Katholische Kirche und französische Rheinlandpolitik nach dem Ersten Weltkrieg

Hans-Ludwig Selbach (Bergisch Gladbach)

Jeanne d’Arc auf dem Scheiterhaufen. Wandgemälde im Panthéon von Jules Eugène Lenepveu, um 1890.

1. Einleitung

Die grund­le­gen­den Ver­än­de­run­gen als Fol­ge des Ers­ten Welt­krie­ges rück­ten das Rhein­land für ei­ni­ge Jah­re in den Brenn­punkt der eu­ro­päi­schen Po­li­tik. Ge­gen­sätz­li­che Er­war­tun­gen der be­tei­lig­ten Län­der an die Frie­dens­ord­nung von 1919 – nicht nur im Ver­hält­nis zu Deutsch­land, son­dern auch zwi­schen den Sie­ger­staa­ten – wur­den un­über­seh­bar nach dem Be­ginn der um­strit­te­nen fran­zö­sisch-bel­gi­schen Ruhr­ak­ti­on An­fang 1923. Ins­ge­samt gilt die Zwi­schen­kriegs­zeit als gut er­forscht. Seit den 1960er Jah­ren ha­ben sich His­to­ri­ker aus meh­re­ren Län­dern bis in die jüngs­te Zeit in ei­ner Rei­he von Mo­no­gra­phi­en mit der deutsch-fran­zö­si­schen Ge­schich­te im Rhein­land nach 1918 be­fasst. In die­sem Zu­sam­men­hang wer­den stets be­stimm­te Er­eig­nis­se, Ent­wick­lun­gen und Per­sön­lich­kei­ten ge­nannt, da­zu zäh­len un­ter an­de­rem der Ver­sailler Ver­trag, die Rhein­land­be­set­zung, die Ruhr­ak­ti­on und die Re­pa­ra­ti­ons­fra­ge mit ih­ren kom­ple­xen Fol­gen so­wie Po­li­ti­ker wie Kon­rad Ade­nau­er, Gus­tav Stre­se­mann (1878-1929), Ge­or­ges Cle­men­ceau (1841-1929) und Ray­mond Poin­ca­ré (1860-1934) oder die Se­pa­ra­tis­ten­füh­rer Hans Adam Dor­ten (1880-1963), Jo­sef Smeets (1893-1925) und Jo­seph Fried­rich Mat­thes (1886-1943).

 

Was je­doch ha­ben der Köl­ner Kar­di­nal Schul­te, die Bi­schö­fe von Mainz, Trier und Spey­er, der päpst­li­che Nun­ti­us Eu­ge­nio Pacel­li (der spä­te­re Papst Pi­us XII., Pon­ti­fi­kat 1939-1958) oder ein fran­zö­si­scher Bi­schof na­mens Paul Ré­mond (1873-1963) mit der rhei­ni­schen Po­li­tik in der Zeit nach 1918 zu tun? In ein­schlä­gi­gen Dar­stel­lun­gen der rhei­ni­schen Ge­schich­te wird zu Recht auf die Un­ter­stüt­zung der Rhe­in­staat­be­we­gung durch ein­zel­ne Geist­li­che hin­ge­wie­sen,[1]  die Aus­ein­an­der­set­zung der Kir­chen­füh­rung mit den po­li­ti­schen Her­aus­for­de­run­gen der Rhein­land­po­li­tik nach dem En­de des Welt­krie­ges wur­de bis­her je­doch von der Ge­schichts­schrei­bung ver­nach­läs­sigt.
Es zeig­te sich nach 1918, dass vie­le Be­rei­che staat­li­cher und kirch­li­cher Zu­sam­men­ar­beit neu ge­stal­tet wer­den muss­ten, dass es ne­ben ge­mein­sa­men In­ter­es­sen auch je­weils ei­ge­ne In­ter­es­sen von Kir­che und Staat zu be­rück­sich­ti­gen galt. Die ka­tho­li­sche Kir­che im Rhein­land ge­riet da­bei auch in das kom­ple­xe Span­nungs­feld au­ßen- und kir­chen­po­li­ti­scher In­ter­es­sen zwi­schen Pa­ris, Ber­lin und dem Hei­li­gen Stuhl. Er­staun­li­cher­wei­se wur­de bis vor kur­zem die­ser be­mer­kens­wer­te As­pekt der Rhein­land­po­li­tik von der Ge­schichts­schrei­bung kaum zur Kennt­nis ge­nom­men. Frank­reichs Kir­chen­po­li­tik im be­setz­ten Ge­biet be­saß für Ver­ant­wort­li­che in Kir­che und Re­gie­rung bei­der Län­der, aber auch für den Va­ti­kan gro­ße Be­deu­tung, wenn sie bis 1923 auch kaum öf­fent­lich wahr­ge­nom­men wur­de: Frank­reich ver­such­te, das ka­tho­li­sche Rhein­land der ei­ge­nen Po­li­tik dienst­bar zu ma­chen.
Zahl­rei­che in­nen- und au­ßen­po­li­ti­sche Fak­to­ren, nicht zu­letzt die geo­gra­phi­sche Nä­he der Sie­ger­macht Frank­reich, tru­gen da­zu bei, dass im Wes­ten des Rei­ches un­mit­tel­bar nach dem ver­lo­re­nen Krieg an­ge­sichts ei­ner un­ge­wis­sen Zu­kunft und schwie­ri­ger so­zia­ler Be­din­gun­gen dif­fu­se, un­re­flek­tier­te und we­nig rea­lis­ti­sche Er­war­tun­gen in Be­zug auf die Schaf­fung neu­er staat­li­cher Struk­tu­ren im Rah­men des Rei­ches ent­stan­den. Das En­de des Kai­ser­reichs be­deu­te­te gleich­zei­tig das En­de der Mon­ar­chie in Preu­ßen. Die bis­he­ri­ge Ord­nung hat­te kei­nen Be­stand mehr.

Im Wes­ten des Rei­ches, in Köln, aber auch in ei­ni­gen an­de­ren Städ­ten, be­fürch­te­te man nach dem Rück­zug der deut­schen Trup­pen zeit­wei­se die An­ne­xi­on durch Frank­reich. Bür­ger­li­che Krei­se der Köl­ner Zen­trums­par­tei und ih­res Um­fel­des hoff­ten, durch ei­ne Lo­cke­rung der Bin­dun­gen des Rhein­lan­des zu Preu­ßen grö­ße­re po­li­ti­sche Ei­gen­stän­dig­keit der Re­gi­on er­lan­gen und mög­li­che fran­zö­si­sche Be­gehr­lich­kei­ten ver­hin­dern zu kön­nen. Eben­so hoff­te man, dem seit lan­gem mit Skep­sis, teil­wei­se auch mit Ab­leh­nung be­geg­ne­ten Ein­fluss der pro­tes­tan­ti­schen Zen­tra­le in Ber­lin zu ent­ge­hen. Die über­gro­ße Mehr­heit der links­rhei­ni­schen Be­völ­ke­rung (cir­ca 80-90 Pro­zent) war ka­tho­lisch, die Bin­dung der Gläu­bi­gen an die In­sti­tu­ti­on Kir­che und der Ein­fluss von Kle­rus und Epis­ko­pat weit­aus stär­ker als heu­te.

Ra­di­ka­le schul- und kir­chen­po­li­ti­sche Maß­nah­men der so­zia­lis­ti­schen Über­gangs­re­gie­rung Preu­ßens führ­ten im No­vem­ber 1918 zu ei­ner schwe­ren Kri­se zwi­schen Kir­che und Staat. Die schar­fe Ab­leh­nung der Ber­li­ner Wei­sun­gen so­wie die Un­si­cher­heit hin­sicht­lich der po­li­ti­schen Zu­kunft der über­wie­gend ka­tho­li­schen Ge­bie­te auf dem lin­ken Rhein­ufer ver­ban­den sich mit der Hoff­nung auf ei­ne po­li­ti­sche Neu­ord­nung im Wes­ten des Rei­ches. Die­se Rhe­in­staat­be­stre­bun­gen, häu­fig un­dif­fe­ren­ziert als „Rhei­ni­scher Se­pa­ra­tis­mus“ be­zeich­net, ent­stan­den im De­zem­ber 1918 in Köl­ner Zen­trums­krei­sen und in ei­ni­gen an­de­ren rhei­ni­schen Städ­ten.
Die Ver­bin­dung zwi­schen den ver­schie­de­nen Kon­zep­ten ei­ner Rhe­in­staat­grün­dung und ei­ner bald er­kenn­ba­ren ei­gen­stän­di­gen fran­zö­si­schen Kir­chen­po­li­tik ist bis­her noch nicht un­ter­sucht wor­den. Pa­ris be­ab­sich­tig­te nach dem Ers­ten Welt­krieg, die ka­tho­li­sche Be­völ­ke­rung im Rhein­land auf lan­ge Sicht für die fran­zö­si­sche Po­li­tik ge­neigt zu stim­men. Über die Vor­aus­set­zun­gen, In­stru­men­te, Prot­ago­nis­ten und Hand­lungs­be­din­gun­gen die­ses Be­stre­bens, aber auch über die Re­ak­ti­on der deut­schen Ver­ant­wort­li­chen in Kir­che und Staat ist kaum et­was be­kannt. Schlie­ß­lich ver­dient auch das Han­deln des Hei­li­gen Stuhls in der kom­ple­xen Aus­ein­an­der­set­zung um kirch­lich-re­li­giö­se und po­li­ti­sche Fra­gen zwi­schen Frank­reich und Deutsch­land be­son­de­re Auf­merk­sam­keit, da in bei­den Län­dern ho­he Er­war­tun­gen und na­tio­na­le In­ter­es­sen auf dem Spiel stan­den.[2]

Erzbischof Karl Joseph Kardinal Schulte, Porträtfoto. (Dombauarchiv Köln)

 

2. Kriegsende, Versailler Vertrag und politische Neuordnung

Be­reits we­ni­ge Mo­na­te nach Kriegs­en­de ge­riet die Rhein­gren­ze ins Blick­feld der fran­zö­si­schen Re­gie­rung, wur­de je­doch im Ver­lauf der fol­gen­den Jah­re mit un­ter­schied­li­cher In­ten­si­tät ver­folgt. Das lin­ke Rhein­ufer als Kriegs­ziel war in ers­ter Li­nie stra­te­gi­schen Er­wä­gun­gen ge­schul­det – dem Schutz vor er­neu­ten deut­schen An­grif­fen. Aber auch wirt­schaft­li­che Er­wä­gun­gen – Koh­le­vor­kom­men im Ruhr­ge­biet und an der Saar – spiel­ten ei­ne Rol­le.

Für Deutsch­land en­de­te der Ver­such, in die­sem Krieg ei­ne He­ge­mo­nie auf dem eu­ro­päi­schen Kon­ti­nent zu er­rin­gen, im No­vem­ber 1918 nicht nur mit ei­ner fak­ti­schen Ka­pi­tu­la­ti­on auf dem Schlacht­feld, son­dern auch mit dem Un­ter­gang der bis­he­ri­gen po­li­ti­schen Ord­nung. Die Ge­sell­schaft im Kai­ser­reich war nicht län­ger in der La­ge, die un­ge­heu­ren Be­las­tun­gen der Kriegs­füh­rung zu tra­gen. Den Al­li­ier­ten ge­lang es, mit den Waf­fen­still­stands­be­din­gun­gen ent­schei­den­de Wei­chen­stel­lun­gen für die spä­te­ren Frie­dens­ver­hand­lun­gen fest­zu­le­gen. Deut­sche Trup­pen muss­ten al­le al­li­ier­ten Län­der räu­men und sich hin­ter die Rhein­li­nie zu­rück­zie­hen, El­sass-Loth­rin­gen fiel wie­der an Frank­reich. Al­li­ier­te Streit­kräf­te be­setz­ten das Ge­bie­t  west­lich des Rheins. Mar­schall Fer­di­nand Foch (1851-1929), seit Früh­jahr 1918 Ober­kom­man­die­ren­der der al­li­ier­ten Streit­kräf­te, hat­te die­se Klau­seln kon­zi­piert. Zwar ent­spra­chen sie vor al­lem den In­ter­es­sen Frank­reichs als Pfand für künf­ti­ge Si­cher­heit und Re­pa­ra­tio­nen, wa­ren aber noch kei­ne Fest­le­gung in ei­nem Frie­dens­ver­trag.

