Höfisches Leben am Mittelrhein unter Clemens Wenzeslaus von Sachsen (1739-1812), Kurfürst und Erzbischof von Trier (1768-1803)
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1. Einleitung
Mit der Person von Clemens Wenzeslaus sind der letzte Glanz des Absolutismus und barocke Prachtentfaltung, aber auch das Ende des Kurstaates und Erzbistums Trier verbunden, dessen Untergang 1794 durch die Invasion französischer Besatzungstruppen und die Umsetzung der Ziele der französischen Revolution besiegelt werden sollte.
Obwohl eigentlich die Stadt Trier Hauptsitz des Kurstaates war, fand Clemens Wenzeslaus während seiner gesamten Regierungstätigkeit nur dreimal den Weg dorthin. Stattdessen favorisierte er seit seinem Regierungsantritt 1768 in ungleich größerer und geradezu verschwenderischer Weise die Stadt Koblenz als seinen Residenzort. Hier und in der unmittelbaren Umgebung hielt er sich am liebsten auf: zunächst in der Philippsburg unterhalb von Ehrenbreitstein (heute Stadt Koblenz), später in dem von ihm neu erbauten Schloss in Koblenz, außerdem zu Landpartien und für Vergnügungen in den nahe gelegenen Schlössern Schönbornslust und Kärlich (heute Mülheim-Kärlich). Seine Wertschätzung gegenüber Koblenz drückt sich auch in seinen Initiativen zu umfangreichen baulichen Maßnahmen aus. Neben dem Prachtbau des neuen Schlosses sei unter anderem besonders auf die Neuanlage von Straßen und Gebäuden im Zuge der Planungen der Clemens-Vorstadt (Neustadt), den Clemens-Brunnen und auf das neue Theater hingewiesen. Daneben hat Clemens Wenzeslaus entscheidende und richtungsweisende Maßnahmen auf dem kulturellen Sektor ergriffen.
Gleichzeitig weisen seine Persönlichkeit und sein Lebensweg aber auch Brüche auf, wie etwa die Abkehr von einer militärischen Laufbahn und die Hinwendung zur geistlichen Tätigkeit und Karriere, die Unterstützung aufklärerischer Tendenzen und die Rücknahme derselben sowie eine wankelmütige Haltung in kirchenpolitisch bedeutsamen Fragen. Als die französischen Truppen sich 1794 seiner Residenzstadt Koblenz näherten, verließ Clemens Wenzeslaus fluchtartig und für immer die Stadt und den Kurstaat in Richtung Augsburg.
Leben und Alltag des Kurfürsten im Umfeld seiner höfischen Gesellschaft zeigten sich in vielen Facetten. Hierzu zählen etwa die Hoftafel mit Speisenzubereitung und Weinversorgung, mit Empfängen und ausgeprägtem Hofzeremoniell, die ärztliche Versorgung des Kurfürsten, die Organisation und Durchführung seiner Reisen, die Ausstattung des umfänglichen Fuhrparks zu Land und zu Wasser, kurzweilige Vergnügungen in den auswärtigen Residenzen oder die Durchführung von Jagdveranstaltungen, Scheibenschießen und Feuerwerk.
2. Hofstaat
Der weltliche Hofstaat umfasste unter Clemens Wenzeslaus eine Vielzahl von Personen für in Spitzenzeiten über 520 Stellen. Hierzu gehörten die im Hofrat und der engeren kurfürstlichen Verwaltung des so genannten Dikasteriums tätigen Beamten, die nicht selten mehrere Funktionen ausübten. Den Ressorts standen die Vertreter der klassischen Erbämter vor: Erbmarschall (Graf von Eltz-Kempenich), Erbkämmerer (Freiherr von Kesselstatt), Erbtruchsess (Graf von der Leyen) und Erbschenk (Freiherr von Schmidtburg). Nachgeordnet waren das Ober- und Hofmarschallamt, das Obristkämmereramt, das Obriststallmeisteramt, das Oberjägermeisteramt sowie die Hofkammer.
Zum Kämmereramt gehörten neben den Kämmerern unter anderem auch Leibärzte, Leibchirurgen, Hofprediger, Kammerdiener, die Leinwandswäscherin und der Hof- und Kabinettsuhrmacher.
Zum Marschallamt gehörten unter anderem der für die Organisation von Reisen zuständige Reisemarschall, die Hofökonomie, die Hofküche (mit bis zu vier Mundköchen, zwei Backmeistern, einem Hofkoch, zwei Bratenmeistern, einem Kapaunenstopfer, einem Metzger sowie zwei Hofkonditoren), die Hofsilberkammer (für das Tafelsilber), Hoftapezierer, Möbelverwalter, Schlossverwalter, Hofschreiner, Hofmaler, für die Weinversorgung der Hofkeller (mit Kellermeister), Leibdiener und Hofmusik.
Zum Stallmeisteramt gehörten unter anderem die Aufsicht über die Ausbildung der Edelknaben (Pagerie), die Reitschule und der Hofstall mit dem Fuhrpark sowie die berittene Leibgarde. Darüber hinaus war am kurfürstlichen Hof eine variantenreiche Zahl von Dienern tätig: Hofkapellendiener, Kammerdiener (Kammerlakaien), Hofsilberdiener, Kellerdiener, kurfürstliche Leibdiener (Leiblakaien), Edelknabendiener.
3. Medizinische Versorgung
Für die medizinische Versorgung des Kurfürsten und des Hofes stand ein kleineres Ärzteteam zur Verfügung. Größtes Vertrauen genoss dabei seit der sächsischen Jugendzeit von Clemens Wenzeslaus sein (erster) Leibmedicus und Geheimrat Dr. Johann Gottlob Haupt (gestorben 1794), der den Kurfürsten bis 1794 betreut hat. Haupts Nachfolger wurde der vormalige Hofchirurg Dr. Felix Reisinger. Dem „ersten“ Leibarzt waren drei weitere „zweite“ Leibärzte beigeordnet. Die Aufgabe der Leibärzte war es, den Kurfürsten zu jeder Tages- und Nachtzeit am heimatlichen Hof sowie auf Reisen gesundheitlich zu betreuen. Den Leibärzten standen vier Hofchirurgen zur Seite. War der Behandlungskreis zunächst auf Angehörige der Hoflivree beschränkt, weitete sich der Kreis der Patienten schließlich aus auf alle, die sich in irgendeiner Weise zum Hof rechneten, wodurch die dem Erzstift dadurch entstehenden Arzneikosten in die Höhe getrieben wurden.
