Graf gegen Kurfürst – Die Auseinandersetzungen zwischen dem Grafen Johann V. von Sponheim und dem Pfälzer Kurfürsten Ludwig III. 1416-1436

Johannes Mötsch (Meiningen)

Bildnis des Kurfürsten Ludwig III. des Bärtigen von der Pfalz (1378-1436), Maler: Johann David Werl, 18. Jhdt., Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Alte Pinakothek München (https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/ApL8BBN4N2). (CC BY-SA 4.0)

Schlagworte

1. Die territorialen Voraussetzungen

Im 13. Jahr­hun­dert ha­ben sich im Hei­li­gen Rö­mi­schen Reich die Ter­ri­to­ri­en her­aus­ge­bil­det, die bis zum Be­ginn des 19. Jahr­hun­derts die po­li­ti­sche Land­kar­te be­stimmt ha­ben und die letzt­lich die Ur­sa­che da­für sind, dass wir heu­te in ei­nem fö­de­ra­lis­ti­schen und nicht in ei­nem zen­tra­lis­ti­schen Staat le­ben. In wei­ten Tei­len Deutsch­lands, ge­ra­de auch im Rhein­land, be­stan­den die­se Ter­ri­to­ri­en nicht aus grö­ße­ren, zu­sam­men­hän­gen­den Flä­chen, son­dern ei­ner Fül­le klei­ner Ge­biets­tei­le mit vie­len Nach­barn. Kon­flik­te al­ler Art wa­ren da­durch vor­pro­gram­miert.

Zu den grö­ße­ren Ter­ri­to­ri­en zähl­te der Herr­schafts­be­reich der Pfalz­gra­fen (und Kur­fürs­ten) bei Rhein. Ihr Schwer­punkt hat­te ur­sprüng­lich im nörd­li­chen Teil der Rhein­lan­de ge­le­gen. Die Ab­tei Brau­wei­ler (Stadt Pul­heim) ist als Haus­klos­ter der Fa­mi­lie ge­grün­det wor­den, ein wich­ti­ger Platz war zu­nächst die Tom­burg (bei Rhein­bach). Im Lau­fe ei­nes Pro­zes­ses, der sich über Jahr­hun­der­te hin­zog, hat sich der Macht­schwer­punkt der Pfalz­gra­fen nach Sü­den ver­la­gert. Nörd­lich der Mo­sel ge­le­ge­ne Be­sit­zun­gen und Rech­te wa­ren von den Pfalz­gra­fen schon im Mit­tel­al­ter zu Le­hen aus­ge­ge­ben wor­den. Zum Ter­ri­to­ri­um der Pfalz­gra­fen ge­hör­ten aber wei­ter­hin Ba­cha­rach, Kaub und das 1359 er­wor­be­ne Sim­mern, wo spä­ter ei­ne Ne­ben­li­nie des pfalz­gräf­li­chen Hau­ses re­si­dier­te; das wei­ter süd­lich ge­le­ge­ne Al­zey war zeit­wei­se Re­si­denz, bis es im 14. Jahr­hun­dert von Hei­del­berg ab­ge­löst wur­de.

Die Pfalz­gra­fen bei Rhein ge­hör­ten zu der klei­nen Grup­pe der Kur­fürs­ten, de­nen die Wahl des Kö­nigs zu­stand. Ih­re Zu­ge­hö­rig­keit zur Spit­zen­grup­pe der Fürs­ten zeig­te sich auch dar­in, dass sie über ei­nen hoch­ran­gi­gen Lehns­hof ver­füg­ten, zu dem zahl­rei­che Gra­fen und Her­ren ge­hör­ten, dar­un­ter auch die Gra­fen von Jü­lich, von der Mark, Spon­heim, Kat­zeneln­bo­gen, Nas­sau, Lei­nin­gen, Sayn und Wied so­wie die Rau- und die Wild­gra­fen. Die Zu­ge­hö­rig­keit zum Lehns­hof der Pfalz­gra­fen be­deu­te­te aber nicht, dass sich die­se Gra­fen und Frei­her­ren den In­ter­es­sen der Pfalz­gra­fen un­ter­war­fen. Sie wa­ren viel­mehr über Jahr­hun­der­te be­müht, sich durch An­schluss an an­de­re mäch­ti­ge Nach­barn ei­nen po­li­ti­schen Spiel­raum zu ver­schaf­fen. Zu die­sen Re­gio­nal­mäch­ten zähl­ten un­ter an­de­rem die geist­li­chen Fürs­ten, vor al­lem die Erz­bi­schö­fe von Köln, Mainz und Trier, die selbst dem Kur­fürs­ten­kol­le­gi­um an­ge­hör­ten.

2. Die beteiligten Personen und ihr familiärer Hintergrund

Durch die Bei­le­gung von Erb­strei­tig­kei­ten war der Herr­schafts­be­reich der Her­zö­ge von Bay­ern, Pfalz­gra­fen bei Rhein, aus dem Hau­se Wit­tels­bach im Au­gust 1329 auf­ge­teilt wor­den. Die Brü­der Ru­dolf II. (ge­stor­ben 1353) und Ru­precht I. (ge­stor­ben 1390) so­wie ihr Nef­fe Ru­precht II. (ge­stor­ben 1398, Sohn des 1327 ver­stor­be­nen Bru­ders Adolf) hat­ten die Pfalz­graf­schaft bei Rhein und die Kur­wür­de er­hal­ten, ihr Oheim, der rö­mi­sche Kai­ser Lud­wig (1314-1347 rö­misch-deut­scher Kö­nig, ab 1328 Kai­ser), das Her­zog­tum (Ober-) Bay­ern. Die füh­ren­de Per­sön­lich­keit in­ner­halb der pfalz­gräf­li­chen Fa­mi­lie war Ru­precht I., der das Ter­ri­to­ri­um und den reichs­po­li­ti­schen Ein­fluss sei­nes Hau­ses ganz we­sent­lich er­wei­tern konn­te.

Zur Kli­en­tel der Pfalz­gra­fen bei Rhein ge­hör­ten auch die Gra­fen von Spon­heim (Burg bei Bad Kreuz­nach). Sie hat­ten seit dem 12. Jahr­hun­dert zwi­schen Mo­sel und Na­he ein grö­ße­res Ter­ri­to­ri­um auf­ge­baut. In den 1230er Jah­ren wa­ren durch Erb­tei­lung die Li­ni­en Kreuz­nach und Star­ken­burg ent­stan­den, de­ren Ge­bie­te man (von Mainz aus ge­se­hen) als Vor­de­re und Hin­te­re Graf­schaft Spon­heim be­zeich­ne­te.

Das ho­he An­se­hen der Gra­fen von Spon­heim geht un­ter an­de­rem dar­aus her­vor, dass die Pfalz­grä­fin Mech­tild, ein­zi­ge Schwes­ter der Pfalz­gra­fen Ru­precht, Ru­dolf und Adolf, im Sep­tem­ber 1331 mit dem Gra­fen Jo­hann III. von Spon­heim-Star­ken­burg ver­hei­ra­tet wor­den ist. Pfalz­graf Ru­precht I. war kin­der­los, sein Bru­der Ru­dolf hat­te nur ei­ne Toch­ter na­mens An­na, die 1349 den rö­mi­schen Kö­nig Karl IV. (1346-1378 Kö­nig, ab 1355 Kai­ser) aus dem Haus Lu­xem­burg hei­ra­te­te und 1353 starb. Pfalz­graf Adolf hat­te nur ei­nen Sohn (Ru­precht II.) hin­ter­las­sen, der die Fa­mi­lie fort­setz­te. Des­sen Sohn Ru­precht III. war von Au­gust 1400 bis zu sei­nem Tod im Mai 1410 rö­mi­scher Kö­nig.

Die Kin­der der Pfalz­grä­fin Mech­tild und des Gra­fen Jo­hann von Spon­heim wur­den da­her zu Schach­fi­gu­ren in der Po­li­tik des Pfalz­gra­fen Ru­precht: Mech­tild wur­de im Ju­li 1346 mit dem Mark­gra­fen Ru­dolf VI. von Ba­den ver­lobt; der Pfalz­graf zahl­te ei­nen er­heb­li­chen Teil des Hei­rats­guts. Lo­ret­ta hei­ra­te­te im Ju­ni 1364 den Gra­fen Hein­rich von Vel­denz. In die­sem Fall war Pfalz­graf Ru­precht eben­so be­tei­ligt wie bei der Ehe des Jung­gra­fen Jo­hann IV. mit Eli­sa­beth, ei­ner Toch­ter des Gra­fen Wal­ram von Spon­heim-Kreuz­nach (Ver­lo­bung im Ju­li 1338, Hei­rat im Ju­li 1346). Aus der Ehe ging nur ein Sohn her­vor, Graf Jo­hann V. (ge­stor­ben 1437), der im April 1382 zwi­schen sei­nen zer­strit­te­nen El­tern schlich­ten muss­te.

