Die Geschichte der „Kölnischen Volkszeitung“ (1860-1941)

Andreas Burtscheidt (München)

Sonderausgabe der 'Kölnischen Volkszeitung' vom 18.4.1927 anlässlich der Übersiedelung in das Görreshaus. (Universitäts- und Stadtbibliothek Köln)

1. Einleitung

Eng ver­wo­ben mit der Ge­schich­te des po­li­ti­schen Ka­tho­li­zis­mus in Deutsch­land, na­ment­lich mit sei­ner par­tei­po­li­ti­schen Ver­tre­tung, der Deut­schen Zen­trums­par­tei, war die „Köl­ni­sche Volks­zei­tung“ (1860-1941), das Haupt­pres­se­or­gan der rhei­ni­schen Ka­tho­li­ken, das seit sei­ner Grün­dung – un­ter dem Ti­tel „Köl­ni­sche Blät­ter“ – im Lau­fe wech­sel­vol­ler Jahr­zehn­te über­re­gio­na­le Be­deu­tung er­langt und vor al­lem in den Kriegs­jah­ren zwi­schen 1914 und 1918 ei­ne welt­wei­te Ver­brei­tung ge­fun­den hat.

Zwi­schen ih­rer Grün­dung im Jahr 1860 und ih­rem end­gül­ti­gen Un­ter­gang im Jahr 1941 stellt sich die Ge­schich­te der Zei­tung ins­ge­samt in drei Ab­schnit­ten dar:

  1. die Jah­re 1860-1920, in de­nen sich das Blatt im Be­sitz der Köl­ner Ver­le­ger­fa­mi­lie Ba­chem be­fand,
  2. die Jah­re 1920-1933, in de­nen (nach dem Ver­kauf der Zei­tung durch die Fa­mi­lie Ba­chem) die Her­aus­ga­be in den Hän­den füh­ren­der rhei­ni­scher Zen­trums­po­li­ti­ker lag und
  3. die Jah­re 1933-1941, in de­nen die Zei­tung nach dem end­gül­ti­gen fi­nan­zi­el­len Ru­in in Köln zu­nächst un­ter der Ägi­de des Ver­lags Fre­de­beul und Koe­nen in Es­sen er­schien.
    Bei der Auf­ar­bei­tung von Ge­schich­te und Re­dak­ti­ons­ar­beit stö­ßt der Be­trach­ter aber un­aus­weich­lich auf die Schwie­rig­keit ei­ner durch­weg dürf­ti­gen Quel­len­ba­sis: So wur­de das ge­sam­te Ver­lags­ar­chiv des J.P. Ba­chem-Ver­la­ges in Köln wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges Op­fer der Bom­ben­an­grif­fe auf die Köl­ner In­nen­stadt, eben­so wie ein Rest des Zei­tungs­ar­chivs, der sich nach dem Um­zug der Re­dak­ti­on nach Es­sen wäh­rend des Krie­ges noch in Köln be­fand. Aus Angst vor dem NS-Re­gime ver­brann­ten die Mit­ar­bei­ter den grö­ß­ten Teil des Zei­tungs­ar­chivs aus den Jah­ren der Wei­ma­rer Re­pu­blik be­reits in den ers­ten Jah­ren der Kanz­ler­schaft Adolf Hit­lers (1889-1945). Ob­wohl die­se für den deut­schen Ka­tho­li­zis­mus so wich­ti­ge Ta­ges­zei­tung be­züg­lich der His­to­rio­gra­phie des po­li­ti­schen Ka­tho­li­zis­mus als ei­ne Haupt­quel­le im­mer wie­der be­rück­sich­tigt wor­den ist, hat sie bis­lang noch kei­ne mo­no­gra­phi­sche Wür­di­gung ih­rer Ge­schich­te ge­fun­den. Dies ist um­so be­kla­gens­wer­ter, als dass vor al­lem die Jah­re der Wei­ma­rer Re­pu­blik so­wie die für die Zei­tung schick­sal­haf­ten Exil­jah­re wäh­rend des „Drit­ten Rei­ches“ in Es­sen wis­sen­schaft­lich lan­ge als „ter­ra in­co­gni­ta“ gal­ten.[1]

Josef Bachem, Gründer der. (Rheinisches Bildarchiv Köln)

 

2. Von der Gründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges

Der Auf­stieg der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ ist un­trenn­bar mit dem Na­men des Köl­ner Ver­le­gers Jo­sef Ba­chem (1821-1893) ver­bun­den. Ba­chem fand nach meh­re­ren ge­schei­ter­ten Ver­su­chen, auf über­re­gio­na­ler Ebe­ne ei­ne ka­tho­li­sche Ta­ges­zei­tung in Deutsch­land zu eta­blie­ren, erst im Jahr 1860 mit der Grün­dung der „Köl­ni­schen Blät­ter“ die Form, die Fun­da­ment für ei­nen jahr­zehn­te­lan­gen Er­folg wur­de, doch er­hielt das Blatt erst 1869 durch die Um­be­nen­nung in „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ sei­nen end­gül­ti­gen Na­men.

