohne ausdrückliche staatliche Genehmigung von den Mitgliedern der Niederlassung nicht übernommen werden“[80].
Die Genehmigung zur Gründung einer Niederlassung an der Saar wurde also erteilt, die Bedingungen waren nahezu identisch mit denjenigen für die Mitbrüder in Ehrenbreitstein 13 Jahre zuvor: Es durften ausschließlich Deutsche aufgenommen werden, personelle Veränderungen waren der staatlichen Verwaltung anzuzeigen, die Tätigkeit der Kapuziner wurde auf die reine Seelsorge beschränkt[81].
6. Fazit
Die Kapuziner durchlebten in den Jahren des Kulturkampfes sowie in der anschließenden Zeitspanne bis zum Weltkrieg nahezu die gesamte Bandbreite staatlichen Handelns. Während die Gesetzgebung recht eindeutig war, konnte es in der Auslegung „an der Basis“ durchaus zu Abweichungen von der offiziell erwünschten Linie kommen. So gab es neben Verfolgung, Inhaftierung und Ausweisung auch Situationen der Duldung und der stillschweigenden, mitunter sogar der klar artikulierten Akzeptanz – etwa bei Volksmissionen, die gleichsam als Nebeneffekt der Eindämmung der Sozialdemokratie dienen sollten[82].
Die Tür wurde seitens etlicher Angehöriger der unteren und zum Teil auch der mittleren Ebene des preußischen Verwaltungsapparates nie zur Gänze zugeschlagen; selbst zur Zeit des Verbotes wurde häufig darauf geachtet, den Vorschriften Genüge zu tun, ohne sich in einer intransigenten, ideologisch zementierten Stellung einzugraben und somit die Fronten zu verhärten. Dennoch blieb in der südlichen Rheinprovinz ein gewisses Misstrauen breiter Kreise der katholischen Mehrheitsbevölkerung gegenüber den staatlichen preußischen Instanzen bis weit in die Nachkriegszeit bestehen.
Nachdem die Kapuziner durch den Kulturkampf aus Ehrenbreitstein und aus dem Bistum Trier vertrieben worden waren, stellte sich mit der Rückkehr des Ordens in die ehemalige Residenzstadt auch bezüglich der Seelsorgerischen Tätigkeit Stück für Stück „Normalität“ ein. Die pastoralen Angebote der Patres wurden von der Bevölkerung gut angenommen, was auch die staatlichen Behörden zur Kenntnis nahmen.
Den Kapuzinern ging es nach ihrer Rückkehr offenbar darum, ganz pragmatisch vorzugehen und erst einmal wieder Fuß in Ehrenbreitstein zu fassen. Eine kämpferische, gegen die staatlichen Institutionen gerichtete Haltung lässt sich anhand der auf uns gekommenen Quellen nicht belegen. So gelang es den Kapuzinern, mit staatlicher Duldung und Unterstützung durch das Bistum Trier, in einer trotz Beilegung des Kulturkampfes von Konflikten nicht freien Zeit, ihre Seelsorgetätigkeit kontinuierlich auszubauen und neben Ehrenbreitstein eine zweite Niederlassung im Bistum Trier, in St. Gangolf an der Saar, zu etablieren. Noch, so könnte man angesichts der späteren Entwicklung des Ordens im Bistum Trier schließen, gab es für die Kapuziner am Vorabend des Ersten Weltkrieges zu Klagen keine Veranlassung.
Quellen
Archiv der Deutschen Kapuzinerprovinz in Altötting: Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz, : 96, 98, 201, 757.
Bistumsarchiv Trier: Nachlass Korum Nr. 125.
Landeshauptarchiv Koblenz: Best. 441 (Regierung Koblenz) Nr. 15061.
Pfarrarchiv Ehrenbreitstein: „Graue Literatur“ (Chroniken und Kalender).
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Wehler, Hans-Ulrich, Das Deutsche Kaiserreich. 1871-1918, 7. Auflage, Göttingen 1994.