Weil Graf Jo­hann III. ein sehr ho­hes Al­ter er­reich­te, kam Jo­hann IV. (ge­stor­ben 1413/1414) erst in ei­nem hö­he­ren Al­ter an die Re­gie­rung. Bis da­hin hat­te er un­ter an­de­rem als Amt­mann des Pfalz­gra­fen Ru­precht in Sim­mern und als Hof­rich­ter des rö­mi­schen Kö­nigs Wen­zel (1376-1400 rö­misch-deut­scher Kö­nig) fun­giert; 1371 hat­te ihn der Pfalz­graf als Tes­ta­ments­voll­stre­cker ein­ge­setzt.

In der Re­gie­rung der Vor­de­ren Graf­schaft folg­te dem Gra­fen Wal­ram 1380 der ein­zi­ge Sohn Si­mon III. (ge­stor­ben 1414), der durch sei­ne Ehe seit 1348 auch Graf von Vi­an­den (im heu­ti­gen Gro­ßher­zog­tum Lu­xem­burg) war. Aus die­ser Ehe wa­ren ein jung ge­stor­be­ner Sohn Wal­ram und zwei Töch­ter her­vor­ge­gan­gen, von de­nen ei­ne als Kind starb. Er­bin bei­der Graf­schaf­ten war da­her die Toch­ter Eli­sa­beth, die nach­ein­an­der Ehen mit dem Gra­fen En­gel­bert III. von der Mark (ge­stor­ben 1391) und dem Pfalz­gra­fen Ru­precht dem Jüngs­ten (ge­stor­ben 1397) ein­ge­gan­gen, aber kin­der­los ge­blie­ben war. Das Er­lö­schen der Li­nie Spon­heim-Kreuz­nach war so­mit ab­seh­bar. Die Grä­fin Eli­sa­beth von Spon­heim und Vi­an­den leb­te auch als Wit­we am Hof ih­res Schwie­ger­va­ters Pfalz­graf Ru­precht III. (1400 rö­misch-deut­scher Kö­nig, ge­stor­ben 1410) be­zie­hungs­wei­se ih­res Schwa­gers Lud­wig III. (ge­stor­ben 1436) in Hei­del­berg. Be­reits im Sep­tem­ber 1405 hat­te sie dem Schwie­ger­va­ter nach dem Tod ih­res Va­ters ein Fünf­tel an der Stadt Kreuz­nach und al­len Städ­ten, Schlös­sern, Märk­ten, Dör­fern, Lan­den und Leu­ten auf dem rech­ten Ufer der Mo­sel zu­ge­sagt. Die Pfalz­gra­fen soll­ten da­für Eli­sa­beth in den üb­ri­gen vier Fünf­teln schüt­zen und schir­men. Of­fen­bar hat die Grä­fin Eli­sa­beth dar­über hin­aus dem Pfalz­gra­fen Ste­phan, ei­nem jün­ge­ren Sohn des Kö­nigs, an­läss­lich sei­ner Hoch­zeit mit An­na von Vel­denz (1410) den dem Kö­nig zu­ge­sag­ten An­teil an der Vor­de­ren Graf­schaft ver­spro­chen. An­na war die ein­zi­ge Toch­ter des Gra­fen Fried­rich von Vel­denz und En­ke­lin der oben er­wähn­ten Lo­ret­ta von Spon­heim. Durch die­se Her­kunft hat­te sie ei­nen Erb­an­spruch auf bei­de Graf­schaf­ten Spon­heim, so­lan­ge Graf Jo­hann V. aus der Li­nie Star­ken­burg kei­ne Kin­der hat­te. 

Die Grafschaft Sponheim, Ausschnitt aus der Karte 'Territorien im Rheinland 1789', Bonn 2010. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 

Graf Jo­hann V. sei­ner­seits aber war der nächs­te Bluts­ver­wand­te der Grä­fin Eli­sa­beth, da sei­ne Mut­ter ei­ne Schwes­ter von de­ren Va­ter ge­we­sen war. Er be­saß da­her wohl­be­grün­de­te An­sprü­che auf die Vor­de­re Graf­schaft Spon­heim. Ver­fü­gun­gen der Grä­fin zu­guns­ten Drit­ter muss­ten sei­nen Un­wil­len er­re­gen. 

Am 9.2.1416 setz­te die Grä­fin ih­re Zu­sa­ge aus dem Jahr 1405 um und schenk­te mit der Zu­stim­mung ih­res Vet­ters Graf Jo­hann ih­rem Schwa­ger, dem Pfalz­gra­fen und Kur­fürs­ten Lud­wig III., ein Fünf­tel an den Städ­ten, Fes­ten und Schlös­sern Kreuz­nach, Ebern­burg, Gu­ten­berg, Ar­gen­schwang, Naum­burg, Kop­pen­stein, Ge­mün­den und Kirch­berg; die üb­ri­gen vier Fünf­tel soll­ten dem Vet­ter Jo­hann V. zu­ste­hen. Die Pas­siv­le­hen wa­ren von der Schen­kung aus­ge­nom­men. Da­von nicht be­trof­fen wa­ren auch die Äm­ter Kas­tel­laun und Win­ter­burg so­wie die An­tei­le der Vor­de­ren Graf­schaft an den seit je­her mit der Hin­te­ren Graf­schaft ge­mein­sa­men Bur­gen Spon­heim und Dill; sie sind fort­an zur Hin­te­ren Graf­schaft Spon­heim ge­rech­net wor­den. Graf Jo­hann hat wohl nur zäh­ne­knir­schend zu­ge­stimmt und im Ok­to­ber 1429 aus­drück­lich be­kun­det, dies nur not­ge­drun­gen ge­tan zu ha­ben. Am 10.2.1416 schlos­sen Pfalz­graf Lud­wig, die Grä­fin Eli­sa­beth und Graf Jo­hann für sich und ihr täg­li­ches Hof­ge­sin­de ei­nen Burg­frie­den für die ge­nann­ten Bur­gen und Schlös­ser, der auch den Aus­trag mög­li­cher Strei­tig­kei­ten durch je zwei Rat­leu­te der Par­tei­en und den Gra­fen Fried­rich von Lei­nin­gen als Ob­mann re­gel­te. 

Die­se Schen­kung führ­te zu­nächst zu ei­nem Kon­flikt in­ner­halb der pfalz­gräf­li­chen Fa­mi­lie. Pfalz­graf Ste­phan brach­te Zeu­gen für die er­wähn­ten münd­li­chen Zu­sa­gen der Grä­fin Eli­sa­beth bei. Pfalz­graf und Kur­fürst Lud­wig III. be­harr­te auf der Um­set­zung der Ur­kun­de vom Fe­bru­ar 1416. Die Grä­fin Eli­sa­beth be­stritt, dem Pfalz­gra­fen Ste­phan der­ar­ti­ge Zu­sa­gen ge­macht zu ha­ben. Im März/April 1417 wur­de des­we­gen vor Schieds­rich­tern ver­han­delt. Pfalz­graf Lud­wig leis­te­te ei­nen von ihm ge­for­der­ten Eid, der die Sa­che zu sei­nen Guns­ten klär­te. Das Ver­hält­nis zu sei­nem jün­ge­ren Bru­der Ste­phan blieb aber ge­spannt.

Pfalz­graf Lud­wig und sei­ne Er­ben hat­ten seit­dem in der Vor­de­ren Graf­schaft Spon­heim mit den ge­nann­ten Städ­ten, Bur­gen und Schlös­sern gleich­sam ei­nen „Fuß in der Tür“. Kon­flik­te mit dem Gra­fen Jo­hann konn­ten da­her nicht aus­blei­ben.

3. Erste Streitigkeiten

Das Ver­hält­nis zwi­schen den Pfalz­gra­fen und den Gra­fen von Spon­heim-Star­ken­burg war schon län­ger ge­trübt, da Kö­nig Ru­precht über Ein­künf­te aus dem Zoll zu Selz (im El­sass), die dem Gra­fen Jo­hann IV. im No­vem­ber 1386 von sei­nem 1400 ab­ge­setz­ten Vor­gän­ger Kö­nig Wen­zel ver­schrie­ben wor­den wa­ren, an­der­wei­tig ver­fügt hat­te. 

Die Schen­kung der Grä­fin Eli­sa­beth von Spon­heim und Vi­an­den, nach der vier Fünf­tel an den ge­nann­ten Städ­ten und Bur­gen, die nicht be­trof­fe­nen Tei­le der Vor­de­ren Graf­schaft so­wie die Pas­siv­le­hen dem Gra­fen Jo­hann zu­stan­den, und der Tod der Grä­fin am 31.7.1417 schu­fen wei­te­re mög­li­che Kon­flikt­fel­der.

Am 24.11.1417 wur­de die Burg Kreuz­nach zwi­schen den Par­tei­en auf­ge­teilt; die Ur­kun­de be­schreibt das dem Pfalz­gra­fen zu­ge­wie­se­ne Fünf­tel und bie­tet da­durch auch ei­ne Auf­lis­tung ei­ni­ger da­mals in Burg und Vor­burg vor­han­de­ner Bau­ten. Am 5. De­zem­ber folg­te in ähn­li­cher Wei­se die Auf­tei­lung der Bur­gen Ebern­burg, Gu­ten­berg, Kop­pen­stein, Ge­mün­den und Naum­burg so­wie der ge­mein­sa­men Häu­ser und Hof­stät­ten zu Kirch­berg.

