Urbane Projektionen. Stadtentwicklung in Preußens „Wildem Westen“

Detlef Vonde (Wuppertal)

Fotografie der Zeche Hannover in Bochum, ca. 1908. (Stadt Bochum, Pressestelle)

1. Einleitung

Im Fol­gen­den geht es um ei­ne eher we­nig be­kann­te Be­we­gung am­bi­tio­nier­ter Bür­ger des In­dus­trie­zeit­al­ters, die für die Ur­ba­ni­sie­rung in­dus­tri­el­ler Bal­lungs­ge­bie­te an Rhein, Ruhr und Em­scher ei­ne in­ter­es­san­te Rol­le spiel­te. Um die Wen­de zum 20. Jahr­hun­dert grün­de­ten sich dort um­trie­bi­ge Fo­ren und lo­ka­le Ein­fluss­grup­pen, die den gi­gan­tisch wu­chern­den Ar­bei­ter­dör­fern mit ih­ren Wer­ken, Hal­den und Bra­chen, aber oh­ne nen­nens­wer­te „ur­ba­ne“ In­fra­struk­tu­ren, zu Stadt­rech­ten ver­hel­fen woll­ten. Ein Gro­ß­teil die­ser tat­säch­lich ehr­gei­zi­gen „Bür­ger­initia­ti­ven“ ver­küm­mer­te frei­lich auf den Schreib­ti­schen der ir­ri­tier­ten preu­ßi­schen Bü­ro­kra­tie und blieb für ih­re Prot­ago­nis­ten ent­täu­schend fol­gen­los.

Die­ser Bei­trag führt mit­ten hin­ein in das Ka­pi­tel ei­ner Ge­schich­te der hoff­nungs­los un­ter­re­prä­sen­tier­ten bür­ger­li­chen Ge­sell­schaft im In­dus­trie­re­vier, fragt nach den Ur­sa­chen, Trieb­kräf­ten und Am­bi­tio­nen ih­rer flei­ßi­gen Prot­ago­nis­ten im Be­mü­hen um „Ur­ba­ni­tät“ und er­klärt die – in der Rück­schau – bi­zar­ren Kon­flik­te und Ver­hin­de­rungs­struk­tu­ren auf dem Weg da­hin. Die Re­kon­struk­ti­on die­ser un­ge­wöhn­li­chen Ge­schich­te führt da­mit zu Fra­gen nach den Kos­ten in­dus­tri­el­len Wachs­tums, den öko­no­mi­schen und po­li­ti­schen In­ter­es­sen und Zwän­gen so­wie zu bü­ro­kra­ti­schen Plei­ten, Pech und Pan­nen beim Ver­such ei­ner Ge­stal­tung halb­wegs hu­ma­ner Le­bens­räu­me in Preu­ßens „Wil­dem Wes­ten“ der vor­letz­ten Jahr­hun­dert­wen­de: Stadt­ent­wick­lung zwi­schen An­spruch und Wirk­lich­keit.

2. Urbanisierung als Aneignung von „Räumen“

Ur­ba­ni­sie­rung wird gern als Teil­struk­tur der Mo­der­ni­sie­rung mit ei­nem Ne­xus zur In­dus­tria­li­sie­rung im 19. Jahr­hun­dert be­schrie­ben. Seit ei­ni­gen Jahr­zehn­ten ver­liert das op­ti­mis­ti­sche Pa­ra­dig­ma ei­nes un­auf­halt­sa­men Fort­schritts im Gleich­schritt der Fak­to­ren an Über­zeu­gungs­kraft. Die Vor­stel­lung von ei­ner Ge­schich­te der Mo­der­ni­sie­rung als gleich­sam par­al­le­li­sier­te Trends ge­sell­schaft­li­cher Trans­for­ma­ti­on hat of­fen­bar aus­ge­dient. Für al­le, die sich mit dem The­ma „his­to­ri­sche Stadt­ent­wick­lun­g“ be­fass­ten, hat­te die­ser Um­stand den deut­li­chen Vor­teil, dass die His­to­ri­ker in­zwi­schen ge­nau­er hin­schau­en, wenn sie sich die Fra­ge stel­len, ob zum Bei­spiel die „Ur­ba­ni­tät“ von Städ­ten zwangs­läu­fi­ge Fol­ge von Ur­ba­ni­sie­rung (= Ver­städ­te­rung) war. Es gibt Re­gio­nen, für die ei­ne Ant­wort dar­auf ein­deu­tig ne­ga­tiv aus­fällt. Jun­ge in­dus­tri­el­le Bal­lungs­ge­bie­te wie et­wa das Ruhr­ge­biet zäh­len un­be­dingt da­zu.[1] Denn dringt man et­was tie­fer in die Struk­tu­ren der Stadt­ent­wick­lung die­ser Re­gi­on ein, stellt sich ex­em­pla­risch her­aus, dass Ur­ba­ni­sie­rung nicht al­lein in ei­nem eu­phe­mis­ti­schen Fort­schritts­vo­ka­bu­lar auf­geht, son­dern eher als ei­ne dis­kon­ti­nu­ier­li­che Ent­wick­lung so­wohl räum­lich, zeit­lich als auch klas­sen­spe­zi­fisch un­ter­schied­lich er­fah­ren wur­de.[2] Folg­lich er­schei­nen Städ­te dann nicht nur als Or­te ei­nes pri­vi­le­gier­ten Zu­gangs zur herr­schen­den Kul­tur, re­flek­tie­ren sie nicht nur den je­wei­li­gen Grad ge­samt­ge­sell­schaft­li­cher Mo­der­ni­tät, son­dern wer­den viel­mehr zum Fo­kus po­li­ti­scher Kon­flik­te, In­ter­es­sens- und Macht­kämp­fe, so­zia­ler Wi­der­sprü­che und Klas­sen­ge­gen­sät­ze im Pro­zess der Ur­ba­ni­sie­rung.

De­ren „klas­si­sche Pha­se“ mit ih­ren „spe­zi­fisch städ­ti­schen Er­run­gen­schaf­ten“ wie kom­mu­na­le Leis­tungs­ver­wal­tung, „Da­seins­vor­sor­ge“ und In­fra­struk­tu­ren[3], die ih­ren Sie­ges­zug an­geb­lich par­al­lel zum Auf­stieg des mo­der­nen In­ter­ven­ti­ons­staa­tes an­tra­ten[4], er­fährt da­mit ei­ne we­sent­lich skep­ti­sche­re Deu­tung. Das hat auch da­mit zu tun, dass Ur­ba­ni­sie­rung ei­ne räum­li­che Kom­po­nen­te hat, der heu­te in­so­fern ei­ne „neu­e“ Be­deu­tungs­di­men­si­on zu­kommt, als sich ein gleich­sam fun­da­men­ta­ler Kon­flikt auf­tut, wo die ent­grenz­ten öko­no­mi­schen und ge­sell­schaft­li­chen (Wachs­tums-)Er­war­tun­gen auf die Be­grenzt­heit der glo­ba­len Res­sour­cen sto­ßen, de­ren Kon­ten wie­der­um durch die herr­schen­den Pro­duk­ti­ons­ver­hält­nis­se in­zwi­schen re­gel­mä­ßig weit über­zo­gen wer­den. Über­setzt man al­so „Ur­ba­ni­tät“ als ei­nen im We­sent­li­chen räum­li­chen Ag­gre­gats­zu­stand der Ge­sell­schaft und be­schreibt „Raum“ auch als so­zio­öko­lo­gi­sches En­sem­ble mensch­li­cher Er­fah­rung, Ge­stal­tung, Kom­mu­ni­ka­ti­on und Lern­pro­zes­se, al­so als so­zia­le Ka­te­go­rie[5], dann ist „Ur­ba­ni­sie­run­g“ im­mer auch ei­ne spe­zi­fi­sche Form der Raum_an­eig­nung_ und de­ren herr­schaft­li­che Durch­drin­gung.

3. Orte der Handlung: Industriedörfer im Ruhrgebiet

Im 19. Jahr­hun­dert ent­stand zwi­schen Rhein, Ruhr und Em­scher das so­ge­nann­te „Re­vier der gro­ßen Dör­fer“.[6] In­dus­trie­dör­fer wa­ren vor al­lem die im schwer­in­dus­tri­el­len Boom der Hoch­in­dus­tria­li­sie­rung ex­pan­die­ren­den Land­ge­mein­den der Em­scher­zo­ne, die gleich­sam über Nacht ra­san­te Auf­stie­ge in heu­te kaum vor­stell­ba­ren Wachs­tums­ra­ten er­leb­ten. Wenn von der „klas­si­schen Pha­se der Ur­ba­ni­sie­run­g“ die Re­de ist (Städ­te wuch­sen in den Jah­ren nach 1870 in Deutsch­land noch schnel­ler als in den USA), dann hat­ten die­se In­dus­trie­dör­fer dar­an ei­nen ganz er­heb­li­chen An­teil.[7] 

Nun be­zeich­net man als „Dor­f“ tra­di­tio­nell die eher klei­ne Ge­mein­de mit ge­rin­ger Be­völ­ke­rungs­dich­te, vor­nehm­lich agra­ri­scher und weit­ge­hend ho­mo­ge­ner Be­völ­ke­rungs­struk­tur, mit na­tür­li­cher Um­ge­bung, re­la­tiv be­grenz­ter Mo­bi­li­tät bei vor­wie­gend in­for­mel­len und per­so­na­len So­zi­al­be­zie­hun­gen.[8] Hier aber ist die Re­de von den einst stark ex­pan­die­ren­den Land­ge­mein­den in in­dus­tri­el­len Ag­glo­me­ra­ti­ons­räu­men, die je­doch trotz be­acht­li­cher Grö­ße nicht oder aber reich­lich spät in den Stand von Städ­ten er­ho­ben wur­den. Dies war al­ler­dings ei­ne durch­aus ver­brei­te­te Va­ri­an­te der Pseu­do-Ver­städ­te­rung im deut­schen Kai­ser­reich, die aber lan­ge Zeit von der his­to­ri­schen Stadt­for­schung – wenn über­haupt be­ach­tet – höchs­tens Auf­merk­sam­keit als ver­meint­lich ku­rio­se Son­der­ent­wick­lung fand, die sich kaum in die gro­ßen Theo­rie­ent­wür­fe fü­gen woll­te.[9] 

Ein Bei­spiel: Als der Ge­mein­de­rat im rhei­ni­schen Ham­born am 7.2.1906 mit 32 ge­gen 18 Stim­men ab­lehn­te, ei­nen An­trag auf Ver­lei­hung der Stadt­rech­te zu stel­len, schien das dörf­li­che Schick­sal der da­mals grö­ß­ten preu­ßi­schen In­dus­trie­ge­mein­de auf lan­ge Sicht be­sie­gelt zu sein. Be­reits die kom­mu­na­le, al­so die un­ters­te po­li­ti­sche Ent­schei­dungs­be­hör­de hat­te sich als un­über­wind­ba­rer Stol­per­stein für die­se an­fangs mit so viel Op­ti­mis­mus ge­star­te­te In­itia­ti­ve er­wie­sen, die nichts an­de­res im Sinn hat­te, als ei­ne längst über­fäl­li­ge kom­mu­nal­recht­li­che Flur­be­rei­ni­gung in die We­ge zu lei­ten: Die Stadt­er­he­bung ei­nes mit sei­ner­zeit 67.453 Ein­woh­nern ge­ra­de­zu rie­si­gen In­dus­trie­dor­fes, das noch im­mer nach der rhei­ni­schen Land­ge­mein­de­ord­nung von 1845 in der Fas­sung von 1856 ver­wal­tet wur­de.[10] 

 