Das „sen­ti­re cum eccle­si­a“, al­so die Nä­he zur Ka­tho­li­schen Kir­che, er­streck­te sich als prä­gen­des Si­gnum des Blat­tes nicht nur auf die Amts­kir­che oder den Papst in Rom, son­dern galt auch der par­tei­po­li­ti­schen Ver­tre­tung des ka­tho­li­schen Be­völ­ke­rungs­teils in Deutsch­land, der Deut­schen Zen­trums­par­tei, in de­ren Grün­dungs­pha­se die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ ei­ne wich­ti­ge Rol­le spiel­te. Die po­li­ti­schen Zie­le sämt­li­cher Auf­ru­fe und Pro­gram­me der neu­en ka­tho­li­schen Par­tei fan­den sich bei­spiels­wei­se in ei­nem Wahl­auf­ruf auf­ge­lis­tet, den Pe­ter Rei­chen­sper­ger in der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ be­reits am 11.6.1870 ver­öf­fent­licht hat­te.[2] 

In den An­fangs­jah­ren des Blat­tes bis zum Ers­ten Va­ti­ka­ni­schen Kon­zil im Jahr 1870 er­gab sich aber ei­ne schwe­re Kri­se zwi­schen Ver­le­ger und Re­dak­ti­on. Im Mit­tel­punkt stand die Fra­ge nach der Un­fehl­bar­keit des Paps­tes in Fra­gen des Glau­bens und der Sit­te, so­fern er kirch­li­che Lehr­sät­ze ex ca­the­dra ver­kün­de­te. Die Dog­ma­ti­sie­rung die­ses Grund­sat­zes soll­te auf dem Kon­zil ver­ab­schie­det wer­den. Da­ge­gen bil­de­te sich im Vor­feld die­ser Ent­schei­dung im deut­schen Ka­tho­li­zis­mus ei­ne Front, die sich vor al­lem mit der Fra­ge be­schäf­tig­te, ob nicht dem Kon­zil die Ober­ho­heit über den Papst zu­zu­bil­li­gen sei. Prot­ago­nist die­ser Denk­rich­tung war Ignaz von Döl­lin­ger (1799-1890) mit sei­ner kri­tisch-his­to­ri­schen Denk­schu­le. Ihr schlos­sen sich auch ei­ni­ge Re­dak­teu­re der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ an. Es kam zu schar­fen Strei­tig­kei­ten zwi­schen Ver­le­ger und Re­dak­ti­on, an de­ren En­de sich Jo­sef Ba­chem schlie­ß­lich von ma­ß­geb­li­chen Re­dak­teu­ren mit der Be­grün­dung trenn­te, dass man erst ein­mal die Kon­zils­ent­schei­dung ab­zu­war­ten ha­be. Im Er­geb­nis die­ser Aus­ein­an­der­set­zung ge­hör­ten die ehe­ma­li­gen Re­dak­teu­re des Köl­ner Zen­trums­blat­tes nach 1870 zu den füh­ren­den Köp­fen der alt­ka­tho­li­schen Be­we­gung, die Un­ter­stüt­zung bei der preu­ßi­schen Re­gie­rung und den Li­be­ra­len fand. An die Stel­le der aus­ge­schie­de­nen Re­dak­ti­ons­mit­glie­der rück­te ei­ne neue Ge­ne­ra­ti­on von Re­dak­teu­ren. Zwei der neu­en Mit­ar­bei­ter präg­ten das Ge­sicht der Zei­tung bis in das 20. Jahr­hun­dert hin­ein: Im De­zem­ber 1869 trat Ju­li­us Ba­chem (1845-1918), ein Nef­fe des Zei­tungs­grün­ders, in die Re­dak­ti­on ein. Im Jahr 1878 kam der bis­he­ri­ge Bon­ner Pri­vat­do­zent für Ge­schich­te Her­mann Car­dauns (1847-1925) als neu­er Chef­re­dak­teur zur „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“. In ih­rem en­gen Zu­sam­men­wir­ken wur­den bei­de rasch als „Zwil­lings­kol­le­gen“ be­zeich­net.

Julius Bachem, Porträtfoto, vor 1918. (Rheinisches Bildarchiv Köln)

 