Am 18.1.1919 wur­de in Pa­ris die Frie­dens­kon­fe­renz er­öff­net – oh­ne Be­tei­li­gung der Deut­schen. Das zä­he Rin­gen Cle­men­ce­aus, Lloyd Ge­or­ges (1863-1945, Pre­mier­mi­nis­ter 1916-1922), Vit­to­rio Ema­nue­le Or­lan­dos (1860-1952, Mi­nis­ter­prä­si­dent 1917-1919) und des ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­den­ten Wil­son (1856-1924, Prä­si­dent 1913-1921) um ei­ne Frie­dens­re­ge­lung of­fen­bar­te teil­wei­se gra­vie­ren­de In­ter­es­sen­un­ter­schie­de der Al­li­ier­ten und stand mehr­mals vor dem Schei­tern. Cle­men­ce­aus Po­si­ti­on vor dem Be­ginn der Ver­hand­lun­gen ging auf Über­le­gun­gen Mar­schall Fochs zu­rück und ziel­te dar­auf ab, Deutsch­land das Rhein­land als Ope­ra­ti­ons­ba­sis für künf­ti­ge Of­fen­si­ven ge­gen Frank­reich weg­zu­neh­men. Da­zu wa­ren un­ter an­de­rem neue, un­ab­hän­gi­ge Staa­ten auf links­rhei­ni­schem Ge­biet vor­ge­se­hen, für de­ren Si­che­rung die Al­li­ier­ten zu sor­gen hät­ten. Öst­lich des Rheins soll­te ei­ne mi­li­tä­risch neu­tra­le Zo­ne ent­ste­hen. Die­se Plä­ne stie­ßen auf den Wi­der­stand der Bri­ten und Ame­ri­ka­ner, die län­ge­re Ver­pflich­tun­gen auf dem Kon­ti­nent ver­mei­den und ih­re Trup­pen mög­lichst rasch zu­rück­füh­ren woll­ten. Lloyd Ge­or­ge und Wil­son lehn­ten ter­ri­to­ria­le Ver­än­de­run­gen oh­ne Zu­stim­mung der be­trof­fe­nen Be­völ­ke­rung ab und fürch­te­ten ei­ne da­durch her­vor­ge­ru­fe­ne nach­hal­ti­ge Stö­rung des wirt­schaft­li­chen Gleich­ge­wich­tes in Eu­ro­pa. Mit an­de­ren Wor­ten: Sie lehn­ten ei­ne ter­ri­to­ria­le, po­li­ti­sche und mi­li­tä­ri­sche He­ge­mo­nie Frank­reichs auf dem Kon­ti­nent ab. Erst der von Lloyd Ge­or­ge vor­ge­schla­ge­ne Plan ei­nes an­glo­ame­ri­ka­ni­schen Bei­stands­pak­tes für den Fall ei­nes nicht­pro­vo­zier­ten deut­schen An­griffs ließ die fran­zö­si­sche Re­gie­rung ein­len­ken. Cle­men­ceau konn­te den Bruch mit den Al­li­ier­ten und ei­ne völ­li­ge Iso­lie­rung sei­nes Lan­des nicht ris­kie­ren, da er um des­sen Ab­hän­gig­keit von bri­ti­scher und ame­ri­ka­ni­scher Hil­fe wuss­te. Groß­bri­tan­ni­ens Bei­stands­pflicht stand al­ler­dings un­ter dem Vor­be­halt der Ra­ti­fi­zie­rung des ge­plan­ten Ver­tra­ges durch den ame­ri­ka­ni­schen Se­nat.

Der schlie­ß­lich am 28.6.1919 un­ter­zeich­ne­te Ver­sailler Ver­trag wur­de im Grun­de von al­len Be­tei­lig­ten als un­be­frie­di­gend an­ge­se­hen, von Deutsch­land als Dik­tat emp­fun­den, da er oh­ne Be­tei­li­gung des Rei­ches und nur un­ter er­heb­li­chem Druck sei­tens der Al­li­ier­ten zu­stan­de ge­kom­men war. Für die west­li­chen Ge­bie­te des Rei­ches be­deu­te­te der Frie­dens­ver­trag die Ab­tre­tung El­sass-Loth­rin­gens an Frank­reich, Eu­pen-Malme­dys an Bel­gi­en, ei­ne fünf bis15 Jah­re dau­ern­de al­li­ier­te Be­set­zung des lin­ken Rhein­ufers, die Ent­mi­li­ta­ri­sie­rung ei­ner 50 Ki­lo­me­ter brei­ten Zo­ne öst­lich des Rheins, au­ßer­dem Re­pa­ra­tio­nen in ei­nem zu­nächst noch nicht fest­ge­leg­ten Um­fang.

Eben­falls am 28.6.1919 wur­den das so­ge­n­an­te Rhein­land­sta­tut und das Saar­sta­tut als in­te­gra­le Be­stand­tei­le der Frie­dens­re­ge­lung un­ter­zeich­net. Sie tra­ten eben­so wie der ge­sam­te Ver­sailler Ver­trag am 10.1.1920 in Kraft. Im Rhein­land­sta­tut war die Schaf­fung der Hau­te Com­mis­si­on In­te­r­al­liée des Ter­ri­toires Rhén­ans (H.C.I.T.R) ge­re­gelt. An der Spit­ze die­ser obers­ten zi­vi­len Be­sat­zungs­be­hör­de stan­den vier Ho­he Kom­mis­sa­re, je ein Kom­mis­sar der Be­sat­zungs­mäch­te Frank­reich, Groß­bri­tan­ni­en, Bel­gi­en und USA. Prä­si­dent der H.C.I.T.R. wur­de der fran­zö­si­sche Ho­he Kom­mis­sar Paul Ti­rard. Auf­ga­ben der Rhein­land­kom­mis­si­on wa­ren die Ko­or­di­na­ti­on der Be­sat­zungs­po­li­tik und die Ver­bin­dung zu deut­schen Be­hör­den im Be­sat­zungs­ge­biet. Wäh­rend die Sou­ve­rä­ni­tät des Rei­ches und die Zu­stän­dig­keit der Län­der for­mell er­hal­ten blie­ben, konn­te die H.C.I.T.R. so­ge­nann­te „Or­don­nan­zen“ (Ver­ord­nun­gen) mit Ge­set­zes­kraft er­las­sen. Da­mit er­hielt sie die Mög­lich­keit, die deut­sche Ge­setz­ge­bung ganz oder teil­wei­se zu sus­pen­die­ren, konn­te al­so Staat im Staa­te wer­den.

Bei der Frie­dens­kon­fe­renz for­der­te Cle­men­ceau un­ter Be­ru­fung auf his­to­ri­sche Grün­de Frank­reichs die An­ne­xi­on des Saarbe­ckens. Die an­de­ren Al­li­ier­ten lehn­ten dies ab; als Kom­pro­miss ei­nig­te man sich dar­auf, das Ge­biet für 15 Jah­re dem Völ­ker­bund zu un­ter­stel­len. Das so­ge­nann­te Saar­sta­tut re­gel­te als Teil des Ver­sailler Ver­tra­ges die Ein­zel­hei­ten. Frank­reich er­hielt für die­se Zeit den Be­sitz an den dor­ti­gen Koh­le­gru­ben als Er­satz für deut­sche Zer­stö­run­gen wäh­rend des Krie­ges. Das Saarbe­cken um­fass­te et­wa zu et­wa drei Vier­teln Ge­bie­te im Sü­den der preu­ßi­schen Rhein­pro­vinz, zu ei­nem Vier­tel Ge­bie­te der baye­ri­schen Saar­pfalz. Ei­ne Re­gie­rungs­kom­mis­si­on soll­te das Ter­ri­to­ri­um im Auf­trag des Völ­ker­bunds­ra­tes ver­wal­ten. Ih­re Zu­sam­men­set­zung ließ deut­li­chen Ein­fluss Frank­reichs er­ken­nen. Of­fi­zi­ell än­der­te sich nichts an der deut­schen Staats­an­ge­hö­rig­keit der Be­woh­ner, die Re­gie­rungs­kom­mis­si­on üb­te al­le Be­fug­nis­se aus, die zu­vor das Reich be­zie­hungs­wei­se Preu­ßen und Bay­ern hat­ten. Nach 15 Jah­ren soll­ten die Be­woh­ner über den künf­ti­gen po­li­ti­schen Sta­tus des Saar­ge­bie­tes ent­schei­den: Zu­ge­hö­rig­keit zum Reich, zu Frank­reich oder die Bei­be­hal­tung der Völ­ker­bunds­ver­wal­tung.

Nach dem En­de der Dy­nas­ti­en durch die No­vem­ber­re­vo­lu­ti­on  1918 wur­de auch Preu­ßens po­li­ti­sche und ver­fas­sungs­recht­li­che Vor­herr­schaft im Reich in Fra­ge ge­stellt. Das Rhein­land, seit dem Wie­ner Kon­gress Teil Preu­ßens, hat­te von An­fang an ein am­bi­va­len­tes Ver­hält­nis zur Re­gie­rung in Ber­lin. Seit den kon­fes­sio­nel­len und kul­tur­po­li­ti­schen Span­nun­gen zur Zeit des Kul­tur­kamp­fes herrsch­te in der ka­tho­li­schen Be­völ­ke­rung viel­fach ein blei­ben­des Miss­trau­en ge­gen die preu­ßi­schen Be­hör­den, das erst wäh­rend des Ers­ten Welt­krie­ges all­mäh­lich wich, als die Re­prä­sen­tan­ten des deut­schen und des rhei­ni­schen Ka­tho­li­zis­mus die deut­sche Kriegs­füh­rung vor­be­halt­los un­ter­stütz­ten. Die Be­woh­ner in den west­li­chen Pro­vin­zen fühl­ten sich je­doch „be­tont als Bür­ger des Rei­ches und we­ni­ger als An­ge­hö­ri­ger des preu­ßi­schen Staa­tes“.[3]  Um die­se Zeit kam es im Rhein­land und be­son­ders in Köln zu Be­we­gun­gen, die un­ter Pa­ro­len wie „Los von Ber­lin“ und „Los von Preu­ßen“ re­gio­na­le Selb­stän­dig­keit for­der­ten. Reichs­re­gie­rung und preu­ßi­sche Re­gie­rung wa­ren aufs höchs­te alar­miert. Sie lehn­ten al­le Be­stre­bun­gen ab, die ei­ne Ab­tren­nung oder Ver­selb­stän­di­gung von Tei­len Preu­ßens und des Rei­ches zum Ziel hat­ten. Es ge­lang der re­vo­lu­tio­nä­ren Über­gangs­re­gie­rung und der spä­ter ge­wähl­ten Re­gie­rung je­doch, die In­te­gri­tät des preu­ßi­schen Staa­tes ge­gen­über Neu­ord­nungs­plä­nen des Rei­ches zu be­haup­ten.

Ver­tre­ter der rhei­ni­schen Zen­trums­par­tei spra­chen sich seit lan­gem für ei­ne fö­de­ra­lis­ti­sche Reichs­struk­tur aus, und in der Um­bruch­zeit 1918/1919 dürf­te die Mehr­heits­mei­nung für ei­nen rhei­ni­schen oder rhei­nisch-west­fä­li­schen Bun­des­staat ge­we­sen sein. Das Zen­trum war je­doch ge­spal­ten in der Fra­ge nach der künf­ti­gen Rol­le Preu­ßens im Reich. Die Auf­tei­lung Preu­ßens hät­te zu ei­ner spür­ba­ren Schwä­chung des deut­schen Ka­tho­li­zis­mus ge­führt. Sol­che Über­le­gun­gen so­wie die Er­war­tung, künf­tig in der Re­gie­rung auf Ver­fas­sung, Po­li­tik und Ver­wal­tung Ein­fluss zu neh­men, be­wo­gen das preu­ßi­sche Zen­trum, den Sta­tus quo des Lan­des bei­zu­be­hal­ten. Als Vor­aus­set­zung für die Neu­glie­de­rung von Län­dern sah die neue Reichs­ver­fas­sung ei­ne po­si­ti­ve Volks­ab­stim­mung vor. Die Ak­ti­vi­tä­ten der Rhe­in­staat­be­we­gung wur­den schlie­ß­lich vor­läu­fig be­en­det durch ei­ne in der Reichs­ver­fas­sung fest­ge­leg­te Sperr­frist von zwei Jah­ren.

3. Frankreichs Interesse am katholischen Rheinland

Seit der Be­set­zung links­rhei­ni­scher Ge­bie­te durch al­li­ier­te Be­sat­zungs­trup­pen ver­folg­te Frank­reich mit gro­ßem In­ter­es­se die zur glei­chen Zeit von Köl­ner Zen­trums­krei­sen aus­ge­hen­de Rhe­in­staat­be­we­gung. Die dor­ti­gen Ak­ti­vi­tä­ten und die gleich­zei­ti­ge pu­bli­zis­ti­sche Kam­pa­gne un­ter der Pa­ro­le „Los von Ber­lin“ der Köl­ni­schen Volks­zei­tung (K.V.) sind seit lan­gem be­kannt und aus­führ­lich do­ku­men­tiert.[4]  Da auch meh­re­re ka­tho­li­sche Geist­li­che - un­ter an­de­rem Ober­pfar­rer Ber­tram Kas­tert (1868-1935) und der K.V.-Re­dak­teur Pa­ter Dr. Jo­seph Fro­ber­ger (1871-1931) - öf­fent­lich oder im Hin­ter­grund er­heb­li­chen Ein­fluss die­ser für die preu­ßi­sche Re­gie­rung über­ra­schen­den Ent­wick­lung aus­üb­ten, rich­te­te sich das In­ter­es­se Frank­reichs auch auf das Erz­bis­tum Köln und sei­nen Bi­schof. Zwar lag die grö­ß­te Stadt des Rhein­lan­des im bri­tisch be­setz­ten Ge­biet, doch zwei Geist­li­che im Of­fi­ziers­rang son­dier­ten als Mit­ar­bei­ter ei­ner fran­zö­si­schen Ver­bin­dungs­stel­le die Ein­stel­lung des Kle­rus in der Um­ge­bung Kar­di­nal von Hart­manns. Ei­ner von ih­nen war der Je­sui­ten­pa­ter Al­bert Du­go­ut (1877-1960), Mit­ar­bei­ter des Mi­li­tär­ge­heim­diens­tes Deu­xiè­me Bu­reau im Rang ei­nes Ca­pi­tai­ne. Er hat­te ge­le­gent­lich per­sön­li­chen Kon­takt zum Kar­di­nal.

Felix Kardinal von Hartmann, Porträtfoto, um 1913..