- 1: Vollständige Fassung eines am 2.10.2012 vor dem Verein für Geschichte und Kunst des Mittelrheins zu Koblenz e. V. gehaltenen Vortrags, gekürzt erschienen in: „Landeskundliche Vierteljahrsblätter 59 (2013), S. 47-57.
- 2: Vgl. Borutta, Genealogie, S. 350.
- 3: Vgl. Borutta, Genealogie, S. 351.
- 4: Vgl. Borutta, Genealogie, S. 351. In Japan handelte es sich um antibuddhistische Kulturkämpfe.
- 5: Herres/Holtz, Rheinland, S. 194.
- 6: Vgl. Borutta, Genealogie, S. 351.
- 7: Vgl. Borutta, Genealogie, S. 352-353.
- 8: Vgl. Borutta, Genealogie, S. 375.
- 9: Vgl. Borutta, Genealogie, S. 406-407.
- 10: Die Kulturkämpfe begannen in Baden 1860, in Bayern 1867, in Berlin mit dem so genannten „Moabiter Klostersturm“ 1869, vgl. Borutta, Antikatholizismus,, S. 324-325. 395; Jansen, Gründerzeit, S. 227.
- 11: Vgl. Borutta, Antikatholizismus, S. 263.
- 12: Vgl. Borutta, Antikatholizismus, S. 395.
- 13: Vgl. Jansen, Gründerzeit, S. 228.
- 14: Vgl. Borutta, Antikatholizismus, S. 324.
- 15: Das Beispiel der beiden Brüder aus dem Hause Hohenlohe-Schillingsfürst, Chlodwig und Gustav Adolf, Letzterer immerhin katholischer Geistlicher im Kardinalsrang, zeigt, dass in diesem Zusammenhang der Begriff „Linkskatholiken“, der bisweilen verwendet wird, nicht trägt, vgl. hierzu Schlemmer, Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zutreffender wäre es, von „staatsnahen Katholiken“ zu sprechen.
- 16: Vgl. Borutta, Antikatholizismus, S. 314.
- 17: Borutta, Antikatholizismus, S. 315.
- 18: Vgl. Wehler, Kaiserreich, S. 96-100.
- 19: Vgl. zur Begriffsklärung und Abgrenzung von alternativen Bezeichnungen wie etwa „preußisch-österreichischer Krieg“, Jansen, Gründerzeit, S. 203.(20) Borutta, Antikatholizismus, S. 107.
- 20: Borutta, Antikatholizismus, S. 107.
- 21: Der spätere Berliner Hofprediger Adolf Stoecker begrüßte die Reichsgründung mit den Worten: „Das heilige evangelische Reich deutscher Nation vollendet sich!“, zitiert nach Funk, Kleine Geschichte, S. 218; Funk bezeichnet das Deutsche Reich somit nicht zu Unrecht als „borussisch und protestantisch grundiert“.
- 22: Vgl. Borutta, Antikatholizismus, S. 314.
- 23: Vgl. Borutta, Antikatholizismus, S. 74-75.
- 24: Vgl. Borutta, Antikatholizismus, S. 77.
- 25: Zitiert nach Borutta, Antikatholizismus, S. 263.
- 26: Borutta, Antikatholizismus, S. 410.
- 27: Vgl. Höroldt, rheinische Provinzialkirche S. 127-128.
- 28: Vgl. Gall, Bismarck, S. 492.
- 29: Vgl. Borutta, Genealogie, S. 357.
- 30: Vgl. Borutta, Antikatholizismus, S. 78.
- 31: Vgl. Borutta, Antikatholizismus, S. 78.
- 32: Vgl. Borutta, Antikatholizismus, S. 81.
- 33: Steinruck, Auseinandersetzung, S. 612.
- 34: Vgl. Herres/Holtz, Rheinland, S. 194.
- 35: Vgl. Herres/Holtz, Rheinland, S. 195.
- 36: Rönz, Besprechung.