Ein wichtiges Anliegen von Clemens Wenzeslaus war der Ausbau des Bades in Bertrich, das bereits seit 1657 über ein kurfürstliches Badehaus mit der einzigen, bereits 1391/1392 erwähnten Glaubersalztherme in Deutschland verfügte. Clemens Wenzeslaus versuchte, dem Bad zu neuem wirtschaftlichen Aufschwung zu verhelfen und ließ 1779 für 100.000 Gulden 14 Bäder und einen Gasthof für 60 Gäste errichten. Das Badewasser, das auch für Trinkkuren geeignet war, linderte Beschwerden bei Gicht, Rheuma, Störung der Verdauungsorgane, Hautausschlag und Frauenleiden. Clemens Wenzeslaus, der zeitlebens an Gicht litt, besuchte das Bad zweimal (1785 und 1787).
4. Tafel, Besuch und Zeremoniell
Tafel
Der Kurfürst speiste standesgemäß. Dazu war viel straff geführtes Personal nötig. Für die Hofküche standen ein Küchenmeister, zwei Küchenschreiber, ein Kücheninspektor, zwei bis vier Mundköche mit ein bis zwei Gehilfen, ein bis zwei Backmeister, ein bis vier Hofköche, ein bis zwei Bratenmeister, (nur kurzfristig) ein Kapaunenstopfer, ein Metzger und ein Hofkonditor mit einem Gehilfen zur Verfügung. Darüber hinaus gab es einen Mundschenk, der gleichzeitig als Hofsilberdiener fungierte, einen kurfürstlichen Tafeldecker, einen Hoftafeldecker, eine Hofbeschließerin beziehungsweise Weißzeugwärterin und einen bis zwei Hoftapezierer. Für die Edelknaben wurde darüber hinaus eine eigene Küche unterhalten.
4.1 Küche
Die Aufgaben der Mund- und Hofköche wurde von Clemens Wenzeslaus in mehreren Instruktionen bis ins Kleinste geregelt. So sollten sie durchaus sparsam mit den Lebensmitteln umgehen, die natürlich auch nicht nach Hause mitgenommen werden durften. Die tägliche Arbeitszeit wurde von 8 bis 18 Uhr festgesetzt. Selbst zur „zweiten“ Kleidung des Bratenwenderjungen gab es die Anweisung, dass dieser keine förmliche Livree, sondern nur in grauem „Camisol“ arbeiten dürfe. Unmittelbarer Vorgesetzter der Köche war der Hofküchenmeister. Für die Abwicklung der Lieferungen, die Vorratshaltung und die Wirtschaftsführung war der Küchenschreiber zuständig. Das Aufdecken der kurfürstlichen Tafel und die Aufsicht über das Bedienungspersonal oblagen dem Haushofmeister.
Die Küche konnte zur Speisenzubereitung aus einer breiten Palette verschiedenster Fleisch-, Wurst-, Wild-, Käse-, Obst- und Gemüsesorten schöpfen. So wurden zum Beispiel für das Jahr 1786 an Lieferungen für die Hofküche aufgeführt: 16 Hirsche, zehn Spießer, 26 Wildschweine, 15 Frischlinge, 31 Rehböcke, 50 Altgeißen, sieben Rehkitze, 557 Hasen, 18 Haselhühner, eine Wildgans, 135 Schnepfen, sechs Wasserhühner, zehn Bekassinen, zwei Wildenten, 973 Feldhühner, 113 Wachteln, 371 ganze und 495 halbe Hängel Krammetsvögel, sechs Wildtauben und zwei Auerhähne. Die ständigen Lieferungen von Fischen an die Hofküche machten die Anlage von Fischweihern notwendig, die insbesondere in den Ämtern Daun, Manderscheid, Montabaur, Saarburg und Wittlich angelegt wurden. Allein in den Jahren 1771 bis 1773 wurden von diesen Fischweihern an die Hofküche 6.466 Pfund Karpfen, 787 Pfund Hechte, 214 Pfund Schleien, 44 Pfund Barsche und 23 Pfund Aale geliefert.
Andere wichtige Zutaten für die Küche kamen wiederum aus den Gärtnereien, die also nicht nur zur Verschönerung der Gartenanlagen ihren Beitrag leisten mussten. Am neuen Schloss in Koblenz wurde deshalb ganz bewusst ein Gemüsegarten angelegt.
4.2 Boutelei
Der Weinkonsum war hoch. Es musste daher stets für einen geregelten Nachschub gesorgt werden. Dabei wurde nicht nur einheimischer Wein verkostet, sondern auch beachtlich vieles importiert. 1791 gab die Boutelei für Tafelwein (Tokajer, Kapwein, Strohwein und Malaga) und Bier 1.309 Gulden sowie für Kameralwein, Essig und Schröterlohn 4.062 Gulden, insgesamt 5.372 Gulden aus. Wenngleich Bier hier zwar erwähnt wurde, scheint der Verbrauch davon am Hof eher gering gewesen zu sein. Die Aufsicht über die Weine führte der Hofboutelier. Dieser hatte unter anderem mit einem Küferknecht die eingelagerten Weinfässer auf Sprünge und Wurmlöcher zu prüfen, er hatte auf eine möglichst gleichmäßige Temperatur des Weins zu achten und die vom Essen übrig gebliebenen Weinreste zu sammeln und als Essigansatz aufzubewahren.
4.3 Konditorei
Auch die Konditorei verfügte über vorzügliche Zutaten zur Zubereitung von süßem Köstlichkeiten, die als Nachtisch, zum Kaffee oder bei Soupés serviert wurden. Beispielsweise waren dort am 11.5.1773 vorhanden: Kirschen, Johannisbeeren, grüne Pflaumen, Pomeranzenschalen, rote und weiße Quitten, Aprikosen (Marmelade), Mirabellen, Himbeergelee und Himbeersirup, Maulbeersirup, Violensirup, Pfeffernüsse, Bittermakronen, Biskuit, süße Makronen, Anisbrot, Canariszucker, Bittermandeln, süße Mandeln, Zitronen.