Vorderseite einer in Kreuznach geprägten Münze Johanns V. von Sponheim, Nachprägung 1977. (Münzen- und Briefmarken Verein Herrstein)

 

Dem Gra­fen war in die­ser Si­tua­ti­on dar­an ge­le­gen, die ihm ver­blie­be­nen Be­sit­zun­gen und Rech­te schrift­lich fest­zu­hal­ten und, wenn mög­lich, von Drit­ten be­stä­ti­gen zu las­sen. Da­zu such­te er im Ja­nu­ar 1418 in Kon­stanz (wo da­mals das Kon­zil tag­te) den rö­mi­schen Kö­nig Sig­mund (1411-1437 Kö­nig, ab 1433 Kai­ser) auf und er­lang­te am 10. Ja­nu­ar ei­ne pau­scha­le Be­stä­ti­gung al­ler Gna­den, Frei­hei­ten und Rech­te, Ur­kun­den und Pri­vi­le­gi­en, die von frü­he­ren Kai­sern und Kö­ni­gen sei­nen Vor­fah­ren ver­lie­hen wor­den wa­ren. Am glei­chen Tag wur­de der Graf mit den Reichs­le­hen der Vor­de­ren Graf­schaft be­lehnt. Nur für ei­nen Teil die­ser Le­hen gab es frü­he­re Be­le­ge. Die üb­ri­gen Rech­te wa­ren si­cher seit al­ters her­ge­bracht, aber wohl bis da­hin kei­ne Reichs­le­hen, son­dern Ei­gen der Gra­fen. Die Be­leh­nung durch den Kö­nig än­der­te zwar de­ren recht­li­chen Sta­tus zu Un­guns­ten des Gra­fen­hau­ses, si­cher­te sie aber auf die­se Wei­se ge­gen Zu­mu­tun­gen und Über­grif­fe von Sei­ten des Pfalz­gra­fen. 

Dass dies er­for­der­lich war, geht dar­aus her­vor, dass der Kö­nig aus Kon­stanz den Pfalz­gra­fen an­wei­sen muss­te, den Gra­fen von Spon­heim in sei­nen Reichs­le­hen un­ge­stört zu las­sen. Even­tu­el­le An­sprü­che auf die­se Le­hen soll­ten vor dem Kö­nig aus­ge­tra­gen wer­den. Im Mai kam es aus an­de­ren Grün­den zu ei­nem Zer­würf­nis zwi­schen dem Kö­nig und dem Pfalz­gra­fen. Am 11.8.1418 nahm der Kö­nig den Gra­fen Jo­hann von Spon­heim, sei­ne Schlös­ser, Städ­te, Dör­fer und Leu­te in sei­nen be­son­de­ren Schutz. Im Fall ei­nes An­griffs soll­te der Kö­nig ihm hel­fen und ge­ge­be­nen­falls Fürs­ten, Gra­fen und Städ­te da­zu ent­bie­ten. Auf die Art der Be­dro­hung geht der Text nicht ein, sie dürf­te aber vom Pfalz­gra­fen aus­ge­gan­gen sein. 

Wenn der Graf sei­ne Rech­te wah­ren woll­te, muss­te er stets die po­li­ti­sche Si­tua­ti­on im Reich und in der Re­gi­on im Au­ge ha­ben und sich über die In­ter­es­sen der be­tei­lig­ten Per­so­nen klar sein. Kö­nig Sig­mund war seit 1387 Kö­nig von Un­garn. Nach dem Tod des Kö­nigs und Pfalz­gra­fen Ru­precht (18.5.1410) hat­ten ei­ni­ge Kur­fürs­ten – der Erz­bi­schof von Trier, Pfalz­graf Lud­wig und der Burg­graf von Nürn­berg (für Bran­den­burg) – den Kö­nig von Un­garn zum rö­mi­schen Kö­nig ge­wählt, an­de­re we­nig spä­ter den Mark­gra­fen Jobst von Mäh­ren; der starb al­ler­dings schon im Ja­nu­ar 1411. Im Au­gust 1419 folg­te Sig­mund sei­nem ver­stor­be­nen Bru­der Wen­zel auch als Kö­nig von Böh­men. Al­ler­dings konn­te er sich in den Fol­ge­jah­ren den An­ge­le­gen­hei­ten des Rei­ches nur we­nig wid­men, denn die La­ge in Un­garn und in Böh­men (Hus­si­ten) er­for­der­te sei­ne vol­le Auf­merk­sam­keit. 

Ein wich­ti­ger Macht­fak­tor in der Re­gi­on war der Erz­bi­schof von Mainz. Ab Ok­to­ber 1419 hat­te die­ses Amt der aus dem Na­he­raum stam­men­de Wild­graf Kon­rad (Epis­ko­pat 1419-1434) in­ne. Schon kurz nach sei­ner Wahl hat er Kon­takt zum Gra­fen von Spon­heim auf­ge­nom­men. Im Hin­ter­grund ste­hen hier wohl auch al­te In­ter­es­sen­ge­gen­sät­ze zwi­schen den Erz­bi­schö­fen und den Pfalz­gra­fen. Im De­zem­ber 1421 schlich­te­te der Erz­bi­schof mit dem Mark­gra­fen von Ba­den zwi­schen dem Gra­fen von Spon­heim und sei­nen Brü­dern, den Wild- und Rhein­gra­fen. Im März 1422 wur­de die Er­bei­nung zwi­schen dem Erz­stift Mainz und der Graf­schaft Spon­heim er­neu­ert; gleich­zei­tig er­folgt die Be­leh­nung mit den kur­main­zi­schen Le­hen. Kurz zu­vor hat­te der Erz­bi­schof den Pfalz­gra­fen Ste­phan mit den Le­hen der Graf­schaft Vel­denz be­lehnt und so de­ren An­fall an den Pfalz­gra­fen vor­be­rei­tet (der mit dem Erb­an­spruch auf die Graf­schaft Spon­heim ver­bun­den war). Die be­reits be­ste­hen­de In­ter­es­sen­ge­mein­schaft zwi­schen dem Erz­bi­schof von Mainz, dem Mark­gra­fen von Ba­den, dem Pfalz­gra­fen Ste­phan und dem Gra­fen Jo­hann von Spon­heim wur­de so wei­ter ver­fes­tigt. 

Vor ei­ner be­waff­ne­ten Aus­ein­an­der­set­zung schreck­ten die Teil­ha­ber der Vor­de­ren Graf­schaft al­ler­dings zu­rück. Am 22.7.1418 ka­men im Re­fek­to­ri­um des Kar­me­li­ter­klos­ters zu Kreuz­nach die durch den Burg­frie­den für den Aus­trag von Strei­tig­kei­ten be­stimm­ten Rat­leu­te der Par­tei­en un­ter dem Ob­mann Graf Fried­rich von Lei­nin­gen zu­sam­men, um sich über die Pas­siv­le­hen der Vor­de­ren Graf­schaft zu in­for­mie­ren, die ja von der Tei­lung aus­ge­nom­men wa­ren. Graf Jo­hann leg­te äl­te­re ein­schlä­gi­ge Ur­kun­den zu den Le­hen vom Reich und von den Erz­stif­ten Trier und Köln vor. Dem Gra­fen von Lei­nin­gen war ei­ne im Vor­feld ge­tä­tig­te münd­li­che Äu­ße­rung des Gra­fen von Spon­heim hin­ter­bracht wor­den, der sei­ne Neu­tra­li­tät in Fra­ge ge­stellt hat­te. Da­her for­der­te der Graf von Lei­nin­gen ei­ne Zu­sa­ge des Gra­fen Jo­hann, sich un­be­dingt sei­nem Spruch und dem der Rat­leu­te zu un­ter­wer­fen (und so sei­ne Neu­tra­li­tät an­zu­er­ken­nen). Nach län­ge­ren Aus­ein­an­der­set­zun­gen um For­ma­li­en brach der Ob­mann die Ver­hand­lun­gen ab. Graf Jo­hann wuss­te nun­mehr auch, dass sich in sei­ner Um­ge­bung ein In­for­mant des Gra­fen von Lei­nin­gen (oder wohl eher ei­ner des Pfalz­gra­fen) be­fand.

Im Ja­nu­ar 1419 er­nann­te Graf Jo­hann sei­nen en­gen Ver­trau­ten Ja­kob von La­chen zum Amt­mann zu Kreuz­nach – si­cher mit dem Auf­trag, den dor­ti­gen An­sprü­chen des Pfalz­gra­fen en­er­gisch ent­ge­gen­zu­tre­ten. Das scheint die­ser er­folg­reich ge­tan zu ha­ben, denn im Mai mahn­te der Pfalz­graf die Stadt Kreuz­nach, sich nicht auf Sei­ten des Gra­fen von Spon­heim in Kon­flik­te hin­ein­zie­hen zu las­sen.