Die­ses Schick­sal teil­te das „Dor­f“ Ham­born mit dem Gros der stark ex­pan­die­ren­den Land­ge­mein­den in in­dus­tri­el­len Ag­glo­me­ra­ti­ons­räu­men[11] vor­nehm­lich des nörd­li­chen Ruhr­ge­bie­tes, der am schnells­ten wach­sen­den In­dus­trie­re­gi­on Eu­ro­pas seit der Mit­te des 19. Jahr­hun­derts.[12] Bis da­hin hat­ten sich hier die Ver­hält­nis­se eher be­schau­lich ge­stal­tet. Die Land­schaft war ge­prägt von ver­spreng­ten Dör­fern und klei­nen Bau­ern­schaf­ten, und selbst die we­ni­gen Land­städ­te wie Es­sen, Bo­chum und Dort­mund er­reich­ten zu­sam­men nicht ein­mal die Hälf­te des Ham­bor­ner Ein­woh­ner­stan­des von 1906. Doch dann setz­te von Süd nach Nord ein ge­wal­ti­ger In­dus­tria­li­sie­rungs­schub ein, der ei­nen Mas­sen­zu­strom von Ar­beits­kräf­ten aus­lös­te.[13] 

Die Kon­zen­tra­ti­on von Pro­duk­ti­ons­an­la­gen er­folg­te zu­nächst im en­ge­ren Ge­biet der Städ­te, spä­ter in den städ­ti­schen Rand­ge­bie­ten und der nä­he­ren Um­ge­bung. Sehr bald sie­del­ten sich um die aus­ge­la­ger­ten In­dus­trie­an­la­gen zu­wan­dern­de Ar­bei­ter an, die un­mit­tel­bar oder spä­ter auch ih­re Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­gen nach­zie­hen lie­ßen. In­dus­tri­el­le Stand­ort­ent­schei­dun­gen führ­ten hier wie in Ober­schle­si­en und Tei­len Sach­sens so­wie im Saar­land zu ei­nem völ­lig neu­en Sied­lungs­typ, der au­ßer der zah­len­mä­ßi­gen Grö­ße rein gar nichts mit den tra­di­tio­nel­len zen­tra­len Or­ten, mit den al­ten Re­si­denz- und Ge­wer­be­städ­ten, nicht mal mit den jün­ge­ren In­dus­trie­städ­ten an der Wup­per ge­mein hat­te. Kaum noch bil­de­ten die ehe­mals dörf­li­chen Ker­ne den Mit­tel­punkt sol­cher rie­si­gen Ag­glo­me­ra­tio­nen. Ih­re Ent­wick­lung wur­de von in­dus­tri­el­len Wer­ken be­stimmt, die im­mer neue Ar­bei­ter­sied­lun­gen gleich­sam aus dem Bo­den stampf­ten. Oder aber sie folg­ten dem Bau ei­nes Bahn­hofs an den neu­en Weg­stre­cken.

Be­son­ders be­trof­fen war der nörd­li­che Be­reich des Ruhr­ge­bie­tes, dort, wo neue Tief­bau­ze­chen ein­ge­rich­tet wur­den und die Nach­fra­ge an Ar­beits­kräf­ten be­son­ders groß war. Für die klei­nen Or­te der Em­scher­zo­ne, die heu­te als das „ei­gent­li­che Re­vier“ an­ge­se­hen wird, nahm die­se Ent­wick­lung zum Teil dra­ma­ti­sche Zü­ge an.[14] Vor al­lem das ra­pi­de Tem­po per­so­na­ler und räum­li­cher Ver­dich­tung stell­te die­se Ge­mein­den vor Pro­ble­me, de­nen sie über­haupt nicht ge­wach­sen wa­ren. Im­mer häu­fi­ger er­reich­ten sol­che In­dus­trie­dör­fer re­spek­ta­ble Grö­ßen von weit über 10.000 Ein­woh­nern, von de­nen es noch 1871 in Preu­ßen erst fünf gab. Doch be­reits 1910 exis­tier­ten be­reits 106 sol­cher Rie­sen­dör­fer, von de­nen wie­der­um das er­wähn­te Ham­born ei­ne ein­sa­me Spit­zen­stel­lung ein­nahm.[15] Schon vier Jah­re nach dem be­reits im Vor­feld in den Nie­de­run­gen des Ge­mein­de­rat s ge­schei­ter­ten Stadt­er­he­bungs­an­trag war das „Dor­f“ auf ge­ra­de­zu un­glaub­li­che 102.000 Ein­woh­ner an­ge­wach­sen und hat­te da­mit als ers­tes ei­ne sym­bo­li­sche Gren­ze über­schrit­ten. Das „Dor­f“ wä­re un­mit­tel­bar in den Rang ei­ner Groß­stadt auf­ge­stie­gen, hät­te es nur Stadt­rech­te be­ses­sen.

Zeichnung des Stahlwerks von Alt-Bochum, um 1880. (Stadt Bochum, Pressestelle)

 

An­de­ren ging es nicht an­ders. Ge­mein­den wie Al­ten­es­sen, Bor­beck, Bot­trop, Buer, Ei­ckel, Glad­beck, Her­ne, Horst, Mei­de­rich, Sterk­ra­de oder Wan­ne – um nur die grö­ße­ren und be­kann­te­ren zu nen­nen – wa­ren vor Ent­wick­lungs­pro­ble­me bis da­hin un­be­kann­ter Art ge­stellt. Nur zö­gernd konn­ten sie der Ver­dich­tung von Häu­sern, In­dus­trie­an­la­gen und Schie­nen­we­gen die wich­tigs­ten in­fra­struk­tu­rel­len Leis­tun­gen fol­gen las­sen. Ur­ba­ni­sie­rung als plan­vol­le Ent­wick­lung städ­ti­scher Le­bens­for­men, als len­ken­de Ein­grif­fe in die Bau­an­ar­chie, in den Wild­wuchs der Tief­bau­ze­chen mit ih­ren chao­ti­schen Ge­men­ge­la­gen aus be­trieb­li­chen Ein­rich­tun­gen, Ver­kehrs­we­gen, Hal­den, Bra­chen und Ar­bei­ter­sied­lun­gen fand nicht statt. Der Ein­sei­tig­keit ih­rer Ent­ste­hungs­mo­ti­ve ent­sprach das äu­ße­re Bild die­ser gi­gan­tisch wu­chern­den In­dus­trie­dör­fer vor al­lem in der Em­scher­zo­ne. De­ren ra­san­te In­dus­tria­li­sie­rung er­zeug­te ei­nen Ent­wick­lungs­druck, der es er­for­der­te, in­ner­halb ei­ner Ge­ne­ra­ti­on ei­ne hoch­mo­bi­le, jun­ge, ehe­mals länd­li­che Be­völ­ke­rung mit über­le­bens­wich­ti­gen Dienst­leis­tun­gen zu ver­sor­gen, Woh­nungs­be­darf zu de­cken, Schu­len zu bau­en, über Nacht aus dem Bo­den ge­stampf­te Sied­lun­gen in­fra­struk­tu­rell zu er­schlie­ßen, ver­kehrs­tech­nisch an­zu­bin­den, me­di­zi­nisch zu ver­sor­gen. Mit an­de­ren Wor­ten: Ei­ne funk­tio­nie­ren­de In­fra­struk­tur bei­na­he aus dem Nichts her­aus zu schaf­fen und der quan­ti­ta­ti­ven Ur­ba­ni­sie­rung ei­ne qua­li­ta­ti­ve fol­gen zu las­sen − ei­ne Her­ku­les-Auf­ga­be.

Un­ter­sucht man den his­to­ri­schen Zu­sam­men­hang von Ur­ba­ni­sie­rung und Po­li­tik in den In­dus­trie­dör­fern des Ruhr­ge­bie­tes, be­wegt man sich im Vor­feld von Fra­gen nach der Ent­ste­hung der spe­zi­fi­schen ele­men­ta­ren So­zio­kul­tur im „Re­vier“, nach der Ei­gen­art von Ver­hal­tens- und Be­wusstseins­po­ten­zia­len zwi­schen so­li­da­ri­schem Zu­sam­men­wir­ken und pri­va­ter Lohn­ar­beit, nach der Be­wäl­ti­gung ei­nes All­tags zwi­schen Ar­beit und Mo­bi­li­tät, den Über­le­bens­stra­te­gi­en zwi­schen Werk, Quar­tier und Ko­lo­nie, nach den Be­din­gun­gen po­li­ti­schen Han­delns zwi­schen An­pas­sungs­druck und Ra­di­ka­li­tät – al­so der un­ge­mein span­nen­den Fra­ge nach der Ent­wick­lung ei­ner Ar­bei­ter­kul­tur, in de­ren Um­feld bür­ger­li­che Le­bens­form (hier Ur­ba­ni­tät) sich nicht als die Kul­tur durch­set­zen konn­te, de­ren he­ge­mo­nia­ler An­spruch mit­hin stark be­schnit­ten war.[16] 

4. Machtstrukturen im Industriedorf

Mit an­de­ren Wor­ten: Die Un­fä­hig­keit zur Stadt­ent­wick­lung lag vor al­lem an den ei­gen­tüm­li­chen So­zi­al- und Macht­struk­tu­ren in den „Dör­fern“. Der ra­san­ten und un­auf­halt­sa­men In­dus­tria­li­sie­rung und Be­sie­de­lung des zu­vor eher sied­lungs­feind­li­chen Raums folg­ten ge­wal­ti­ge Bo­den­spe­ku­la­tio­nen. Ehe­mals ge­nüg­sa­me und bo­den­stän­di­ge Bau­ern fan­den sich plötz­lich rei­hen­wei­se als ra­sant ver­bür­ger­lich­te Ren­tiers und „Schlot­ba­ro­ne“ in den Ge­mein­de- oder Stadt­rä­ten wie­der. Das moch­te den ei­nen oder an­de­ren zwar über­for­dern, meis­tens aber fan­den sie of­fen­sicht­lich durch­aus Ge­fal­len an ei­ner Po­li­tik, die den kom­mu­na­len Ver­wal­tun­gen, wel­che an­fangs noch in Hin­ter­zim­mern von Gast­hö­fen ta­gen muss­ten, Stei­ne in den Weg le­gen konn­te, wenn die­se be­müht wa­ren, we­nigs­tens die al­ler­gröbs­ten Fehl­ent­wick­lun­gen doch noch in den Griff zu be­kom­men. Die In­dus­trie­ge­mein­den an der Ruhr wa­ren ech­te Steu­er­pa­ra­die­se, Re­sul­ta­te ei­ner ra­di­ka­len, den Grund­be­sitz und die In­dus­trie scho­nen­den Fis­kal­po­li­tik, so dass man vie­ler­orts noch 1911 auf jed­we­de Ka­na­li­sa­ti­on, Stra­ßen­pflas­te­rung oder Be­leuch­tung ver­zich­ten muss­te, ge­schwei­ge denn aus­rei­chen­de so­zia­le Für­sor­ge- oder Schul­sys­te­me ent­wi­ckeln konn­te.

Än­de­rung war kaum in Sicht, wur­den die knap­pen öf­fent­li­chen fi­nan­zi­el­len Res­sour­cen doch in ei­nem Spek­trum sich ge­gen­sei­tig über­la­gern­der In­ter­es­sens­grup­pen und Macht­blö­cke ver­wal­tet, die der schwach aus­ge­bil­de­ten ört­li­chen Bü­ro­kra­tie nur we­nig Spiel­räu­me bo­ten für plan­vol­le Ge­stal­tung, zwin­gend not­wen­di­ge In­ves­ti­tio­nen, kul­tu­rel­le An­ge­bo­te, ge­schwei­ge denn so­zia­le Für­sor­ge.