4.4 Silberkammer
Die Silberkammer des Kurfürsten war reichhaltig ausgestattet. So ließ Clemens Wenzeslaus 1777 in Augsburg bei dem Silberschmied Baur ein Tafelservice für 100 Personen anfertigen, wozu älteres Tafelsilber eingeschmolzen wurde. In Gebrauch waren unter anderem Sächsisches und Frankenthaler Porzellan, ferner weiße Sächsische und Frankenthaler Porzellanfiguren, die offenkundig für die im Bau befindliche neue Residenz angeschafft wurden. Als sächsischer Prinz war Clemens Wenzeslaus auch Meißner Porzellan besonders wichtig.
4.5 Besuche und Empfänge
Bedeutende Anlässe für prunkvolle Empfänge gab es eigentlich nur selten. Hierzu zählte aber zweifelsohne die Einweihung des neuen Schlosses in Koblenz am 23.11.1786. In einem langen Zug von acht Kutschen mit hohen Beamten, 60 Hofdienern, den Edelknaben (mit Hofmeister, Präzeptor, Stallmeister, Bereiter und Exerzitienmeister), den kurfürstlichen Kammerdienern, dem Kammerportier, den Kammerlakaien und schließlich der Leibgarde fuhr der Kurfürst mit seiner Schwester Maria Kunigunde im großen roten Staatswagen von der neuen Residenz zur Liebfrauenkirche, wo das feierliche Hochamt gehalten wurde. Auf dem Rückweg standen Bürger und Studenten Spalier. In der Stadt hielten sich mehr als 12.000 Fremde auf, um sich das Spektakel anzusehen – mehr als je zuvor in der Stadt waren. An dem abends ausgerichteten Ball nahmen 600 Personen teil. An Speisen und Getränken floss alles im Überfluss. Zur Feier des Tages amnestierte der Kurfürst 32 Gefangene und verteilte 1.200 Gulden an Bedürftige der Stadt Koblenz sowie 800 Gulden an Bedürftige in Ehrenbreitstein.
Einen weiteren festlichen Glanzpunkt bildete der Besuch des ehemaligen Kriegsgegners, König Friedrich Wilhelms II. von Preußen (Regierungszeit 1786-1797), unmittelbar nach der Kaiserkrönung Franz‘ II. (Kaiser bis 1806) am 14.7.1792 in Frankfurt und dem Fürstentag in Mainz (19.-21.7.1792). Der Preußenkönig wollte im Anschluss an seinen Besuch in Koblenz den Champagnefeldzug eröffnen (erster Koalitionskrieg), nachdem im April 1792 Frankreich Österreich und Preußen den Krieg erklärt hatte. Clemens Wenzeslaus holte den Preußenkönig mit seiner großen Leibjacht in Boppard ab, im Gefolge die zweite kurfürstliche Jacht sowie das Küchenschiff samt Küchenpersonal. Auf der Rückfahrt wurde die Gesellschaft mit einer Kanonade von 200 Kanonenschüssen, die auf der Festung Ehrenbreitstein abgefeuert wurde, empfangen. Die beiden folgenden Tage und Abende wurden mit festlichen Soupés (mit teilweise über 160 Gedecken), an denen die gesamte Noblesse des Hofstaates teilnahm, gefeiert. Das Residenzschloss in Koblenz wurde mit 36.000 Lampen prächtig illuminiert. Im Gardesaal herrschte dabei eine derartige Hitze, dass die Musiker der Hofkapelle auf der Balustrade nicht spielen konnten.
Tatsächlich empfing Clemens Wenzeslaus, von diesen beiden herausragenden Großereignissen abgesehen, nur überaus selten höheren Besuch. Hierbei handelte es sich um einige Besuche der Kurfürsten von Köln und Mainz sowie von ganz wenigen, hochgestellten Persönlichkeiten, die sich auf der Durchreise befanden: Erzherzog Maximilian (1780, 1786/1787), Erzherzog Ferdinand (1786/1787, 1792), Herzog Karl von Württemberg (1774), Großfürst Paul von Russland (1782), König Christian VII. von Dänemark (1771), Kaiser Franz II. (1794).
Unbeschadet dessen nahm das gesellschaftliche Leben am Hofe mit der Ankunft der infolge der Französischen Revolution emigrierenden Franzosen einen geradezu unglaublichen Aufschwung – insbesondere seit im Juni 1791 auch der Neffe des Kurfürsten, der Graf von Artois und Bruder des französischen Königs, Charles Philippe de Bourbon (1757-1836, als Karl X. 1824-1830 König von Frankreich) nach Koblenz kam. Bald hielten sich mehr als 4.000 Franzosen dort auf.
4.6 Zeremoniell
Für einen absolutistischen Herrscher waren Fragen der Etikette und des Zeremoniells naturgemäß von hoher Bedeutung. Die Aufsicht über die Einhaltung des Hofzeremoniells oblag dem Obermarschall (1768-1775 Johann Wilhelm Graf von Sayn-Wittgenstein, 1777-1794 Ludwig Joseph Wilhelm Graf Boos von Waldeck). Die Hofordnung legte dabei unter anderem etwa fest, welchen Besuchern bei Audienzen ein oder beide Flügel der Audienzzimmertür zu öffnen waren, wer im ersten oder zweiten „Antichambre“ erscheinen durfte, ob man mit Stock und in welcher Kleidung auftreten durfte, ob Offiziere das Anlegen von Gamaschen erlaubt war, wie sich die Kammerdiener zu verhalten hatten, wer mit „Exzellenz“ anzureden war, wann die Minister morgens und abends bei Hof zu erscheinen hatten. Auf die Einhaltung der Etikette gemäß der Rangordnung und Stellung – sei es im Hofrat (Dikasterium), bei Militär oder im Gefüge der adligen Familien – wurde großer Wert gelegt und jede Abweichung mit Ehrkränkung oder Ehrverletzung quittiert.