 

Mit sei­ner kon­ser­va­tiv-mon­ar­chi­schen Ein­stel­lung war Erz­bi­schof Fe­lix von Hart­mann ein Ver­tre­ter der un­ter­ge­gan­ge­nen po­li­ti­schen Ord­nung. Die deut­sche Kriegs­füh­rung hat­te er un­ein­ge­schränkt un­ter­stützt. Es fiel ihm schwer, den sei­ner Be­deu­tung ent­spre­chen­den Platz in der schwie­ri­gen Nach­kriegs­si­tua­ti­on nach dem ver­lo­re­nen Krieg mit neu­en de­mo­kra­ti­schen Re­gie­run­gen in Preu­ßen und im Reich zu fin­den. Er wand­te sich scharf ge­gen die kir­chen­feind­li­chen Maß­nah­men der preu­ßi­schen Über­gangs­re­gie­rung im Win­ter 1918/1919 und sah in ih­nen zu­nächst ei­nen un­ge­woll­ten Aus­lö­ser der von ihm ab­ge­lehn­ten Los-von-Ber­lin-Be­we­gung. En­de Fe­bru­ar 1919 re­la­ti­vier­te Hart­mann sei­ne Ein­stel­lung in­so­fern, als er nun glaub­te, nur ein zwi­schen Frank­reich und Preu­ßen be­find­li­cher Rhe­in­staat im Rah­men des Rei­ches kön­ne die Ge­fahr der An­ne­xi­on ver­hin­dern. Er si­cher­te dem preu­ßi­schen Kul­tus­mi­nis­ter Kon­rad Hae­nisch (1876-1925, Kul­tus­mi­nis­ter No­vem­ber 1918-1921) zu, „mit ver­dop­pel­tem Druck auf die Geist­lich­keit ein­zu­wir­ken, da­mit sie al­les auf­bie­tet, die Be­völ­ke­rung in na­tio­na­ler Ge­sin­nung zu stär­ken und zu be­fes­ti­gen“.[5]  Das un­klu­ge Tak­tie­ren der Zen­trums­po­li­ti­ker Kas­tert und Carl Jo­seph Kuck­hoff (1878-1944) mit dem fran­zö­si­schen Ge­ne­ral Charles Man­gin (1866-1925) un­mit­tel­bar vor der vom Se­pa­ra­tis­ten­füh­rer Dor­ten aus­ge­ru­fe­nen Rhei­ni­schen Re­pu­blik am 1.6.1919 hielt der Kar­di­nal für „un­ge­heue­re Ent­glei­sun­gen, […] aber oh­ne je­de sym­pto­ma­ti­sche Be­deu­tun­g“.[6]

Es war Paul Ti­rard, der spä­te­re Prä­si­dent der H.C.I.T.R., der be­reits im Win­ter 1918/1919 als Con­trô­leur Gé­né­ral im Auf­trag Mar­schall Fochs die Vor­aus­set­zun­gen für den spä­ter be­herr­schen­den fran­zö­si­schen Ein­flus­ses im Be­sat­zungs­ge­biet leg­te und da­bei sein Au­gen­merk auch auf die Be­deu­tung der Kir­che rich­te­te. Foch kon­zi­pier­te in Über­ein­stim­mung mit Cle­men­ceau und der ge­sam­ten fran­zö­si­schen Füh­rung ei­ne Or­ga­ni­sa­ti­on, die die Kon­trol­le der Ver­wal­tung, Po­li­tik und Wirt­schaft im be­setz­ten deut­schen Ge­biet über­neh­men soll­te. Paul Ti­rard, Ab­sol­vent der Éco­le des Sci­en­ces Po­li­ti­ques, hat­te be­reits den Auf­bau der Zi­vil­ver­wal­tung im neu­en fran­zö­si­schen Pro­tek­to­rat  Ma­rok­ko ge­lei­tet. Er stütz­te sich nun auf fä­hi­ge jun­ge Re­ser­ve­of­fi­zie­re aus ver­schie­de­nen Ver­wal­tungs­be­rei­chen. An­fang 1919 be­ton­te Au­ßen­mi­nis­ter Sté­phen Pi­chon (1857-1933, Au­ßen­mi­nis­ter 1906-1911, 1917-1920) das Be­mü­hen um Schaf­fung ei­ner Frank­reich wohl­ge­son­ne­nen Geis­tes­hal­tung in der links­rhei­ni­schen Be­völ­ke­rung als Vor­aus­set­zung ei­ner ak­ti­ven Rhein­land- und Be­sat­zungs­po­li­tik. Die Be­völ­ke­rung sol­le sich mög­lichst mit den fran­zö­si­schen In­ter­es­sen iden­ti­fi­zie­ren. Bei ei­ner ent­spre­chen­den Hal­tung kön­ne man ihr ei­ne bes­se­re Be­hand­lung – zum Bei­spiel ge­rin­ge­re Be­las­tung mit Re­pa­ra­tio­nen – in Aus­sicht stel­len. Dies ent­sprach den Emp­feh­lun­gen, die Mar­schall Foch zu­vor in ei­nem von Ti­rard ver­fass­ten Me­mo­ran­dum der Re­gie­rung Cle­men­ceau ge­ge­ben hat­te. Die wirt­schaft­li­che Ori­en­tie­rung des Be­sat­zungs­ge­bie­tes nach Frank­reich schien Ti­rard der ge­eig­ne­te Weg, zu ge­ge­be­ner Zeit ei­nen au­to­no­men rhei­ni­schen Staat zu bil­den. Erst Cle­men­ce­aus Schwenk bei der Frie­dens­kon­fe­renz zu­guns­ten des an­glo­ame­ri­ka­ni­schen Bei­stands­pak­tes führ­te zu ei­ner stär­ke­ren Be­tei­li­gun­g  der an­de­ren Sie­ger­mäch­te an der bis da­hin weit­ge­hend fran­zö­sisch ge­präg­ten Be­sat­zungs­ver­wal­tung. Zwar er­hielt Ti­rard im April 1919 for­mal gleich­be­rech­tig­te al­li­ier­te Kol­le­gen, setz­te je­doch im We­sent­li­chen mit Wis­sen und still­schwei­gen­der Bil­li­gung sei­ner Re­gie­rung die bis­he­ri­ge Po­li­tik im Be­sat­zungs­ge­biet fort.
Mit dem am 28.6.1919 un­ter­zeich­ne­ten Rhein­land­sta­tut er­klär­ten die Al­li­ier­ten die H.C.I.T.R. zur obers­ten zi­vi­len Be­sat­zungs­be­hör­de. Sie war dem Mi­li­tär über­ge­ord­net, stütz­te sich aber auf die Streit­kräf­te zur Durch­set­zung der Be­sat­zungs­po­li­tik. Paul Ti­rard war der Ga­rant für die Kon­ti­nui­tät der fran­zö­si­schen Po­li­tik. Sei­ne Be­deu­tung zeig­te sich un­ter an­de­rem dar­in, dass er als Frank­reichs Ho­her Kom­mis­sar in Per­so­nal­uni­on  Prä­si­dent der H.C.I.T.R war und sein Vo­tum bei Ent­schei­dun­gen mit Stim­meng­gleich­heit dop­pelt zähl­te. Die Ho­hen Kom­mis­sa­re fun­gier­ten in ih­rer Zo­ne als obers­te Re­prä­sen­tan­ten der je­wei­li­gen Re­gie­rung, ge­mein­sam tru­gen sie Ver­ant­wor­tung für die Ge­samt­heit des Be­sat­zungs­ge­bie­tes. Oh­ne Ab­spra­che mit den an­de­ren Kom­mis­sa­ren traf Ti­rard häu­fig Ent­schei­dun­gen in der fran­zö­si­schen Zo­ne, aber oft wur­de nicht deut­lich, in wel­cher Funk­ti­on er ge­ra­de han­del­te.

4. Die Kirche in der Konzeption Tirards

Schon vor der Un­ter­zeich­nung des Ver­sailler Ver­tra­ges ent­wi­ckel­te Paul Ti­rard als obers­ter zi­vi­ler Ver­wal­tungs­be­am­ter der fran­zö­si­schen Be­sat­zungs­zo­ne Plä­ne zur Rea­li­sie­rung der Pa­ri­ser Rhein­land­po­li­tik. Frank­reichs Wer­te und Kul­tur, den Geist der Frei­heit und de­mo­kra­ti­sche Prin­zi­pi­en galt es zu ver­mit­teln. Deutsch­land und be­son­ders Preu­ßen er­schie­nen ihm als die Ver­kör­pe­rung an­ti­de­mo­kra­ti­scher Prin­zi­pi­en.

Frank­reichs Prä­senz am Rhein war in Ti­rards Au­gen ein wich­ti­ges Mit­tel, die fort­be­ste­hen­de staat­li­che Ein­heit des Rei­ches zu schwä­chen, un­ter an­de­rem durch die Un­ter­stüt­zung au­to­no­mis­ti­scher Be­stre­bun­gen in West-und Süd­deutsch­land. Den Ver­sailler Ver­trag sah er als un­zu­rei­chend für Frank­reichs Si­cher­heit an und hielt des­halb ei­ne grund­le­gend an­de­re Struk­tur des Rei­ches für er­for­der­lich. Die fö­de­ra­lis­tisch ori­en­tier­te Zen­trums­par­tei er­schien ihm ei­ne ge­eig­ne­te Kraft ge­gen die be­fürch­te­te preu­ßi­sche Re­stau­ra­ti­on. Er er­war­te­te ei­ne lang an­dau­ern­de Be­set­zung des Rhein­lan­des und be­ab­sich­tig­te, wäh­rend die­ser Zeit mög­lichst di­rek­te po­li­ti­sche, wirt­schaft­li­che und kul­tu­rel­le Be­zie­hun­gen zur Be­völ­ke­rung auf­zu­bau­en, um sie vor ei­ner preu­ßi­schen He­ge­mo­nie ab­zu­schir­men. Von Be­ginn an be­rück­sich­tig­te er, dass die Mehr­heit der Be­völ­ke­rung im Be­sat­zungs­ge­biet ka­tho­lisch war. Bis zum Früh­jahr 1919 stütz­ten sich sei­ne Ana­ly­sen auf Be­rich­te der ört­li­chen De­le­gier­ten Frank­reichs. Sie las­sen ei­nen ver­zerr­ten Blick auf die Rol­le der Kir­che und des Kle­rus er­ken­nen: Al­le Geist­li­chen gal­ten als ak­ti­ve Pro­pa­gan­dis­ten des Zen­trums und die Zen­trums­ab­ge­ord­ne­ten der preu­ßi­schen Lan­des­ver­samm­lung als In­stru­men­te des Kle­rus.

Erst da­nach konn­te Ti­rard sich auf den kom­pe­ten­ten Sach­ver­stand des Je­sui­ten­pa­ters Al­bert Du­go­ut zu­rück­grei­fen, der als An­ge­hö­ri­ger des Mi­li­tär­ge­heim­diens­tes Deu­xiè­me Bu­reau sein Ver­bin­dungs­mann zu kirch­li­chen Per­sön­lich­kei­ten und Zen­trums­po­li­ti­kern war. Über Du­go­uts Ak­ti­vi­tä­ten wa­ren bei be­son­de­ren An­läs­sen so­gar Au­ßen­mi­nis­ter Pi­chon und Mi­nis­ter­prä­si­dent Cle­men­ceau in­for­miert. Vor der Un­ter­zeich­nung des Frie­den­ver­tra­ges soll­te Du­go­ut zum Bei­spiel in Wei­mar ver­deckt Kon­takt zu Zen­trums­ab­ge­ord­ne­ten auf­neh­men – zwei­fel­los um de­ren Hal­tung zum Ver­trag zu son­die­ren. Du­go­ut lehn­te es per­sön­lich ab, da­bei ge­hei­me fi­nan­zi­el­le Mit­tel ein­zu­set­zen. Der in Trier sta­tio­nier­te Ca­pi­tai­ne ge­wann das Ver­trau­en zahl­rei­cher ho­her Geist­li­cher im Rhein­land und un­ter­hielt gu­te, teil­wei­se herz­li­che Be­zie­hun­gen zu meh­re­ren Bi­schö­fen. Sei­ne zu­meist ge­hei­men Ana­ly­sen und Be­wer­tun­gen wa­ren fast im­mer treff­si­cher und zeu­gen von gro­ßer Sach­kennt­nis und Ver­traut­heit mit den The­men und Per­so­nen, über die er be­rich­te­te. Er sprach Deutsch und be­saß fun­dier­te Kennt­nis­se der kir­chen­recht­li­chen La­ge in den ver­schie­de­nen rhei­ni­schen Bis­tü­mern. Ti­rard ver­ließ sich bis zum Amts­an­tritt des Ar­mee­bi­schofs Ré­mond bei kirch­li­chen Sach­ver­hal­ten haupt­säch­lich auf Ca­pi­tai­ne Du­go­uts Ex­per­ti­se, aber auch spä­ter schätz­te er des­sen Wis­sen und sei­ne gu­ten Ver­bin­dun­gen zum rhei­ni­schen Kle­rus.

Am 12.5.1919, nach­dem die Re­gie­rung in Pa­ris of­fi­zi­ell Ab­stand von Plä­nen der Ab­tren­nung des Rhein­lan­des ge­nom­men hat­te, leg­te Du­go­ut dem Stab Ti­rards ei­ne um­fang­rei­che Stu­die zum grund­sätz­li­chen Ver­hält­nis zwi­schen den fran­zö­si­schen Be­sat­zungs­trup­pen und dem rhei­ni­schen Kle­rus vor. Aus­ge­hend von der Fest­stel­lung, das Rhein­land sei tie­fre­li­gi­ös, kon­sta­tier­te er den enor­men Ein­fluss von Bi­schö­fen und Geist­li­chen. Dies, for­der­te er, müs­se un­be­dingt be­ach­tet wer­den. Man dür­fe sie un­ter kei­nen Um­stän­den zum Geg­ner ma­chen und sol­le al­len re­li­giö­sen Über­zeu­gun­gen mit Re­spekt be­geg­nen. Er plä­dier­te für ei­ne ak­ti­ve und klu­ge Po­li­tik der Durch­drin­gung (po­li­tique de pé­né­tra­ti­on); es gel­te, ge­mein­sam mit den Bi­schö­fen – kei­nes­falls ge­gen sie – auf den Kle­rus ein­zu­wir­ken. Al­les an­de­re sei zum Schei­tern ver­ur­teilt und wer­de ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen nach sich zie­hen, even­tu­ell so­gar Frank­reichs Be­zie­hun­gen zum Va­ti­kan tan­gie­ren. Du­go­ut sah ei­ne Chan­ce dar­in, die en­gen Be­zie­hun­gen zwi­schen der Zen­trums­par­tei und der Kir­che in ähn­li­cher Wei­se zu nut­zen. Mit an­de­ren Wor­ten: er for­der­te ei­ne vor­sich­ti­ge, aber ver­trau­ens­vol­le Zu­sam­men­ar­beit der Be­sat­zungs­macht mit Kle­rus, Epis­ko­pat und der Zen­trums­par­tei im Rhein­land. In sei­nen Kon­tak­ten zu kirch­li­chen Per­sön­lich­kei­ten be­müh­te er sich, die­sem An­spruch ge­recht zu wer­den, oh­ne da­bei fran­zö­si­sche In­ter­es­sen aus dem Blick zu ver­lie­ren. Ti­rard stimm­te weit­ge­hend mit Du­go­uts Sicht über­ein, aber zu de­ren Um­set­zung fehl­te es in der fran­zö­si­schen Zo­ne an ei­ner klar struk­tu­rier­ten und ko­or­di­nier­ten Kir­chen- und Re­li­gi­ons­po­li­tik.