Und mit­ten­drin die Bür­ger­meis­ter, die wie­der­um – wenn sie mit den Ge­mein­de­rä­ten ei­ne ver­nünf­ti­ge Sied­lungs- und So­zi­al­po­li­tik ver­fol­gen woll­ten – ne­ben den ge­ra­de­zu er­drü­cken­den In­ter­es­sen der In­dus­trie auch mit den in­ne­ren Que­re­len der lo­ka­len Füh­rungs­schicht, de­ren oft­mals ir­ra­tio­na­ler Be­har­rungs­kraft und oben­drein noch mit der ei­ge­nen Ver­wal­tung zu rech­nen hat­ten. Die­se Kon­stel­la­ti­on hat­te ih­re Ur­sa­chen. Im Rhein­land wur­den die Ge­mein­de­rä­te un­ter den Be­din­gun­gen ei­nes zu­ge­spitz­ten Drei­klas­sen­wahl­rech­tes von al­ten und neu­en Grund­be­sit­zern do­mi­niert, de­ren In­ter­es­sen sich vor­nehm­lich in ei­nem ent­schei­den­den Punk­te tra­fen: Die öf­fent­li­che Ver­wal­tung kurz zu hal­ten. Die Re­de ist vom so­ge­nann­ten „Meist­be­gü­ter­ten-Rech­t“. 1908 sa­ßen bei­spiels­wei­se im Ge­mein­de­rat der rhei­ni­schen Ge­mein­de Al­ten­es­sen 20 Meist­be­gü­ter­te, aber nur zwölf ge­wähl­te Mit­glie­der − Ten­denz stei­gend.[17] 

Vor die­sem Hin­ter­grund wa­ren die In­ter­es­sen der Mehr­heits­be­völ­ke­rung, al­so der Ar­bei­ter ei­nes In­dus­trie­dor­fes, prak­tisch nicht re­prä­sen­tiert und hat­ten in der Re­gel kei­ne hör­ba­re Stim­me im Ge­mein­de­rat. „Al­len­falls bei Um­zü­gen, Kir­mes­sen, durch Sau­fe­rei­en und Rau­fe­rei­en, in de­nen sich all­ge­gen­wär­ti­ge Frus­tra­ti­on in ei­ner Un­zahl von mehr oder min­der or­ga­ni­sier­ten Ge­le­gen­hei­ten ent­lud, wur­den sie als Po­li­zei­pro­blem ak­ten­kun­dig.“[18] Zwi­schen Alt­ein­ge­ses­se­nen und Ar­bei­ter­schaft konn­ten sich erst all­mäh­lich neue, zwi­schen­bür­ger­li­che Schich­ten aus klei­nen und mitt­le­ren Ge­wer­be­trei­ben­den, frei­en Dienst­leis­tungs­be­ru­fen und An­ge­stell­ten eta­blie­ren, wa­ren ge­gen­über der Ar­bei­ter­be­völ­ke­rung aber hoff­nungs­los un­ter­re­prä­sen­tiert. Dort, wo al­so nicht nur die Bür­ger­stei­ge fehl­ten, war die bür­ger­li­che Ge­sell­schaft selbst phy­sisch ver­lo­ren. Und ge­ra­de auf die­se hät­ten sich kom­mu­na­le Ver­wal­tun­gen noch am ehes­ten stüt­zen kön­nen, ge­gen die ei­ge­ne „Selbst­ver­wal­tun­g“, die von In­dus­trie und Bo­den­spe­ku­lan­ten be­herrscht wur­de und die Mas­se der Be­völ­ke­rung drau­ßen ließ.

5. Bürger in Bewegung: Die Stadtrechtskampagnen

Woll­te man die­se Ver­hält­nis­se än­dern, so be­durf­te es ganz be­son­de­rer Stra­te­gi­en, woll­te sich ei­ne rand­stän­di­ge bür­ger­li­che Ge­sell­schaft zu Trä­gern der Pla­nung im Dienst des „All­ge­mein­wohl­s“ auf­schwin­gen. Im­mer­hin wur­de die „de­fi­zi­en­te Ur­ba­ni­sie­run­g“ der gi­gan­tisch wu­chern­den In­dus­trie­dör­fer durch­aus als Ge­fahr für den so­zia­len Frie­den, vor al­lem aber als öko­no­mi­scher Hemm­schuh für die wei­te­re Ent­wick­lung er­kannt. Was war zu tun?

All­mäh­lich, et­wa ab den 1890er Jah­ren kam in die­ses in­dus­trie­dörf­li­che Di­lem­ma Be­we­gung durch ei­ne brei­te öf­fent­li­che De­bat­te über den Er­werb von Stadt­rech­ten.[19] Wor­um ging es da­bei?

Zwi­schen 1870 und 1914 stell­ten bei­na­he al­le nicht städ­ti­schen Gro­ß­ge­mein­den im Re­vier An­trä­ge auf Stadt­er­he­bung bei den zu­stän­di­gen Be­hör­den. Was an­fangs durch­aus er­folg­reich schien (Has­pe, Gel­sen­kir­chen, Wat­ten­scheid, Ge­vels­berg, Mei­de­rich und Her­ne), ver­en­de­te je­doch ab 1898 er­folg­los auf den Schreib­ti­schen der Re­gie­rung.[20] Zu­meist han­del­te es sich bei die­sen Stadt­er­he­bungs­an­trä­gen[21] um die mehr oder we­ni­ger ver­krampf­ten Ver­su­che ei­ner Al­li­anz aus ört­li­chen Ver­wal­tungs­spit­zen und zah­len­mä­ßig un­be­deu­ten­dem Klein­bür­ger­tum, die er­starr­ten lo­ka­len Macht­ver­hält­nis­se durch ei­nen kom­mu­nal­recht­li­chen Sta­tus­wech­sel auf­zu­bre­chen: Stadt­rech­te – das hät­te ge­gen­über der zu­ge­spitz­ten Va­ri­an­te die Ein­füh­rung des rei­nen Drei­klas­sen­wahl­rech­tes be­deu­tet, da­mit die po­li­ti­sche Ba­sis der Selbst­ver­wal­tung ver­än­dert und schlie­ß­lich für grö­ße­re Un­ab­hän­gig­keit von Grund­be­sitz und In­dus­trie ge­sorgt.

Wer wa­ren die Prot­ago­nis­ten? Die or­ga­ni­sier­te In­ter­es­sen­ver­tre­tung bür­ger­li­cher Zwi­schen­schich­ten wur­de im rhei­ni­schen Be­reich ge­tra­gen von Kauf­manns- und Ge­wer­be­ver­ei­nen, wäh­rend in West­fa­len auch die Haus- und Grund­be­sit­zer­or­ga­ni­sa­tio­nen, die sich als de­fen­si­ve Ver­bän­de ge­gen die ver­stärk­te Ver­steue­rung und bau­po­li­zei­li­che Ge­büh­ren­er­hö­hung ge­grün­det hat­ten, an die Sei­te der Stadt­rechts­be­we­gung tra­ten, um ih­ren Spe­ku­la­ti­ons­ge­schäf­ten Raum in den ur­ba­nen Plan­spie­len zu si­chern. Ein in der Theo­rie trick­rei­ches Kon­zept: Über künf­tig mög­li­che Steu­er­re­vi­sio­nen woll­te man zu­nächst neue Fi­nanz­quel­len er­schlie­ßen und im Zu­ge ei­ner gleich­sam nach­träg­li­chen Stadt­pla­nung die Ar­bei­ter­ge­mein­den „ur­ba­ner“ ge­stal­ten. Die At­trak­ti­vi­tät ei­nes selbst­stän­di­gen städ­ti­schen Ge­mein­we­sens soll­te an­schlie­ßend die bür­ger­li­chen Zwi­schen­schich­ten stär­ken, ge­werb­li­che und ad­mi­nis­tra­ti­ve Funk­tio­nen an­zie­hen, Kul­tur zen­tral in­sze­nie­ren und da­mit wei­te­ren Mit­tel­stand an­lo­cken, der sei­ne Ge­schäfts­ge­win­ne dann auch am Ort ver­zeh­ren und selbst­ver­ständ­lich Steu­ern zah­len wür­de. Die­ser Traum vom Stadt­recht wur­de gleich­sam zur Zau­ber­for­mel bür­ger­li­cher Ur­ba­ni­täts­phan­ta­si­en im In­dus­trie­dorf und sorg­te für all­ge­mei­ne Be­geis­te­rung an den Stamm­ti­schen, in den Ver­ei­nen und in den Me­di­en. Und auch für den His­to­ri­ker er­freu­lich: An kaum ei­ner an­de­ren Stel­le ih­rer Ge­schich­te wird das Macht­ge­fü­ge die­ser In­dus­trie­dör­fer von in­nen her bes­ser trans­pa­rent als beim Vor­gang der um die Jahr­hun­dert­wen­de ku­mu­lie­ren­den Stadt­er­he­bungs­ge­su­che. Als or­ga­ni­sa­ti­ons­ar­me Ge­bil­de ha­ben so die In­dus­trie­dör­fer der Nach­welt äu­ßerst sel­te­ne Quel­len hin­ter­las­sen und da­mit ex­em­pla­ri­sche Ein­bli­cke in die po­li­ti­schen Kon­zep­te des Ur­ba­ni­sie­rungs­pro­zes­ses ge­stat­tet.

Tat­säch­lich ha­ben et­li­che der Rie­sen­dör­fer zwi­schen Ober­hau­sen und Hamm zu Kai­sers Zei­ten oft­mals jahr­zehn­te­lan­ge Kam­pa­gnen für die Er­lan­gung kom­mu­na­ler Selbst­stän­dig­keit ge­führt, ha­ben An­trä­ge ge­stellt, die aber häu­fig nach ei­nem lan­gen, zu­meist dor­nen­rei­chen Marsch durch die In­sti­tu­tio­nen auf den Schreib­ti­schen der preu­ßi­schen Bü­ro­kra­tie oder be­reits weit im Vor­feld lo­kal­po­li­ti­scher Que­re­len ver­en­de­ten. Und tat­säch­lich: Ei­ni­ge In­dus­trie­dör­fer wur­den vom preu­ßi­schen In­nen­mi­nis­te­ri­um zu Städ­ten er­ho­ben, die Mehr­zahl der Ge­su­che aber blieb er­folg­los.[22] Der üb­li­che Weg ei­nes Stadt­er­he­bungs­an­tra­ges ver­lief über die In­stan­zen Land­rat und Re­gie­rungs­prä­si­dent ins Mi­nis­te­ri­um und re­tour. Bei­spiel­haft ist das, was der preu­ßi­sche In­nen­mi­nis­ter Eber­hard Frei­herr von der Re­cke (1847-1911) 1898 in der Stel­lung­nah­me des Re­gie­rungs­prä­si­den­ten zum An­trag der Land­ge­mein­de Al­ten­es­sen le­sen konn­te: „Von den 22384 Ein­woh­nern ge­hö­ren 29 zu den Ge­wer­be­trei­ben­den in Groß­be­trie­ben, 2101 zu Ge­wer­be­trei­ben­den in Klein­be­trie­ben, 112 zum Stan­de der selb­stän­di­gen Land­wir­te, 1670 zu den Staats-, Ge­mein­de- und Pri­vat­be­am­ten, aber 18157 zu den stark fluk­tu­ie­ren­den Berg­leu­ten und an­de­ren ge­werb­li­chen Ar­bei­tern, die al­so 81,1 Pro­zent der gan­zen Be­völ­ke­rung aus­ma­chen, wäh­rend ein Haupt­kri­te­ri­um städ­ti­schen Le­bens, der sess­haf­te Bür­ger­stand, über­haupt fehlt. […] Zu dem Nach­teil ul­tra­mon­ta­ner pp Stadt­ver­ord­ne­ten Mehr­hei­ten und der durch sie be­ein­fluss­ten Bür­ger­meis­ter­wah­len wür­den al­so städ­ti­sche, und zwar von der Auf­sicht des Land­ra­tes ganz los­ge­lös­te Po­li­zei­ver­wal­tun­gen tre­ten. Zu wel­che Fol­gen die­ser ei­ne straf­fe Staats­auf­sicht aus­schlie­ßen­de Zu­stand in Zei­ten wirt­schaft­li­cher Kri­sen oder po­li­ti­scher Gä­rung im dich­test be­völ­ker­ten In­dus­trie­ge­biet des Preu­ßi­schen Staa­tes füh­ren könn­te, liegt auf der Hand, so dass ich mich mit dem Land­rat von Es­sen auch aus die­sen po­li­ti­schen Grün­den grund­sätz­lich ge­gen die Ver­lei­hung der Städ­te-Ord­nung an die frag­li­chen Ar­bei­ter­ge­mein­den, in die­sem Fal­le Al­ten­es­sen, aus­spre­chen […] muss.“[23] Da­mit war der Traum vom Stadt­recht zu­min­dest in Al­ten­es­sen aus­ge­träumt.