5. Reisen und Statthalterschaft
Größere Reisen hat Clemens Wenzslaus nicht gemacht. So hat er auch keine Bildungsreise (zum Beispiel nach Italien) unternommen. Zunächst waren es reine Verwandtenbesuche, dann in seiner Amtszeit als Kurfürst nach heutigem Sprachgebrauch Dienstreisen, die aber immer mit Besuchen von Verwandten verbunden wurden. Die mitunter sehr aufwändigen organisatorischen Vorbereitungen der Reisen und die Überwachung der Durchführung oblagen neben dem Kammerfourier (als dem Quartiermeister) dem Obriststallmeister und dem Reisemarschall (ab 1772 Wenzeslaus Graf von Leiningen, ab 1782 Joseph Heinrich Freiherr von Thünefeld).
Erstaunlicherweise sind nur insgesamt drei Aufenthalte des Erzbischofs und Kurfürsten in Trier, der alten Bischofsstadt mit dem Dom, nachweisbar. Der Kurfürst besuchte die Stadt nach seiner Inthronisation erstmals 1771 für eine kurze Stippvisite. Seinen zweiten Besuch im Spätsommer 1775 nutzte er zur Grundsteinlegung des Priesterseminars, des nach ihm benannten Seminarium Clementinum. Sein dritter und letzter Besuch 1779 diente der Konsekration des Augsburger Dompropstes Johann Nepomuk August Freiherr von Ungelter zu Deissenhausen (1731-1804) zum Titularbischof von Pella und Weihbischof von Augsburg am 29.8.1779 im Trierer Dom.
Seitens der Trierer Bürgerschaft wurde ihm diese Vernachlässigung übel genommen und nachgetragen, erst recht, als er nach Fertigstellung des neuen Koblenzer Schlosses 1786 Koblenz endgültig zu seinem Residenzort erklärte. In Trier war Clemens Wenzeslaus nur durch seine Statthalter (Franz Karl Ludwig Freiherr/Graf Boos von Waldeck, Philipp Franz Wilderich von Walderdorff, Anselm Freiherr von Kerpen) vertreten. Ständig hatte er Querelen mit den Trierer Zünften und dem Magistrat, unter anderem wegen der geplanten Aufhebung der Zünfte (1769), wegen der Einführung der Brandversicherung (1783) und insbesondere wegen des Beharrens der Zünfte auf ihrem Produktionsmonopol innerhalb der Bannmeile der Stadt – eine Auseinandersetzung, die 1789 zu sozialen Unruhen in Trier führte. In einem Pamphlet wurde Clemens Wenzeslaus damals als „Fürst Clemens, Ursach unseres Elends, Verderber unserer Stadt“ betitelt. In einem in der Stadt plakatierten Aufruf hieß es in Form eines lateinischen Distichons: „Ewig lebe Trier, hochberühmt durch Wissenschaften. Und zugrunde gehe Koblenz selber an seinem Geschick“. Erneut aufflammende Tumulte 1791 drohte der Kurfürst gar durch den Einsatz von Militär niederschlagen zu lassen.
Ganz eindeutig wichtiger waren für Clemens Wenzeslaus die verschiedenen zum Teil mehrmonatigen Aufenthalte im Fürstbistum Augsburg, wo er seiner Residenzpflicht nachkommen wollte.
Während seiner Abwesenheit nahmen höfisches Leben und Regierungsgeschäfte ihren Fortgang. Neben den in Trier eingesetzten Statthaltern, war in Koblenz/Ehrenbreitstein Franz Ludwig Graf von Kesselstatt mit entsprechenden Aufgaben versehen.
6. Fuhrpark
Zum Stallmeisteramt gehörten unter anderem die Aufsicht über die Ausbildung der Edelknaben beziehungsweise Pagen, die Reitschule und nicht zuletzt der Hofstall mit dem Fuhrpark. 1784 gehörte hierzu eine kleine Schiffsflotte mit der prächtig ausgestatteten, eigens für Clemens Wenzeslaus entworfenen und 1781 fertig gestellten großen Leibjacht, der kleinen Leibjacht, einer Schaluppe, einem Küchenschiff, einem „Schießnachen“ (mit zwölf Kanonen), einem „Leibnachen“ und einem „Kavaliersnachen“ sowie zu jedem der Schiffe ein „Ankernachen“ (Beiboot). Ferner zählten zum Fuhrpark 52 Kutschen und sechs Pferdeschlitten sowie eine „Fahrbereitschaft“, zur der der Leibkutscher des Kurfürsten zählte, aber auch bis zu 20 weitere Hofkutscher, 24 Reitknechte, sieben Maultierknechte, zwölf Postknechte und acht Fuhrknechte. Hierzu zählten aber auch im weiteren Sinne bis zu sechs so genannte Läufer (mit ihrem charakteristischem Springstock), die für Botendienste unter anderem die Kutsche des Kurfürsten zu begleiten hatten und dieser zumeist vorausliefen, wie ebenso die so genannten Heiducken, die die Kutsche von Clemens Wenzeslaus als dessen persönliche Sicherheitskräfte zu eskortieren hatten. Der Pferdebestand am Hof betrug laut einer undatierten Zusammenstellung (vermutlich gegen Ende der 1770er Jahre) 200 Tiere, von denen 130 für Kutschen und 70 zum Reiten benötigt wurden. 1783 wurde die Zahl der Pferde, Maultiere und Esel dann auf 146 Tiere reduziert. Hierunter befanden sich Hengste, Wallache, Füllen, Rappen, Klepper sowie 17 Maultiere und sechs Esel. Dabei wurden die Rappen vornehmlich für die damals insgesamt sieben Postkutschen („postzug“) mit jeweils vier bis sieben Tieren eingesetzt (hierunter unter anderem der „neue Ellwanger postzug“). Außer von dem Landgestüt in Montabaur wurden die Pferde von Gestüten im Amt Herschbach (Westerwald) und in der Eifel (Ämter Prüm, Daun, Ulmen, Hillesheim) besorgt.
Welcher Aufwand an Kutschen und Pferden für Clemens Wenzeslaus persönlich bei einer Fernreise nötig war, kann am Beispiel der Rückreise des Kurfürsten mit Gefolge von Ellwangen nach Koblenz vom 27.-31.10.1789 verdeutlicht werden. Insgesamt waren damals 14 Kutschen und 72 Pferde sowie vier Maultiere und mehrere Esel im Einsatz.