- 37: Vgl. Rönz, Kultursminister, S. 182.
- 38: Borutta, Antikatholizismus, S. 315.
- 39: Rönz, Kultusminister, S. 188.
- 40: Rönz, Kultusminister, S. 191.
- 41: Vgl. Jacobs, Arsenius, Das Kapuzinerkloster Ehrenbreitstein (Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz 201). Einige der Patres blieben in Ehrenbreitstein und versahen weiterhin den Gottesdienst in der Klosterkirche. Gut 20 Jahre nach Aufhebung des Konventes starb mit Pater Josef Clemens aus Bernkastel der letzte der Ehrenbreitsteiner Kapuziner (vgl. Das Kapuzinerkloster in Ehrenbreitstein. Eine geschichtliche Skizze von P. Kilian, Ord. Cap., [Limburg] 1906, [unpaginiert], Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz 201).
- 42: Vgl. Abschrift einer „Aktennotiz ohne Unterschrift lt. Handschrift v. Piesbach“ (Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz 201); ferner Seibrich, Kirchliches Leben, S. 243. Erst ein Jahr zuvor war durch Generalminister Nikolaus OFMCap die Rheinisch-Westfälische Kapuzinerprovinz errichtet worden.
- 43: Im Unterschied zu Preußen hob die hessische Regierung die Kapuzinerklöster in Mainz und Dieburg im Kulturkampf nicht auf: „Immerhin bewahrte die mildere Richtung in Hessen die Rhein[isch]-Westf[älische] Kapuzinerprovinz vor der völligen Zerstörung. Hier hatten die in alle Welt verjagten Patres und Brüder eine Heimat und einen Zusammenhalt.“ (Pater Kilian Müller, Vor fünfzig Jahren. Erinnerung an die Kapuzinerverfolgung in Preußen und Hessen, in: Münsterischer Anzeiger Nr. 371 (1925) (Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz 96)). Daher findet die Stadt Mainz auch in den späteren Schreiben der Kapuziner während beziehungsweise gegen Ende des Kulturkampfes recht häufig Erwähnung.
- 44: Hierbei könnte es sich um Franz Peter Halm handeln, den Vater von Alexander Halm, vgl. Romeyk, Verwaltungsbeamten, S. 497.
- 45: Abschrift des Schreibens (Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz 201).
- 46: Das Kapuzinerkloster in Ehrenbreitstein. Eine geschichtliche Skizze von P. Kilian, Ord. Cap., [Limburg] 1906 [unpaginiert], Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz 201.
- 47: Abschrift des Schreibens Eyß‘ sowie der Anmerkungen Piesbachs (Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz 201). Bei den Patres handelte es sich um Gregor Maria Leonhard Autsch, Gabriel Peter Rugge, Maurus Aloysius Strobel und Bernhard August Koch. Ferner wirkten im Jahr 1869 noch drei Kapuzinerbrüder in Ehrenbreitstein, vgl. Seibrich, Kirchliches Leben, S. 243.
- 48: Die Chronik des Kapuzinerklosters Ehrenbreitstein 1861-1923 (Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz 757) nennt den 15. September als Tag der Auflösung, den Tag, „an welchem die Pfarrei Ehrenbreitstein nach Bornhofen jährlich zu wallfahrten pflegt“.
- 49: So der Bericht von Pater Kilian Müller: Vor fünfzig Jahren. Erinnerung an die Kapuzinerverfolgung in Preußen und Hessen, in: Münsterischer Anzeiger Nr. 371 (1925) (Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz 96).
- 50: Vgl. Das Kapuzinerkloster in Ehrenbreitstein. Eine geschichtliche Skizze von P. Kilian, Ord. Cap., [Limburg] 1906 [unpaginiert] (Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz 201); die „Zeittafel“ bei Wagner, J[ohann] Jac[ob], Führer durch die Stadt und Festung Ehrenbreistein nebst historischen Mitteilungen aus deren Vergangenheit [unpaginiert], in: Katholischer Kirchen-Kalender für die Pfarrei Ehrenbreitstein 1931; ferner: Roth, Kapuzinerkirche Ehrenbreitstein. Aus der Chronik der Kirche 1628–1977, hg. vom Kapuzinerkloster Koblenz-Ehrenbreitstein, o.O. 1977.