Fotografie der Kaiserpassage in Wanne. (Stadtarchiv Herne)

 

6. Urbanität als Planspiel: Die Stadtrechtskampagne in Buer

An­ders ein paar Jah­re spä­ter in ei­nem In­dus­trie­dorf wei­ter öst­lich, im west­fä­li­schen Teil des „Re­vier­s“: Buer im Land­kreis Reck­ling­hau­sen, na­he Gel­sen­kir­chen. Auch dort wur­de im April 1907 von dem agi­len Amt­mann der Ge­mein­de den Auf­sichts­be­hör­den ein aus­ge­feil­ter An­trag zur Be­gut­ach­tung vor­ge­legt.[24] Die­ser Stadt­er­he­bungs­an­trag war das Ge­mein­schafts­pro­dukt ei­ner bür­ger­li­chen In­dus­trie­dor­fe­li­te mit der kom­mu­na­len Ver­wal­tungs­spit­ze. Er for­mu­lier­te ge­ra­de­zu ide­al­ty­pisch die ur­ba­nen Kon­zep­te und Pro­jek­tio­nen, auf die die Ar­gu­men­ta­ti­on der Trieb­kräf­te ei­ner Mo­der­ni­sie­rung in der in­dus­tri­el­len Pro­vinz be­reits bau­te oder durch ei­nen Zu­wachs an kom­mu­na­ler Selbst­stän­dig­keit noch ein­zu­lö­sen ge­dach­te. Die­se Quel­le do­ku­men­tiert und bün­delt schon reich­lich rou­ti­niert die oft­mals eher di­let­tan­tisch wir­ken­den Pro­fi­lie­rungs­ver­su­che der Nach­bar­ge­mein­den aus den Jah­ren zu­vor und steht hier ex­em­pla­risch für das Selbst­ver­ständ­nis der Stadt­ent­wick­lungs­am­bi­tio­nen in­dus­tri­el­ler Land­ge­mein­den, der Trieb­kräf­te vor Ort und ih­rer ei­gen­tüm­li­chen Les­art der (so­zia­len) Ver­hält­nis­se.

Die Stadt­rechts­kam­pa­gne in Buer wur­de ge­tra­gen vom an­ge­stamm­ten, alt­ein­ge­ses­se­nen Bür­ger­tum aus Hand­werk, Han­del und Ge­wer­be und der neu­en Eli­te der Re­gi­on, die als hö­he­re Be­am­te die orts­an­säs­si­gen Berg­werks­ge­sell­schaf­ten re­prä­sen­tier­ten[25], so­weit sie im en­ge­ren Ort der 1907 42.163 Ein­woh­ner zäh­len­den Ge­samt­ge­mein­de wohn­ten, wel­che sich auf ei­ne Ge­samt­flä­che von cir­ca 6.200 Hekt­ar ver­teil­ten.[26] Das Stadt­ent­wick­lungs­kon­zept der im Orts­kern re­si­die­ren­den Be­am­ten (acht Amts­rich­ter, fünf Rechts­an­wäl­te, zwei Berg­werks­di­rek­to­ren, meh­re­re hö­he­re Berg­werk­be­am­te, Gym­na­si­al­di­rek­tor, Kreis­schul­in­spek­tor, zehn Gym­na­si­al­leh­rer), der fünf Geist­li­chen und rund 70 Leh­rer und Leh­re­rin­nen der nie­de­ren Schu­len, der Hand­wer­ker, Kauf­leu­te und Ge­wer­be­trei­ben­den hieß vor al­lem Zen­trums­bil­dung[27]: Das „Dor­f“ woll­te ei­ne „Ci­ty“.

Die vor­han­de­nen An­sät­ze ei­nes kom­mer­zi­el­len und ad­mi­nis­tra­ti­ven Kerns, der aus den dörf­li­chen Res­ten der al­ten Frei­heit Buer ge­wach­sen war, galt es da­bei zu ent­wi­ckeln, wenn die ur­ba­nen Träu­me des lo­ka­len Bür­ger­tums Wirk­lich­keit wer­den soll­ten. Tat­säch­lich bil­de­te die Ort­schaft Buer das geo­gra­phi­sche und ad­mi­nis­tra­ti­ve Zen­trum der Flä­chen-Ge­mein­de, um die sich drei rei­ne Ar­bei­ter­dör­fer grup­pier­ten, die der Ent­wick­lung der Ze­chen­stand­or­te folg­ten. Im en­ge­ren Ort er­in­ner­ten zum Zeit­punkt der An­trag­stel­lung nur noch ein­zel­ne Spu­ren an die länd­li­che Ver­gan­gen­heit. Fach­werk­häu­ser und en­ge Gas­sen wa­ren be­reits um die Jahr­hun­dert­wen­de durch zu­meist drei­ge­schos­si­ge Wohn- und Ge­schäfts­häu­ser an ka­na­li­sier­ten, mit Bür­ger­stei­gen ver­se­he­nen, brei­ten Stra­ßen ab­ge­löst wor­den, die zu­meist ge­pflas­tert und nur in Aus­nah­me­fäl­len mit Ba­salt­klein­schlag be­fes­tigt wa­ren. Der Haupt­ge­schäfts­ver­kehr spiel­te sich auf der 21 Me­ter brei­ten Es­se­ner Stra­ße und der Hoch­stra­ße ab, für de­ren Hy­gie­ne öf­fent­li­che Vor­sor­ge ge­trof­fen war: Der in­ne­re Ort ver­füg­te über ge­re­gel­te Stra­ßen­rei­ni­gung und Müll­ab­fuhr. Die Orts­er­wei­te­rung soll­te ei­nem Be­bau­ungs­plan in spe fol­gen, der für die An­la­ge neu­er Stra­ßen ei­ne Min­dest­brei­te von 14 Me­tern und ei­ne Mi­nia­tur­va­ri­an­te der „Me­tho­de Haus­man­n“ in der ver­win­kel­ten Ge­mein­de vor­sah, zu de­ren Ar­ron­die­rung vor al­lem das Pro­jekt ei­ner 26 Me­ter brei­ten Ring­stra­ße um den Orts­kern bei­tra­gen soll­te. Ent­spre­chen­de Orts­sta­tu­te und Po­li­zei­ver­ord­nun­gen for­mu­lier­ten den An­schluss­zwang an das be­ste­hen­de Was­ser­lei­tungs- und Ka­na­li­sa­ti­ons­sys­tem, des­sen Er­wei­te­rung den Haus- und Grund­be­sit­zern an­ge­las­tet wur­de. Das ge­sam­te Stadt­ent­wick­lungs­kon­zept war auf die­ses künf­ti­ge Zen­trum zu­ge­schnit­ten und ab­ge­stimmt.

Ad­mi­nis­tra­ti­ve Funk­tio­nen nahm es be­reits 1907 durch den Sitz der Amts­ver­wal­tung des Amts­ge­rich­tes, des Eich- und Ka­tas­ter­am­tes, kö­nig­li­cher No­ta­ria­te, Kre­dit­in­sti­tu­te, Kauf­manns- und Ge­wer­be­ge­rich­te, der Pas­to­ra­te bei­der Kon­fes­sio­nen, der Schul­in­spek­tio­nen so­wie der Post­äm­ter und der Ei­sen­bahn­sta­tio­nen war. Da­ne­ben bö­ten – so der Stadt­er­he­bungs­an­trag – die an­säs­si­gen Ver­kaufs­ge­schäf­te nach Um­fang und Aus­stat­tung „das Bild ei­nes re­gen Trei­bens, das nir­gends mehr zur Be­frie­di­gung länd­li­cher Be­dürf­nis­se, son­dern aus­schlie­ß­lich noch zur Er­hal­tung und För­de­rung ei­nes bür­ger­li­chen Le­bens in leb­haf­tes­ter Wei­se pul­sier­t“.[28] 

Das Groß- und Klein­ge­wer­be der Ge­mein­de dräng­te sich im engs­ten Orts­be­reich, das nach und nach re­prä­sen­ta­ti­ve Bau­ten er­hal­ten hat­te: zwei Amts­ge­bäu­de, ei­ne mas­si­ge Hal­len­kir­che der ka­tho­li­schen Ge­mein­de von Bern­hard Her­tel (1862-1927) im neu­go­ti­schen Stil mit Sand­stein­ver­blen­dung, ein Kran­ken­haus „als Ko­los­sal­ge­bäu­de“ mit 150 Bet­ten. Und die Prot­ago­nis­ten der Stadt­wer­dung plan­ten wei­ter in gro­ßen Di­men­sio­nen. In we­ni­gen Jah­ren soll­ten neue Re­nom­mier­ob­jek­te als in­fra­struk­tu­rel­le In­ves­ti­tio­nen hin­zu­tre­ten: ein re­prä­sen­ta­ti­ves Rat­haus, das der Ver­wal­tung im gro­ßen Stil Platz bie­ten wür­de[29] und ein Gym­na­si­um nebst Turn­hal­le und Au­la als 300.000-Reichs­mark-Pro­jekt, das – selbst wenn die Kos­ten­rech­nung auf­ge­gan­gen wä­re – im­mer­hin ein Drit­tel des Ge­mein­de­etats des ge­sam­ten Haus­halts­jah­res 1903 oder den mehr als fünf­fa­chen Be­trag aus­ge­macht hät­te, den die Ge­mein­de 1906 für die „öf­fent­li­che Wohl­fahr­t“ ver­an­schlag­te.[30] 

Schritt für Schritt soll­te mit der An­la­ge re­prä­sen­ta­ti­ver Plät­ze, Parks- und Frei­zeit­an­la­gen be­gon­nen wer­den, als Er­gän­zung ei­ner dann „ge­die­ge­ne­ren“ kul­tu­rel­len In­fra­struk­tur im Her­zen der Ge­mein­de, die be­reits über drei Ho­tels, „vor­zugs­wei­se von der bes­se­ren Ge­sell­schaft fre­quen­tiert, mo­der­ne Re­stau­rants, Ca­fés und vie­le Gast- und Schank­wirt­schaf­ten, mit durch­weg lu­xu­riö­sen Ein­rich­tun­gen“ ver­füg­te, in de­nen sich das Le­ben „der ei­gent­li­chen bür­ger­li­chen Ge­sell­schaf­t“ ab­spiel­te, die fast aus­schlie­ß­lich mit Haus und Hof orts­an­ge­ses­sen und im Bür­ger-, Krie­ger-, Flot­ten- und Va­ter­län­di­schen Frau­en­ver­ein ver­tre­ten war.[31] 

Titelblatt der Begründung zum Antrag der Gemeinde Buer auf Stadterhebung. (Privatbesitz Vonde)

 

Die­se „ei­gent­li­che bür­ger­li­che Ge­sell­schaft in Bue­r“, de­ren Nach­hol­be­darf an Ur­ba­ni­tät die Im­pul­se für ei­ne for­ciert Ent­wick­lung des Zen­tra­li­täts­kon­zep­tes setz­te, ver­teil­te sich 1906 als Ge­wer­be­trei­ben­de auf die vier Steu­er­klas­sen wie folgt[32]:

Die­se dün­ne Schicht der mit­tel­stän­di­schen und klei­nen Ge­wer­be­trei­ben­den der 3. und 4. Steu­er­klas­se nennt der Stadt­er­he­bungs­an­trag als ei­gent­li­che Trieb­kraft der kom­mu­na­len Au­to­no­mie­be­we­gung und der „Mo­der­ni­sie­run­g“ im Dorf. Die Rea­li­tät aber dürf­te die­ser Zah­len­an­ga­be wi­der­spro­chen ha­ben, da sie sich auf den ge­sam­ten Ge­mein­de­be­zirk, al­so auch die Rand­be­rei­che be­zog, die, nach und nach durch die elek­tri­sche Stra­ßen­bahn in den pro­jek­tier­ten städ­ti­schen Kern in­te­griert, die Op­po­si­ti­on der „small shop kee­per­s“ in den Vier­teln ge­gen sol­che exis­tenz­ge­fähr­den­den Zen­tra­li­täts­kon­zep­te spür­te. Tat­säch­lich dürf­te al­so die Stadt­rechts­be­we­gung in Buer aus der eben­so ex­klu­si­ven wie über­schau­ba­ren Schicht bür­ger­li­cher Ho­no­ra­tio­ren im en­ge­ren Ort be­stan­den ha­ben, die den „Lawn Ten­nis Club“, die Le­se-, Mu­sik- und Ge­sangs­ver­ei­ne be­such­te, das Feh­len ei­nes be­son­de­ren Ge­mein­de­parks be­klag­te und die Be­sit­zun­gen des Gra­fen West­er­holt-Aren­fels (Schloss Ber­ge) mit gro­ßen Was­ser­flä­chen, Grün­an­la­gen und ver­pach­te­ten „Ver­gnü­gungs­eta­blis­se­ments“ zu sonn­täg­li­chen Spa­zier­gän­gen nutz­te. Ih­re Re­fu­gi­en ver­ließ die „ei­gent­li­che bür­ger­li­che Ge­sell­schaf­t“ nur, wenn nach ge­ta­ner Ar­beit „die nie­de­ren Gen­res der Volks­be­lus­ti­gun­g“ im Va­rie­té-Thea­ter mit Wie­ner Ca­fé lock­ten.[33] 

Für den Aus­bau der Pla­nungs­ka­pa­zi­tä­ten, die in­fra­struk­tu­rel­le Mo­der­ni­sie­rung der In­nen­stadt in spe und die er­hoff­te ge­werb­li­che Auf­wer­tung des Kern­be­reichs der ex­pan­die­ren­den Land­ge­mein­de be­durf­te es ver­tret­ba­rer Ar­gu­men­te ge­gen­über den ge­stren­gen Auf­sichts­be­hör­den, die mög­li­che Ab­leh­nungs­grün­de von vorn­her­ein ent­kräf­ten soll­ten. We­ni­ge Mo­na­te zu­vor noch hat­te der Kreis­tag mit 20 ge­gen 10 Stim­men den Par­al­lel­an­trag der Nach­bar­ge­mein­de Bot­trop auf der Grund­la­ge von die­sen sie­ben Punk­ten ab­ge­lehnt: 

  1. der vor­wie­gend länd­li­che Cha­rak­ter der Ge­mein­de, die kaum ge­pflas­ter­ten Stra­ßen, ge­schlos­se­ne Be­bau­ung und ei­nen nur un­be­deu­ten­den Kern auf­wei­se;
  2. nur 63 Stra­ßen sei­en mit Bür­ger­stei­gen ver­se­hen;
  3. von 10.811 Zen­siten sei­en 6.000 Ar­bei­ter staats­steu­er­frei ver­an­lagt;
  4. von den 310 Ge­wer­be­steu­er­pflich­ti­gen zähl­ten mehr als zwei Drit­tel zur 4. Klas­se;
  5. Ent­wick­lungs­rück­stän­de „all­ge­mei­ner Ar­t“;
  6. der ho­he An­teil pol­ni­scher Be­völ­ke­rung als „po­li­ti­scher Grun­d“;
  7. die nur ge­rin­gen fi­nan­zi­el­len Vor­tei­le der Ge­mein­de durch die an­ge­streb­te Kreis­frei­heit.[34] 

Ge­gen­über sol­chen Kri­te­ri­en hät­ten nur har­te Zah­len und Fak­ten wei­ter­ge­hol­fen, die die prin­zi­pi­el­le Un­ter­schied­lich­keit der Ver­hält­nis­se in Buer do­ku­men­tie­ren konn­ten. Die Vä­ter des Stadt­er­he­bungs­an­trags be­han­del­ten die Be­din­gun­gen, die die Be­hör­den an die städ­ti­sche Qua­li­tät ei­ne Ge­mein­we­sens ban­den, als Er­mes­sens­fra­ge und wie­sen drauf hin, dass ei­ne groß­flä­chi­ge Ge­mein­de wie Buer mit cir­ca 3.000 Wohn­häu­sern im­mer ei­nen Son­der­typ dar­stel­len wür­de, der nur punk­tu­ell ge­schlos­se­ne Be­bau­ung auf­wei­sen kön­ne und sich erst all­mäh­lich ver­dich­ten wür­de. Der Aus­bau der Stra­ßen kön­ne wohl als äu­ße­res Zei­chen der Aus­stat­tung ei­nes Or­tes, nicht aber als die Be­din­gung städ­ti­schen Le­bens an­ge­se­hen wer­den. „Die Städ­te im preu­ßi­schen Staa­te, die über­haupt kei­ne Bür­ger­steig­an­la­gen be­sit­zen, dürf­ten nach Hun­der­ten zäh­len. Städ­te im preu­ßi­schen Staa­te mitt­le­ren Gra­des aber, wel­che wie Bot­trop 63 Stra­ßen mit Bür­ger­stei­gen auf­wei­sen, wer­den so­gar zu den Aus­nah­men zäh­len.“[35] 

Auch be­züg­lich der Ge­wer­be- und So­zi­al­struk­tur ver­zich­te­te der Buer’sche An­trag auf die An­la­ge von Zah­len­ma­te­ria­li­en, die le­dig­lich die weit­ge­hen­de Über­ein­stim­mung der Ver­hält­nis­se do­ku­men­tiert hät­ten. Statt­des­sen setz­ten die Ver­fas­ser ganz auf die Durch­schlags­kraft his­to­ri­sie­ren­der Ar­gu­men­te. Zwar sei der städ­ti­sche Ur­sprung der ehe­ma­li­gen Frei­heit Buer nicht ur­kund­lich nach­weis­bar, ih­re städ­ti­schen Pri­vi­le­gi­en aber noch aus dem 18. Jahr­hun­dert über­lie­fert. 1811 sei die al­te Frei­heit zu­sam­men mit den Ge­mein­den Horst, Glad­beck und West­er­holt „durch ei­nen Ge­walt­akt des kor­si­schen Er­obe­r­er­s“ zur Mai­rie ver­ei­nigt und 1815 auf Dau­er auf den Stand ei­ner Preu­ßi­schen Land­ge­mein­de zu­rück­ge­stuft wor­den. Den­noch sei­en die Hoff­nun­gen auf ei­ne Wie­der­her­stel­lung städ­ti­scher Rech­te nie völ­lig ver­blasst und „die neu­es­te Zeit, wel­che durch den un­ge­heu­ren Auf­schwung der Koh­len­in­dus­trie ei­ne neue Stadt zwi­schen den Res­ten der ehe­ma­li­gen Frei­heit her­vor­ge­zau­bert hat, lässt die al­ten Hoff­nun­gen und Wün­sche mäch­tig wie­der auf­le­ben“.[36] 

Die Hoff­nun­gen und Wün­sche der Bür­ger­schaft zu Buer kon­zen­trier­ten sich zu­erst und vor al­lem auf die Wie­der­be­le­bung des frü­he­ren Ver­kehrs­mit­tel­punk­tes des Vests, den es un­ter den Vor­zei­chen der wirt­schaft­li­chen Kon­junk­tur zum Mit­tel­punkt des Ver­wal­tungs­be­zir­kes aus­zu­bau­en gel­te, von dem aus die wirt­schaft­li­che Pla­nung des künf­ti­gen Stadt­ge­bie­tes statt­fin­den soll­te.[37] 

Sol­che Am­bi­tio­nen glaub­haft zu ma­chen, die Aus­strah­lung der ge­plan­ten Ge­schäfts­stadt und den Reich­tum an po­ten­zi­el­ler Nutz­flä­che nach­zu­wei­sen, be­müh­te sich Buers Stadt­er­he­bungs­an­trag, der die Zu­kunft ei­nes selbst­stän­di­gen und künf­tig blü­hen­den Ge­mein­we­sens in eu­phe­mis­ti­schen Wen­dun­gen be­schrieb. 

7. Realitäten

Die Kehr­sei­te der ge­plan­ten Ent­wick­lung lag je­doch an der Pe­ri­phe­rie der Ge­mein­de, in den Ort­schaf­ten Er­le, Res­se und Beck­hau­sen, dort, wo durch den Ein­zug der Berg­werks­ge­sell­schaf­ten vor der Jahr­hun­dert­wen­de Ar­bei­ter­sied­lun­gen buch­stäb­lich aus dem Nichts her­aus em­por­ge­wach­sen und voll­stän­dig auf die in­dus­tri­el­len Be­dürf­nis­se zu­ge­schnit­ten wa­ren. Hier er­hielt die kras­se so­zia­le Un­gleich­heit der Be­völ­ke­rung ge­gen­über der bür­ger­li­chen Ge­sell­schaft im Orts­kern gleich­sam ei­ne räum­li­che Di­men­si­on, wur­de die un­glei­che, von ih­ren Prot­ago­nis­ten aber ak­zep­tier­te Ent­wick­lung der Ge­samt­ge­mein­de be­son­ders dras­tisch deut­lich.

Im knapp 15.000 Ein­woh­ner zäh­len­den Er­le sym­bo­li­sier­te die 21 Me­ter brei­te Durch­gangs­stra­ße mit ih­rer stuck­über­la­de­nen Be­bau­ung zwar in ge­wis­ser Wei­se noch den Rausch der Grün­der­zeit und bil­de­te ei­ne Art ge­werb­li­ches Un­ter­zen­trum, in dem sich im Lau­fe der Jah­re zag­haft klei­ne Kauf­leu­te und Hand­werks­be­trie­be eta­bliert hat­ten. Nur we­ni­ge Me­ter ent­fernt öff­ne­te sich dann die Le­bens­welt der Ar­bei­ter­be­völ­ke­rung, die, zu­meist bei der Ze­che Graf Bis­marck be­schäf­tigt, auf öf­fent­li­che In­fra­struk­tur­an­ge­bo­te bei­na­he voll­stän­dig ver­zich­ten muss­te. Die Stra­ßen wa­ren we­der ge­pflas­tert noch ka­na­li­siert, das Ele­men­tar­schul­we­sen auf den drin­gends­ten Be­darf zu­ge­schnit­ten, die Schu­len dun­kel, feucht und sti­ckig, die Wohn­ver­hält­nis­se mit­un­ter ka­ta­stro­phal, me­di­zi­ni­sche Ver­sor­gung nur über am­bu­lan­te Diens­te not­dürf­tig auf­recht zu er­hal­ten. 

Ei­nen ähn­lich nied­ri­gen Stel­len­wert ge­nos­sen im Rat­haus die bei­den an­de­ren rei­nen Ar­bei­ter­dör­fer Res­se und Beck­hau­sen. Die Ort­schaft Res­se war als Kunst­pro­dukt der Ze­che Ewald in den Jah­ren 1895 bis 1898 auf frei­em Feld ent­stan­den und zähl­te 1906 5.060 Ein­woh­ner. Das „Dor­f“ Beck­hau­sen wirk­te ins­ge­samt eher wie ei­ne weit­ge­streck­te Streu­sied­lung mit 4.628 Ein­woh­nern als ei­ne ge­schlos­se­ne Ort­schaft, de­ren Mit­tel­punkt man bes­ten­falls bei ei­ner ka­tho­li­schen Not­kir­che ver­mu­ten konn­te.