Die von der Be­sat­zungs­macht als Mit­tel der pé­né­tra­ti­on pa­ci­fi­que  be­trie­be­ne Kul­tur­po­li­tik war kaum ge­eig­net, die Er­war­tun­gen Ti­rards und Du­go­uts zu er­fül­len. Von der Pres­se­ab­tei­lung der fran­zö­si­schen Ho­hen Kom­mis­si­on in Ko­blenz wur­den seit Mai 1919 zwei­spra­chi­ge Pu­bli­ka­tio­nen her­aus­ge­ge­ben, die sich an ein ge­bil­de­tes Pu­bli­kum rich­te­ten („Le Rhin Il­lus­tré/Der Rhein im Bil­d“ be­zie­hungs­wei­se „Re­vue Rhé­na­ne/Rhei­ni­sche Blät­ter“). Re­li­giö­se The­men wa­ren dar­in eher sel­ten. Wie auch die an­de­ren Maß­nah­men der Kul­tur­po­li­tik (his­to­ri­sche Ge­denk­fei­ern, Aus­stel­lun­gen, Vor­trä­ge. Kon­zer­te, Thea­ter­auf­füh­run­gen) blie­ben sie „im­mer ein­sei­tig, be­zo­gen die Deut­schen nicht als Part­ner ein, blie­ben ei­ner in­di­rek­ten Macht­ex­pan­si­on ver­pflich­te­t“.[7]  Erst ab März 1920 ge­wann die pro­pa­gan­de ré­li­gieu­se im Rah­men der fried­li­chen Durch­drin­gung ei­gen­stän­di­ge Be­deu­tung. Ho­he Of­fi­zie­re schei­nen aus po­li­ti­schen Grün­den ih­re ka­tho­li­sche Ein­stel­lung de­mons­triert zu ha­ben. Be­kannt wur­de dies bei­spiels­wei­se von den Ge­ne­ra­len Man­gin (Mainz) und de Metz (Spey­er). Ka­tho­li­sche Geist­li­che er­hiel­ten kos­ten­los die „Re­vue Rhé­na­ne“ oder wur­den zu Wall­fahr­ten nach Lour­des ein­ge­la­den, ge­le­gent­lich er­hiel­ten sie so­gar Geld oder Koh­le zur Ver­wen­dung für ka­ri­ta­ti­ve Zwe­cke. Kon­se­quent über­ging die re­li­giö­se Pro­pa­gan­da die in Frank­reich nach wie vor be­ste­hen­de Tren­nung von Staat und Kir­che. Das Be­mü­hen, Frank­reich als ka­tho­li­sches Land dar­zu­stel­len und ver­meint­li­che Ge­mein­sam­kei­ten zwi­schen den Gläu­bi­gen bei­der Län­der her­aus­zu­stel­len, zeig­te sich be­son­ders in dem durch und durch po­li­ti­schen Ver­such, den Kult der Jean­ne d’Arc im Be­sat­zungs­ge­biet ein­zu­füh­ren.[8]

Paul Tirard, Porträtfoto..

 

Au­ßer of­fi­zi­el­len Fei­ern in zahl­rei­chen Stand­or­ten der Ar­mee und grö­ße­ren Städ­ten des fran­zö­si­schen Be­sat­zungs­ge­bie­tes fan­den in Rhein­hes­sen und der Pfalz auf­dring­li­che Ver­su­che statt, dor­ti­ge Ka­tho­li­ken für den Kult zu be­geis­tern und Jean­ne als neue Schutz­pa­tro­nin der be­setz­ten Ge­bie­te zu prei­sen.[9]  Nach dem Be­ginn der Be­sat­zung war der Kon­takt zwi­schen fran­zö­si­schen Mi­li­tärs und kirch­li­chen Stel­len zu­meist von der Hal­tung der Sie­gers ge­gen­über den Be­sieg­ten ge­prägt. Ei­gen­mäch­ti­ges Han­deln lo­ka­ler Kom­man­deu­re er­wies sich oft als we­nig sen­si­bel und führ­te in der Be­völ­ke­rung und im Pfarrk­le­rus häu­fig zu gro­ßem Un­mut. Ob­wohl Ti­rard dar­über in­for­miert war und er die Be­zie­hung zu Ver­tre­tern der Kir­che im Sin­ne der Emp­feh­lun­gen Du­go­uts prin­zi­pi­ell auf ei­ne neue Ba­sis stel­len woll­te, zö­ger­te er bis März 1921, die Bi­schö­fe der im Be­sat­zungs­ge­biet lie­gen­den Diö­ze­sen zu ei­nem Mei­nungs­aus­tausch ein­zu­la­den. Kei­ner der ein­ge­la­de­nen Ober­hir­ten nahm dar­an teil, statt­des­sen schick­ten sie ih­re Ge­ne­ral­vi­ka­re oder an­de­re Prä­la­ten. Die un­ge­klär­te Ju­ris­dik­ti­on der for­mal den deut­schen Bi­schö­fen un­ter­ste­hen­den fran­zö­si­schen Mi­li­tär­geist­li­chen nahm da­bei be­son­de­ren Raum ein. Die­ses Pro­blem war Ti­rard wie auch den Ver­ant­wort­li­chen der fran­zö­si­schen Re­gie­rung seit lan­gem be­kannt und so­wohl im Quai d’Or­say als auch im Haut Com­mis­sa­ri­at Français in Ko­blenz hat­te man sich um ei­ne Lö­sung be­müht.

5. Ein Bischof für die Rheinarmee

Nach lan­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen der lai­zis­ti­schen Re­pu­blik und der ka­tho­li­schen Kir­che kam es im Ju­li 1904 zum Ab­bruch der di­plo­ma­ti­schen Be­zie­hun­gen zwi­schen Frank­reich und dem Va­ti­kan. Das Ge­set­zes­werk von 1905 zur Tren­nung von Staat und Kir­che pos­tu­lier­te die strik­te Neu­tra­li­tät des Staa­tes in An­ge­le­gen­hei­ten des Kul­tus, Kir­chen­ge­bäu­de gin­gen in öf­fent­li­ches Ei­gen­tum über. Die gro­ße Mehr­heit der fran­zö­si­schen Ka­tho­li­ken war em­pört und emp­fand dies als staat­lich or­ga­ni­sier­ten Raub. Der Hei­li­ge Stuhl ver­ur­teil­te das Tren­nungs­ge­setz, die Be­zie­hun­gen zwi­schen Staat und Kir­che blie­ben in der Fol­ge äu­ßerst ge­spannt.

Erst das be­din­gungs­lo­se Ein­tre­ten der fran­zö­si­schen Ka­tho­li­ken für die Sa­che der Na­ti­on im Ers­ten Welt­krieg und ih­re Loya­li­tät ge­gen­über der Uni­on Sa­crée führ­te wie­der zu ei­ner vor­sich­ti­gen An­nä­he­rung von Kir­che und Staat. Durch den pa­trio­ti­schen Ein­satz der Ka­tho­li­ken ver­än­der­te sich die öf­fent­li­che Be­wer­tung der al­ten re­li­giö­sen Streit­fra­gen, Vor­ur­tei­le schwäch­ten sich ab und lei­te­ten nach dem En­de des Krie­ges zwar nicht das En­de des An­ti­kle­ri­ka­lis­mus, aber den Be­ginn ei­ner neu­en Po­li­tik ge­gen­über der ka­tho­li­schen Kir­che ein.

Un­ter den Staats­prä­si­den­ten Paul De­scha­nel (1855-1922, Staats­prä­si­dent 17.2.-21.9.1920) und Alex­and­re Mil­lerand (1859-1943, Staats­prä­si­dent 1920-1924) kam es 1920/1921 zu Ver­hand­lun­gen mit dem Hei­li­gen Stuhl. En­de 1920 stimm­ten Ab­ge­ord­ne­ten­haus und Se­nat der Wie­der­auf­nah­me di­plo­ma­ti­scher Be­zie­hun­gen zu. Die Hei­lig­spre­chung der Jung­frau von Or­léans durch Papst Be­ne­dikt XV. (Pon­ti­fi­kat 1914-1922) am 16.5.1920 sa­hen Zeit­ge­nos­sen be­reits als Kon­zes­si­on des Va­ti­kans ge­gen­über Frank­reich im Hin­blick auf die er­war­te­te Wie­der­auf­nah­me di­plo­ma­ti­scher Be­zie­hun­gen. Von der Er­neue­rung der di­plo­ma­ti­schen Be­zie­hun­gen zum Hei­li­gen Stuhl ver­sprach man sich auch ei­ne po­si­ti­ve Ein­wir­kung des Va­ti­kans zu­guns­ten Frank­reichs auf die rhei­ni­schen und süd­deut­schen Ka­tho­li­ken.

Seit Spät­som­mer 1919 gab es im Stab Ti­rards Über­le­gun­gen, wie die Tä­tig­keit der Mi­li­tär­geist­li­chen für die Ge­win­nung der ka­tho­li­schen Rhein­län­der ge­nutzt wer­den kön­ne. Wäh­rend des Krie­ges hat­te die lai­zis­ti­sche Füh­rung die re­la­tiv ge­rin­ge Zahl der Mi­li­tär­geist­li­chen le­dig­lich ge­dul­det, ob­wohl Mil­lio­nen von Ka­tho­li­ken und Tau­sen­de Pries­ter im Feld stan­den. Es gab kei­ne vom Staat an­er­kann­te Re­ge­lung der Mi­li­tär­seel­sor­ge. So­wohl von Sei­ten der mi­li­tä­ri­schen Füh­rung als auch von der Be­sat­zungs­ver­wal­tung Ti­rards wur­de die­ser Zu­stand als un­be­frie­di­gend emp­fun­den we­gen der un­ge­klär­ten Rech­te der Aumô­niers im Be­reich der deut­schen Orts­bi­schö­fe. Als Ho­her Kom­mis­sar Frank­reichs ver­kann­te Paul Ti­rard nicht die Pro­ble­me, die ei­ner er­folg­rei­chen Um­set­zung der Ein­fluss­nah­me auf die ka­tho­li­sche Be­völ­ke­rung des Rhein­lan­des ent­ge­gen­stan­den. Die Be­sat­zer, Re­prä­sen­tan­ten ei­nes lai­zis­ti­schen Staa­tes, stie­ßen al­lent­hal­ben auf Miss­trau­en bei den Men­schen, bes­ten­falls auf Gleich­gül­tig­keit. Als Chan­ce für ei­nen glaub­wür­di­ge­ren Um­gang zwi­schen Sie­gern und Be­sieg­ten sa­hen da­her die Ver­ant­wort­li­chen in Ko­blenz und Pa­ris die An­nä­he­rung von Kir­che und Staat in Frank­reich.

Der ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­wis­sen­schaft­ler Louis Ca­net (1883-1958) wirk­te seit Ja­nu­ar 1920 als Be­ra­ter für kirch­li­che An­ge­le­gen­hei­ten im Pa­ri­ser Au­ßen­mi­nis­te­ri­um. Er präg­te in sei­nem Wir­kungs­be­reich für mehr als zwei Jahr­zehn­te die fran­zö­si­sche Au­ßen­po­li­tik. Zur glei­chen Zeit, als sich im Früh­jahr 1920 die Mit­ar­bei­ter Ti­rards Ge­dan­ken um ei­ne neue Struk­tur der Mi­li­tär­seel­sor­ge im Be­sat­zungs­ge­biet mach­ten, be­fass­te sich Louis Ca­net im Quai d’Or­say mit den mög­li­chen Fol­gen di­plo­ma­ti­scher Be­zie­hun­gen zum Hei­li­gen Stuhl auf die fran­zö­si­sche Kir­chen­po­li­tik im Rhein­land. Nach ge­nau­er Dar­le­gung der re­li­giö­sen und kir­chen­recht­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten in den Bis­tü­mern Köln, Mainz, Trier und Spey­er for­der­te er in ei­ner Stu­die, dass sich die Ver­tre­ter Frank­reichs wohl­wol­lend ge­gen­über dem Ka­tho­li­zis­mus zei­gen und be­mü­hen soll­ten, auf den dor­ti­gen Epis­ko­pat, den Welt- und Or­denskle­rus, aber auch auf die öf­fent­li­che Mei­nung ein­zu­wir­ken. Die Wie­der­auf­nah­me di­plo­ma­ti­scher Be­zie­hun­gen zum Hei­li­gen Stuhl bie­te ge­eig­ne­te Wir­kungs­fel­der: Bi­schofs­er­nen­nun­gen, die Hal­tung der Zen­trums­par­tei und das Ver­hal­ten der Or­den. Deutsch­lands Ge­wicht in Rom so­wie Nun­ti­us Pacel­lis Ein­fluss in Deutsch­land müs­se kon­ter­ka­riert wer­den. Die Zu­kunft des Rhein­lan­des, der Saar und der Pfalz, so Ca­net, ent­schei­de sich nicht in Ko­blenz, son­dern in Rom.