Da­ne­ben aber war man wei­ter um ei­nen fried­li­chen Aus­trag be­müht. In ei­ni­gen um­strit­te­nen Punk­ten (vor al­lem in Lehns­sa­chen) ei­nig­te man sich auf ei­nen Aus­trag vor dem Erz­bi­schof von Trier. Im Vor­feld for­mu­lier­te der Graf von Spon­heim sei­ne Kla­ge­punk­te, der Pfalz­graf nahm da­zu Stel­lung. Um­strit­ten wa­ren Le­hen vom Reich und von der Pfalz­graf­schaft (vor al­lem Herr­schaf­ten, die Pfalz­graf Ru­precht I. sei­nem Nef­fen, dem Va­ter des Gra­fen Jo­hann, über­tra­gen hat­te). Am 10.9.1419 ord­ne­te der Erz­bi­schof in Ober­we­sel an, dass der Graf den Pfalz­gra­fen in dem ihm zu­ste­hen­den Fünf­teln der Schlös­ser, Fes­ten, Städ­te und Tä­ler nicht be­hin­dern dür­fe und sei­ne Un­ter­ta­nen ent­spre­chend an­zu­wei­sen ha­be. Im Ge­gen­zug soll­te der Pfalz­graf den Gra­fen und sei­ne Mann­lehn­ser­ben mit den Schlös­sern be­leh­nen. 

Abbildung König Siegmunds, aus: Barack, Max: Die deutschen Kaiser, Stuttgart 1888. (Gemeinfrei/Digitalisat über die Universitätsbibliothek der TU Braunschweig)

 

Im De­zem­ber 1419 nahm der wei­ter­hin kin­der­lo­se Graf ei­ne ers­te Er­b­re­ge­lung vor, de­ren De­tails nicht er­hal­ten sind. Dem­nach wur­den sei­ne nächs­ten Ver­wand­ten, Mark­graf Bern­hard von Ba­den und Graf Fried­rich von Vel­denz, Söh­ne der Schwes­tern sei­nes Va­ters, zu gleich­be­rech­tig­ten Er­ben ein­ge­setzt. Be­güns­tigt wur­de da­durch auch Pfalz­graf Ste­phan, der mit der Erb­toch­ter des Gra­fen von Vel­denz ver­hei­ra­tet war. Im Ju­li 1420 be­kun­de­te Graf Jo­hann, dem Mark­gra­fen von Ba­den für ei­ne sehr ho­he Sum­me die Hin­te­re Graf­schaft Spon­heim ver­pfän­det zu ha­ben. Al­ler­dings wur­de die­se Ur­kun­de nicht dem Mark­gra­fen aus­ge­hän­digt, son­dern beim Schwie­ger­va­ter des Gra­fen hin­ter­legt – was da­für spricht, dass die Pfand­sum­me nicht ge­zahlt wor­den ist. Ver­mut­lich woll­te man durch die­se fik­ti­ve Ver­pfän­dung im ab­seh­ba­ren Erb­fall den Mark­gra­fen be­güns­ti­gen und den Gra­fen von Vel­denz (und da­mit auch den Pfalz­gra­fen Ste­phan) be­nach­tei­li­gen. Die­se Be­stre­bun­gen hat man al­ler­dings nicht wei­ter­ver­folgt; im März 1425 hat der Graf ei­ne er­neu­te Er­b­re­ge­lung ge­trof­fen. Im Au­gust 1420 ver­pfän­de­te Graf Jo­hann dem Mark­gra­fen von Ba­den die sei­ner­zeit vom Pfalz­gra­fen Ru­precht I. an sei­nen Va­ter über­tra­ge­ne Herr­schaft Grä­fen­stein (in der Pfalz). Im Sep­tem­ber 1421 wur­den dem Mark­gra­fen ne­ben Grä­fen­stein auch die Schlös­ser Kas­tel­laun und Frau­en­berg ver­pfän­det; die in der Ur­kun­de ge­nann­ten Sum­men dürf­ten tat­säch­lich ge­flos­sen sein. Der Graf be­nö­tig­te in die­ser Zeit drin­gend fi­nan­zi­el­le Mit­tel, denn er war zur Stel­lung von Trup­pen ge­gen die Hus­si­ten in Böh­men ver­pflich­tet und ist im Herbst 1421 wohl per­sön­lich ge­gen die­se ins Feld ge­zo­gen.

Die fi­nan­zi­el­le La­ge des Gra­fen blieb wei­ter­hin an­ge­spannt. Da er in der Hin­te­ren Graf­schaft Spon­heim frei schal­ten und wal­ten konn­te, in der Vor­de­ren Graf­schaft aber auf den Pfalz­gra­fen Rück­sicht zu neh­men hat­te, lag ei­ne Ver­pfän­dung von An­tei­len die­ser Teil­graf­schaft na­he. Al­ler­dings sah der Burg­frie­den vor, dass ein sol­cher An­teil zu­nächst dem Mit­her­ren – al­so dem Pfalz­gra­fen – an­zu­bie­ten war.  Der er­klär­te sich im Ju­li 1421 be­reit, für ein wei­te­res Fünf­tel 20.000 Gul­den zu zah­len; ein Teil der Sum­me war so­fort fäl­lig, der Rest soll­te bin­nen Jah­res­frist ge­zahlt wer­den. Von der Ver­pfän­dung be­trof­fen wa­ren in die­sem Fall auch Pas­siv­le­hen – al­ler­dings nicht die vom Reich so­wie von den Erz­bi­schö­fen von Trier und Köln. Im Sep­tem­ber 1422 bot der Graf dem Pfalz­gra­fen den Ver­kauf ei­nes drit­ten und die Ver­pfän­dung ei­nes vier­ten Fünf­tels an. Um­ge­setzt wur­de dies nicht. Das zwei­te Fünf­tel der Vor­de­ren Graf­schaft kam erst zu Be­ginn des 16. Jahr­hun­derts an die Er­ben des letz­ten Gra­fen von Spon­heim zu­rück.

Vor dem No­vem­ber 1423 ver­pfän­de­te der Mark­graf von Ba­den die Burg Grä­fen­stein, die er im Au­gust 1420 vom Gra­fen von Spon­heim als Pfand er­hal­ten hat­te, an den Gra­fen Emich von Lei­nin­gen-Har­ten­burg. Das ver­an­lass­te den Pfalz­gra­fen und Kur­fürs­ten Lud­wig III. zu ei­ner Kla­ge ge­gen den Gra­fen von Spon­heim, weil er durch die Wei­ter­ver­pfän­dung um das ihm zu­ste­hen­de Öff­nungs­recht ge­bracht wor­den sei. Die Kla­ge wur­de am 3.12.1423 in Al­zey ver­han­delt; zehn Gra­fen bil­de­ten das Gre­mi­um der Ur­tei­ler. Bei­de Par­tei­en wa­ren per­sön­lich er­schie­nen. Der Graf von Spon­heim konn­te die Vor­wür­fe wi­der­le­gen, die Kla­ge wur­de da­her ab­ge­wie­sen. 

Urkunde des Grafen von Sponheim über die Verpfändung der Hinteren Gafschaft Sponheim an den Markgrafen von Baden vom 26. Juli 1420. (Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Grafschaft Sponheim Urk. 1133)

 

4. Der Konflikt um das dritte Fünftel der Vorderen Grafschaft

Am 16.3.1425 traf der im­mer noch kin­der­lo­se Graf Jo­hann V. ei­ne er­neu­te Er­b­re­ge­lung. Bei­de Teil­graf­schaf­ten be­zie­hungs­wei­se de­ren in Hän­den des Gra­fen be­find­li­che An­tei­le soll­ten nach des­sen Tod un­ge­teilt im ge­mein­sa­men Be­sitz der bei­den Vet­tern, des Mark­gra­fen Bern­hard von Ba­den und des Gra­fen Fried­rich von Vel­denz, bzw. ih­rer Er­ben blei­ben; beim Tod des Gra­fen von Vel­denz soll­te sein En­kel, der äl­tes­te Sohn des Pfalz­gra­fen Ste­phan, in die Ge­mein­schaft ein­tre­ten. Da­durch wa­ren die Ver­hält­nis­se auf Dau­er ge­klärt, der Graf konn­te wei­ter auf die da­durch be­güns­tig­ten Ver­wand­ten zäh­len. 

Zu Be­ginn des Jah­res 1426 nahm der Graf das vor we­ni­gen Jah­ren zu­rück­ge­stell­te Pro­jekt der Ver­pfän­dung wei­te­rer An­tei­le der Vor­de­ren Graf­schaft wie­der auf. Das An­ge­bot an den Pfalz­gra­fen Lud­wig, den man auf­grund des Burg­frie­dens nicht um­ge­hen konn­te, war von der Mit­tei­lung be­glei­tet, die Vet­tern und nächs­ten Er­ben sei­en be­reit, für ein Fünf­tel 30.000 Gul­den zu zah­len. Ver­mut­lich ha­ben der Graf von Spon­heim und sei­ne Vet­tern ver­sucht, auf die­se Wei­se aus dem Pfalz­gra­fen ei­ne über­höh­te Sum­me her­aus­zu­ho­len. Der war al­ler­dings le­dig­lich be­reit, 20.000 Gul­den zu zah­len, al­so die glei­che Sum­me wie für das zwei­te Fünf­tel. Weil man sich nicht ei­ni­gen konn­te, wur­de der Streit nach den Re­ge­lun­gen des Burg­frie­dens vom Fe­bru­ar 1416 aus­ge­tra­gen. Ob­mann war er­neut Graf Fried­rich von Lei­nin­gen. Da die Rat­leu­te sich nicht ei­ni­gen konn­ten, leg­ten sie dem Gra­fen Fried­rich ih­re Ur­tei­le schrift­lich vor. Die des Gra­fen Jo­hann be­harr­ten auf der Pfand­sum­me von 30.000 Gul­den, die des Pfalz­gra­fen schlu­gen je 25 Gul­den für ei­nen Gul­den Er­trag vor. Die­se Ein­künf­te soll­ten zu­nächst ein­ver­nehm­lich er­mit­telt wer­den.