Der Kon­trast, den die­se um­lie­gen­den Ar­bei­ter­ge­mein­den zum Rat­haus­vier­tel bil­de­ten, konn­te kras­ser kaum sein und ver­lor an Schär­fe nur durch die gro­ße Dis­tanz zum Zen­trum. Ei­nen Aus­gleich der un­ter­schied­li­chen Le­bens­qua­li­tä­ten sa­hen die of­fi­zi­el­len Stadt­ent­wick­lungs­kon­zep­te nicht vor. Die­ser blieb auch wei­ter­hin dem Wohl­wol­len und der Kon­junk­tur­la­ge der Ze­chen­ge­sell­schaf­ten über­las­sen. In Er­le ent­stand so vor dem Ers­ten Welt­krieg die Bis­marck-Sied­lung als Typ ei­ner Gar­ten­stadt, die jetzt in schar­fem Kon­trast zur düs­ter nüch­ter­nen Häu­ser­zei­le an der an­gren­zen­den Au­gus­ta­stra­ße stand, die als ty­pi­sches Bei­spiel frü­her Ko­lo­nie­bau­ten gel­ten kann. Die Bau­her­ren imi­tier­ten hier durch alt­frän­ki­sche Fas­sa­den­ge­stal­tung die Bau­wei­se süd­deut­scher Klein­städ­te, ganz in An­leh­nung an Vor­stel­lun­gen der jun­gen Gar­ten­stadt­be­we­gung, städ­ti­sche und länd­li­che Le­bens­wei­se als Kom­pro­miss zu ver­bin­den. Die Reich­wei­te solch pa­tri­ar­cha­li­scher So­zi­al­po­li­tik aber blieb be­grenzt und Sied­lun­gen des Typs Bis­marck, die im ge­pfleg­ten Hei­mat­stil das idyl­li­sche Bild ei­ner hu­ma­ne­ren Woh­num­welt sug­ge­rie­ren soll­ten, ei­ne kit­schi­g−pit­to­res­ke Aus­nah­me. 

Ex­tre­me Un­ter­ver­sor­gung im Be­reich kom­mu­na­ler und pri­va­ter Dienst­leis­tun­gen präg­te den All­tag in die­sen Rand­be­rei­chen, die auf die In­dus­trie­wer­ke und nicht auf den Orts­kern aus­ge­rich­tet blie­ben und sich zu mehr oder we­ni­ger ge­schlos­se­nen Ex­kla­ven ent­wi­ckel­ten. Ih­re Be­woh­ner tauch­ten in den ur­ba­nen Plan­spie­len der Ge­mein­de­ver­wal­tung höchs­tens als sta­tis­ti­sche Grö­ßen auf, als Men­schen­ma­te­ri­al, das wirt­schaft­li­ches Wachs­tum und städ­ti­sche Po­tenz si­gna­li­sie­ren soll­te. An­sons­ten spiel­ten die Sta­tis­ten an der Pe­ri­phe­rie nur ei­ne Rol­le als Ak­teu­re ei­ner ein­ge­bil­de­ten Be­dro­hung, der man durch die strik­te Tren­nung von bür­ger­li­cher Re­si­denz, Fa­brik und Ar­bei­ter­w­ohn­ge­gend ent­ge­gen­zu­tre­ten ge­dach­te.[38] 

Ober­schicht und Ver­wal­tungs­spit­ze plan­ten an den Be­dürf­nis­sen der Mehr­heits­ge­sell­schaft im In­dus­trie­dorf vor­bei ihr in­te­grier­tes Be­hör­den-, Ge­schäfts- und Kul­tur­zen­trum, nah­men die Ge­mein­de mit ih­rem gro­ßen Raum­an­ge­bot in Be­sitz und be­ab­sich­tig­ten, ih­re ur­ba­nen Pro­jek­tio­nen in Rechts­ti­tel ein­zu­lö­sen, die ih­nen grö­ße­re Hand­lungs­spiel­räu­me ge­gen­über der Staats­auf­sicht, ei­ne wei­te­re Dif­fe­ren­zie­rung und Pro­fes­sio­na­li­sie­rung der Ver­wal­tung, den Auf­stieg in die nächst hö­he­re Ser­vice­klas­se, die Ent­las­tung von stö­ren­den Kreis­ab­ga­ben, bes­se­re Kre­dit­chan­cen und nicht zu­letzt dem Amt­mann den Bür­ger­meis­ter­ti­tel ei­ner auf­stre­ben­den Stadt ver­spra­chen; ins­ge­samt al­so ei­ne Of­fen­sivstra­te­gie, von der man hoff­te, sie sei au­ßer­dem das pro­ba­te Mit­tel ge­gen Steu­er­flucht und den dro­hen­den Zu­griff der durch Gril­los und Kir­dorfs Ka­pi­tal ent­fach­ten Ex­pan­si­ons­lust der süd­lich an­gren­zen­den Nach­bar­stadt Gel­sen­kir­chen.

Ge­wiss, die Stadt­ent­wick­lungs­kon­zep­te in Buer wa­ren auf die Be­son­der­hei­ten ei­ner ge­wach­se­nen Ort­schaft zu­ge­schnit­ten, die be­reits vor der In­dus­tria­li­sie­rung be­schei­den­de zen­tra­le Funk­tio­nen über­nom­men hat­te und seit dem Ein­zug des Berg­baus, der das Ge­biet nörd­lich der Em­scher re­la­tiv spät er­reich­te, in ih­ren Gren­zen über ein gro­ßes Raum­an­ge­bot ver­füg­te, des­sen in­dus­tri­el­le Nut­zung durch ein eher weit­ma­schi­ges Schacht­netz des Berg­baus be­stimmt wur­de. Buer nahm seit der Jahr­hun­dert­wen­de auch in­so­fern ei­ne Son­der­stel­lung im Land­kreis Reck­ling­hau­sen ein, da es den an­de­ren ex­pan­die­ren­den Ge­mein­den, ge­mes­sen an öko­no­mi­schen und de­mo­gra­phi­schen Wachs­tums­ra­ten, noch deut­lich den Rang ab­ge­lau­fen, ne­ben der Kreis­stadt zen­tra­le Funk­tio­nen über­nom­men und ei­nen re­la­tiv fes­ten Kreis sess­haf­ter, zum Teil alt­hei­mi­scher, bür­ger­li­cher Zwi­schen­schich­ten auf­zu­wei­sen hat­te.

Auch der Um­stand, dass die Ge­mein­de noch vor dem Ers­ten Welt­krieg dann tat­säch­lich die er­sehn­ten Stadt­rech­te er­hielt, un­ter­streicht ih­re Son­der­stel­lung un­ter der Mehr­zahl der rhei­nisch-west­fä­li­schen In­dus­trie­dör­fer, de­ren vor­in­dus­tri­el­le Dorf­ker­ne we­sent­lich schwä­cher wa­ren oder erst spä­ter zu Aus­strah­lungs- und Kris­tal­li­sa­ti­ons­punk­ten für die pe­ri­phe­risch ver­streu­ten Tra­ban­ten­ko­lo­ni­en aus­ge­baut wur­den. Wie un­voll­kom­men dies selbst in Buer schlie­ß­lich ge­lang, dar­über klag­te spä­ter noch der Zehn­jah­res­be­richt der Stadt­ver­wal­tung von 1921, der fest­stell­te, die La­ge der öf­fent­li­chen Ge­bäu­de ent­spre­che nur an­satz­wei­se städ­ti­schen Ge­sichts­punk­ten.[39] Der Pla­nungs­el­an, den Ver­wal­tungs­spit­ze und in­ner­ört­li­che Ge­wer­be­trei­ben­de seit der Jahr­hun­dert­wen­de in den hoff­nungs­vol­len Aus­bau ei­ner „Groß­stadt im Grü­nen“ in­ves­tier­ten, war al­so nur punk­tu­ell er­folg­reich. Jen­seits der lo­ka­len Be­son­der­hei­ten aber drück­te der Stadt­er­he­bungs­an­trag ei­ne für die grö­ße­ren Ruhr­ge­biets­ge­mein­den vor dem Ers­ten Welt­krieg sehr ty­pi­sche Ten­denz zur „Ver­all­ge­mei­ne­rung von Ur­ba­ni­tät“ aus, de­ren Prot­ago­nis­ten kul­tu­rel­le Leit­bild­funk­tio­nen des groß­städ­ti­schen Bür­ger­tums auf die in­dus­tri­el­le Pro­vinz zu über­tra­gen such­ten. An­ge­sichts solch am­bi­tio­nier­ter Per­spek­ti­ven der bür­ger­li­chen Stadt­rechts­kam­pa­gnen trat die Fra­ge nach dem wirk­li­chen Le­ben in die­sen Rie­sen­dör­fern mit all sei­nen Be­las­tun­gen, De­fi­zi­ten und Ver­sor­gungs­eng­päs­sen voll­stän­dig in den Hin­ter­grund.[40] Mit hoch­flie­gen­den Ur­ba­ni­sie­rungs­phan­ta­si­en des kauf­män­ni­schen Bür­ger­tums konn­te die Mas­se der Ar­bei­ter­be­völ­ke­rung im In­dus­trie­dorf nun wirk­lich nichts an­fan­gen. Für sie mach­te es auch we­nig Un­ter­schied, durch welch be­son­de­re Art von Ge­mein­de­wahl­recht sie von der po­li­ti­schen Mit­be­stim­mung aus­ge­schlos­sen blieb oder von wel­cher Po­li­zei sie über­wacht wur­de. Von städ­ti­schem Pres­ti­ge wä­re der All­tag in der Ko­lo­nie wohl kaum be­ein­flusst wor­den. Die Lö­sung auch au­ßer­be­trieb­li­cher Pro­blem­la­gen je­den­falls wur­de in der Re­gel eher von der So­zi­al­po­li­tik der Ar­beit­ge­ber er­war­tet.

Dem­ge­gen­über stan­den ehr­gei­zi­ge Fra­gen der Stadt­ent­wick­lung in ei­nem ent­rück­ten Zu­sam­men­hang, der sich voll­stän­dig der Par­ti­zi­pa­ti­on ent­zog. Kol­lek­tiv ge­äu­ßert ha­ben sich die Ar­bei­ter – so­weit er­kenn­bar – zu sol­chen Fra­gen kaum. Da­bei hät­ten sie im Hin­blick auf ihr Le­bens­um­feld al­len Grund da­zu ge­habt. 1912 ver­öf­fent­lich­te der Dort­mun­der Kreis­arzt Na­tha­nel Wol­len­we­ber (1875-1951) ei­ne Un­ter­su­chung auf der Grund­la­ge von Be­fra­gungs­er­geb­nis­sen und ei­ge­nen Be­ob­ach­tun­gen über die Wohn­ver­hält­nis­se in den west­fä­li­schen Städ­ten und Land­ge­mein­den, um dar­aus ei­nen Zu­sam­men­hang zwi­schen Woh­nungs­män­geln und In­fek­ti­ons­krank­hei­ten ab­zu­lei­ten.[41] Wol­len­we­ber stell­te fest, dass ins­be­son­de­re die hy­gie­ni­schen Ver­hält­nis­se in den Berg­ar­bei­ter­ko­lo­ni­en in­dus­tri­el­ler Land­ge­mein­den stark im Ar­gen lä­gen. Ka­na­li­sa­ti­on exis­tie­re nur in den we­nigs­ten Fäl­len. In of­fe­nen Rinn­sa­len flös­sen die Ab­wäs­ser an den Häu­sern vor­bei in die Stra­ßen­grä­ben, in de­nen häu­fig die Kin­der spiel­ten. „Die Hö­fe sind in der Re­gel sehr un­sau­ber. Ab­fall­stof­fe, Asche, Pa­pier usw. lie­gen um­her; wenn Aschen­käs­ten vor­han­den sind, so sind sie häu­fig un­dicht oder über­füllt, da es in den Land­ge­mein­den meist an ge­re­gel­ter Müll­ab­fuhr fehlt. […] Der Bo­den ist mit fes­ten und flüs­si­gen –tie­ri­schen wie mensch­li­chen – Ab­fall­stof­fen durch­setzt, de­ren Men­ge er nicht zu ver­dau­en ver­mag.“[42] 