Die ers­te gro­ße Be­wäh­rungs­pro­be für die Zei­tung wa­ren die Jah­re des Kul­tur­kamp­fes. Sie form­ten das Blatt zu ei­ner der pu­bli­zis­ti­schen Haupt­stüt­zen der Zen­trums­par­tei. Nach wirt­schaft­lich eher schwa­chen Jah­ren er­reich­te die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ aber erst mit dem Jahr 1888 den Auf­stieg zu ei­nem über­re­gio­na­len Blatt. Zwei Grün­de wa­ren hier­für ent­schei­dend: Das Netz der Kor­re­spon­den­ten im In- und Aus­land konn­te er­heb­lich er­wei­tert wer­den. Dar­über hin­aus wur­de die Zei­tung um ei­nen um­fang­rei­chen han­dels­po­li­ti­schen Teil er­wei­tert, wo­bei An­zei­gen­ein­nah­men das Bud­get des Blat­tes deut­lich ver­bes­ser­ten. Es konn­te jetzt mit den an­de­ren gro­ßen Han­dels­blät­tern – wie zum Bei­spiel mit der „Frank­fur­ter Zei­tun­g“ oder dem „Ber­li­ner Bör­sen Cour­ir“ – in Kon­kur­renz tre­ten. Aus die­ser Zeit stamm­te auch das täg­lich in der Kopf­zei­le der Ti­tel­sei­te ab­ge­druck­te Mot­to: „Mein Feld ist die Welt“ so­wie der Wahl­spruch: „For­ti­ter in re, sua­vi­ter in mo­do“, was so­viel be­deu­te­te wie das kon­se­quen­te Ein­tre­ten für die In­ter­es­sen ka­tho­li­scher Po­li­tik, oh­ne aber all­zu sehr da­bei in geg­ne­ri­sche oder gar feind­li­che Tö­ne ge­gen­über an­de­ren La­gern zu ver­fal­len.

Ju­li­us Ba­chem gab in der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ in sei­nem Leit­ar­ti­kel „Her­aus aus dem Tur­m“ vom 1.3.1901 ei­nen wich­ti­gen Im­puls, der fünf Jah­re spä­ter noch­mals auf­ge­nom­men, zu sei­nem be­kann­ten Auf­satz in den „His­to­risch-Po­li­ti­schen Blät­tern“ führ­te.[3]  Ba­chem setz­te sich mit Ent­schie­den­heit für die Über­win­dung des kon­fes­sio­nel­len Cha­rak­ters des Zen­trums und der da­mit ver­bun­de­nen Kon­zen­tra­ti­on auf al­lein ka­tho­li­sche In­ter­es­sen zu­guns­ten ei­ner ver­stärk­ten Po­li­ti­sie­rung der Par­tei ein. Es ent­brann­te in der Fol­ge ein Streit um den künf­ti­gen Cha­rak­ter der Zen­trums­par­tei. Der rech­te kon­ser­va­ti­ve­re Flü­gel – die Ber­li­ner Rich­tung des Zen­trums – be­zeich­ne­te Köln fort­an gar als ei­ne Ge­fahr für den Ka­tho­li­zis­mus und warf den Ba­chems ei­ne Pro­tes­tan­ti­sie­rung des Ka­tho­li­zis­mus vor. Man un­ter­schied bald die Ber­li­ner und die Köl­ner Rich­tung der Par­tei, die auch „Ba­chem­sche Rich­tun­g“ ge­nannt wur­de. Die Que­re­len über die un­ter­schied­li­che Ge­wich­tung von Kon­fes­sio­na­li­tät und po­li­ti­scher Aus­rich­tung ent­brann­ten von neu­em zu Be­ginn des 20. Jahr­hun­derts in dem so­ge­nann­ten „Ge­werk­schafts­streit“, bei dem die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ sich klar für über­kon­fes­sio­nel­le, christ­li­che Ge­werk­schaf­ten aus­sprach.

Kon­ser­va­tiv und pa­trio­tisch, aber mit ei­ner star­ken lo­ka­len Be­to­nung des li­be­ra­le­ren rhei­nisch-west­fä­li­schen Zen­trums­flü­gels so­wie mit ih­rem Ein­tre­ten für ei­nen pro­tes­tan­ti­schen Zen­trums­flü­gel stand die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ links von ih­rem Ber­li­ner Schwes­ter­blatt „Ger­ma­ni­a“ und schaff­te bei Kriegs­aus­bruch 1914 den Auf­stieg zur be­deu­tends­ten über­re­gio­na­len ka­tho­li­schen Zei­tung in Deutsch­land. Da­zu trug auch die Grün­dung der Kriegs­aus­ga­be der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ bei, de­ren ers­te Num­mer am 28.11.1914 her­aus­ge­ge­ben wur­de, wo­bei das Köl­ner Blatt die ers­te deut­sche Zei­tung über­haupt war, die ei­ne re­gel­mä­ßi­ge täg­li­che Front­aus­ga­be mit ei­ner be­acht­li­chen Auf­la­ge von 130.000 Ex­em­pla­ren in den vier Jah­ren des Krie­ges druck­te. Ins­ge­samt lie­ßen Auf­la­gen­zahl und Er­schei­nungs­wei­se des Köl­ner Zen­trums­blat­tes des­sen Be­deu­tung mit un­ter­schied­li­chen Schwan­kun­gen er­ken­nen. Da­nach dürf­ten die 32 Jah­re zwi­schen 1898 und 1930 als Hö­he­punkt der Ge­schich­te der Zei­tung gel­ten. Die Auf­la­gen­zahl lag zwi­schen 1872 und den 1880er Jah­ren zwi­schen 6.600 und 8.600, über­sprang An­fang der 1890er Jah­re die 10.000-Mar­ke, zu Be­ginn des 20. Jahr­hun­derts die 20.000-Mar­ke und er­reich­te bis 1914 30.000. Nach dem Ers­ten Welt­krieg pro­fi­tier­te die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ noch von dem Bo­nus der Kriegs­aus­ga­be – ih­re Auf­la­ge er­reich­te mit cir­ca 40.000 da­mals ih­ren höchs­ten Stand und hielt sich bis 1932/1933 bei knapp 30.000. Die Er­schei­nungs­wei­se er­reich­te mit drei Aus­ga­ben (Ers­te und Zwei­te Mor­gen­aus­ga­be so­wie Abend­aus­ga­be, sonn­tags nur ei­ne Sonn­tags­aus­ga­be) pro Tag von 1898 bis 1930 eben­so ih­ren Höchst­stand. In den Jah­ren 1930 und 1931 er­schie­nen nur noch ei­ne Mor­gen- und die Abend­aus­ga­be, zwi­schen 1932 bis zum Un­ter­gang des Blat­tes 1941 le­dig­lich noch die Mor­gen­aus­ga­be.