Im März 1426 tra­fen sich in Pforz­heim, das zur Mark­graf­schaft Ba­den ge­hör­te, Erz­bi­schof Kon­rad von Mainz, die Mark­gra­fen Bern­hard und Ja­kob von Ba­den (Va­ter und Sohn), Pfalz­graf Ste­phan, Graf Fried­rich von Vel­denz und Graf Jo­hann von Spon­heim so­wie Rä­te des Her­zogs von Loth­rin­gen und des Bi­schofs von Straß­burg. Da­bei wur­de fest­ge­legt, dass in den Reichs­le­hen zu­nächst Mark­graf Bern­hard nach­fol­gen soll­te. Sehr wahr­schein­lich hat man auch das Ver­hal­ten in der Pfand­schafts­sa­che der Vor­de­ren Graf­schaft be­ra­ten. Die An­we­sen­heit von Rä­ten des Her­zogs von Loth­rin­gen und des Bi­schofs von Straß­burg lässt zu­dem ver­mu­ten, dass wohl auch wei­te­re (ge­gen die In­ter­es­sen des Pfalz­gra­fen Lud­wig ge­rich­te­te) Punk­te be­ra­ten wor­den sind. 

Aus ei­ner Quit­tung vom Ju­ni 1426 geht her­vor, dass Graf Jo­hann in Wien „jüngs­t“ vom Kanz­ler des rö­mi­schen Kö­nigs 250 Gul­den ge­lie­hen hat­te. Kö­nig Sig­mund hat sich vom 3. bis 22. März und er­neut am 1./2. April in Wien auf­ge­hal­ten, vom 24. bis 26. März war er in Preß­burg, al­so nicht weit von Wien. Sehr wahr­schein­lich ist Graf Jo­hann aus Pforz­heim di­rekt zum Kö­nig nach Wien ge­reist.

Abbildung von Bernhard I., Markgraf von Baden. (ÖNB/Wien, PORT_00060055_01)

 

Am 19. Ju­ni ent­schied Graf Fried­rich von Lei­nin­gen den Streit um die Pfand­sum­me für das drit­te Fünf­tel der Vor­de­ren Graf­schaft, in­dem er dem Spruch der gräf­li­chen Rat­leu­te folg­te – al­ler­dings un­ter der Vor­aus­set­zung, dass die nächs­ten Er­ben des Gra­fen ei­nen Eid dar­auf schwo­ren, dass sie zur Zah­lung von 30.000 Gul­den be­reit sei­en. Nach­dem Pfalz­graf Ste­phan, die Mark­gra­fen Bern­hard und Ja­kob so­wie der Graf von Vel­denz die­sen Eid am 17.7.1426 ge­lei­tet hat­ten, ka­men die Be­tei­lig­ten am 2.8.1426 in Kreuz­nach er­neut zu­sam­men. In An­we­sen­heit des Pfalz­gra­fen Lud­wig leis­te­te der Graf von Spon­heim eben­falls den ge­for­der­ten Eid und for­der­te den Pfalz­gra­fen zur Zah­lung der 30.000 Gul­den auf. Weil Lud­wig an­geb­lich we­gen des Ge­drän­ges in der Kir­che den Wort­laut des Ei­des nicht ver­stan­den hat­te, for­der­te er ei­nen Zet­tel mit dem Text, der ihm ver­wei­gert wur­de. Da­nach bat er den Gra­fen Jo­hann per­sön­lich um den Wort­laut. Auch dies wur­de ab­ge­lehnt mit der Be­grün­dung, man ha­be al­le vom Gra­fen von Lei­nin­gen fest­ge­leg­ten Be­din­gun­gen er­füllt, der Pfalz­graf mö­ge das eben­falls tun. Lud­wig brach im Au­gust zu ei­ner Wall­fahrt ins Hei­li­ge Land auf, oh­ne dem nach­ge­kom­men zu sein.

Am 10.10.1426 for­der­ten Pfalz­graf Ste­phan, Graf Fried­rich von Vel­denz und en­ge Ver­trau­te des Gra­fen Jo­hann vom Pfalz­gra­fen Ot­to (Bru­der des ab­we­sen­den Pfalz­gra­fen Lud­wig) und des­sen Rä­ten mit Frist vom 17. Ok­to­ber er­neut die Zah­lung der 30.000 Gul­den. Die Ge­gen­sei­te ver­lang­te die Na­men der­je­ni­gen, die die­se Sum­me zu zah­len be­reit wä­ren. Am 12. Ok­to­ber stell­ten Pfalz­graf Ste­phan, Mark­graf Bern­hard, Graf Jo­hann und Graf Fried­rich von Vel­denz in al­ler Form fest, dass Pfalz­graf Lud­wig sei­nen Ver­pflich­tun­gen aus dem Spruch von Ob­mann und Rat­leu­ten nicht nach­ge­kom­men sei und so dem Gra­fen Jo­hann Un­recht ge­tan ha­be. Für den Fall, dass des­we­gen ein Part­ner in Krieg und Feind­schaft mit dem Pfalz­gra­fen ge­ra­te, woll­te man ein­an­der mit Be­waff­ne­ten hel­fen. Dem­nach rech­ne­te man mit ei­ner krie­ge­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zung. Am fol­gen­den Tag ver­spra­chen die Part­ner dem Gra­fen von Spon­heim, die Pfand­sum­me von 30.000 Gul­den bis zum 2.2.1427 zu zah­len. Am 17. Ok­to­ber frag­te Ja­kob von La­chen, der spon­hei­mi­sche Amt­mann zu Kreuz­nach, den pfalz­gräf­li­chen Amt­mann, ob der be­voll­mäch­tigt sei, ihm die fest­ge­leg­te Pfand­sum­me zu zah­len – der wuss­te von nichts.

Die für den 2. Fe­bru­ar fest­ge­leg­te Zah­lung der Pfand­sum­me von 30.000 Gul­den durch den Mark­gra­fen und den Gra­fen von Vel­denz ist nicht er­folgt. Auf der Ge­gen­sei­te dürf­te das den Ein­druck ver­stärkt ha­ben, dass das ge­sam­te Vor­ge­hen nur ei­ne Fik­ti­on war, um vom Pfalz­gra­fen Lud­wig ei­ne über­höh­te Pfand­sum­me her­aus­zu­ho­len.

Am 9.4.1427 warb Graf Jo­hann sei­nen Ver­wand­ten Wil­helm von Loon, Gra­fen zu Blan­ken­heim, als Hel­fer für den Fall ei­nes Krie­ges ge­gen Lud­wig, Pfalz­gra­fen bei Rhein, des Hei­li­gen Rö­mi­schen Rei­ches Erz­truch­ses­sen und Her­zog in Bay­ern. Am 12. Au­gust er­neu­er­ten Pfalz­graf Ste­phan, Mark­graf Bern­hard so­wie die Gra­fen Jo­hann und Fried­rich ihr Bünd­nis aus dem Vor­jahr. Zwar wird in die­sem Text ein mög­li­cher Geg­ner nicht ge­nannt, den­noch konn­te es sich da­bei nur um den Pfalz­gra­fen Lud­wig han­deln. Am 14. Au­gust tra­fen Pfalz­graf Ste­phan, Mark­graf Bern­hard und Graf Fried­rich von Vel­denz Ab­re­den mit drei en­gen Ver­trau­ten des Gra­fen von Spon­heim, die bei des­sen Tod in Kraft tre­ten soll­ten. Dies dürf­te oh­ne Kennt­nis des Gra­fen Jo­hann er­folgt sein, denn der hat spä­ter (Ju­li 1430) mit die­sen Män­nern ge­bro­chen – ver­mut­lich, nach­dem er von den Ab­re­den er­fah­ren hat­te.

Im Sep­tem­ber 1427 nahm der Graf von Spon­heim Kon­takt zum Pfalz­gra­fen Lud­wig auf, der schwer krank von sei­ner Wall­fahrt zu­rück­ge­kehrt war. Jo­hann for­der­te mit Frist zum 13. Ok­to­ber die Zah­lung der fest­ge­leg­ten Pfand­sum­me. Wenn dies nicht er­fol­ge, wer­de er den An­teil am 15. Ok­to­ber an sei­ne Vet­tern ver­set­zen.