Nach ver­schie­de­nen Über­le­gun­gen zur Ord­nung der Mi­li­tär­seel­sor­ge im Be­sat­zungs­ge­biet schloss sich Ti­rard dem Vor­schlag des Be­fehls­ha­bers der Rhein­ar­mee an. Ge­ne­ral Jean-Ma­rie De­gout­te (1866-1938) brach­te ei­nen Aumô­nier Gé­né­ral mit Bi­schofs­wür­de als Vor­ge­setz­ter der Mi­li­tär­geist­li­chen für die Be­sat­zungs­trup­pen ins Ge­spräch. Der schlie­ß­lich ge­fun­de­ne Kan­di­dat für das Am­t  ei­nes Mi­li­tär­bi­schofs, der Geist­li­che Paul Ré­mond, war Re­li­gi­ons­leh­rer in Be­sançon Er ent­sprach auch den Er­war­tun­gen Ca­nets. Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Ga­s­par­ri (1852-1934) zeig­te sich an­fangs ge­gen­über den fran­zö­si­schen Vor­stel­lun­gen re­ser­viert, ak­zep­tier­te sie aber En­de Ja­nu­ar 1921. Die auf Druck der Re­gie­rung in Pa­ris er­ziel­te Er­nen­nung ei­nes Mi­li­tär­bi­schofs für die Rhein­ar­mee stell­te nach der Ka­no­ni­sa­ti­on der Jean­ne d’Arc ein wei­te­res Zei­chen gu­ten Wil­lens des Va­ti­kans zur Nor­ma­li­sie­rung der di­plo­ma­ti­schen Be­zie­hun­gen mit Frank­reich dar.
Paul Ré­mond war zu die­sem Zeit­punkt 47 Jah­re alt. Nach Stu­di­en in Be­sançon, Frei­burg und Rom wur­de er 1899 zum Pries­ter ge­weiht. Er sprach flie­ßend Deutsch, be­saß ei­nen Dok­tor­grad in Theo­lo­gie und Phi­lo­so­phie und wirk­te bis zu sei­ner Ein­be­ru­fung 1914 als geist­li­cher Leh­rer. Fast den ge­sam­ten Krieg er­leb­te er als Of­fi­zier in vor­ders­ter Li­nie, wur­de mehr­fach ver­wun­det und er­hielt ho­he mi­li­tä­ri­sche Aus­zeich­nun­gen. Am 29.5.1921 er­folg­te sei­ne Wei­he zum Ti­tu­lar­bi­schof von Clys­ma, zwei Wo­chen spä­ter die Er­nen­nung zum Aumô­nier In­spec­teur, der im Rang ei­nem Bri­ga­de­ge­ne­ral gleich­ge­stellt war.[10]

Ré­monds Ju­ris­dik­ti­on er­streck­te sich auf die Geist­li­chen der Be­sat­zungs­trup­pen, die fran­zö­si­schen Ein­rich­tun­gen (Schu­len, Kran­ken­häu­ser usw.), die Sol­da­ten und Be­am­ten der Be­sat­zung so­wie de­ren Fa­mi­li­en. Bei zwei Au­di­en­zen mit Papst Be­ne­dikt XV. rück­te er die Be­zie­hun­gen zwi­schen den Be­sat­zungs­be­hör­den, den lo­ka­len Kir­chen­ver­tre­tern und die re­li­giö­se La­ge im Rhein­land in ein sehr po­si­ti­ves Licht. Da es im Sin­ne ei­ner fried­li­chen Be­sat­zung von grö­ß­tem In­ter­es­se sei, den dor­ti­gen Kle­rus auf den vom Geist der Ver­söh­nung ge­präg­ten Cha­rak­ter der fran­zö­si­schen Po­li­tik hin­zu­wei­sen, bat er den Papst kon­kret um ei­ne ent­spre­chen­de Ein­wir­kung auf die rhei­ni­schen Bi­schö­fe. Im April 1922 in­for­mier­te ihn Nun­ti­us Pacel­li, der neue Papst, Pi­us XI., hal­te ei­ne sol­che Wei­sung für nicht an­ge­bracht, da sie als po­li­ti­sche Wer­tung auf­ge­fasst wer­den kön­ne. Auf päpst­li­che Un­ter­stüt­zung konn­te Ré­mond so­mit nicht ver­wei­sen. Die po­li­ti­sche Ab­sicht sei­ner Mis­si­on im Rhein­land wur­de da­durch zwei­fel­los er­schwert.

Ge­gen­über sei­ner Re­gie­rung stell­te Ti­rard Mit­te 1921, al­so et­wa zum Zeit­punkt der Er­nen­nung des Ar­mee­bi­schofs, die Be­zie­hun­gen der H.C.F. zu den deut­schen Bi­schö­fen und zum Kle­rus op­ti­mis­tisch als of­fen und ver­trau­ens­voll dar. Der neue Aumô­nier In­spec­teur traf bei sei­nem An­tritts­be­such im Rhein­land bei sei­nen deut­schen Amts­brü­dern auf ei­ne vor­sich­ti­ge, aber den­noch über­wie­gend wohl­wol­len­de Zu­rück­hal­tung. Wäh­rend die rhei­ni­schen Bi­schö­fe in ers­ter Li­nie Ver­bes­se­run­gen im prak­ti­schen Mit­ein­an­der von Ar­mee­geist­li­chen und deut­schem Kle­rus er­war­te­ten, gab Ré­mond den po­li­ti­schen As­pekt sei­ner künf­ti­gen Auf­ga­be nicht zu er­ken­nen.

Die Dop­pel­stra­te­gie Ti­rards be­stand dar­in, mit Hil­fe des Aumô­nier In­spec­teur und sei­ner Feld­geist­li­chen nach au­ßen die Pfle­ge herz­li­cher Be­zie­hun­gen zwi­schen rhei­ni­schem und fran­zö­si­schem Ka­tho­li­zis­mus zu de­mons­trie­ren, das ei­gent­li­che Ziel be­stand in­des in der Un­ter­stüt­zung der Rhein­land­po­li­tik des Haut Com­mis­sai­re Français: Lo­cke­rung der Bin­dun­gen zum üb­ri­gen Deutsch­land und im güns­tigs­ten Fall die Selb­stän­dig­keit der rhei­ni­schen Ge­bie­te. Von Be­ginn an leg­te Ti­rard Wert dar­auf, Ein­fluss auf das Agie­ren des Ar­mee­bi­schofs zu neh­men, denn die­ser soll­te die fran­zö­si­sche Kir­chen­po­li­tik im Rhein­land re­prä­sen­tie­ren und um ih­re Un­ter­stüt­zung durch den Va­ti­kan wer­ben.

Jeanne d’Arc auf dem Scheiterhaufen. Wandgemälde im Panthéon von Jules Eugène Lenepveu, um 1890.

 

Im Herbst 1921 sah der Ar­mee­bi­schof beim rhei­ni­schen Epis­ko­pat und Kle­rus ei­ne zu­neh­mend wohl­wol­len­de Hal­tung und we­gen der ins­ge­samt schlech­ten wirt­schaft­li­chen La­ge in der Be­sat­zungs­zo­ne gu­te Chan­cen für Frank­reichs Po­li­tik. Die vor­der­grün­dig al­tru­is­ti­sche Hal­tung re­li­giö­ser Ver­söh­nung wur­de da­mit klar für die lang­fris­ti­gen Zie­le der fran­zö­si­schen Be­sat­zungs­po­li­tik in­stru­men­ta­li­siert. Da der Ar­mee­bi­schof es für we­nig wahr­schein­lich hielt, dass Deutsch­land sei­ne Ver­pflich­tun­gen aus dem Ver­sailler Ver­trag wür­de er­fül­len kön­nen, sah er in ei­ner ver­län­ger­ten Be­sat­zungs­zeit Mög­lich­kei­ten der Rea­li­sie­rung der Pa­ri­ser Plä­ne für das lin­ke Rhein­ufer.

Trotz sei­ner po­li­ti­schen Mis­si­on, den zahl­rei­chen Kon­tak­ten mit deut­schen Bi­schö­fen im Be­sat­zungs­ge­biet und häu­fi­gen Rei­sen nach Pa­ris und Rom ge­lang es Ré­mond, das neue Mi­li­tär­bis­tum gut zu or­ga­ni­sie­ren. Es um­fass­te ganz oder teil­wei­se acht deut­sche Diö­ze­sen, der Aumô­nier In­spec­teur war Vor­ge­setz­ter von cir­ca 40 Mi­li­tär­geist­li­chen und vor der Ruhr­be­set­zung zu­stän­dig für ins­ge­samt et­wa 160.000 Fran­zo­sen. Bei sei­nen Be­geg­nun­gen mit Ver­tre­tern des deut­schen Ka­tho­li­zis­mus trat er au­ßer­or­dent­lich ge­wandt und lie­bens­wür­dig auf, nutz­te ge­schickt sei­ne Be­red­sam­keit und In­tel­li­genz. Bis zur Ruhr­be­set­zung agier­te er zu­meist mit be­acht­li­chem Takt­ge­fühl und di­plo­ma­ti­schem Ge­schick als re­li­giö­ser Re­prä­sen­tan­t  und Ver­mitt­ler der fran­zö­si­schen Rhein­land­kom­mis­si­on. Sei­ne Un­ter­ge­be­nen warn­te er vor po­li­ti­schen In­itia­ti­ven, be­ton­te ih­ren seel­sor­ger­li­chen Auf­trag und woll­te kei­nes­falls die Be­zie­hun­gen zum rhei­ni­schen Kle­rus ge­fähr­den. Die Feld­geist­li­chen der Ar­mee ver­hiel­ten sich nicht ge­ne­rell an­ti­deutsch, wa­ren aber deut­lich von dem Be­wusst­sein ge­prägt, Ver­tre­ter der Sie­ger­na­ti­on zu sein.

Nuntius Pacelli bei der Beisetzung des Breslauer Weihbischofs Josef Deitmer, Berlin 1929. (Bundesarchiv, Bild 102-08838)

 

6. Wer kann sich behaupten?

Wäh­rend des Ers­ten Welt­krie­ges wur­den deut­sche In­ter­es­sen beim Hei­li­gen Stuhl durch zwei deut­sche Ver­tre­ter wahr­ge­nom­men, den preu­ßi­schen Ge­sand­ten Ot­to von Mühl­berg (1863-1966) und den baye­ri­schen Ge­sand­ten Ot­to von Rit­ter (1864-1940). Erst nach Kriegs­en­de nahm das Reich di­plo­ma­ti­sche Be­zie­hun­gen mit dem Hei­li­gen Stuhl auf. Nach der Auf­he­bung der preu­ßi­schen Ge­sandt­schaft wur­de der erst im Mai 1919 er­nann­te Di­plo­mat Die­go von Ber­gen (1872-1944) En­de April 1920 ers­ter Bot­schaf­ter des Rei­ches beim Hei­li­gen Stuhl. Eu­ge­nio Pacel­li, bis­her päpst­li­cher Nun­ti­us in Bay­ern mit Sitz in Mün­chen, über­nahm En­de Ju­ni 1920 zu­nächst in Per­so­nal­uni­on auch die Ver­tre­tung im Reich. Ei­ne Be­son­der­heit wäh­rend der Wei­ma­rer Re­pu­blik  war das gleich­zei­ti­ge Be­ste­hen der Reichs­bot­schaft und der baye­ri­schen Ge­sandt­schaft beim Hei­li­gen Stuhl. Es lag im In­ter­es­se bei­der Sei­ten, die Be­zie­hun­gen zwi­schen Kir­che und Staat nach dem Un­ter­gang der al­ten Ord­nung neu zu re­geln.

Be­reits An­fang 1920 er­klär­te Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Ga­s­par­ri den Ge­sand­ten Preu­ßens und Bay­erns, dass der Va­ti­kan „nie und nim­mer die Hand da­zu bie­ten wer­de, die Ein­heit des Deut­schen Rei­ches zu spren­gen oder auch nur zu lo­ckern“ und „ […] dass al­le Ver­su­che Frank­reichs, sich des Va­ti­kans zu  be­die­nen, um die Ein­heit Deutsch­lands zu spren­gen, schei­tern wür­den“.[11]

In Frank­reich be­ob­ach­te­te man seit Kriegs­en­de nicht nur auf­merk­sam die kirch­li­che La­ge im Be­sat­zungs­ge­biet, son­dern auch al­le deut­schen Schrit­te, die die Prä­senz am Va­ti­kan be­tra­fen. Im In­ter­es­se der fran­zö­si­schen Po­li­tik hielt es auch Louis Ca­net im Quai d’Or­say für un­ab­ding­bar, dass Pa­ris dort eben­falls ver­tre­ten sei.[12]  Pa­ris hat­te be­reits seit lan­gem das Wir­ken Nun­ti­us Pacel­lis miss­trau­isch be­ob­ach­tet, der als deutsch­land­freund­lich galt. Ti­rard glaub­te, Pacel­li ste­he der rhei­ni­schen Un­ab­hän­gig­keit ab­leh­nend ge­gen­über, sein Ziel sei die grö­ßt­mög­li­che Si­che­rung der re­li­giö­sen Frei­hei­ten in Deutsch­land. Au­ßer durch die Wie­der­auf­nah­me di­plo­ma­ti­scher Be­zie­hun­gen zum Va­ti­kan such­te Pa­ris auf ei­ner wei­te­ren di­plo­ma­ti­schen Ebe­ne, sei­ne lang­fris­ti­gen Zie­le in Deutsch­land zu er­rei­chen. Die Auf­merk­sam­keit rich­te­te sich un­ter an­de­rem auf die baye­ri­sche Po­li­tik und die kirch­li­che La­ge in Süd- und Süd­west­deutsch­land. Die baye­ri­sche Rhein­pfalz und das Saar­ge­biet la­gen im fran­zö­si­schen Be­sat­zungs­ge­biet bzw. stan­den un­ter star­kem fran­zö­si­schen Ein­fluss. In ei­nem ein­sei­ti­gen Schritt er­rich­te­te Pa­ris Mit­te Ju­li 1920 in Mün­chen ei­ne ei­ge­ne Ge­sandt­schaft un­ter der Lei­tung des Di­plo­ma­ten Émi­le Dard (1871-1947), der auf ei­ne Stär­kung se­pa­ra­tis­ti­scher Ten­den­zen in Bay­ern durch den  BVP-Po­li­ti­ker Ge­org Heim hoff­te. Au­ßer mit dem Quai d’Or­say stand der Ge­sand­te in häu­fi­gem Kon­takt mit Ar­mee­bi­schof Ré­mond, baye­ri­schen Kir­chen­füh­rern, Po­li­ti­kern und Nun­ti­us Pacel­li. Dies er­laub­te ihm ei­ne ge­naue Be­ob­ach­tung der La­ge im fran­zö­sisch be­setz­ten Rhein­land und im Saar­ge­biet. Sein ei­gent­li­ches Ziel be­stand dar­in, mit Hil­fe der Kir­che se­pa­ra­tis­tisch-par­ti­ku­la­ris­ti­sche Ten­den­zen und ei­ne Ent­frem­dung Bay­erns vom Rest des Rei­ches zu för­dern. Letzt­lich er­wie­sen sich die fran­zö­si­schen Be­mü­hun­gen in Bay­ern als ver­geb­lich. Dard kehr­te im Som­mer 1922 nach Pa­ris zu­rück.