In den letz­ten Kriegs­mo­na­ten des Jah­res 1918 ge­riet die Zei­tung zu­neh­mend un­ter den Ein­fluss des Theo­lo­gen Jo­seph Fro­ber­ger (1871-1931), der in die­ser Zeit als au­ßen­po­li­ti­scher Be­ra­ter des Blat­tes fun­gier­te. Franz Xa­ver Ba­chem (1857-1936), der äl­te­re Bru­der des His­to­ri­kers Karl Ba­chem (1858-1945), als Nach­fol­ger sei­nes Va­ters Jo­sef Her­aus­ge­ber der „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“, so­wie der seit 1907 am­tie­ren­de Chef­re­dak­teur Karl Ho­eber (1867-1942) ver­trau­ten Fro­ber­gers po­li­ti­schem Ge­spür an­schei­nend blind und steu­er­ten das Blatt in ei­ne bis heu­te noch nicht ein­deu­tig ent­schlüs­sel­te Rol­le wäh­rend der rhei­ni­schen Se­pa­ra­tis­mus­be­stre­bun­gen. Nach­dem die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ im Ers­ten Welt­krieg für ei­nen „Sieg­frie­den“ ein­trat, lei­te­te sie nach dem Waf­fen­still­stand ei­ne Kehrt­wen­de ein, um schlie­ß­lich mehr oder we­ni­ger of­fen die Ab­tren­nung des Rhein­lan­des vom Deut­schen Reich zu ver­tre­ten. Ei­ne Schlüs­sel­rol­le spiel­te da­bei Fro­ber­ger, der über die Fran­zo­sen Ver­bin­dung zu den Se­pa­ra­tis­ten ge­sucht hat­te. Auch die Re­dak­teu­re der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ for­cier­ten zu­nächst den Ge­dan­ken ei­nes rhei­ni­schen Se­pa­rat­staa­tes, und na­ment­lich Ho­eber und Fro­ber­ger stan­den in Kon­takt mit dem Köl­ner Ober­bür­ger­meis­ter Kon­rad Ade­nau­er, den sie mehr­mals auf ih­re Sei­te zu zie­hen ver­such­ten. Ade­nau­er hin­ge­gen stell­te sich nach an­fäng­li­chem Zö­gern klar auf den Bo­den der Wei­ma­rer Ver­fas­sung und lehn­te die Plä­ne ei­ner ei­gen­stän­di­gen rhei­ni­schen Re­pu­blik ab. Sein Ver­hält­nis zu dem Köl­ner Zen­trums­blatt, al­so zu der pu­bli­zis­ti­schen Ver­tre­te­rin sei­ner ei­ge­nen po­li­ti­schen Hei­mat, war von die­sem Zeit­punkt an eher ge­spannt und von Miss­trau­en ge­prägt.

Seit­dem die Volks­zei­tung nach 1923 aber ih­re un­ver­rück­ba­re Hin­wen­dung zur Wei­ma­rer Ver­fas­sung voll­zo­gen hat­te, woll­te auch sie von der Los­lö­sungs­be­we­gung des Rhein­lan­des von Preu­ßen nichts mehr wis­sen. Den­noch wur­de das Blatt in der Zeit der Wei­ma­rer Re­pu­blik noch oft von die­ser Po­si­ti­on ein­ge­holt, denn ge­ra­de die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten war­fen dem Köl­ner Pres­se­or­gan häu­fig – et­wa noch im Reichs­tags­wahl­kampf 1930 – des­sen an­geb­lich lan­des­ver­rä­te­ri­sches Aben­teu­er vor, wo­bei der Vor­wurf der Reichs­un­treue ge­gen­über dem ka­tho­li­schen Zen­trum da­bei im­mer auch mit­schwang.