- 51: Vgl. Rönz, Diözesanklerus, Band 2, S. 931.
- 52: Rönz, Diözesanklerus, Band 2, S. 934.
- 53: Rönz, Diözesanklerus, Band 2, S. 934.
- 54: Vgl. Das Kapuzinerkloster in Ehrenbreitstein. Eine geschichtliche Skizze von P. Kilian, Ord. Cap., [Limburg] 1906 [unpaginiert] (Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz 201).
- 55: Landeshauptarchiv Koblenz, Best. 441 Nr. 15061.
- 56: Vgl. hierzu und im Folgenden Hommens, Orden, S. 216-219.
- 57: Bei den weiblichen geistlichen Gemeinschaften lagen die Zahlen wesentlich höher: 1885: 71, 1894: 120, 1912: 238, vgl. Persch/Schneider, Beharrung, S. 217, Abb. 5.
- 58: Pater Alphonsus Maria Neyssen berichtet dem Bischof von Trier, Michael Felix Korum (1840–1921), am 9.8.1887 aus Mainz: „Hochwürdigster Herr Bischof! Gnädiger Herr! Soeben erhalte ich von der königl[ich] preußischen Regierung in Coblenz die Nachricht, daß wir in unser Kloster in Ehrenbreitstein wieder einziehen dürfen. Nach Gott haben wir den Bemühungen Ew[er] bischöfl[ichen] Gnaden diese Gunst zu verdanken u[nd] im Namen der ganzen Provinz lege ich hiermit die innigsten Gefühle des Dankes Ew[er] bischöfl[ichen] Gnaden zu Füßen u[nd] unser beständiges Gebet für Ew[er] bischöfl[ichen] Gnaden soll ein schwaches [?] Dankeszeichen sein. Im Laufe dieser Woche werde ich Ehrenbreitstein besetzen u[nd], wie ich hoffe, mit solchen Mitbrüdern, die nach dem Geiste unseres Hl. Vaters Franziskus leben u[nd] nach den Wünschen Ew[er] bischöfl[ichen] Gnaden wirken werden. In tiefster Ehrbietung [!] u[nd] mit der Bitte um den bischöflichen Segen für die neue Niederlassung in Ehrenbreitstein Ew[er] bischöflichen [!] Gnaden ergebenster P. Alphonsus Maria“ (Bistumsarchiv Trier, Abt. 108 = Nachlass Bischof Korum, Nr. 125, S. 2-3). Neyssen war 1887 zum Provinzial ernannt worden (vgl. Das Kapuzinerkloster in Ehrenbreitstein. Eine geschichtliche Skizze von P. Kilian, Ord. Cap., [Limburg] 1906 [unpaginiert] (Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz 201)).
- 59: Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz 98. Bereits am 7.6.1887 hatten das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten und das Ministerium des Innern gegenüber der Königlichen Regierung zu Koblenz verfügt: „Der Provinzialobere der rheinisch-westfälischen Kapuzinerprovinz hat mittels des in Abschrift beigefügten Gesuchs vom 21. Mai d[ieses] J[ahres] die Genehmigung zur Wiedereröffnung der früheren Niederlassung der Kapuziner in Ehrenbreitstein nachgesucht. Die Königliche Regierung veranlassen wir, über den Antrag nach Benehmen mit dem Herrn Bischof von Trier sich mit thunlichster Beschleunigung zu äußern.“ (Landeshauptarchiv Koblenz, Best. 441 Nr. 15061).