Kir­che und Staat wa­ren nach dem En­de der Mon­ar­chie in Deutsch­land und der ra­schen Ver­ab­schie­dung ei­ner neu­en Ver­fas­sung be­strebt, ei­ne Neu­ord­nung ih­rer Be­zie­hun­gen zu er­rei­chen. Schon En­de 1919 be­kräf­tig­ten Ver­tre­ter der Reichs­re­gie­rung, Preu­ßens und Nun­ti­us Pacel­li die­se Ab­sicht. Der Nun­ti­us war dar­an in­ter­es­siert, die ka­no­ni­schen Rech­te der Kir­che in ei­nem Reichs­kon­kor­dat fest­zu­schrei­ben, aber vor al­lem die von Pacel­li ge­for­der­te Ein­be­zie­hung der Schul­fra­ge ver­hin­der­te we­gen un­ter­schied­li­cher In­ter­es­sen der Län­der ei­ne schnel­le Rea­li­sie­rung. Ein­zel­staat­li­che Kon­kor­da­te hät­ten wie­der­um Aus­wir­kun­gen auf ein Reichs­kon­kor­dat ge­habt.

An­ge­sichts des an­hal­ten­den fran­zö­si­schen Drucks in den west­li­chen Tei­len Preu­ßens führ­te die un­ge­lös­te Kon­kor­dats­fra­ge En­de 1921 zu er­heb­li­cher Ner­vo­si­tät in der Reichs­re­gie­rung und der preu­ßi­schen Re­gie­rung, aber auch zu deut­li­chen Span­nun­gen zwi­schen dem Köl­ner Kar­di­nal Schul­te und Nun­ti­us Pacel­li. An­lass war die seit Kriegs­en­de un­ge­klär­te Fra­ge der Fort­gel­tung al­ter Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen Staat und Kir­che, kon­kret um die päpst­li­che Bul­le „De sa­lu­te ani­ma­rum“ von 1821. Frank­reich be­stritt nicht nur die wei­te­re Gel­tung die­ser Bul­le, son­dern auch die des baye­ri­schen Kon­kor­dats von 1817, dräng­te den Va­ti­kan mit Ver­weis auf die of­fe­ne kir­chen­recht­li­che La­ge zur Neu­ord­nung der Kir­chen­or­ga­ni­sa­ti­on im Saar­ge­biet und be­an­spruch­te ein Mit­spra­che­recht bei der Er­nen­nung ei­nes neu­en Bi­schofs in Trier.

Ge­mäß dem Ver­sailler Ver­trag er­hielt Bel­gi­en im Sep­tem­ber 1920 die end­gül­ti­ge Sou­ve­rä­ni­tät über die Krei­se Eu­pen und Malme­dy. Zwar pro­tes­tier­ten das Reich, Preu­ßen und Kar­di­nal von Hart­mann – spä­ter auch Kar­di­nal Schul­te - en­er­gisch ge­gen die Ab­tren­nung der seit 100 Jah­ren zum Erz­bis­tum Köln ge­hö­ren­den Ge­bie­te. Letzt­lich blieb dies je­doch oh­ne Er­folg.[13]

Fran­zö­si­sche, aber auch va­ti­ka­ni­sche Er­war­tun­gen an rhei­ni­sche Bi­schö­fe wur­den erst­mals nach dem Tod des Köl­ner Kar­di­nals von Hart­mann An­fang No­vem­ber 1919 er­kenn­bar. Die ers­te Va­kanz nach dem En­de der Mon­ar­chie in Preu­ßen bot der Ku­rie ei­ne Chan­ce, die Be­stim­mun­gen des neu­en Ca­non Iuris Ca­no­ni­ci (CIC) von 1917 hin­sicht­lich des un­be­schränk­ten päpst­li­chen Er­nen­nungs­rech­tes an­zu­wen­den. Vie­le Zei­chen lie­ßen er­ken­nen, dass die Ku­rie und Nun­ti­us Pacel­li die Fort­gel­tung der Bul­le „De sa­lu­te ani­ma­rum“ von 1821 zu be­strei­ten be­ab­sich­tig­ten, in dem das freie Wahl­recht des Dom­ka­pi­tels fest­ge­schrie­ben war. Nun­mehr soll­te das freie Er­nen­nungs­recht des Paps­tes ge­mäß dem CIC gel­ten. Frank­reich ließ gro­ßes In­ter­es­se an der Per­son ei­nes neu­en Bi­schofs er­ken­nen, von dem man nicht nur in kirch­li­cher Hin­sicht bis weit über sei­nen Spren­gel hin­aus enor­men Ein­fluss auf Kle­rus und Gläu­bi­ge er­war­te­te. Bis An­fang 1920 be­ton­te Ti­rard mehr­mals, es sei wich­tig, auf dem Köl­ner Bi­schofs­stuhl kei­nen er­klär­ten Geg­ner rhei­ni­scher Au­to­no­mie zu ha­ben. Preu­ßen und das Reich hoff­ten hin­ge­gen auf ei­ne na­tio­nal ge­sinn­te Per­sön­lich­keit, de­ren Au­to­ri­tät an­ge­sichts der von Pa­ris ge­för­der­ten se­pa­ra­tis­ti­schen Ten­den­zen deut­sche Po­si­ti­on un­ter­stütz­te. Das Köl­ner Dom­ka­pi­tel und die preu­ßi­sche Re­gie­rung ran­gen ge­mein­sam hart mit Nun­ti­us Pacel­li um die Fort­gel­tung der al­ten Rech­te. Auf die Be­tei­li­gung des Dom­ka­pi­tels an der Bi­schofs­wahl woll­te Preu­ßen oh­ne um­fas­sen­de Neu­fas­sung des Ver­hält­nis­ses zwi­schen Staat und Kir­che nicht ver­zich­ten. Schlie­ß­lich bot die Per­son des von al­len Sei­ten ak­zep­tier­ten Kan­di­da­ten Dom­ka­pi­tel, Re­gie­rung und Nun­ti­us die Chan­ce ei­nes Kom­pro­mis­ses: der Pa­der­bor­ner Bi­schof Karl Jo­seph Schul­te wur­de nach Ma­ßga­be der Bul­le von 1821 ge­wählt, aber die Wahl soll­te nicht als Prä­ze­denz­fall für künf­ti­ge Re­ge­lun­gen mit dem Hei­li­gen Stuhl gel­ten. Bi­schof Schul­te wur­de am 15.1.1920 zum Erz­bi­schof von Köln ge­wählt und un­mit­tel­bar dar­auf von der preu­ßi­schen Re­gie­rung be­stä­tigt. Schlie­ß­lich wa­ren al­le Be­tei­lig­ten über­zeugt, mit Bi­schof Schul­te „ih­ren“ Kan­di­da­ten durch­ge­setzt zu ha­ben.

Pietro Gasparri, Porträt, undatiert.

 

We­gen ei­ner schwe­ren Krank­heit des Main­zer Bi­schofs Ge­org Ma­ria Kirstein (1858-1921) über­nahm Dom­de­kan Dr. Lud­wig Ben­dix (1877-1954) En­de 1919 Ver­wal­tung und Lei­tung des Bis­tums, ab Fe­bru­ar 1920 auch als Ge­ne­ral­vi­kar. Er er­wies sich als durch­set­zungs­star­ke und macht­be­wuss­te Schlüs­sel­fi­gur bei der Nach­fol­ge­re­ge­lung des er­krank­ten Bi­schofs. Da er re­gen Kon­takt zur fran­zö­si­schen Be­sat­zungs­macht un­ter­hielt, un­ter­stell­te man ihm von deut­scher Sei­te se­pa­ra­tis­ti­sche Nei­gun­gen. Ben­dix wand­te sich ver­trau­lich an Nun­ti­us Pacel­li, der of­fen­bar kei­ne Be­den­ken hat­te, das Dom­ka­pi­tel durch ei­nen vom Papst ein­ge­setz­ten Ko­ad­ju­tor mit dem Recht der Nach­fol­ge zu über­ge­hen. Die­ses Vor­ge­hen bot dem Va­ti­kan ei­ne Chan­ce, die In­ter­es­sen der ver­schie­de­nen Par­tei­en aus­zu­lo­ten, ge­gen­ein­an­der aus­zu­spie­len oder zu ei­nem Kon­sens zu füh­ren. Es ge­lang dem Nun­ti­us und Ben­dix, al­le mit der Per­so­na­lie be­fass­ten Stel­len (Dom­ka­pi­tel, Reichs­re­gie­rung, Hes­sen, Frank­reich) zu dü­pie­ren und die Zu­stim­mung der Ku­rie für ei­nen Kan­di­da­ten zu er­hal­ten, den nie­mand er­war­tet hat­te: Lud­wig Ma­ria Hu­go (1871-1935), den bis­he­ri­gen Re­gens des Pries­ter­se­mi­nars in Spey­er. Nur ei­nen Tag nach Bi­schof Hu­gos Amts­über­nah­me in Mainz am 14.4.1921 starb Alt­bi­schof Kirstein. Der un­be­fan­ge­ne Um­gang Hu­gos mit Ar­mee­bi­schof Ré­mond und an­de­ren Ver­tre­tern Frank­reichs wur­de von  deut­schen Stel­len nicht als un­ge­bühr­li­che An­bie­de­rung emp­fun­den. Ge­ne­ral­vi­kar Ben­dix blieb zu­nächst im Amt, trat je­doch noch im Herbst zu­rück, of­fen­bar nach zu­neh­men­den Span­nun­gen mit sei­nem Bi­schof.

Ent­spre­chend sei­ner lang­fris­tig kon­zi­pier­ten Kir­chen­po­li­tik hat­te Pa­ris gro­ßes In­ter­es­se dar­an, über die Per­son ei­nes neu­en Trie­rer Bi­schofs Ein­fluss auf die künf­ti­ge Kir­chen­struk­tur im Saar­ge­biet zu neh­men. Et­wa drei Vier­tel die­ses Ge­bie­tes ge­hör­ten zum Bis­tum Trier, und es galt, dort bis zur ge­plan­ten Volks­ab­stim­mung 1935 al­le Chan­cen für ei­ne Um­ge­stal­tung der be­ste­hen­den Ver­hält­nis­se zu nut­zen. Dem Trie­rer Bi­schof kam da­mit ei­ne Schlüs­sel­stel­lung zu. Fran­zö­si­sche Stel­len (der Ge­sand­te Dard in Mün­chen, Ré­mond, Ti­rard und Ca­net), aber auch Preu­ßen und das Reich be­fass­ten sich seit Mit­te 1921 mit der Nach­fol­ge des grei­sen Bi­schof Ko­rum. Das Für und Wi­der ver­schie­de­ner Kan­di­da­ten wur­de aus­führ­lich er­ör­tert. Die Fra­ge der Bi­schofs­wahl in Preu­ßen war je­doch seit der Köl­ner Se­dis­va­kanz wei­ter un­ge­klärt, hin­zu ka­men die schwie­ri­gen Kon­kor­dats­ver­hand­lun­gen zwi­schen dem Reich, Preu­ßen, Bay­ern und Nun­ti­us Pacel­li. Nach dem Tod Bi­schof Ko­rums am 4.12.1921 er­war­te­ten Kar­di­nal Schul­te als Me­tro­po­lit des Trie­rer Bis­tums und die preu­ßi­sche Re­gie­rung ein ähn­li­ches Ein­len­ken der Ku­rie wie nach dem Tod Kar­di­nal von Hart­manns. Sie rech­ne­ten aber auch mit Schwie­rig­kei­ten von fran­zö­si­scher Sei­te. Wäh­rend Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Ga­s­par­ri fran­zö­si­sche Er­war­tun­gen zu­rück­wies, beim Pro­zess der Bi­schofs­wahl be­rück­sich­tigt zu wer­den, ver­such­te Nun­ti­us Pacel­li, un­ter Hin­weis auf die un­ge­lös­te Schul­fra­ge in ei­nem Kon­kor­dat, Druck auf Preu­ßen aus­zu­üben.

Bischof Heinrich Maria Kirstein, Porträtfoto, 1904.

 

Erst nach dem über­ra­schen­den Tod Papst Be­ne­dikts XV. am 22.1.1922 zeich­ne­te sich ei­ne Lö­sung ab. Kar­di­nal Schul­te ge­lang es of­fen­bar beim Kon­kla­ve zur Wahl des neu­en Paps­tes (2.-6.2.1922), die Ver­ant­wort­li­chen der Ku­rie zu be­we­gen, ei­ner Wahl durch das Dom­ka­pi­tel in Trier zu­zu­stim­men. Sein Kan­di­dat: Der Köl­ner Weih­bi­schof mit Sitz in Aa­chen, Franz Ru­dolf Bor­ne­was­ser. Das Vor­ge­hen Schul­tes ließ Pacel­lis ver­such­te Ein­schüch­te­rung Preu­ßens ins Lee­re lau­fen, das Dom­ka­pi­tel folg­te Kar­di­nal Schul­tes Vor­schlag und wähl­te Bor­ne­was­ser En­de Fe­bru­ar 1922 zum neu­en Bi­schof von Trier.