Mit dem Jahr 1920 be­gann in der Ge­schich­te der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ ei­ne neue Etap­pe, der enor­me fi­nan­zi­el­le Schwie­rig­kei­ten des Hau­ses Ba­chem am En­de des Ers­ten Welt­krie­ges vor­aus­ge­gan­gen wa­ren. Der mi­li­tä­ri­schen Nie­der­la­ge folg­te ein star­ker wirt­schaft­li­cher Ver­fall Deutsch­lands, ein­her­ge­hend mit dem Zu­sam­men­bruch des Wäh­rungs­sys­tems und ei­nem ra­san­ten An­stieg der In­fla­ti­on, in des­sen Fol­ge die Fir­ma J. P. Ba­chem ihr ge­sam­tes Ver­mö­gen ver­lor. Im De­zem­ber 1918 trenn­te sich die Fa­mi­lie Ba­chem zu­nächst von ei­nem 1887 ge­grün­de­ten Lo­kal­blatt, das seit sei­ner Grün­dung die Auf­ga­be hat­te, die Zen­trums­po­li­tik brei­te­ren Krei­sen der Köl­ner Bür­ger­schaft na­he­zu­brin­gen, da sein Be­zugs­preis nied­ri­ger als der der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ war. Das Blatt ging am 1.1.1919 in das Ei­gen­tum ei­ner Grup­pe Köl­ner Kom­mu­nal­po­li­ti­ker über, die es in „Rhei­ni­sche Volks­wach­t“ um­be­nann­ten und als Or­gan der Köl­ner Zen­trums­par­tei neu her­aus­ga­ben. Doch auch die Ver­su­che, we­nigs­tens das Haupt­blatt der Fa­mi­lie Ba­chem zu hal­ten, schei­ter­ten schlie­ß­lich.

Hermann Cardauns, Porträt.

 

3. Blütezeit und Niedergang in den Weimarer Jahren

Die Wei­ma­rer Jah­re der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ wa­ren zu­nächst Jah­re des Neu­an­fangs wie auch flo­rie­ren­der Pros­pe­ri­tät, an de­ren En­de aber, kor­re­lie­rend mit dem Un­ter­gang der Re­pu­blik, zu­neh­men­de wirt­schaft­li­che Ka­la­mi­tä­ten zu be­kla­gen wa­ren. Am 1.7.1920 wech­sel­te die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ ih­ren Be­sit­zer und wur­de Ei­gen­tum ei­nes fi­nanz­star­ken Kon­sor­ti­ums Köl­ner Zen­trums­po­li­ti­ker, die da­für Sor­ge tru­gen, dass die Zei­tung in ih­rem al­ten Geist fort­ge­führt wer­den konn­te. Meh­re­re be­kann­te ka­tho­li­sche Fa­mi­li­en im Rhein­land, wie zum Bei­spiel die Fa­mi­lie Raitz von Fr­entz, be­tei­lig­ten sich mit nicht un­er­heb­li­chen Ka­pi­ta­li­en am Auf­bau des neu­en Zei­tungs­kon­sor­ti­ums, das den Na­men „Köl­ni­sche Volks­zei­tung Gmb­H“ trug, des­sen ers­ter Ge­schäfts­füh­rer der Vor­sit­zen­de der Rhei­ni­schen Zen­trums­par­tei, Jus­tiz­rat Hu­go Mön­nig (1864-1950), wur­de. Dem Kon­sor­ti­um ge­hör­ten un­ter an­de­rem noch der rhei­ni­sche Bau­ern­füh­rer Fritz Bol­lig (1863-1930), der West­fa­le Carl Ru­dolph Her­zog von Croy (1889-1974) und der Köl­ner Fa­bri­kant und Stadt­ver­ord­ne­te Hein­rich Maus (1872-1955) an. Ne­ben Mön­nig und Maus fun­gier­te seit 1923 der Rechts­an­walt Ju­li­us Sto­cky (1878-1952) als Ver­le­ger und Her­aus­ge­ber. Die neu­en Her­aus­ge­ber nah­men kei­ne grö­ße­ren per­so­nel­len Ver­än­de­run­gen in­ner­halb der Re­dak­ti­on vor. Erst mit Er­rei­chen ei­ner be­stimm­ten Al­ters­gren­ze schied man ge­wöhn­lich aus der re­dak­tio­nel­len Mit­ar­beit aus. Das Ver­zeich­nis der Re­dak­ti­ons­mit­ar­bei­ter of­fen­bar­te so­mit ei­ne tra­di­tio­nell ge­wach­se­ne Kon­ti­nui­tät.