Es gab allerdings auch Reisen, für deren Bewältigung Clemens Wenzeslaus den gesamten Fuhrpark einschließlich der Schiffsflotte in Anspruch nahm, wie für seine dritte und letzte Reise nach Trier im August 1779.
Da Clemens Wenzeslaus den Sommer über die meiste Zeit auf seinen Schlössern in Kärlich und Schönbornslust verbrachte, war ein fester Fahrdienst zum Einsatz der verschiedenen Kutschen für Kurier- und Transportdienste notwendig. Um die Hofgesellschaft im Sommer 1790 nach Schönbornslust zu transportieren, wurden zehn Reitpferde sowie 24 Zugpferde an neun Kutschen – hierunter auch ein Wagen genannt „die lange wurst“ – eingesetzt.
7. Kulturelle Unterhaltung am Hofe
7.1 Kapellen-, Kammer- und Hofmusik
Clemens Wenzeslaus war seit seiner Jugend ein begeisterter Anhänger der Musik, dabei geprägt sicherlich von der am heimatlichen Hof zu Dresden in hohem Maße gepflegten Orchestermusik. Mit entsprechender Veranlagung ausgestattet und musikalisch gefördert, war er gleichermaßen gut im Gesang wie auch Klavier-, Bratschen- und Flötenspiel, darüber hinaus aber auch in der Lage, Partituren zu studieren und Orchester zu dirigieren. Es verwundert daher kaum, dass er sich an seinem Hof in Koblenz intensiv allen Belangen der Musikpflege widmen sollte. Insbesondere die Förderung des am Hofe eingesetzten Orchesters, gemeinhin als „Hofkapelle“ bezeichnet, stand dabei im Vordergrund seines Interesses. Die Hofkapelle mit den einzelnen Musikern stellte gewissermaßen das personelle Fundament, mit dem großorchestrale sinfonische Werke bis hin zur Kammermusik, weltliche Lieder und geistliche Musik realisiert werden konnten. Bei Staatsbesuchen waren die Auftritte der Hofkapelle eine Selbstverständlichkeit, sei es dass orchestral zur Tafel und abends zur Hofgesellschaft aufgespielt wurde oder aber zum Kaffee in kleineren Besetzungen nachmittags. Ebenso wurde das Orchester oder einzelne seiner Mitglieder zur musikalischen Ausgestaltung von kirchlichen Festgottesdiensten eingesetzt oder für Opernaufführungen an das neu errichtete Koblenzer „Comoedienhaus“ ausgeliehen. Darüber hinaus wurden aber auch auf Betreiben des Kurfürsten öffentliche Benefizkonzerte zugunsten von Armen und Katastrophenopfern (zum Beispiel 1778/1779 anlässlich der Feuersbrunst in Engers) gegeben.
Als Clemens Wenzeslaus 1768 nach Koblenz kam, fand er von seinem Vorgänger, Erzbischof Johann Philipp, ein Orchester vor, das 29 Musiker umfasste und von zwei Kapellmeistern geleitet wurde. Die Besetzung, durchweg gut ausgebildete Musiker, bestand aus drei Sängerinnen, vier Sängern, einem Organisten, sieben Geigern, zwei Cellisten, drei Bratschern, zwei Bassisten, zwei Flötisten, je einem Oboisten und Klarinettisten sowie je zwei Waldhornisten und Fagottisten. Clemens Wenzeslaus übernahm diese Musiker und baute das keineswegs kleine Orchester aus zu einem der größten Ensembles Europas – zur gleichen Zeit übertroffen lediglich von der musikalisch Richtung weisenden und führenden Hofkapelle von Pfalzgraf Karl Theodor zu Mannheim. Die dort tätige so genannte Mannheimer Schule, die musikalisch den Übergang vom Barock zur Klassik vorbereitete und zu diesem Zweck die Instrumentierung des Orchesters – etwa durch Hinzunahme von Klarinetten und Waldhörnern erweiterte – dürfte Clemens Wenzeslaus nachhaltig beeindruckt haben. Nicht nur vergrößerte er in diesem Sinn den Holzbläsersatz seiner Hofkapelle, sondern ließ auch Kompositionen von Musikern der Mannheimer Schule (zum Beispiel Carl Stamitz, 1745-1801) in das Repertoire seines Orchesters aufnehmen und stellte Musiker der Mannheimer Hofkapelle in seinem Musikensemble ein.
Bereits 1771 versahen 51 Musiker am Hofe des Trierer Kurfürsten ihren Orchesterdienst, 1779 sogar 62 und am Ende Kurtriers 1794 immerhin noch 54 Musiker. Dabei hatte das Orchester 1781 durch die feste Anstellung von zwei Trompetern und einem Pauker eine Besetzungsstärke erreicht, die den Anforderungen zur Aufführung von Werken der Klassik entsprach. Nicht wenige der Musiker spielten lange Jahre und Jahrzehnte in der Hofkapelle in Koblenz. Am Ende der Regierungstätigkeit von Clemens Wenzeslaus in Kurtrier verfügte die Hofkapelle 1794 über vier Sängerinnen (drei Sopranistinnen und eine Altistin), sechs Sänger (vier Tenoristen und zwei Bassisten), einen Organisten/Pianisten, 13 Geiger, zwei Bratschisten, zwei Cellisten, drei Kontrabassisten, vier Waldhornisten, zwei Trompeter, zwei Flötisten, drei Oboisten, zwei Klarinettisten, drei Fagottisten und einen Pauker.