Am 29. Sep­tem­ber nahm der Pfalz­graf aus Hei­del­berg da­zu Stel­lung: im Burg­frie­den sei von der Ver­pfän­dung von An­tei­len an ei­nen an­de­ren (nicht an meh­re­re an­de­re) die Re­de. Da der Graf ihm ei­nen An­teil ver­setzt ha­be, sei des­halb die Ver­pfän­dung wei­te­rer An­tei­le an Drit­te un­zu­läs­sig. Der Pfalz­graf er­klär­te sich be­reit, zu die­sem Punkt ein Ur­teil durch die im Burg­frie­den fest­ge­leg­ten Schieds­rich­ter zu er­bit­ten. Zu­dem wur­de das Recht des Gra­fen zur Fest­le­gung von Zah­lungs­ter­mi­nen be­strit­ten. Es liegt na­he, dass der Pfalz­graf bei die­ser Ar­gu­men­ta­ti­on dem Rat von Ju­ris­ten sei­ner Uni­ver­si­tät ge­folgt ist.

Der Graf sah sich da­durch ver­un­glimpft und kün­dig­te für den Fall, dass der Pfalz­graf sei­nen Ver­pflich­tun­gen nicht nach­kom­me, am 10. Ok­to­ber an, die Sa­che vor den rö­mi­schen Kö­nig, Kur­fürs­ten, Fürs­ten, Gra­fen, Her­ren, Rit­ter, Knap­pen und je­der­mann zu brin­gen. Im Ja­nu­ar 1428 set­zen die Schrei­ben des Gra­fen an Drit­te ein, der Pfalz­graf zog of­fen­bar nach. Man ver­such­te so ei­ne Be­ein­flus­sung der öf­fent­li­chen Mei­nung (die es auch da­mals schon gab). Adres­sa­ten von Brie­fen des Gra­fen wa­ren der rö­mi­sche Kö­nig, die Erz­bi­schö­fe von Mainz, Trier und Köln, Her­zog Fried­rich von Sach­sen und Mark­graf Fried­rich von Bran­den­burg (al­so die Mit­kur­fürs­ten des Pfalz­gra­fen) so­wie der Her­zog von Jü­lich und Berg. Die Erz­bi­schö­fe von Trier und Köln so­wie Her­zog Adolf von Jü­lich-Berg ver­wand­ten sich beim Pfalz­gra­fen für den Gra­fen von Spon­heim. Mehr als die­se gu­ten Wor­te hat der Graf al­ler­dings nicht er­hal­ten.

Am 19.1.1428 in­for­mier­te Jo­hann den rö­mi­schen Kö­nig Sig­mund über den Stand der Sa­che; die ma­ß­geb­li­chen Schrift­stü­cke aus dem Herbst des Vor­jah­res la­gen dem Schrei­ben bei. Am 27. Fe­bru­ar for­der­te der Kö­nig aus Trna­va (heu­te Slo­wa­kei) den Gra­fen auf, zu ihm zu kom­men, wenn er durch Bay­ern und Schwa­ben nach Rom zur Kai­ser­krö­nung zie­he. Er wol­le auch den Mark­gra­fen von Ba­den und die üb­ri­gen Be­tei­lig­ten la­den und die Sa­che selbst aus­tra­gen. Am 1. März nahm Pfalz­graf Lud­wig III. aus Hei­del­berg ge­gen­über dem Gra­fen Stel­lung. Dass die Erz­bi­schö­fe von Trier und Köln so­wie der Her­zog von Berg sich für den Gra­fen ver­wandt hat­ten, än­der­te sei­ne Mei­nung nicht. Lud­wig kün­dig­te auch an, den Schrift­wech­sel mit dem Gra­fen öf­fent­lich zu ma­chen, da­mit je­der­mann wis­se, dass er dem Gra­fen kein Un­recht ge­tan ha­be. Die Ant­wort des Gra­fen da­tiert vom 9. April: er ha­be erst nach 20 Wo­chen vom Pfalz­gra­fen ei­ne Ant­wort er­hal­ten. Auf die­sem Hin­ter­grund sei die Ein­schal­tung der öf­fent­li­chen Mei­nung ein letz­tes Mit­tel, das er ger­ne ver­mie­den hät­te. Jo­hann blieb bei sei­ner For­de­rung auf so­for­ti­ge Zah­lung der Pfand­sum­me von 30.000 Gul­den, an­dern­falls wer­de er die von ihm be­nann­ten Per­so­nen in das Fünf­tel der Vor­de­ren Graf­schaft ein­set­zen. Im April und Mai wech­sel­ten die Par­tei­en wei­te­re Schrei­ben, in de­nen sie le­dig­lich ih­re Ar­gu­men­ta­tio­nen noch ein­mal wie­der­hol­ten. Am 30. Mai schrieb Graf Jo­hann wie­der an den Kö­nig, am Fol­ge­tag mach­te er in Kreuz­nach sein Tes­ta­ment, in dem er vor al­lem Be­stim­mun­gen für sei­ne Ehe­frau und für sein See­len­heil traf. Zu Tes­ta­ments­voll­stre­ckern wur­den Mark­graf Bern­hard, Graf Fried­rich von Vel­denz und der Jun­ker Ja­kob von La­chen ein­ge­setzt. Am 27. Au­gust be­kun­de­te Kö­nig Sig­mund ge­gen­über dem Gra­fen er­neut sei­nen gu­ten Wil­len.

In­zwi­schen hat­te sich die An­ge­le­gen­heit je­doch fürs ers­te er­le­digt. Nach er­folg­lo­sen Ver­hand­lun­gen An­fang Ju­li in Spey­er lu­den Erz­bi­schof Kon­rad von Mainz und Pfalz­graf Ot­to die Par­tei­en nach Worms und leg­ten dort am 24. Sep­tem­ber fest, dass der Graf den An­teil (das um­strit­te­ne drit­te Fünf­tel der Vor­de­ren Graf­schaft) be­hal­ten und den Mark­gra­fen Ja­kob von Ba­den (Sohn des Mark­gra­fen Bern­hard) und den Gra­fen Fried­rich von Vel­denz zum 30. Ok­to­ber in sei­ne drei Tei­le die­ser Graf­schaft auf­neh­men sol­le. Al­le Be­tei­lig­ten hat­ten dann ge­mein­sam den Burg­frie­dens­ver­trag zu er­neu­ern. Pfalz­graf Lud­wig soll­te in dem für 20.000 Gul­den ver­pfän­de­ten zwei­ten Fünf­tel blei­ben, dem Gra­fen und sei­nen Er­ben dar­an je­doch ein Lö­sungs­recht zu­ste­hen. We­gen der vom Gra­fen be­klag­ten Über­grif­fe pfalz­gräf­li­cher Amt­leu­te soll­te am 18. Ok­to­ber in Kreuz­nach vor dem Erz­bi­schof und dem Pfalz­gra­fen Ot­to ver­han­delt wer­den. Für den Fall, dass die­se den Streit nicht bei­le­gen konn­ten, wur­den Re­ge­lun­gen ge­trof­fen.

Am 25.9.1428 tra­ten Mark­graf Ja­kob von Ba­den und Graf Fried­rich von Vel­denz in die Ge­mein­schaft der Vor­de­ren Graf­schaft ein. Dies soll­te hin­fäl­lig wer­den, wenn der Graf von Spon­heim noch Nach­kom­men er­hielt. Der hat­te dann die 30.000 Gul­den zu er­stat­ten, zu de­ren Zah­lung (wenn sie über­haupt er­folg­te) kei­ne Quel­len er­hal­ten sind. 

5. Verzögerungen im Verfahren

Auf die­se Wei­se hat­te der Graf den Über­gang der Vor­de­ren Graf­schaft an sei­ne Vet­tern si­cher­ge­stellt. Die Ver­hand­lung zu den Vor­wür­fen ge­gen die Amt­leu­te des Pfalz­gra­fen stand je­doch noch aus. Am 19.10.1428 be­stä­tig­ten Mark­graf Ja­kob und Graf Fried­rich die Pri­vi­le­gi­en der Stadt Kreuz­nach; Schult­heiß, Bür­ger­meis­ter, Schöf­fen, Rat, Bür­ger und Ge­mein­de leis­te­ten ih­nen dar­auf­hin die Hul­di­gung. Die­se Ur­kun­den nen­nen kei­nen Aus­stel­lungs­ort, mit gro­ßer Wahr­schein­lich­keit wa­ren je­doch der Mark­graf und der Graf von Vel­denz nach Kreuz­nach ge­kom­men, um an den für den 18. Ok­to­ber an­ge­setz­ten Ver­hand­lun­gen teil­zu­neh­men. 