Ins­ge­samt konn­te die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ in den Wei­ma­rer Jah­ren ei­nen Abon­nen­ten­stamm von cir­ca 28.000 Kun­den hal­ten, ei­ne fast drei­mal so ho­he Zahl, wie die der Ber­li­ner „Ger­ma­ni­a“ mit et­wa 10.000. Die Be­deu­tung bei­der Zei­tun­gen war aber nicht an der Zahl ih­rer Abon­nen­ten ab­zu­le­sen. Sie lag viel­mehr dar­in, dass sie als Kopf­blät­ter für die üb­ri­ge Zen­trums­pres­se an­ge­se­hen wur­den und ih­re pu­bli­zier­te Mei­nung Vor­bild­funk­ti­on für die po­li­ti­sche Be­richt­er­stat­tung klei­ne­rer, oft­mals lo­ka­ler Zen­trums­blät­ter be­saß. Der über­re­gio­na­le Cha­rak­ter der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ kam aber schon dar­in zum Aus­druck, dass das Blatt au­ßer­halb Kölns im­mer mehr be­ach­tet wur­de als in der Dom­stadt selbst, wo vor al­lem ne­ben zahl­rei­chen Ge­ne­ral­an­zei­gern und Lo­kal­blät­tern die li­be­ra­le „Köl­ni­sche Zei­tun­g“ der Haupt­kon­kur­rent war.

Die Über­re­gio­na­li­tät des Blat­tes zeig­ten wei­ter­hin nicht nur die Be­richt­er­stat­ter aus deut­schen Städ­ten,– so ne­ben Ber­lin auch stän­dig in Mün­chen, das Blatt über­nahm aber auch Be­rich­te an­de­rer Zen­trums­blät­ter, wenn es selbst kei­nen Re­por­ter vor Ort hat­te –, son­dern auch das brei­te Netz der Aus­lands­kor­re­spon­den­ten, zu de­nen seit Mit­te der 20er Jah­re stän­di­ge Ver­tre­ter der Volks­zei­tung in Pa­ris, Lon­don, Wien und na­tür­lich Rom ge­hö­ren. Zur täg­li­chen Lek­tü­re der Re­dak­teu­re ge­hör­ten die Lon­do­ner „Ti­mes“, der Pa­ri­ser „Le Temp­s“ so­wie die „Neue Zür­cher Zei­tun­g“.

Sonderausgabe der 'Kölnischen Volkszeitung' vom 18.4.1927 anlässlich der Übersiedelung in das Görreshaus. (Universitäts- und Stadtbibliothek Köln)

 

Ver­ständ­li­cher­wei­se wur­de grö­ß­tes Ge­wicht im ka­tho­li­schen Pres­se­spek­trum im ge­sam­ten deutsch­spra­chi­gen Raum auf die Rom- und Va­ti­kan­be­richt­er­stat­tung ge­legt, wo­bei der rö­mi­sche Be­richt­er­stat­ter in­ner­halb ei­nes an­wach­sen­den in- wie aus­län­di­schen Kor­re­spon­den­ten­netz­wer­kes der Wei­ma­rer Zen­trums­pres­se die ge­wich­tigs­te Stel­lung in­ne­hat­te, weil er vor al­lem ak­tu­el­le Ent­wick­lun­gen am Hei­li­gen Stuhl zu be­ob­ach­ten, wei­ter­zu­ge­ben und zu in­ter­pre­tie­ren hat­te. Von Früh­jahr 1924 an schlos­sen sich zu­nächst die „Augs­bur­ger Post­zei­tun­g“ und die Wie­ner „Reichs­pos­t“ der von der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ mit Ed­mund Frei­herr Raitz von Fr­entz be­setz­ten rö­mi­schen Pres­se­ver­tre­tung an, erst im Jahr 1926 stieß die Ber­li­ner „Ger­ma­ni­a“ da­zu. Für die Jah­re bis 1941 ver­kör­per­te Raitz von Fr­entz so­mit nicht nur mehr und mehr die Rom- und Ita­li­en-Be­richt­er­stat­tung in der Zen­trums­pres­se, son­dern er be­saß auf sie ein Mo­no­pol.

Die in­nen­po­li­ti­sche Be­richt­er­stat­tung teil­te sich die Köl­ner Re­dak­ti­on mit den Kol­le­gen, die für die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ aus der Haupt­stadt Ber­lin be­rich­te­ten. Dies wa­ren seit 1924/1925 im­mer drei Re­dak­teu­re, wo­bei Edu­ard Hem­mer­le (1883-1952) die längs­te Zeit aus der Haupt­stadt für die Volks­zei­tung in­for­mier­te. Die gro­ßen Leit­ar­ti­kel des Blat­tes in den Wei­ma­rer Jah­ren stamm­ten ge­le­gent­lich von Gast­kom­men­ta­to­ren, die ih­re Ar­ti­kel na­ment­lich kenn­zeich­ne­ten oder von den bei­den Haupt­ver­ant­wort­li­chen der Re­dak­ti­on, Haupt­re­dak­teur Karl Ho­eber selbst oder dem Chef vom Dienst Max Horn­dasch (1879-1967; von 1906-1941 bei der Volks­zei­tung). In der Re­gel lag die mit Blick auf die Aus­ein­an­der­set­zung mit dem stär­ker wer­den­den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus ge­ra­de in den letz­ten Wei­ma­rer Jah­ren wich­ti­ge in­nen­po­li­ti­sche Be­richt­er­stat­tung vor­nehm­lich in den Hän­den von drei Re­dak­teu­ren: Ernst Hein­rich Kley (1867-1945) schrieb zwi­schen 1903 und 1933 für das Blatt, Karl Klein (1898-1966) zwi­schen 1924 und 1929 und als des­sen Nach­fol­ger ab 1929 Jo­sef Hof­mann (1897-1973), der bis 1941 bei der Volks­zei­tung blieb.