Die musikalische Leitung der Hofkapelle übernahmen zunächst zwei Kapellmeister, Georg Friedrich Cron (1738-1768) und Konrad Starck (1715-1787), während Verwaltung und Organisation in der Hand eines Intendanten lagen (zunächst Anselm Carl Freiherr von Warsberg und Wartelstein (1735-1797), seit 1782 Joseph Heinrich Freiherr von Thünefeld). Als Clemens Wenzeslaus sich dann 1769 in Augsburg aufhielt, brachte er von dort den Leiter der fürstbischöflichen Kapelle, den Italiener Pietro Pompeio Sales (1729-1797), sowie den Konzertmeister Johann Georg Lang (1724-1798) mit nach Koblenz. Beide, Sales als neuer Kapellmeister und Lang als neuer Konzertmeister, sollten bis zum Ende Kurtriers künstlerisch die professionell hochstehende Ausrichtung der Hofkapelle bestimmen. Sales leitete zunächst allerdings noch für einige Jahre zusammen mit Starck bis zu dessen Tod 1787 das Orchester. Anschließend wurde er alleiniger Kapellmeister der Hofkapelle und war für die Auswahl der Musiker zuständig, die er zum Teil aus Mannheim anwarb. In Koblenz konnte er als durchaus nicht unbekannter Komponist zahlreiche seiner eigenen Werke (insbesondere Oratorien, Kantaten und geistliche Musik) mit der kurtrierischen Hofkapelle aufführen. Sales gilt als einer der letzten und qualitätsvollsten Repräsentanten des italienischen Stils an deutschen Höfen, in dessen Schaffen die Vokalmusik eine exponierte Stellung einnahm. Indes ist der Großteil seiner Werke heute verloren oder verschollen, da Clemens Wenzeslaus ihm wohl versprochen hatte, die Werke nicht im Druck zu veröffentlichen.
7.2 Theater und Oper – das „Comoedienhaus“ in Koblenz
Anders als bei der Hofmusik, die der Kurfürst von Anbeginn seiner Amtszeit fest in seinem weltlichen Hofstaat institutionalisiert hatte, geschah dies für das Schauspiel nicht in gleicher Weise. Hofkapellmeister Sales war wohl für die Auswahl und Aufführung von Opern, Operetten und Oratorien zuständig, doch wurden – mit Ausnahme der Oratorien – bis zur Mitte der 1780er Jahre mangels entsprechender Aufführungsstätte stets nur Werkauszüge, das heißt Arien und Lieder in den Programmen der Musikakademien präsentiert. Möglichkeiten für Theateraufführungen gab es wohl eingeschränkt im Schloss Kärlich und in dem privat geführten Vergnügungslokal „Drei Reichskronen“ in der Stadt Koblenz.
Erst der Bau eines Theaters („comoedia hauß“) 1786/1787 sollte die entscheidende Wende bringen. Größere Operninszenierungen und Schauspielaufführungen waren nun möglich – allerdings sollten weder das Theater noch die Schauspieltruppe, weder der Schauspieldirektor noch der „entreprenneur“, das heißt der Unternehmer des Theaters, Aufnahme im Hofstaat von Clemens Wenzeslaus finden. Vielmehr hielt sich der Kurfürst auffallend bedeckt gegenüber dem Schauspiel. Ihn trieb wohl eine gewisse Sorge um, dass Schauspielaufführungen und Schauspieler, sofern diese ungehindert agieren konnten, – vor allem vor dem Hintergrund der Französischen Revolution – einen ungünstigen Einfluss auf das Publikum haben könnten. So nahm Clemens Wenzeslaus mittels einer eigens eingesetzten Zensurkommission indirekt Einfluss auf die Programmgestaltung.
Der Bau des Theaters war ein rein privat von dem kurtrierischen Hofrat und Kabinettssekretär Franz Joseph Schmitz (1752-1809) finanziertes Unternehmen, das ihn die nicht unerhebliche Summe von 44.000 Reichstalern kosten sollte. Da Schmitz für seinen laufenden Theaterbetrieb in keiner Weise von Clemens Wenzeslaus finanziell unterstützt wurde, war er ständig um den Ausgleich seiner enormen Schulden bemüht. Eine gewisse Hilfe war ihm dabei, dass Clemens Wenzeslaus ihm wenigstens durch Ausstellung eines entsprechenden Privilegs die Monopolstellung als Veranstalter im öffentlichen Theater- und Konzertbetrieb in Koblenz gewährte. Mozarts Oper „Die Entführung aus dem Serail“ markiert in glanzvoller Inszenierung im November 1787 den Anfang des Koblenzer Schauspielhauses, steht aber ebenso auch für sein Ende. Denn das Stück war auch im April 1794 die letzte Aufführung im Koblenzer Theater vor der endgültigen Flucht des Kurfürsten. Als erstes dramatisches Schauspiel wurde Ende 1787 „Die Räuber“ von Friedrich Schiller geboten, in der Spielzeit 1789 gefolgt von dessen „Kabale und Liebe“ sowie „Hamlet“ von Shakespeare.
8. Sonstige Unterhaltung und Vergnügungen
8.1 Sommerresidenz Kärlich und Schloss Schönbornslust
Wichtige Orte, um angereistem Besuch besondere Annehmlichkeiten zu bereiten, waren die beiden Jagd- beziehungsweise so genannten Lustschlösser Kärlich und Schönbornslust. Auffallenderweise wurden oft beide Schlösser während eines Aufenthaltes aufgesucht.
Die Sommermonate verbrachte Clemens Wenzeslaus stets mit großem Gefolge auf Schloss Kärlich, das 1654 unter Kurfürst Karl Kaspar von Trier neu gebaut worden war. Für 1776 sind insgesamt 173 Personen namentlich erfasst, die den Kurfürsten dorthin zu begleiten hatten. Die hierdurch verursachten Kosten waren enorm und führten mit der Zeit zu moderaten Sparplänen. Allerdings erfolgte in den 1780er Jahren eine Umgestaltung des Gartens mit der Anlage eines englischen Gartens und der Errichtung eines Pantheons. Die dort vorhandene Orangerie war Lieferantin für Hofküche und Hofkonditorei. Mit dem Einzug der Franzosen wurde die gesamte Schlossanlage 1794 zerstört.
Schloss Schönbornslust war erst wenige Jahre vor dem Regierungsantritt von Clemens Wenzeslaus 1757 von Kurfürst Franz Georg von Trier in Koblenz-Kesselheim errichtet worden. Insbesondere 1786 hatte Clemens Wenzeslaus das Schloss bezogen, um dort die Fertigstellung seines neuen Schlosses in Koblenz abzuwarten. Im Park der Schlossanlagen befanden sich vier Pavillons und ein Fischteich. Den französischen Emigranten wurde das Schloss von Clemens Wenzeslaus großzügig für ihren Aufenthalt ab 1791 überlassen. Im Mai 1793 wurde das Schloss zum kaiserlich-königlichen Hospital umgewidmet und 1794 von den französischen Truppen schließlich zerstört.