Weil bei die­sen Ver­hand­lun­gen die an­ge­streb­te güt­li­che Ei­ni­gung nicht zu­stan­de kam, hat Graf Jo­hann am 21. Ok­to­ber den Gra­fen Fried­rich von Lei­nin­gen als den vom Burg­frie­den be­stimm­ten Ob­mann auf­ge­for­dert, die Sa­che zü­gig wei­ter­zu­füh­ren, und den 18. No­vem­ber als Ter­min vor­ge­schla­gen. Nach­dem der Graf von Lei­nin­gen Ter­min­schwie­rig­kei­ten vor­ge­schützt hat­te, wand­te sich Graf Jo­hann am 4. No­vem­ber an den Erz­bi­schof von Mainz, den Pfalz­gra­fen Lud­wig und den Gra­fen von Lei­nin­gen. Letz­te­ren er­in­ner­te er dar­an, dass er dem Spruch vom 24. Sep­tem­ber nur in der Hoff­nung auf ei­nen schnel­len Aus­trag der üb­ri­gen Streit­punk­te zu­ge­stimmt ha­be. Am 5. No­vem­ber be­kun­de­ten die Pfalz­gra­fen Lud­wig und Ot­to so­wie der Erz­bi­schof von Mainz ih­ren gu­ten Wil­len. Bei­de Sei­ten er­klär­te sich aus­drück­lich be­reit, die dem Gra­fen von Lei­nin­gen ent­ste­hen­den Kos­ten zu über­neh­men. Der be­harr­te je­doch am 11. No­vem­ber auf sei­nem Stand­punkt.

Das Ver­hal­ten des Gra­fen Jo­hann von Spon­heim kann nur da­hin ge­deu­tet wer­den, dass ihm sehr am Aus­trag der Streit­punk­te lag. Um­so mehr muss es aus heu­ti­ger Sicht er­stau­nen, dass er zu Be­ginn des Jah­res 1429 be­schloss, ei­ne Pil­ger­fahrt ins Hei­li­ge Land zu un­ter­neh­men. Da sei­ne El­tern 1346 ge­hei­ra­tet hat­ten, dürf­te er et­wa 70 Jah­re alt ge­we­sen sein. Der deut­lich jün­ge­re Pfalz­graf Lud­wig III. war zwei Jah­re zu­vor schwer krank von sei­ner Pil­ger­fahrt zu­rück­ge­kehrt. Auf die­sem Hin­ter­grund muss man da­her wohl den Ent­schluss des Gra­fen Jo­hann als letz­ten Ein­satz für sei­ne ge­rech­te Sa­che an­se­hen. Am 12. Ja­nu­ar traf er al­le er­for­der­li­chen Ver­fü­gun­gen für die Zeit sei­ner Ab­we­sen­heit: die Ver­hand­lun­gen mit dem Pfalz­gra­fen soll­te Mark­graf Bern­hard fort­füh­ren; Ja­kob von La­chen soll­te die Sa­che des Gra­fen vor den Kö­nig brin­gen. Die spon­hei­mi­schen Le­hen soll­ten mit Rat des Mark­gra­fen und des Gra­fen von Vel­denz vom Jun­ker Ja­kob von La­chen und den üb­ri­gen Rä­ten ver­lie­hen wer­den. Die­se sind in den nächs­ten Mo­na­ten ent­spre­chend tä­tig ge­we­sen. 

Am 15.4.1429 brach Ja­kob von La­chen zum rö­mi­schen Kö­nig auf, am 28. April er­hielt er in Ba­den (-Ba­den) ei­ne zu­sätz­li­che Voll­macht des Mark­gra­fen Bern­hard. Auf­grund der von Ja­kob vor­ge­tra­ge­nen Kla­gen for­der­te der Kö­nig am 26. Mai aus Preß­burg den Pfalz­gra­fen Lud­wig auf, den Gra­fen von Spon­heim in sei­nen Reichs­le­hen und Ei­gen­gü­tern nicht zu be­läs­ti­gen. Am 3. Ju­li ließ Ja­kob von La­chen auf der Gre­ven­burg bei Trar­bach ein No­ta­ri­ats­in­stru­ment über sei­ne Rei­se zum Kö­nig an­fer­ti­gen. An den nächs­ten Ta­gen wur­den die Erz­bi­schö­fe von Trier und Köln vom Fort­gang der Sa­che in­for­miert. Am 13. Ju­li wies Pfalz­graf Lud­wig ge­gen­über dem Kö­nig die Vor­wür­fe des Gra­fen Jo­hann zu­rück. Der Kö­nig be­stä­tig­te En­de Ju­li bei­den Sei­ten den Ein­gang die­ser Stel­lung­nah­me. Am 25. Au­gust be­rich­te­te Ja­kob von La­chen dem Kö­nig von wei­te­ren Über­grif­fen. Am 1. Ok­to­ber lud Kö­nig Sig­mund ei­nen spon­hei­mi­schen Be­auf­trag­ten für den 1. No­vem­ber nach Wien, wo er sich dann auf­hal­ten wer­de. Am 8. Ok­to­ber er­neu­er­te Graf Jo­hann, von der Pil­ger­fahrt zum Hei­li­gen Grab zu­rück, ge­gen­über dem Kö­nig sei­ne Vor­wür­fe ge­gen den Pfalz­gra­fen. Der Kö­nig ant­wor­te­te am 20. De­zem­ber aus Preß­burg. Dem­nach hat­te Ja­kob vor ihm er­neut die Kla­gen sei­nes Herrn vor­ge­tra­gen, die Rä­te des Pfalz­gra­fen aber wa­ren nicht be­voll­mäch­tigt, auf die Kla­gen zu ant­wor­ten. Da­her wur­den bei­de Par­tei­en auf den 19.3.1430 nach Nürn­berg ge­la­den. Die zu­ge­hö­ri­ge Voll­macht für Ja­kob von La­chen da­tiert vom 13. März. Der traf in Nürn­berg Ge­sand­te des Mark­gra­fen von Ba­den, des Pfalz­gra­fen Ste­phan und des Gra­fen von Vel­denz – of­fen­bar woll­te man die Sa­che ge­mein­sam vor­an­brin­gen. Da der Kö­nig nicht er­schien, er­bat man am 19. März ei­ne Be­schei­ni­gung der Stadt Nürn­berg, dass man acht Ta­ge ver­geb­lich auf den Kö­nig ge­war­tet ha­be. Ei­ne wei­te­re Be­schei­ni­gung da­tiert vom 25. März. Da man dann hör­te, der Kö­nig wer­de nicht kom­men, kehr­te man in die Hei­mat zu­rück.

Am 12. Ju­li brach Graf Jo­hann mit den Ge­treu­en, die wäh­rend sei­ner Ab­we­sen­heit die Graf­schaft ver­wal­tet hat­ten. Die­se ver­zich­te­ten auf al­le An­sprü­che und ver­spra­chen, al­le im Dienst er­fah­re­nen Din­ge zu ver­schwei­gen. Ja­kob von La­chen, der kei­ne der­ar­ti­ge Ur­kun­de aus­stell­te, ver­schwin­det nun aus den Quel­len. Nach dem Tod des Gra­fen hol­ten ihn des­sen Er­ben aus dem Ver­lies auf der Star­ken­burg her­aus, in dem er über Jah­re ge­le­gen hat­te.

Am 13.2.1430 starb Ot­to von Zie­gen­hain, Erz­bi­schof von Trier. Da das Dom­ka­pi­tel sich nicht auf ei­nen Nach­fol­ger ei­ni­gen konn­te, über­trug der Papst das Erz­stift dem Ra­ban von Helm­statt, Bi­schof von Spey­er (Epis­ko­pat 1399-1430, 1430-1439 Erz­bi­schof von Trier), ei­nem en­gen Ver­trau­ten des Pfalz­gra­fen Lud­wig. Der von ei­ni­gen Dom­ka­pi­tu­la­ren ge­wähl­te Ul­rich von Man­der­scheid (ge­stor­ben um 1436) be­harr­te auf sei­nen An­sprü­chen und er­hielt die Un­ter­stüt­zung ver­wand­ter Adels­fa­mi­li­en. Dass Graf Jo­hann von Spon­heim sich am 6.12.1430 mit Ul­rich ge­gen Ra­ban ver­bün­de­te, kann nicht ver­wun­dern.

Am 25.10.1430 bat Graf Jo­hann den Kö­nig er­neut um Aus­trag sei­ner Sa­che ge­gen den Pfalz­gra­fen. Am 16. No­vem­ber lud Sig­mund aus Ulm die Par­tei­en für den 8.1.1431 nach Nürn­berg. Der Pfalz­graf, der das Ver­fah­ren ab­lehn­te, er­schien zu­nächst nicht. Graf Jo­hann war durch Krank­heit ver­hin­dert, ließ sich aber durch Pfalz­graf Ste­phan, Mark­graf Bern­hard und Graf Fried­rich von Vel­denz ver­tre­ten, die den Kö­nig mehr­fach auf­for­der­ten, das für den Aus­trag der Sa­che be­stimm­te Ge­richt zu be­set­zen. Der Mark­graf von Bran­den­burg be­män­gel­te die La­dung an den Pfalz­gra­fen. Der war zeit­wei­se in Nürn­berg an­we­send, je­doch zu Zu­ge­ständ­nis­sen nicht be­reit. Für den Kö­nig wa­ren Be­schlüs­se zum Zug ge­gen die Hus­si­ten vor­ran­gig. Als ei­ni­ge Fürs­ten da­her den Aus­trag vor dem Erz­bi­schof von Mainz, dem Pfalz­gra­fen Jo­hann und dem Deutsch­meis­ter vor­schlu­gen, stimm­te Graf Jo­hann zu. Vom 31. Mai bis 2. Ju­ni wur­de die Sa­che in Worms vor dem Erz­bi­schof und dem Deutsch­meis­ter ver­han­delt. Der Pfalz­graf lehn­te das Ver­fah­ren ab. Auch zu ei­nem Aus­trag vor den Mit­kur­fürs­ten, den Erz­bi­schö­fen von Mainz und Köln so­wie dem Trie­rer Elek­ten Ul­rich von Man­der­scheid war er nicht be­reit. Am 20. Ju­ni rief Graf Jo­hann da­her den Kö­nig als obers­ten Rich­ter an (die­ses Schrei­ben schil­dert noch ein­mal das bis­he­ri­ge Ver­fah­ren). Am 28. Ju­ni ver­tag­te der Kö­nig das Ver­fah­ren bis zum En­de des Zu­ges ge­gen die Hus­si­ten. Pfalz­graf Lud­wig war mit dem Aus­trag vor sei­nen Mit­kur­fürs­ten ein­ver­stan­den, bil­lig­te Ul­rich von Man­der­scheid aber den Ti­tel ei­nes Elek­ten von Trier nicht zu. Die Schrift­wech­sel der nächs­ten Mo­na­te brach­ten kei­ne neu­en Ge­sichts­punk­te. 