Zwi­schen der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ und dem Ber­li­ner Schwes­ter­blatt „Ger­ma­ni­a“ kam es im Jahr 1927 zu ei­ner wei­ter rei­chen­den Ko­ope­ra­ti­on, die durch den Kauf von Ak­ti­en an der „Ger­ma­ni­a“ sei­tens des Köl­ner Zen­trums­blat­tes ein­ge­lei­tet wur­de. Seit No­vem­ber 1927 bil­de­ten bei­de Blät­ter dann ei­ne In­ter­es­sen­ge­mein­schaft, die auf ei­ner au­ßer­or­dent­li­chen Ge­ne­ral­ver­samm­lung der „Ger­ma­nia AG“ am 12.1.1928 be­stä­tigt wer­den soll­te. Fort­an soll­te die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ im Auf­sichts­rat des Ber­li­ner Zen­trums­blat­tes ver­tre­ten sein, von Sei­ten der „Ger­ma­ni­a“ wur­de Franz von Pa­pen (1879-1969) Mit­glied des Auf­sichts­rats des Köl­ner Blat­tes. Im Jahr 1923 hat­te der spä­te­re Reichs­kanz­ler die Ak­ti­en­mehr­heit des Ver­lags der „Ger­ma­ni­a“ an sich ge­bracht und un­ab­läs­sig ver­sucht, die Zei­tung von ih­rem re­pu­bli­ka­ni­schen Kurs ab­zu­brin­gen und auf sei­nen deutsch-na­tio­na­len Kurs aus­zu­rich­ten. Der Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­de der AG der Köl­ni­schen Volks­zei­tung wie­der­um war Prä­lat Lud­wig Kaas. Wei­te­re Mit­glie­der des Köl­ner Auf­sichts­ra­tes wa­ren u.a. die preu­ßi­schen Zen­trums­po­li­ti­ker Jo­seph Heß (1878-1932) und Hein­rich Hiert­sie­fer (1876-1941), der Prä­lat und Reichs­tags­ab­ge­ord­ne­te Ge­org Schrei­ber (1882-1963), der Köl­ner Ge­ne­ral­vi­kar und spä­te­re Aa­che­ner Bi­schof Jo­seph Vogt so­wie der spä­te­re Bun­des­prä­si­dent Hein­rich Lüb­ke (1894-1972). Durch die­se en­ge Zu­sam­men­ar­beit soll­te ei­ne ein­heit­li­che­re Dar­stel­lung des Zen­trums­pro­gramms in bei­den Blät­tern er­reicht wer­den. Um die­se an die Le­ser­schaft wei­ter­ge­ben zu kön­nen, war es Ver­tre­tern bei­der Zei­tun­gen in den Wei­ma­rer Jah­ren er­laubt, ne­ben den Ver­tre­tern von we­ni­gen wei­te­ren über­re­gio­na­len ka­tho­li­schen Blät­tern, an den Sit­zun­gen der Reichs­tags­frak­ti­on des Zen­trums teil­zu­neh­men.

Ins­ge­samt ließ sich in den Jah­ren der Wei­ma­rer Re­pu­blik ei­ne er­heb­li­che Zu­nah­me an zen­trums­na­hen Pres­se­or­ga­nen fest­stel­len. Im Jahr vor der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Macht­er­grei­fung zähl­te die Deut­sche Zen­trums­par­tei so­wie die Baye­ri­sche Volks­par­tei noch über 434 Blät­ter, von de­nen 134 in Rhein­land-West­fa­len und 126 in Bay­ern ih­ren Ur­sprung hat­ten, zu ih­rem Spek­trum. Mit ei­ner Ge­samt­auf­la­ge von 3 Mil­lio­nen mach­te dies 1932 cir­ca 13 Pro­zent der Ge­samt­auf­la­ge der deut­schen Pres­se aus. An­ders als die zen­tra­lis­tisch or­ga­ni­sier­te so­zi­al­de­mo­kra­ti­sche Pres­se war die Par­tei­pres­se des Zen­trums fö­de­ral auf­ge­baut und nicht Ei­gen­tum der Par­tei.[4] 

Sonderausgabe der 'Kölnischen Volkszeitung' anlässlich der Internationalen Presse-Ausstellung ('Pressa') in Köln, 1928. (Universitäts- und Stadtbibliothek Köln)

 