8.2 Jagd
Clemens Wenzeslaus war nicht so jagdbegeistert wie sein Vorgänger. Dennoch hat er offenkundig auch ganz gern gejagt. Dem Tagebuch seines Augsburgaufenthaltes 1773/1774 kann entnommen werden, dass er sich in diesem Zeitraum insgesamt 27 mal auf die Jagd begeben hat (Enten-, Fuchs-, Gams- und Hirschjagd). Für den Mittelrhein sind dagegen Jagden, die er veranstaltet oder an denen er teilgenommen hat, kaum belegt. Überliefert ist, dass er auf der Rückreise von Trier im Jahr 1779 im Kandelwald gejagt hat. Bekannt ist weiterhin, dass für den aus Paris „ausgewanderten“ Grafen von Artois am 15.6.1791 in Schönbornslust eine Hofjagd veranstaltet wurde. Die Jagd wurde von einem Oberjägermeister geleitet. Diesem unterstanden der Oberjäger, der Wildmeister, der Büchsenspanner, der Hofjäger, die zwei Jagdlakaien und natürlich die Forstjäger in den einzelnen Revieren.
8.3 Scheibenschießen
Ein beliebtes Vergnügen war das Scheibenschießen, an dem der Kurfürst in Ehrenbreitstein, Kärlich und Schönbornslust teilnahm. Häufig begleitete ihn dabei seine Schwester Maria Kunigunde, die sich stets als gute Schützin erwies. Clemens Wenzeslaus selbst schoss gleich nach seinem Amtsantritt im Jahr 1768 in Ehrenbreitstein bei der St. Sebastianusbruderschaft den Vogel ab. Ab 1790 wurden offenkundig solche Schießübungen in Schönbornslust in kleinem Kreis für wichtige Persönlichkeiten des Hofstaates veranstaltet. Da viele Kugelbüchsen und sonstiges Zubehör benötigt wurden, sollte der Büchsenspanner zur besseren Durchführung ein Zimmer in Schönbornslust beziehen. Für 1790 ist ein Vogelschießen in Kärlich mit dem Kurfürsten von Köln überliefert. Dort stand für die Schießübungen ein grün gestrichenes Schießhäuschen zur Verfügung.
8.4 Feuerwerk
Am 28.8.1769 wurde von Clemens Wenzeslaus zu Ehren des bis zum 4. September zu Besuch weilenden Kurfürsten Emmerich Joseph von Mainz (Kurfürst von Mainz 1763-1774) an unbekanntem Ort ein Feuerwerk veranstaltet. Bereits 1756 ist am Deutschen Eck in Koblenz von drei Schiffen und vom Ufer aus ein Feuerwerk veranstaltet worden, das gleichsam als der erste Beleg für das heutige Spektakel „Rhein in Flammen“ angesehen werden kann. Vielfach belegt sind Salutschüsse für hohen Besuch.
9. Residenzschloss in Koblenz
Das neue Residenzschloss in Koblenz war für Clemens Wenzeslaus das Prestigeobjekt, mit dem er seiner weltlichen Herrschaft auf repräsentative Weise Ausdruck verleihen wollte. Zugleich schuf Clemens Wenzeslaus damit einen markanten Kontrapunkt zu dem kurfürstlichen Schloss am Sitz des Obererzstiftes in Trier, dem kurfürstliches Palais, das sein Vorgänger, Erzbischof Johann Philipp, erst wenige Jahre zuvor durch einen Rokokobau hatte aufwerten lassen. Damit markiert das neue Residenzschloss in Koblenz auch demonstrativ und eindeutig die absolute Vorrangstellung der Stadt als Hauptsitz des gesamten Kurstaates. Nicht zuletzt war die neue Residenz aber auch die Initialzündung zur städtebaulichen Neustrukturierung von Koblenz.
In der Planung und Umsetzung des Bauvorhabens leuchtet ein gewisser Hang zu barockem Prunk und Glanz durch, der ansonsten beim Kurfürsten kaum feststellbar ist. Clemens Wenzeslaus und sein Hofstaat wollten sich den Nachbarterritorien, dem Reich und dem Ausland gegenüber adäquat und stilvoll en vogue repräsentieren. Mit Sicherheit spielte dabei der heimatliche Hof des Kurfürsten in Dresden, der „Zwinger“, aber auch derjenige seiner königlichen Verwandtschaft in Frankreich, Versailles, eine nicht unwichtige Rolle. So dürfte die Wahl französischer Architekten, denen letztlich die maßgebliche Konzeption des Bauprojektes übertragen wurde, kein Zufall gewesen sein. Dagegen hatten die beteiligten deutschen Architekten lediglich die Umsetzung der Pläne ihrer französischen Kollegen in der Bauausführung zu überwachen.
Seit seinem Regierungsantritt 1768 residierte Clemens Wenzeslaus auf Schloss Philippsburg, einem frühbarocken, unterhalb der Festung Ehrenbreitstein gelegenen Bau. Das Schloss lag durch den Rhein getrennt gegenüber der Stadt Koblenz, die mangels einer festen Brücke nur über so genannte fliegende Brücken, das heißt Schiffspontons, umständlich erreichbar war. Repräsentative Aufgaben ließen sich dort nur sehr eingeschränkt wahrnehmen, auch wurden die Räumlichkeiten bald als zu eng und unkomfortabel angesehen. Die Philippsburg entsprach einfach nicht mehr zeitgemäß den Ansprüchen eines unter Clemens Wenzeslaus personell aufgestockten Hofstaates. Nach Bewilligung der Baufinanzierung durch den kurtrierischen Landtag 1777 sollte bald mit den Bauarbeiten begonnen werden, an denen Clemens Wenzeslaus persönlich steten Anteil nahm. Oft ließ er sich – nicht selten in Begleitung von bei ihm weilenden hochrangigen Besuchern, die er geradezu dazu nötigte – auf der Baustelle blicken und war sichtlich stolzer Erwartung auf die Fertigstellung des neuen Schlosses. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit den Architekten lag die Bauausführung schließlich in der Hand des renommierten Franzosen Antoine-François Peyre (1739-1823), der kurz zuvor bereits erfolgreich am kurmainzischen Schloss gearbeitet hatte. In der verhältnismäßig kurzen Zeit von nur neun Jahren konnte der Bau vollendet werden und stieß in der Öffentlichkeit – trotz immenser und nicht unumstrittener Baukosten von rund einer Million Gulden – auf unverhohlene Bewunderung. Die kurfürstlichen Prunk- und Wohnräume erstreckten sich über das gesamte erste Obergeschoss. Hierzu zählten auch die groß dimensionierten Gesellschaftsräume, wie zum Beispiel ein Billardzimmer mit 20 Spieltischen oder das Kaffeezimmer mit einer wertvollen Sammlung von 33 Gemälden des sächsischen Hofmalers Christian Wilhelm Ernst Dietrich (1712-1774) aus Dresden. Das neue Schloss verfügte über insgesamt 176 Zimmer. Modern war die Anbringung von Blitzableitern und die Anlage einer eigenen Abwasserkanalisation.