Wol­len­we­bers Um­fra­ge hat­te er­ge­ben, dass durch­schnitt­lich 100 bis 300 Woh­nun­gen be­zie­hungs­wei­se Häu­ser über kei­ner­lei Ab­ort­an­la­gen ver­füg­ten, ob­wohl selbst in Ein­raum­woh­nun­gen zu­sätz­lich noch Kost­gän­ger un­ter­ka­men. Dort, wo Ab­or­te vor­han­den wa­ren, wur­den die­se nicht sel­ten von zehn bis 15 Per­so­nen be­nutzt. Die Fol­gen die­ses „Mas­sen­ge­schäfts“ be­schrieb der ent­setz­te Phy­si­kus ge­mäß ei­ge­ner An­schau­ung: „Ich ent­sin­ne mich zwei­er Fäl­le, wo ich ge­le­gent­lich von Ty­phus­fest­stel­lun­gen fand, dass in­fol­ge ge­platz­ter und ver­stopf­ter Ab­fluss­roh­re der Kot aus dem Ab­ort die Trep­pe her­un­ter­floss.“[43] 

8. Verhinderungsstrukturen: Urbanisierung und soziale Kontrolle

Was hat al­so letzt­lich zum Schei­tern die­ser ei­gen­tüm­li­chen Be­we­gung ge­führt? Die Stadt­rechts­kam­pa­gnen hat­ten in der Re­gel ih­re Rech­nun­gen oh­ne ei­ne gan­ze Rei­he von Wir­ten ge­macht, ins­be­son­de­re oh­ne die Per­spek­ti­ve der staat­li­chen Zen­tral­in­stan­zen, wo die Städ­te­bil­dung in der Pha­se ei­nes for­cier­ten Ur­ba­ni­sie­rungs­pro­zes­ses am En­de des 19. Jahr­hun­derts vor­ran­gig den Stel­len­wert ei­nes Me­cha­nis­mus so­zia­ler Kon­trol­le ge­wann. Der preu­ßi­sche In­nen­mi­nis­ter, als letz­te Ent­schei­dungs­in­stanz für die Ver­ga­be von Stadt­rech­ten, wur­de sei­ner­zeit bes­tens über die La­ge in den Land­krei­sen von den zu­stän­di­gen Land­rä­ten un­ter­rich­tet; per­sön­lich war die Mi­nis­te­ri­al­bü­ro­kra­tie seit der Jahr­hun­dert­wen­de nur sel­ten zum Orts­ter­min im Re­vier zu be­we­gen. Die Land­rä­te wirk­ten gleich­sam als ver­län­ger­te Ar­me des fer­nen Mi­nis­te­ri­ums. Häu­fig ge­lang es die­sen, die ehr­gei­zi­gen Pro­jek­te ih­rer Land­ge­mein­den er­folg­reich zu hin­ter­trei­ben. Ih­re Ein­las­sun­gen zur Sa­che wa­ren in der Re­gel ne­ga­tiv. Dies aus na­he­lie­gen­den Mo­ti­ven, führ­ten sie doch in­di­rekt auf die­se Wei­se ei­nen bis­wei­len trick­rei­chen Ab­wehr­kampf ge­gen die dro­hen­de Auf­lö­sung ih­rer Ein­fluss­be­rei­che, in­dem sie den Mi­nis­ter durch dra­ma­ti­sche La­ge­be­rich­te zur Vor­sicht ge­gen­über al­len Selbst­ver­wal­tungs­am­bi­tio­nen mahn­ten. 

Und der war nicht zu­letzt durch die Er­geb­nis­se sprung­haft un­kon­trol­lier­ten Wachs­tums sen­si­bi­li­siert, wel­che die po­li­tisch Ver­ant­wort­li­chen in Preu­ßen erst er­staun­ten, dann er­schreck­ten und schlie­ß­lich so­gar mi­li­tä­risch mo­bi­li­sier­ten. So la­vier­te die Hal­tung des preu­ßi­schen In­nen­mi­nis­te­ri­ums seit den gro­ßen Berg­ar­bei­ter­streiks am En­de der 1880er Jah­re zwi­schen Ra­di­ka­len­pho­bie, De­sta­bi­li­sie­rungs­ängs­ten und straf­fer Po­li­zei­auf­sicht über die wu­chern­den Dör­fer in Preu­ßens „Wil­dem Wes­ten“. Spä­tes­tens aber seit den blu­ti­gen Kra­wal­len im ge­ra­de zwei Jah­re zu­vor mit städ­ti­schen Selbst­ver­wal­tungs­rech­ten aus­ge­stat­te­ten Her­ne von 1898 hat­te sich die an­fangs noch li­be­ra­le und durch­aus wohl­wol­len­de Be­hand­lung die­ser Ge­su­che sei­tens des preu­ßi­schen In­nen­mi­nis­te­ri­ums end­gül­tig ver­braucht. Denn dies war der Grund: Die Ge­su­che be­rühr­ten vor al­lem das ört­li­che Po­li­zei­sys­tem, und dies war in ob­rig­keits­staat­li­cher Per­spek­ti­ve ein ech­tes Pro­blem. Der Stel­len­wert der Po­li­zei im Ruhr­ge­biet wuchs in dem Ma­ße, wie der Ur­ba­ni­sie­rungs­pro­zess die ver­mu­te­ten Pro­ble­me po­ten­zier­te und ver­dich­te­te. Aus den Er­fah­run­gen der Ar­beits­kämp­fe lei­te­te der Staat die Not­wen­dig­keit ei­ner Re­or­ga­ni­sa­ti­on des ge­sam­ten Po­li­zei­we­sens ab.[44] 

1906 wur­de den Dör­fern ent­lang der Em­scher durch Er­lass des In­nen­mi­nis­te­ri­ums pau­schal je­de Aus­sicht auf den Er­werb von Stadt­rech­ten ge­nom­men. War­um?

Die Ver­ga­be von Stadt­rech­ten an „pro­ble­ma­ti­sche“ Ar­bei­ter­ge­mein­den hät­te zu­gleich die Selbst­ver­wal­tung der Po­li­zei­auf­ga­ben be­deu­tet, sie wä­ren „städ­ti­sch“ ge­wor­den. Und ge­nau dem galt es in ob­rig­keits­staat­li­cher Per­spek­ti­ve ge­gen­zu­steu­ern. Land­krei­se si­cher­ten die Po­li­zei­prä­senz des Staa­tes in Per­son der Land­rä­te, die als vor­ge­scho­be­ne Pos­ten der Staats­auf­sicht ge­ra­de im so­zi­o­po­li­tisch bri­san­ten Bal­lungs­ge­biet stra­te­gisch plat­ziert schie­nen. Land­rät­li­che Gut­ach­ten schlos­sen al­so stets mit die­sem Kern­satz: An­ge­sichts der stür­mi­schen Be­völ­ke­rungs­ent­wick­lung und der stän­di­gen Fluk­tua­ti­on hoch­mo­bi­ler, fremd­län­di­scher Ar­bei­ter sei an die Ge­wäh­rung der Städ­te­ord­nung vor­erst nicht zu den­ken. 

Das ur­ba­ne Bür­ger­tum in Ge­wer­be, Hand­werk, frei­en Be­ru­fen und Be­am­ten­schaft, wie es die ge­wach­se­nen Städ­te be­völ­ker­te, er­schien in staat­li­cher Per­spek­ti­ve zwar zen­tral für die Vor­stel­lung von „Stadt“. Dort war es auch zu­neh­mend in ad­mi­nis­tra­ti­ve Funk­tio­nen ei­ner sich ent­wi­ckeln­den kom­mu­na­len Selbst­ver­wal­tung hin­ein­ge­wach­sen. Durch in­for­mel­le Struk­tu­ren, mehr noch als durch in­fra­struk­tu­rel­le An­ge­bo­te, präg­te es de­ren in­ne­re und äu­ße­re Ge­stalt. Wo aber nicht nur die Bür­ger­stei­ge, son­dern die Bür­ger selbst fehl­ten, sich In­sti­tu­tio­nen, In­fra­struk­tu­ren und in­for­mel­le Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten nur zö­gernd aus­bil­de­ten, er­gab sich die Not­wen­dig­keit, Ur­ba­ni­tät we­ni­ger als Form öko­no­mi­scher und kul­tu­rel­ler He­ge­mo­nie des städ­ti­schen Bür­ger­tums, son­dern als herr­schaft­lich durch­wirk­te Va­ri­an­te der Rauman­eig­nung aus­drück­lich zu the­ma­ti­sie­ren. Kenn­zeich­nend für die Ur­ba­ni­sie­rungs­pro­ble­ma­tik blieb da­her auch der Um­stand, dass sich die staat­li­che De­fi­ni­ti­on des Stadt­be­griffs zu­neh­mend ge­gen die ei­gent­li­chen Prot­ago­nis­ten in­fra­struk­tu­rel­ler Ent­wick­lung vor Ort rich­te­te, da das Ver­trau­en in de­ren Steue­rungs­ka­pa­zi­tä­ten an der ge­rin­gen phy­si­schen Prä­senz zer­brach. 

9. Vom Scheitern urbaner Phantasien

Ei­ne His­to­ri­sie­rung der Be­grif­fe „Ur­ba­ni­tät“, „Stadt­ent­wick­lun­g“, „Da­seins­vor­sor­ge“ und „Leis­tungs­ver­wal­tun­g“ soll­te im­mer auch vom Selbst­ver­ständ­nis der Trä­ger die­ses viel­fäl­tig be­hin­der­ten Pro­zes­ses aus­ge­hen und könn­te die pri­mä­ren Ziel­grup­pen und die Reich­wei­te öf­fent­lich wie pri­vat auf­ge­brach­ter Res­sour­cen so­wie an­ti­zi­pie­ren­der Leis­tun­gen the­ma­ti­sie­ren. Die ur­ba­nen Pro­jek­tio­nen des in­dus­trie­pro­vin­zi­el­len Bür­ger­tums als Ge­gen­stand uto­pi­scher Ent­wür­fe ge­ben Aus­kunft dar­über, wie we­nig die­ser Pro­zess auch nur pro­gram­ma­tisch an Tie­fe ge­win­nen soll­te: Er blieb auf die so­zia­len Räu­me be­grenzt, die sich ih­re Trä­ger als ad­äqua­te und zen­tra­le Or­te für ihr ge­wach­se­nes Aus­druck­be­dürf­nis ge­wählt hat­ten. Dort soll­te ei­ne aut­ar­ke bür­ger­li­che In­nen­welt in­sze­niert wer­den, die Na­tur durch Parks er­setz­te, phy­si­sche Ver­lo­ren­heit durch ge­pfleg­ten Kon­sum und Kul­tur sub­li­mier­te, dem Schmutz der Ar­bei­ter­mi­lieus die sau­be­ren Bür­ger­stei­ge ent­ge­gen­setz­te. Nur auf die­se so­zi­al ent­misch­ten Pro­jek­ti­ons­flä­chen be­zo­gen sich die Stadt­ent­wick­lungs­kon­zep­te des In­dus­trie­bür­ger­tums vor dem Ers­ten Welt­krieg. Sie si­gna­li­sier­ten, dass die räum­li­che Struk­tur des Ruhr­ge­bie­tes ei­ne dop­pel­te so­zia­le Se­gre­ga­ti­on kann­te: ne­ben der grü­nen Hell­weg­zo­ne die „grau­e“ Em­scher­zo­ne, wo selbst In­dus­trie­dör­fer als das „Hin­ter­land vom Hin­ter­lan­d“ ei­ner Glie­de­rung in Vier­tel un­ter­schied­li­cher Le­bens­qua­li­tät folg­ten. Die Rand­ko­lo­ni­en der In­dus­trie­ar­bei­ter­schaft blie­ben vom Netz­werk kom­mu­na­ler Leis­tungs­ver­wal­tung und Da­seins­vor­sor­ge aus­ge­schlos­sen. Die Stadt­er­he­bungs­an­trä­ge der grö­ße­ren Land­ge­mein­den ge­ben Zeug­nis da­von, mit wel­cher Selbst­ver­ständ­lich­keit die in­dus­trie­dörf­li­chen Füh­rungs­schich­ten sol­che, die so­zia­len Un­gleich­hei­ten ze­men­tie­ren­den Pla­nungs­kon­zep­te ver­folg­ten. In al­len Stadt­rechts­ge­su­chen seit den 1890er Jah­ren lässt sich der Ein­fluss vor­nehm­lich der ge­werb­li­chen or­ga­ni­sier­ten mit­tel­stän­di­schen In­ter­es­sen­blö­cke nach­wei­sen. Ihr Ein­tritt in die la­bi­le Al­li­anz aus Ver­wal­tungs­spit­zen und In­dus­trie ge­wann den Stel­len­wert ei­ner Kom­pen­sa­ti­ons­stra­te­gie ge­gen die Au­ßen­steue­rung durch staat­li­che Auf­sicht (Land­rat), Grund­be­sitz und In­dus­trie, für den wei­te­ren Aus­bau kom­mu­na­ler Pla­nungs­ka­pa­zi­tä­ten, die in­fra­struk­tu­rel­le Mo­der­ni­sie­rung und ge­werb­li­che Auf­wer­tung der Orts­zen­tren. De­ren Stadt­ent­wür­fe sa­hen ih­re Trä­ger im Zen­trum ver­meint­li­cher Macht, im Ge­nuss kul­tu­rel­ler An­ge­bo­te und öf­fent­li­cher Dienst­leis­tun­gen, ab­ge­schlos­sen ge­gen In­dus­trie und Ar­bei­ter­schaft in den Au­ßen­be­zir­ken. Sie ori­en­tier­ten sich an der Pro­duk­ti­on von Raf­fi­ne­ment in den Me­tro­po­len, de­ren bür­ger­li­che Zwi­schen­schich­ten die gan­ze Am­bi­va­lenz der Ur­ba­ni­sie­rungs­er­fah­rung nicht nur the­ma­ti­sier­ten, son­dern – aus­ge­stat­tet mit tech­ni­schem Know-how, Macht- und Geld­mit­teln – sich die Sub­li­mie­rung ih­rer Alp­träu­me im­mer­hin noch et­was kos­ten las­sen konn­ten.