- 60: Bistumsarchiv Trier, Nachlass Korum Nr. 125 S. 4-6. Dem Konzept des Antwortschreibens ist zu entnehmen, dass Bischof Korum dieses Ansinnen unter Verweis auf die „immer mehr steigende Altersschwäche des Herrn Dechanten von Horhausen“ sowie „angesichts des großen Mangels an Seelsorgekräften zum Ersatz für Herrn Emmerich“ zurückwies (vgl. Bistumsarchiv Trier, Nachlass Korum Nr. 125, S. 6-7).
- 61: Vgl. Landeshauptarchiv Koblenz, Best. 441 Nr. 15061.
- 62: Bistumsarchiv Trier, Nachlass Korum Nr. 125, S. 8-9.
- 63: Landeshauptarchiv Koblenz, Best. 441 Nr. 15061.
- 64: Der Protestant Jesco von Puttkamer (Berlin 26.8.1841-Nippoglense 11.9.1918) war vom 1.7.1888-25.11.1890 Regierungspräsident von Koblenz, vgl. Romeyk, Verwaltungsbeamten, S. 675-676.
- 65: Landeshauptarchiv Koblenz Best. 441 Nr. 15061.
- 66: Der Protestant Ferdinand von Itzenplitz (Groß-Sägewitz/Kreis Breslau 26.5.1835-Liegnitz 1910), Regierungsvizepräsident von Koblenz 25.11.1890 -30.6.1895 (Ruhestand), vgl. Romeyk, Verwaltungsbeamten, S. 550-551.
- 67: Es handelt sich um eine Gemeinde im heutigen Saarland, damals Regierungsbezirk Trier.
- 68: Landeshauptarchiv Koblenz Best. 441 Nr. 15061.
- 69: Vgl. Hommens, Orden, S. 222.
- 70: Das Kapuzinerkloster in Ehrenbreitstein. Eine geschichtliche Skizze von P. Kilian, Ord. Cap., [Limburg] 1906 [unpaginiert] (Archiv der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz 201).
- 71: Vgl. Chronik 1901-1942. Chronik der kathol. Pfarrei Ehrenbreitstein seit dem J. 1908. Angelegt 1930 von J[ohann Jakob] Wagner, Dechant, Eintrag zum 14.12.1909 (Pfarrarchiv Ehrenbreitstein).
- 72: Vgl. Chronik der kathol. Pfarrei Ehrenbreitstein seit dem J. 1908. Angelegt 1930 von J[ohann Jakob] Wagner, Dechant, Eintrag zum Dez. 1910.
- 73: Vgl. Roth, Kapuzinerkirche, S. 15.
- 74: Bistumsarchiv Trier, Nachlass Korum Nr. 125, S. 11.
- 75: Am 8. Mai des Jahres wandte sich Pater Matthias in einerm erneuten Schreiben an Korum der Ortswahl der beabsichtigten zweiten Niederlassung zu: „Ew[er] Bischöflichen Gnaden theile ich ergebenst mit, daß wir bezüglich des Ortes für die projektierte Niederlassung keine besonderen Wünsche haben als die, […] daß nemlich [!] der Ort nicht zuweit von einer Stadt und ganz nahe bei der Eisenbahn gelegen sei. Weil wir vermöge unserer Regel von Almosen leben sollen, ist es wünschenswerth, daß in nicht gar zu weiter Entfernung auch Ortschaften mit Ackerbau sich finden. Die Gegend zwischen Saarbrücken und Saargemünd (Rilchingen) scheint mir nicht ungünstig zu sein, vielleicht ist die zwischen Saarlouis und Saarbrücken noch günstiger. Übrigens überlasse ich die Wahl des Ortes ganz zuversichtlich Ew[er] Bischöflichen Gnaden, bemerke nur noch, da ein Terrain von 4 Morgen schon genügen kann, ein solches von über 5 Morgen sicher schon zu groß wäre.“ (Bistumsarchiv Trier, Nachlass Korum Nr. 125 S. 12-14).