Trotz der of­fen­sicht­li­chen Zu­rück­wei­sung der Pa­ri­ser Mit­spra­che­wün­sche bei der Trie­rer Bi­schofs­wahl durch den Hei­li­gen Stuhl, be­eil­te sich Ti­rard, das Er­geb­nis in Pa­ris po­si­tiv dar­zu­stel­len. Der Ar­mee­bi­schof ver­nahm vom Main­zer Bi­schof Hu­go und sei­nem ehe­ma­li­gen Ge­ne­ral­vi­kar al­ler­dings ei­ne an­de­re Sicht: Schul­tes Ein­fluss sei of­fen­sicht­lich, Frank­reichs Ein­fluss hin­ge­gen gleich null ge­we­sen. So­wohl bei der Neu­be­set­zung in Mainz, als auch in Trier konn­te sich Frank­reich nicht durch­set­zen. Die Ku­rie räum­te der deut­schen Po­si­ti­on ein­deu­tig Vor­rang ein, oh­ne dies nach au­ßen deut­lich zu ma­chen. Sie hat­te In­ter­es­se an ei­nem sta­bi­len Ver­hält­nis zum Reich, ge­si­chert durch Kon­kor­da­te und Ver­lass auf ge­eig­ne­te Bi­schö­fe. Ge­gen­über den kir­chen­po­li­ti­schen In­ter­es­sen Frank­reichs hat­te die in Aus­sicht ge­nom­me­ne Ver­bes­se­rung des Sta­tus quo im Ver­hält­nis zum Deut­schen Reich Vor­rang.

7. Eskalation an Saar und Ruhr (1923)

Der süd­li­che Teil des preu­ßi­schen Re­gie­rungs­be­zirks Trier und der west­li­che Zip­fel der baye­ri­schen Saar­pfalz er­hiel­ten durch den Ver­sailler Ver­trag ei­nen Son­der­sta­tus und bil­de­ten das Saar­ge­biet. Ob­wohl im Saar­sta­tut ein po­li­ti­scher An­schluss an Frank­reich nicht vor­ge­se­hen war, ver­folg­te Pa­ris ins­ge­heim die­ses Ziel. Mit Hil­fe ei­ner dem Völ­ker­bund un­ter­stell­ten Re­gie­rungs­kom­mis­si­on hoff­te Pa­ris, die Bin­dun­gen des künst­li­chen Ge­bil­des zum Deut­schen Reich zu lo­ckern, und, wenn mög­lich, ganz zu be­sei­ti­gen. Als ei­ne wich­ti­ge Maß­nah­me galt die Ver­än­de­rung der kirch­li­chen Zu­ge­hö­rig­keit des Ter­ri­to­ri­ums zu den deut­schen Bis­tü­mern Trier und Spey­er durch ei­ne neue kirch­li­che Struk­tur. Be­vor das Saar­ge­biet dem Völ­ker­bund un­ter­stellt wur­de, hat­te Mar­schall Foch dort für die Vor­aus­set­zung ei­ner lang­fris­ti­gen fran­zö­si­schen Ein­fluss­nah­me ge­sorgt. Ih­re weit­ge­hen­de Rea­li­sie­rung fand sie dann im Saar­sta­tut. Un­ge­naue For­mu­lie­run­gen die­ser Sat­zung führ­ten zu man­nig­fa­chen Pro­ble­men. Re­gie­rungs­kom­mis­si­on und Frank­reich strit­ten um die Aus­le­gung mit der Reichs­re­gie­rung, den preu­ßi­schen und baye­ri­schen Be­hör­den so­wie mit den Bi­schö­fen von Trier und Spey­er. Es war nicht vor­aus­zu­se­hen, dass ge­ra­de die dor­ti­ge Kir­chen­po­li­tik zu ei­nem Feld hef­ti­ger Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen staat­li­chen und kirch­li­chen Stel­len in Deutsch­land ei­ner­seits und Frank­reich an­de­rer­seits führ­te. Bei­de Sei­ten such­ten den Va­ti­kan für ih­re Po­si­ti­on zu ge­win­nen.

Zum Bis­tum Trier ge­hör­ten et­wa drei Vier­tel des Saar­ge­bie­tes, ein Vier­tel zum Bis­tum Spey­er, die Be­völ­ke­rung war zu mehr als 70 Pro­zent ka­tho­lisch. Nach Kriegs­en­de stell­te sich für bei­de Bis­tü­mer die Fra­ge der Fort­gel­tung der im 19. Jahr­hun­dert ge­schlos­se­nen Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen Kir­che und Staat. Frank­reich sah hier, wie im Rhein­land, die Chan­ce, durch ei­ne ak­ti­ve Po­li­tik neue kirch­li­che Struk­tu­ren zu schaf­fen. Die Schaf­fung ei­nes neu­en Lan­des­be­wusst­seins, so hoff­ten die Ver­ant­wort­li­chen in Pa­ris, wer­de den Aus­gang der Volks­ab­stim­mung 1935 güns­tig be­ein­flus­sen. Wie im be­setz­ten Teil des üb­ri­gen Rei­ches, stell­te Frank­reich auch an der Saar die Fort­gel­tung al­ter Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen Staat und Kir­che in Fra­ge und sah ei­ne Chan­ce, durch neue kirch­li­che Struk­tu­ren und Hier­ar­chi­en bis­he­ri­ge Fest­le­gun­gen zu ei­ge­nem Vor­teil zu ver­än­dern. Das Reich, Preu­ßen, Bay­ern so­wie die be­trof­fe­nen Bi­schö­fe von Trier und Spey­er lehn­ten die­se Sicht und jeg­li­che Ver­än­de­rung des Sta­tus quo ab. Al­le fran­zö­si­schen Ver­su­che zur Neu­ord­nung lie­fen letzt­lich dar­auf hin­aus, den als be­son­ders hoch ein­ge­schätz­ten Ein­fluss der deut­schen Orts­bi­schö­fe auf Kle­rus und Gläu­bi­ge im Saar­ge­biet zu be­sei­ti­gen oder zu­min­dest zu schwä­chen. Die von Frank­reich pro­pa­gier­te Ein­set­zung ei­nes Apos­to­li­schen Ad­mi­nis­tra­tors schei­ter­te am hart­nä­cki­gen Wi­der­stand der Ober­hir­ten von Trier und Spey­er, ih­res Kle­rus und der Gläu­bi­gen. Das Reich, Preu­ßen und Bay­ern teil­ten die­se Hal­tung und such­ten die Un­ter­stüt­zung des Hei­li­gen Stuhls. Rom ver­wies bis zur Wie­der­her­stel­lung di­plo­ma­ti­scher Be­zie­hun­gen mit Frank­reich auf die gän­gi­ge va­ti­ka­ni­sche Pra­xis, in po­li­tisch un­ge­lös­te ter­ri­to­ria­le Fra­gen nicht mit kirch­li­chen Maß­nah­men ein­zu­grei­fen. Ein wei­te­res Ar­gu­ment von deut­scher Sei­te war das Feh­len jeg­li­cher Aus­sa­ge im Saar­sta­tut zu den Be­zie­hun­gen von Staat und Kir­che. Kar­di­nals­staats­se­kre­tär Pie­tro Ga­s­par­ri er­klär­te im Som­mer 1922 den deut­schen Di­plo­ma­ten beim Hei­li­gen Stuhl, vor dem Ple­bis­zit 1935 wer­de die Zu­ge­hö­rig­keit der Saar zu den deut­schen Diö­ze­sen nicht an­ge­tas­tet.

Ne­ben der von Frank­reich und der Re­gie­rungs­kom­mis­si­on ge­plan­ten Ent­mach­tung der Bi­schö­fe von Trier und Spey­er gab es wei­te­re Kon­flikt­fel­der zwi­schen Staat und Kir­che an der Saar: die sog. Do­ma­ni­al­schu­len, fran­zö­si­sche Or­dens­grün­dun­gen und die Ge­halts­zah­lung für Saar­geist­li­che in Francs.
Enor­me po­li­ti­sche Wir­kung hat­te ein re­gio­na­ler Ka­tho­li­ken­tag, der An­fang Ju­ni 1923 in Saar­brü­cken statt­fand. Vor al­lem durch das Auf­tre­ten des Trie­rer Bi­schofs Bor­ne­was­ser er­hielt die von 70.000 Teil­neh­mern be­such­te Ver­an­stal­tung ei­nen be­tont na­tio­na­len Cha­rak­ter mit ei­nem kla­ren Be­kennt­nis zu den Hei­mat­diö­ze­sen. Frank­reich, we­gen der gleich­zei­ti­gen Zu­spit­zung der Ruhr­kri­se oh­ne­hin sehr ner­vös, ver­stärk­te nun ge­mein­sam mit der Saar­re­gie­rung beim Hei­li­gen Stuhl sei­ne For­de­rung, ei­nen Apos­to­li­sche Ad­mi­nis­tra­tor für das Saar­ge­biet zu er­nen­nen, um den Ein­fluss des dor­ti­gen Kle­rus und der Bi­schö­fe zu be­en­den. Rom ließ sich Zeit, lehn­te aber im Fe­bru­ar 1924 das An­sin­nen ab, bot je­doch an, zur Über­prü­fung der kirch­li­chen La­ge den apos­to­li­schen De­le­ga­ten Gus­ta­vo Tes­ta (1886-1969) an die Saar zu ent­sen­den.

Ein seit 1922 für En­de Au­gust 1923 ge­plan­ter deutsch­land­wei­ter Ka­tho­li­ken­tag in Köln un­ter dem The­ma „Pax Chris­ti in re­g­no Chris­ti“ (Der Frie­de Chris­ti im Reich Chris­ti) wur­de nicht zu­letzt nach den Saar­brü­cker Er­fah­run­gen auf fran­zö­si­schen Druck ver­hin­dert. Pa­ris fürch­te­te ei­ne wei­te­re na­tio­na­le Ma­ni­fes­ta­ti­on in der grö­ß­ten Stadt West­deutsch­lands. Die bri­ti­sche Re­gie­rung, ver­ant­wort­lich für die Köl­ner Zo­ne, beug­te sich ei­nem fran­zö­si­schen Er­su­chen, das auf die Un­zu­träg­lich­keit ei­ner Mas­sen­ver­an­stal­tung im be­setz­ten Ge­biet hin­wies. Mit­te Ju­li 1923 zwang Lon­don mehr oder we­ni­ger wi­der­wil­lig über di­plo­ma­ti­sche Ka­nä­le die deut­schen Be­hör­den und das lo­ka­le Or­ga­ni­sa­ti­ons­ko­mit­tee zur Ab­sa­ge der Ver­an­stal­tung. Der Hei­li­ge Stuhl zog sich aus der Af­fä­re und über­ließ die Ent­schei­dung dem Schirm­herrn, Kar­di­nal Schul­te.

Ih­ren Hö­he­punkt er­reich­te die fran­zö­si­sche Kir­chen­po­li­tik im Rhein­land mit der Ruhr­be­set­zung 1923/1924. Von An­fang an wand­ten sich Erz­bi­schof Schul­te und sei­ne Suf­frag­an­bi­schö­fe in Müns­ter, Pa­der­born und Trier mit öf­fent­li­chen Ap­pel­len, Hir­ten­brie­fen, vor al­lem je­doch mit ei­ner in­ter­na­tio­na­len pu­bli­zis­ti­schen Kam­pa­gne klar und ent­schie­den ge­gen die fran­zö­sisch-bel­gi­sche Mi­li­tär­ak­ti­on und die da­mit ver­bun­de­nen Re­pres­sa­li­en ge­gen die Be­völ­ke­rung. Der Kar­di­nal ver­trat ei­ne de­zi­diert na­tio­na­le Po­si­ti­on und bil­lig­te den pas­si­ven Wi­der­stand. In Frank­reich stie­ßen die von März bis Au­gust 1923 welt­weit aus Köln ver­brei­te­ten Pro­pa­gan­da­schrif­ten („Nach­rich­ten aus dem ka­tho­li­schen Deutsch­land/Échos de l’Al­le­ma­gne ca­tho­li­que“) auf hef­ti­ge Ab­leh­nung.

Franz Rudolf Bornewasser, Porträt. (Stadtbibliothek/ Stadtarchiv Trier)

 

Die Ku­rie dräng­te dar­auf, die in­ner­kirch­li­che Po­le­mik zu be­en­den. Schul­tes Auf­for­de­run­gen an Papst Pi­us XI. (Pon­ti­fi­kat 1922-1939), öf­fent­lich ge­gen die ge­walt­sa­men Maß­nah­men an der Ruhr Stel­lung zu neh­men, wich der Hei­li­ge Stuhl aus mit Hin­weis auf nicht ein­deu­ti­ge Be­stim­mun­gen des Ver­sailler Ver­tra­ges. Ein­zel­ne fran­zö­si­sche Bi­schö­fe, vor al­lem je­doch Ar­mee­bi­schof Ré­mond ver­tei­dig­ten das ri­go­ro­se Vor­ge­hen des Mi­li­tärs im In­dus­trie­ge­biet.

Zur Be­ru­hi­gung der auf­ge­heiz­ten At­mo­sphä­re ent­sand­te der Hei­li­ge Stuhl den Va­ti­kan­di­plo­ma­ten Gus­ta­vo Tes­ta ins Ruhr­ge­biet – of­fi­zi­ell zur Über­prü­fung der dor­ti­gen kirch­li­chen La­ge, de fac­to zur Ver­mitt­lung zwi­schen Deut­schen und Fran­zo­sen und zur Be­richt­er­stat­tung an die Ku­rie. Bei­de Sei­ten be­grü­ß­ten die Maß­nah­me und hoff­ten auf die Un­ter­stüt­zung des Hei­li­gen Stuhls für ih­re je­wei­li­ge Po­si­ti­on. Ar­mee­bi­schof Ré­mond be­müh­te sich durch häu­fi­gen Kon­takt zu Tes­ta um des­sen Ver­trau­en und in­for­mier­te sei­ne zi­vi­len und mi­li­tä­ri­schen Vor­ge­setz­ten so­wie die Re­gie­rung in Pa­ris über die Ein­schät­zun­gen des Ge­sand­ten. Tes­ta such­te im Re­vier das Ge­spräch mit zahl­rei­chen Fran­zo­sen und deut­schen Ver­ant­wort­li­chen über die hu­ma­ni­tä­re, kirch­li­che und po­li­ti­sche La­ge.