Frei­lich ver­küm­mer­ten sol­che Ent­wür­fe ex­klu­si­ver Auf­brü­che aus der Pro­vin­zia­li­tät auf dem Pa­pier: Ur­ba­ne Phan­ta­si­en lie­ßen sich in In­dus­trie­dör­fern, wo es an ech­ten Macht- und Gel­de­li­ten fehl­te, nicht rea­li­sie­ren. So schlicht die­se Kon­zep­te im Prin­zip ge­strickt wa­ren, so er­folg­los blie­ben sie. Die pla­nungs­wil­li­gen, aber hoff­nungs­los ver­lo­re­nen in­dus­trie­dörf­li­chen Füh­rungs­schich­ten hat­ten die Rech­nung oh­ne die kom­ple­xe Ver­hin­de­rungs­struk­tur ge­macht, die mit hoch­flie­gen­den, ur­ba­nen Tag­träu­men we­nig an­zu­fan­gen wuss­te: oh­ne die Haus- und Grund­be­sit­zer, in den ei­ge­nen Rei­hen oder als aus­wär­ti­ge Spe­ku­lan­ten, die sich er­folg­reich ge­gen je­de kom­mu­na­le Bo­den­er­werbs­po­li­tik wehr­ten, oh­ne die Klein­ge­wer­be­trei­ben­den an der Pe­ri­phe­rie, die ih­ren Wi­der­stand ge­gen die an­ge­dach­te Zen­tra­li­sie­rungs­po­li­tik, na­ment­lich dem Aus­bau des Stra­ßen­bahn­net­zes for­mier­ten, oh­ne die staat­li­chen Auf­sichts­be­hör­den, die in den Land­krei­sen noch die Fah­ne des Land­rats und da­mit der Po­li­zei hoch­hiel­ten, der je­de Re­gung lo­ka­ler Selbst­stän­dig­keit ne­ga­tiv ver­merk­te und schlie­ß­lich oh­ne das groß­städ­ti­sche Ka­pi­tal, das seit der Jahr­hun­dert­wen­de selbst in gro­ßräu­mi­gen Be­zü­gen kal­ku­lier­te und in den von ihm kon­trol­lier­ten städ­ti­schen Par­la­men­ten am En­de für die Ein­ge­mein­dung des in­dus­tri­el­len Um­lan­des Stim­mung mach­te.

In staat­li­cher Per­spek­ti­ve ge­wann die Städ­te­bil­dung im Zu­ge ei­nes for­cier­ten Ur­ba­ni­sie­rungs­pro­zes­ses vor al­lem den Stel­len­wert ei­nes Me­cha­nis­mus so­zia­ler Kon­trol­le.[45] Die struk­tu­rel­len Dau­er­bren­ner der In­dus­trie­dorf­pro­ble­ma­tik (Bo­den­spe­ku­la­ti­on, Mo­no­struk­tur, Fi­nan­z­ar­mut, In­fra­struk­tur­de­fi­zi­te, Um­welt­be­las­tung) tra­ten dem ge­gen­über in den Hin­ter­grund. In die­ser Per­spek­ti­ve war das so­zi­o­po­li­tisch pro­ble­ma­ti­sche in­dus­tri­el­le Bal­lungs­ge­biet nicht der an­ge­zeig­te Raum für bür­ger­li­che Ex­pe­ri­men­tier­fel­der. Viel­mehr be­durf­te der „Wil­de Wes­ten Preu­ßen­s“ ver­stärkt der Auf­sicht des Ob­rig­keits­staa­tes, nicht aber ei­ner Selbst­ver­wal­tung, die in Ar­bei­ter­selbst­ver­wal­tung um­schla­gen konn­te, so lan­ge ein In­dus­trie­bür­ger­tum nicht stra­te­gisch plat­ziert oder nur be­dingt po­li­tisch loy­al er­schien.

Die Prot­ago­nis­ten der Stadt­ent­wick­lung ver­folg­ten ei­ge­ne In­ter­es­sen im Aus- und Auf­bau ge­werb­li­cher und so­zi­al ent­misch­ter Sub­zen­tren, die sich her­me­tisch ge­gen die Ar­bei­ter­be­völ­ke­rung in den Au­ßen­be­zir­ken ab­schlie­ßen soll­ten, über auf­wän­di­ge Re­nom­mier­pro­jek­te ei­nen re­prä­sen­ta­ti­ven Aus­gleich zu den Er­geb­nis­sen ei­nes chao­ti­schen Ver­städ­te­rungs­pro­zes­ses und städ­te­bau­li­cher De­vi­anz vor­sah und die Exis­tenz ei­ner Glie­de­rung in Vier­tel un­ter­schied­li­cher Le­bens­qua­li­tät be­wusst in Kauf nah­men. „Da­seins­vor­sor­ge und Leis­tungs­ver­wal­tun­g“ er­reich­ten die Ar­bei­ter in den Tra­ban­ten­ko­lo­ni­en und Quar­tie­ren erst ver­spä­tet und dann auf Um­we­gen. Wo im­mer es so­zia­le Für­sor­ge und Or­ga­ni­sa­ti­on der So­zio­kul­tur gab, war dies Sa­che der Kir­che, des bür­ger­li­chen Al­tru­is­mus oder pro­le­ta­ri­scher Selbst­hil­fe. „Was die von der Un­fä­hig­keit zur Pla­nung Be­trof­fe­nen lit­ten, blieb weit­ge­hend stumm. Ih­re Er­fah­run­gen hat die Zeit ver­wischt, ih­re Le­bens­läu­fe sind nur noch in der Strich­lis­te ei­ner Volks­zäh­lung zu grei­fen.“[46] 

Das Schei­tern der Stadt­rechts­be­we­gung wäh­rend der Kai­ser­zeit im Re­vier gibt ei­nen Hin­weis dar­auf, dass Ur­ba­ni­sie­rung und Mo­der­ni­sie­rung zeit­lich, räum­lich und klas­sen­spe­zi­fisch un­ter­schied­lich er­fah­ren wur­den. Die klas­si­sche Pha­se der Ur­ba­ni­sie­rung des Ruhr­ge­bie­tes, in der die Ent­wick­lungs­mus­ter lang­fris­tig fest­ge­legt wur­den, brach­te erst ver­spä­tet, gleich­sam als Nach­ge­burt, die Fik­ti­on ei­ner ur­ba­ne­ren Zu­kunft der in­dus­tri­el­len Pro­vinz, der aber selbst als Pro­jekt hu­ma­ne Qua­li­tä­ten ab­gin­gen und de­ren Ein­lö­sung an­ge­sichts der lo­ka­len und re­gio­na­len Macht­struk­tu­ren zer­brach.

10. Was bleibt?

Die Stadt­rechts­be­we­gung im Ruhr­ge­biet des spä­ten 19. Jahr­hun­derts: Die­se selt­sa­me Teil­for­ma­ti­on ei­ner Ge­schich­te des Schei­terns von Stadt­ent­wick­lung jen­seits in­ves­to­ren­ge­trie­be­ner Gro­ß­pro­jek­te oder gar hu­ma­ner Ent­wür­fe für ei­ne le­bens­wer­te Zu­kunft der ge­sam­ten Be­völ­ke­rung im in­dus­tri­el­len Bal­lungs­ge­biet war ein Mus­ter­bei­spiel für die krampf­haf­ten Ver­su­che lo­ka­ler funk­tio­na­ler Eli­ten und bür­ger­li­cher Zwi­schen­schich­ten, die Blau­pau­sen groß­städ­ti­scher Ur­ba­ni­tät so­gar dort noch zu imi­tie­ren, wo sich ein rand­stän­di­ges Bür­ger­tum ge­gen­über der in­dus­tri­el­len Ar­bei­ter­schaft hoff­nungs­los mar­gi­na­li­siert sah. Was al­so bleibt von den zahl­lo­sen Ak­ten­be­stän­den mit do­ku­men­tier­ten Stadt­er­he­bungs­an­trä­gen an die preu­ßi­schen Re­gie­rungs­in­stan­zen und de­ren Be­gleit­kor­re­spon­denz, die dort aber auf­grund der Ra­di­ka­len­pho­bie und des Miss­trau­ens der Ob­rig­keit ge­gen­über all­zu viel Li­be­ra­li­tät und bür­ger­li­cher Selbst­ver­wal­tung in Preu­ßens „Wil­dem Wes­ten“ auf den Schreib­ti­schen der Be­hör­den ver­en­de­ten? Nicht viel. Nicht viel mehr je­den­falls als ein – al­ler­dings noch heu­te in­ter­es­san­ter – his­to­ri­scher Quel­len­be­stand über ei­ne Re­gi­on, in der die über­wie­gen­de Zahl der Men­schen ge­zwun­gen war, nach har­ter Ar­beit ir­gend­wie zu (über-)le­ben und in der die Ver­hält­nis­se an­sons­ten merk­wür­dig stumm blie­ben. Oder ein viel­leicht in­ter­es­san­ter Blick hin­ter die Ku­lis­sen der ge­schei­ter­ten Ver­su­che ei­ner rand­stän­di­gen bür­ger­li­chen Ge­sell­schaft, nach­ho­len­de Stadt­ent­wick­lung als Va­ri­an­te ih­rer Selbst­in­sze­nie­rung zu be­trei­ben.

Quellen

Quel­len un­ge­druckt

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Lan­des­haupt­ar­chiv Ko­blenz (LHAK Ko) 403/13855. 

Quel­len ge­druckt

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Verteilung der Gewerbetreibenden auf die verschiedenen Steuerklassen. (Vgl. Fußnote 32, Antrag Buer, S. 36)

 
Anmerkungen
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Vonde, Detlef, Urbane Projektionen. Stadtentwicklung in Preußens „Wildem Westen“, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/urbane-projektionen.-stadtentwicklung-in-preussens-wildem-westen/DE-2086/lido/619b4bbe2c93c7.01965387 (abgerufen am 10.12.2024)