Clemens Wenzeslaus beging den Einzug in seine neue Residenz am 23.11.1786, seinem Namenstag, mit einem prunkvollen und berauschenden Fest, das dem Glanz und der Ausstrahlung des neuen Gebäudes entsprach. Hierin zeigte sich der ganze Stolz des Kurfürsten auf seine neue Residenz.
10. Pagerie
Die Erziehung der Edelknaben lag Clemens Wenzeslaus sehr am Herzen. Sie sollte im Sinne einer guten Allgemeinbildung der jungen Freiherren und Grafen adliger Familien solide und, um dieses Ziel zu erreichen, auch gewiss streng sein. Nachdem der Kurfürst im Frühjahr 1768 seine Amtsgeschäfte in Koblenz aufgenommen hatte, widmete er sich daher auch persönlich um Fragen der Ausbildung, Erziehung und Unterbringung der Pagen – so wie er sich wenig später auch intensiv um eine Verbesserung des allgemeinen schulischen Unterrichts und der Ausbildung der Lehrer kümmern sollte.
Innerhalb des weltlichen Hofstaates von Clemens Wenzeslaus waren die Edelknaben dem Obriststallmeisteramt – von 1768–1775 zunächst unter der Leitung von Ludwig Joseph Wilhelm Freiherr Boos von Waldeck (gestorben 1813), seit 1778–1794 dann unter derjenigen von Ferdinand Freiherr von Duminique (1742-1803) – zugewiesen. Für ihre unmittelbare Ausbildung waren der Hofmeister, der Präzeptor beziehungsweise Informator, der Exerzitienmeister, ein bis zwei Sprachlehrer (Französisch, Latein) sowie ein Fecht- und Tanzlehrer zuständig und am Hofe angestellt. Hinzukamen bis zu vier eigens den Edelknaben zugewiesene Diener, ein eigener Edelknabenkoch sowie ein eigener Tafeldecker. Untergebracht waren die Edelknaben in einem eigenen Gebäude, der Pagerie (zunächst neben der Philippsburg, später im neuen Residenzschloss). Während der Sommeraufenthalte des Kurfürsten auf Schloss Schönbornslust begleiteten ihn die Edelknaben dorthin und waren zusammen mit dem Hofmeister und dem Informator sowie ihren Dienern in einem eigenen Gebäude mit Schlaf- und „pagen-studierzimmer“ untergebracht. Zunächst waren bis zu 16 Edelknaben gleichzeitig in der Pagerie untergebracht. Als die Kosten für Unterbringung, Ausbildung, Verpflegung und Ausstattung zu hoch stiegen, wurden seit 1772 nicht mehr als acht Edelknaben aufgenommen.
Quellen
Landeshauptarchiv Koblenz, Best. 1C (Erzstift und Kurfürstentum Trier, Akten der staatlichen und geistlichen Verwaltung).
Kurfürstlich trierische Hof-, Staats- und Stands-Calender 1768-1794.
Literatur (Auswahl)
Bereths, Gustav, Die Musikpflege am kurtrierischen Hofe zu Koblenz-Ehrenbreitstein, Mainz 1964.
Bockius, Fritz, 1787-1987. 200 Jahre Theater Koblenz, Koblenz 1987.
Brommer, Peter/Krümmel, Achim, Höfisches Leben am Mittelrhein unter Kurfürst Clemens Wenzeslaus von Trier (1739-1812), Koblenz 2012.
Dominicus, Al., Coblenz unter dem letzten Kurfürsten von Trier Clemens Wenzeslaus 1768 bis 1794, Koblenz 1869.
François, Etienne, Koblenz im 18. Jahrhundert. Zur Sozial- und Bevölkerungsstruktur einer deutschen Residenzstadt, Göttingen 1982
Kramp, Mario (Hg.), Ein letzter Glanz. Die Koblenzer Residenz des Kurfürsten. Zum 200. Todesjahr des Hofmalers Heinrich Foelix (1732-1803), Koblenz 2003.
Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz (Hg.), 200 Jahre Residenz Koblenz. Katalog zur Ausstellung im Schloß zu Koblenz, 6. August bis 2. November 1986, Koblenz 1986.
Stramberg, Chr. von, Denkwürdiger und nützlicher Rheinischer Antiquarius, welcher die wichtigsten und angenehmsten geographischen, historischen und politischen Merkwürdigkeiten des ganzen Rheinstroms von seinem Ausflusse in das Meer bis zu seinem Ursprunge darstellt, Band 1,1, Koblenz 1851, S. 569-812; Band 1,2, Koblenz 1853, S. 1-66.
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Krümmel, Achim, Höfisches Leben am Mittelrhein unter Clemens Wenzeslaus von Sachsen (1739-1812), Kurfürst und Erzbischof von Trier (1768-1803), in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/hoefisches-leben-am-mittelrhein-unter-clemens-wenzeslaus-von-sachsen-1739-1812-kurfuerst-und-erzbischof-von-trier-1768-1803/DE-2086/lido/57d1243b52bf64.18852120 (abgerufen am 10.10.2024)