Das linksrheinische Besatzungsgebiet ab 1923, das Sanktionsgebiet Düsseldorf / Duisburg 1921 und das Gebiet der Ruhrbesetzung. (Karte: Hans-Ludwig Selbach).

 

Den Brief Pi­us XI. an Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Ga­s­par­ri von En­de Ju­ni 1923, in dem der Papst Fran­zo­sen und Deut­sche zum Ein­len­ken und zum Ak­zep­tie­ren ei­ner un­par­tei­ischen Schieds­stel­le auf­for­der­te, lehn­te Mi­nis­ter­prä­si­dent Ray­mond Poin­ca­ré (1866-1934, Mi­nis­ter­prä­si­dent 1912-1913, 1922-1924, 1926-1929) als Af­front schroff ab. Tes­tas Mis­si­on stand kurz vor dem Schei­tern.

Nach dem En­de des pas­si­ven Wi­der­stan­des En­de Sep­tem­ber 1923, als Pa­ris an der Ruhr sein Ziel er­reicht zu ha­ben schien, droh­te das Reich aus­ein­an­der­zu­bre­chen. Kar­di­nal Schul­te und die an­de­ren rhei­nisch-west­fä­li­schen Bi­schö­fe der be­setz­ten Ge­bie­te ba­ten we­gen der ma­te­ri­el­len Not brei­ter Be­völ­ke­rungs­schich­ten aus­län­di­sche Ka­tho­li­ken um Hil­fe. Die un­über­sicht­li­che po­li­ti­sche La­ge im Rhein­land mit dem Er­star­ken se­pa­ra­tis­ti­scher Grup­pen be­un­ru­hig­te den Köl­ner Erz­bi­schof. Er setz­te sich bei Ti­rard für den An­satz Kon­rad Ade­nau­ers ein. Der Ober­bür­ger­meis­ter von Köln galt als wich­tigs­ter Po­li­ti­ker im Wes­ten des Rei­ches, der als Aus­weg aus der Kri­se Ver­hand­lun­gen mit dem Ziel ei­nes auf le­ga­lem Weg zu er­rich­ten­den Bun­des­staa­tes im Ver­band des Rei­ches vor­schlug. Schul­te lehn­te das Vor­ge­hen der Se­pa­ra­tis­ten eben­so ab wie Ti­rards Plan ei­ner un­ab­hän­gi­gen und neu­tra­len Rhei­ni­schen Re­pu­blik. In der Pfalz brach die Se­pa­ra­tis­ten­herr­schaft nach zu­neh­men­der Iso­lie­rung Frank­reichs, bri­ti­schem Wi­der­stand und öf­fent­li­chen Stel­lung­nah­men Bi­schof Se­bas­ti­ans Mit­te Fe­bru­ar 1924 zu­sam­men.

Der zu Be­ginn von Ti­rard, Ca­net und Ré­mond ver­folg­te An­satz ei­ner lang­fris­ti­gen fran­zö­si­schen Kir­chen­po­li­tik im Rhein­land wur­de mit der Ruhr­ak­ti­on ob­so­let. Das har­te Vor­ge­hen der Be­sat­zungs­trup­pen im Re­vier, tau­sen­de von Aus­wei­sun­gen und Ver­ur­tei­lun­gen und die pre­kä­re Ver­sor­gungs­la­ge mach­ten das an­ge­streb­te Ziel, die Ge­win­nung der Rhein­län­der als ka­tho­li­sches „Bru­der­vol­k“ für die Sa­che Frank­reichs un­glaub­wür­dig und un­rea­lis­tisch. Ar­mee­bi­schof Ré­mond er­wies sich im­mer deut­li­cher als un­nach­gie­bi­ger Be­für­wor­ter fran­zö­si­scher In­ter­es­sen­po­li­tik, der in Kar­di­nal Schul­te mehr und mehr sei­nen po­li­ti­schen, spä­ter auch wohl auch per­sön­li­chen Geg­ner sah.

8. Das Ende der französischen Pläne

Poin­ca­rés Ein­ver­ständ­nis mit ei­ner in­ter­na­tio­na­len Ex­per­ten­kom­mis­si­on zur Re­ge­lung der Re­pa­ra­ti­ons­fra­ge er­folg­te En­de Ok­to­ber 1923, als Frank­reich schein­bar den Hö­he­punkt sei­ner Nach­kriegs­po­si­ti­on er­reicht hat­te und Deutsch­land an vie­ler­lei ra­di­ka­len Kräf­ten zu zer­bre­chen droh­te. In Wirk­lich­keit wa­ren die vor­dring­li­chen Zie­le der Re­gie­rung in Pa­ris, Si­cher­heit und drin­gend be­nö­tig­te Re­pa­ra­tio­nen, noch kei­nes­wegs er­reicht, da es ei­ne en­ge Ver­flech­tung gab zwi­schen den Be­zie­hun­gen der Sie­ger­mäch­te un­ter­ein­an­der, den ei­ge­nen Re­pa­ra­ti­ons­an­sprü­chen so­wie der Fra­ge der in­te­r­al­li­ier­ten Schul­den. Seit lan­gem war die Ein­heit der Sie­ger brü­chig ge­wor­den.

Bei den Ver­ant­wort­li­chen der Haupt­kon­tra­hen­ten Frank­reich und Deutsch­land wuchs die Ein­sicht, dass nur mit ei­ner rea­lis­ti­sche­ren Sicht, ver­bun­den mit bei­der­sei­ti­ger Kon­zes­si­ons­be­reit­schaft, ein Aus­weg aus der ver­fah­re­nen La­ge ge­fun­den wer­den kön­ne. En­de April 1924 stimm­te Frank­reich den Emp­feh­lun­gen der Da­wes-Kom­mis­si­on zu, nach­dem sich Groß­bri­tan­ni­en, Bel­gi­en, Ita­li­en und das Reich be­reits zu­vor da­mit ein­ver­stan­den er­klärt hat­ten. Die Par­la­ments­wah­len An­fang Mai in Frank­reich und Deutsch­land führ­ten in bei­den Län­dern zu Ver­schie­bun­gen der po­li­ti­schen Mehr­hei­ten. Reichs­kanz­ler Wil­helm Marx (Zen­trum) und Au­ßen­mi­nis­ter Gus­tav Stre­se­mann (DVP) führ­ten je­doch in ei­ner Min­der­heits­re­gie­rung die bis­he­ri­ge Li­nie der Au­ßen­po­li­tik fort, wäh­rend in Frank­reich Mi­nis­ter­prä­si­dent Poin­ca­ré und der „Bloc na­tio­nal“ von ei­nem Links­kar­tell un­ter Edouard Her­ri­ot (1872-1957) ab­ge­löst wur­den. Mit der Un­ter­zeich­nung des Lon­do­ner Ab­kom­mens vom Au­gust 1924 (Da­wes-Plan) er­ziel­ten das Reich und die Sie­ger­mäch­te des Ers­ten Welt­krie­ges ei­ne Re­ge­lung der Re­pa­ra­ti­ons­fra­ge. Da­mit ver­bun­den wa­ren Ver­ein­ba­run­gen über das En­de der Ruhr­be­set­zung und ei­ne in­ter­na­tio­na­le An­lei­he für Deutsch­land.

Der zu Be­ginn von Ti­rard, Ca­net und Ré­mond ver­folg­te An­satz ei­ner lang­fris­ti­gen fran­zö­si­schen Kir­chen­po­li­tik im Rhein­land wur­de mit der Ruhr­ak­ti­on ob­so­let. Das har­te Vor­ge­hen der Be­sat­zungs­trup­pen im Re­vier, tau­sen­de von Aus­wei­sun­gen und Ver­ur­tei­lun­gen und die pre­kä­re Ver­sor­gungs­la­ge mach­ten das an­ge­streb­te Ziel, die Ge­win­nung der Rhein­län­der als ka­tho­li­sches „Bru­der­vol­k“ für die Sa­che Frank­reichs, un­glaub­wür­dig und un­rea­lis­tisch. Ar­mee­bi­schof Ré­mond er­wies sich im­mer deut­li­cher als un­nach­gie­bi­ger Be­für­wor­ter fran­zö­si­scher In­ter­es­sen­po­li­tik, der in Kar­di­nal Schul­te mehr und mehr sei­nen po­li­ti­schen, spä­ter wohl auch per­sön­li­chen Geg­ner sah. Es ge­lang die­sem bi­schöf­li­chen Ver­tre­ter der Be­sat­zungs­macht Frank­reich nicht, den Hei­li­ge Stuhl für die Sa­che sei­nes Lan­des zu ge­win­nen. Frank­reichs Kir­chen­po­li­tik im Rhein­land schei­ter­te na­he­zu auf gan­zer Li­nie. Was ge­gen En­de der Ruhr­ak­ti­on noch da­von üb­rig war, glaub­te der Aumô­nier In­spec­teur durch we­nig glaub­wür­di­ge Pro­pa­gan­da­ak­tio­nen noch ret­ten zu kön­nen, in de­nen er die Hilfs­be­dürf­tig­keit der rhei­ni­schen Be­völ­ke­rung in Zwei­fel zog und das Vor­ge­hen der Be­sat­zung recht­fer­tig­te.

Die Kir­chen­po­li­tik als Teil ei­ner von Pa­ris ver­folg­ten Ge­samt­stra­te­gie zur Schaf­fung von Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Hin­wen­dung der links­rhei­ni­schen Be­völ­ke­rung nach Frank­reich war ge­schei­tert. Die Grün­de sind viel­schich­tig, un­ter an­de­rem konn­te der Spa­gat kaum ge­lin­gen, ei­ner­seits als Sie­ger­macht mit der Be­set­zung gro­ßer Tei­le West­deutsch­lands den An­spruch auf Re­pa­ra­tio­nen und Si­cher­heit zu un­ter­mau­ern, an­de­rer­seits Men­schen dort kon­zi­li­ant zu be­geg­nen. Zu prä­sent war auf bei­den Sei­ten noch die un­ver­söhn­li­che Kon­fron­ta­ti­on wäh­rend des Krie­ges. Auch zwi­schen den Ka­tho­li­ken bei­der Län­der dau­er­te der „Krieg in den Köp­fen“[14] fort. Für den Hei­li­gen Stuhl be­gann nach der Wie­der­auf­nah­me di­plo­ma­ti­scher Be­zie­hun­gen mit Frank­reich ei­ne heik­le Grat­wan­de­rung zwi­schen den In­ter­es­sen der bei­den Staa­ten, oh­ne die grund­sätz­li­che So­li­da­ri­tät mit Deutsch­land in Fra­ge zu stel­len. Im In­ter­es­se des Frie­dens und der eu­ro­päi­schen Sta­bi­li­tät han­del­te der Hei­li­ge Stuhl in der bis­lang schwers­ten Kri­se nach dem Welt­krieg zu­guns­ten Deutsch­lands. Des­sen Schwä­chung zu­guns­ten fran­zö­si­scher For­de­run­gen hät­te das oh­ne­hin la­bi­le Gleich­ge­wicht in Mit­tel­eu­ro­pa ge­fähr­det.

Literatur

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Klö­cker, Mi­cha­el, Ka­tho­li­ken­ta­ge im Erz­bis­tum Köln 1919/20. Ana­ly­sen und Do­ku­men­te mit be­son­de­rer Be­rück­sich­ti­gung des Krei­ses Jü­lich, Jü­lich 2002.
Köh­ler, Hen­ning, Ade­nau­er und die rhei­ni­sche Re­pu­blik. Der ers­te An­lauf 1918-1924, Op­la­den 1986.
Köh­ler, Hen­ning, No­vem­ber­re­vo­lu­ti­on und Frank­reich. Fran­zö­si­sche Deutsch­land-Po­li­tik 1918-1919, Düs­sel­dorf 1980.
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Ma­y­eur, Jean-Ma­rie, La po­li­tique re­li­gieu­se du gou­ver­ne­ment français et l’af­fai­re rhé­na­ne (1920-1923), in: Pro­b­lè­mes de la Rhéna­nie 1919-1930. Die Rhein­fra­ge nach dem Ers­ten Welt­krieg. Cent­re de re­cher­ches re­la­ti­ons in­ter­na­tio­na­les de l’uni­ver­sité de Metz. Ac­tes du Col­lo­que d’Ot­zen­hau­sen 14-16 oc­tob­re 1974, Metz 1975, S. 29-58.
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Rei­mer, Klaus, Rhein­land­fra­ge und Rhein­land­be­we­gung (1918-1933). Ein Bei­trag zur Ge­schich­te der re­gio­na­lis­ti­schen Be­stre­bun­gen in Deutsch­land, Frank­furt /Main 1979.
Schlem­mer, Mar­tin, „Los von Ber­lin“. Die Rhe­in­staat­be­stre­bun­gen nach dem Ers­ten Welt­krieg, Köln [u. a.] 2007.
Sel­bach, Hans-Lud­wig, Ka­tho­li­sche Kir­che und fran­zö­si­sche Rhein­po­li­tik nach dem Ers­ten Welt­krieg. Na­tio­na­le, re­gio­na­le und kirch­li­che In­ter­es­sen zwi­schen Rhein, Saar und Ruhr (1918-1924), Köln 2013 (Li­bel­li Rhen­a­ni; 48). Auch als: Nie­der­rhei­ni­sche Re­gio­nal­kun­de; 20. –Zugl.: Düs­sel­dorf, Univ., Diss., 2012.

Zeitgenössisches Foto Gustavo Testas auf dem Titelblatt der Zeitschrift. (Verlag B. Kühlen, Mönchengladbach)

 
Zitationshinweis

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Selbach, Hans-Ludwig, Katholische Kirche und französische Rheinlandpolitik nach dem Ersten Weltkrieg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/katholische-kirche-und-franzoesische-rheinlandpolitik-nach-dem-ersten-weltkrieg/DE-2086/lido/57d135f30a99a1.51722996 (abgerufen am 10.10.2024)