- 76: Der Protestant Adolf von Heppe (Kassel 24.7.1836-Arolsen 30.7.1899) in war 29.11.1890-1.2.1899 (Ruhestand) Regierungspräsident in Trier, vgl. Romeyk, Verwaltungsbeamten, S. 523.
- 77: Der aus Horhausen im Westerwald stammende Trierer Kleriker Georg Friedich Dasbach hatte sich während des Kulturkampfes auf kirchlicher Seite derart publizistisch beziehungsweise journalistisch betätigt, dass er wohl zu den von Bismarck so genannten „Presskaplänen“ zu zählen ist ,vgl. hierzu Rönz, Diözesanklerus, Band 1, S. 7.
- 78: Bistumsarchiv Trier, Nachlass Korum (wie Anm. 19), S. 21-24.
- 79: Bistumsarchiv Trier, Nachlass Korum Nr. 125, S. 32 (Entwurf). Bischof Korum warb auch mit einer Tabelle, die mittels der Darstellung der stetig angewachsenen Katholikenzahl in den Kreisen Merzig, Ottweiler, Saarbrücken und Saarlouis im Zeitraum zwischen 1894 und 1897 den gestiegenen Bedarf an „Seelsorgsgeistlichen“ aufzeigen sollte (vgl. ebd. S. 31).
- 80: Bistumsarchiv Trier, Nachlass Korum Nr. 125, S. 33-34 (Abschrift).
- 81: Das Klostergebäude wurde mit der Unterstützung der Diözese Trier, die 10.000 Mark für den Klosterbau spendete, im Jahr 1900 neben der bisherigen Pfarrkirche errichtet und ein Jahr später bezogen: „Ew[er] Bischöflichen Gnaden danke ich von ganzem Herzen […] für das großmüthige Anerbieten, daß wir vom 2. Oder 3ten April ab die schöne Summe von 10.000 Mark für unseren Klosterbau in St. Gangolph erwarten dürfen. […] wir aber wollen nach Kräften uns stets dankbar dafür erzeigen durch Gebet und eifrige Wirksamkeit am Heile der Seelen“ (Schreiben des Provinzials P. Matthias vom 6.3.1900 aus Münster an Bischof Korum, Bistumsarchiv Trier, Nachlass Korum Nr. 125, S. 38-39). „Unser Provinzdefinitorium ist der Ansicht, daß wir am besten mit der Besetzung von St. Gangolph bis zum nächsten Frühjahre warten, weil wir dann erst mit dem Bau unseres dortigen Clösterleins beginnen können. Es hat ja mit unserem Einzug dorthin auch keine Eile, weil einstweilen das Gotteshaus noch als Pfarrkirche benutzt wird. Ich hoffe, daß St. Gangolph für uns eine liebe, traute Stätte wird, von der aus wir recht segensreich an der Saar wirken können.“ (Schreiben des Provinzials P. Matthias vom 3.7.1898 aus Münster an Bischof Korum, Bistumsarchiv Trier, Nachlass Korum Nr. 125, S. 36-37). Die neu errichteten Gebäude blieben Eigentum des Bistums.
- 82: Dies gilt ähnlich für die benachbarte preußische Provinz Westfalen, wo es dem Kapuzinerorden möglich war, nach "mehrjährige[n] Bemühungen (1905-1910) in Form einer intensiven Korrespondenz […] die staatliche Genehmigung zur Errichtung einer Missionsschule zu erhalten", Stahl, Kapuziner in Bocholt, S. 4.
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Schlemmer, Martin, „… bisher zu Klagen keine Veranlassung“ Aspekte zur Geschichte der Kapuziner in Ehrenbreitstein zwischen Kulturkampf und Erstem Weltkrieg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/%25E2%2580%25A6-bisher-zu-klagen-keine-veranlassung-aspekte-zur-geschichte-der-kapuziner-in-ehrenbreitstein-zwischen-kulturkampf-und-erstem-weltkrieg/DE-2086/lido/5a8ef97cf2b534.18013233 (abgerufen am 10.12.2024)