Graf Jo­hann such­te da­her nach neu­en We­gen: aus dem Herbst 1431 da­tiert ein um­fang­rei­ches Rechts­gut­ach­ten, in dem zehn Ju­ris­ten der Uni­ver­si­tät Köln nach ei­ner Dar­stel­lung zu den Rechts­po­si­tio­nen der Par­tei­en dem Gra­fen Emp­feh­lun­gen für das wei­te­re Vor­ge­hen ga­ben. Dem­nach soll­te der Graf gleich­zei­tig das Ver­fah­ren vor dem Kö­nig und vor den Man­nen der Pfalz­graf­schaft vor­an­trei­ben. Ei­ne Rechts­ver­wei­ge­rung durch den Kö­nig hiel­ten die Gut­ach­ter für aus­ge­schlos­sen; die For­schung (K.-F. Krie­ger) ist al­ler­dings zu dem Schluss ge­kom­men, dass die Pra­xis un­ter Kö­nig Sig­mund ei­ner Rechts­ver­wei­ge­rung na­he­ge­kom­men sei. In der Fol­ge­zeit tausch­ten die Par­tei­en wei­ter Schrift­stü­cke aus, in de­nen sie ih­re Rechts­stand­punk­te wie­der­hol­ten. Die Ab­stän­de zwi­schen die­sen Schrei­ben wur­den im­mer grö­ßer. Der Pfalz­graf war schwer krank, Graf Jo­hann über 70 Jah­re alt – bei­der En­er­gie schien zu er­lah­men.

Da Graf Fried­rich von Lei­nin­gen, der im Burg­frie­den von 1416 für den Aus­trag von Strei­tig­kei­ten vor­ge­se­he­ne Ob­mann, sei­ne Auf­ga­be nicht mehr wahr­neh­men konn­te (er starb 1434), trat Graf Jo­hann von Wert­heim an sei­ne Stel­le. Er setz­te am 2.10.1434 den Par­tei­en Ter­mi­ne für die schrift­li­che Vor­la­ge von Kla­ge, Ant­wort, Wi­der­re­de und Nach­re­de und auf den 7. Fe­bru­ar ei­nen Ter­min für ei­ne güt­li­che Ei­ni­gung. Wenn die nicht zu­stan­de kam, soll­te am 23. April nach dem Recht ent­schie­den wer­den. Die Par­tei­en sind – wenn auch nicht ter­min­ge­recht – ih­ren Ver­pflich­tun­gen nach­ge­kom­men. Ei­ne güt­li­che Ei­ni­gung wur­de je­doch nicht er­zielt. Da­her fäll­te Graf Jo­hann von Wert­heim am 9.9.1435 sein Ur­teil. Zu­nächst re­fe­rier­te er die Kla­ge­punk­te (31 des Pfalz­gra­fen und 25 des Gra­fen) und die Ent­schei­dun­gen der Rat­leu­te. Bei der Mehr­zahl der Streit­punk­te han­del­te es sich um Über­grif­fe, die bei gu­tem Wil­len durch die Amt­leu­te vor Ort hät­ten bei­ge­legt wer­den kön­nen. Die­ser gu­te Wil­le fehl­te al­ler­dings über Jah­re, statt­des­sen hat man Punk­te ge­sam­melt, die der Ge­gen­par­tei an­ge­las­tet wer­den konn­ten. Um­strit­ten wa­ren au­ßer­dem das Zu­be­hör der in der Schen­kung ge­nann­ten Bur­gen und Schlös­ser so­wie die in Kreuz­nach le­ben­den Ju­den. Dar­über hin­aus war es zu tät­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen Amt­leu­ten und Die­nern bei­der Sei­ten ge­kom­men. In der Mehr­zahl der Kla­ge­punk­te ur­teil­te der Graf von Wert­heim zu­guns­ten des Gra­fen von Spon­heim. Al­ler­dings wur­de die­sem auf­er­legt, zu et­li­chen Punk­ten (et­wa der Zu­ge­hö­rig­keit von Dör­fern zu be­stimm­ten Ge­rich­ten) ur­kund­li­che Be­wei­se zu er­brin­gen. Die da­für fest­ge­leg­ten Ter­mi­ne konn­ten al­ler­dings nicht ein­ge­hal­ten wer­den. Der Graf sam­mel­te zwi­schen No­vem­ber 1435 und Ja­nu­ar 1436 die Aus­sa­gen von Un­ter­ta­nen zu den ört­li­chen Rechts­ver­hält­nis­sen; zu­sätz­lich hol­te er ent­spre­chen­de Zeug­nis­se ad­li­ger Lehns­leu­te ein. Am 19.3.1436 ka­men die Par­tei­en in Kreuz­nach vor dem Gra­fen von Wert­heim und den Rat­leu­ten zu­sam­men. Der Graf ließ sei­ne Be­reit­schaft er­klä­ren, die im Sep­tem­ber 1435 ge­for­der­ten Be­wei­se zu er­brin­gen. Die Ge­gen­sei­te er­hob for­ma­le Be­den­ken. Schlie­ß­lich ver­ließ Pfalz­graf Ot­to, der die In­ter­es­sen sei­nes Bru­ders Lud­wig ver­trat, den Ver­samm­lungs­ort. Ob­mann und Rat­leu­te stell­ten förm­lich fest, dass der Graf von Spon­heim sei­nen Ver­pflich­tun­gen nach­ge­kom­men sei. Am 20. März leis­te­te Graf Jo­hann ei­nen im Ur­teil ge­for­der­ten Eid. Pfalz­graf Lud­wig wie­der­hol­te am 21. März den von sei­nem Bru­der vor­ge­tra­ge­nen Stand­punkt. Dies sind die letz­ten zu Leb­zei­ten des Pfalz­gra­fen Lud­wig (ge­stor­ben 30.12.1436) und des Gra­fen Jo­hann von Spon­heim (ge­stor­ben 24.10.1437) in die­ser Sa­che aus­ge­stell­ten Ur­kun­den. 

6. Zusammenfassung

In der Aus­ein­an­der­set­zung „Graf ge­gen Kur­fürs­t“ hat­te Graf Jo­hann von Spon­heim ge­gen den Pfalz­gra­fen und Kur­fürs­ten Lud­wig for­mal Recht be­hal­ten. Al­ler­dings hat die Ge­gen­sei­te die vor­ge­leg­ten ur­kund­li­chen Be­wei­se und die Aus­sa­gen der be­trof­fe­nen dörf­li­chen Un­ter­ta­nen nicht an­er­kannt, son­dern die Sa­che wei­ter ver­schleppt. Weil Mark­graf Ja­kob von Ba­den (ge­stor­ben 1453) und Graf Fried­rich von Vel­denz (ge­stor­ben 1444, be­erbt von sei­nem En­kel Pfalz­graf Fried­rich), die nach dem Tod des letz­ten Gra­fen ge­mein­sam die Herr­schaft in bei­den Graf­schaf­ten Spon­heim an­tra­ten, die An­ge­le­gen­heit nicht mehr mit glei­cher En­er­gie wei­ter­ver­folg­ten, hat sich letzt­lich der Kur­fürst ge­gen den Gra­fen durch­ge­setzt.

Quellen

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Der Badener Markgraf Jakob I. auf einer Grafik. (ÖNB/Wien, PORT_00060056_01)

 
Zitationshinweis

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Mötsch, Johannes, Graf gegen Kurfürst – Die Auseinandersetzungen zwischen dem Grafen Johann V. von Sponheim und dem Pfälzer Kurfürsten Ludwig III. 1416-1436, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/graf-gegen-kurfuerst-%25E2%2580%2593-die-auseinandersetzungen-zwischen-dem-grafen-johann-v.-von-sponheim-und-dem-pfaelzer-kurfuersten-ludwig-iii.-1416-1436/DE-2086/lido/6040ba4379c3b3.78149662 (abgerufen am 10.12.2024)