Die Jah­re ab 1925 bis zum En­de der 20er Jah­re stell­ten ins­ge­samt die wirt­schaft­lich pros­pe­rie­rends­te Zeit der Volks­zei­tung in den Wei­ma­rer Jah­ren dar. Schon 1921 war es der „Köl­ni­schen Volks­zei­tungs Gmb­H“ ge­lun­gen, die An­tei­le der „Rhei­ni­schen Volks­wart Gmb­H“ zu­rück­zu­er­wer­ben. 1925 bil­de­ten dann bei­de Gmb­Hs die „Köl­ner Gör­res­haus Gmb­H“. Ab dem 1.4.1927 kam noch der „Köl­ner Lo­kal-An­zei­ger“ hin­zu. Wei­te­rer Aus­druck und Hö­he­punkt die­ses Auf­schwungs war der Be­zug ei­nes neu­en, gro­ßzü­gig ge­bau­ten Ver­lags­hau­ses am Köl­ner Neu­markt. Die­ses Mit­te April 1927 be­zo­ge­ne „Gör­res­haus“ wur­de mit um­fang­rei­chen aus­län­di­schen Kre­di­ten er­rich­tet. Doch die wirt­schaft­li­che Blü­te­zeit er­wies sich in kür­zes­ter Zeit als trü­ge­risch. Dass man sich fi­nan­zi­ell über­nom­men hat­te, nicht nur mit dem Bau des Gör­res­hau­ses, son­dern auch mit ei­ner kost­spie­li­gen Er­neue­rung des Ma­schi­nen­parks, muss man als Be­grün­dung eben­so an­füh­ren, wie auch den ge­sam­ten Ab­schwung der Kon­junk­tur in Deutsch­land. In dem Zeit­raum zwi­schen 1926 und 1930 wies das „Gör­res­haus“ bei ei­nem Stamm­ka­pi­tal von 600.000 RM ei­nen Ver­lust von ins­ge­samt 3.616.843 RM auf. Ei­ne Ver­bes­se­rung er­reich­te auch die Um­wand­lung der „Gör­res­haus Gmb­H“ in ei­ne Ak­ti­en­ge­sell­schaft und die schritt­wei­se Re­du­zie­rung ih­rer Aus­ga­ben von drei auf zwei und schlie­ß­lich ab 1932 auf ei­ne Aus­ga­be täg­lich nicht mehr. Selbst ei­ne gro­ßzü­gig an­ge­leg­te Wer­be­ak­ti­on für die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“, hin­ter der nam­haf­te ka­tho­li­sche Füh­rungs­per­sön­lich­kei­ten, wie der Köl­ner Erz­bi­schof Karl Jo­seph Kar­di­nal Schul­te und selbst Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Eu­ge­nio Pacel­li (1876-1958), der nach­ma­li­ge Papst Pi­us XII. (Pon­ti­fi­kat 1939-1958) so­wie der Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­de der „Gör­res­haus AG“, Lud­wig Kaas, stan­den, konn­te kei­ne neu­en Abon­nen­ten mehr wer­ben. Nur die ex­tre­me Sen­kung ih­res Be­zugs­prei­ses ab Ja­nu­ar 1932 brach­te noch ein­mal kurz­fris­tig neue Be­zie­her.

Görreshaus am Kölner Neumarkt, 1930. (Kölner Stadtkonservator)

 

4. Das Kölner „Görreshaus“ im Kampf gegen den Nationalsozialismus

„Der Ter­ror in der Po­li­ti­k“ hieß die Über­schrift ei­ner ex­tra ein­ge­rich­te­ten Spal­te der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“, die in den letz­ten zwölf Mo­na­ten der Ago­nie der Re­pu­blik in dem Ma­ße zu­neh­men­der ge­füllt wur­de, in dem die ter­ro­ris­ti­sche Aus­ma­ße an­neh­men­den Wahl­kampf­me­tho­den der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten of­fen­sicht­lich wur­den. Dass ein christ­lich-li­be­ral ge­präg­tes Blatt wie die Volks­zei­tung jeg­li­che Form des Ra­di­ka­lis­mus und Ter­ro­ris­mus als Mit­tel der Po­li­tik ab­lehn­te, er­klär­te sich schon aus ih­rer staats­be­ja­hen­den Hal­tung so­wie aus der Tat­sa­che, dass sie als wich­tigs­tes Zen­trums­or­gan ma­ß­geb­lich die Zen­trums­po­li­tik stütz­te. Ei­ne be­son­ders en­ge Be­zie­hung ent­wi­ckel­te das Blatt zu Reichs­kanz­ler Hein­rich Brü­ning (1885-1970), der nicht nur vor sei­ner Kanz­ler­schaft (als Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der der Zen­trums­frak­ti­on im Reichs­tag) der Köl­ner Re­dak­ti­on im „Gör­res­haus“ ei­ni­ge Ma­le ei­nen Be­such ab­ge­stat­tet und auf den Re­dak­ti­ons­kon­fe­ren­zen ge­spro­chen hat­te, son­dern zu dem in Per­son des Re­dak­teurs Jo­sef Hof­mann ein per­sön­li­cher hei­ßer Draht nach Ber­lin wäh­rend der zwei Jah­re sei­ner Kanz­ler­schaft (März 1930 - Mai 1932) be­stand. Wie aber re­agier­te das Blatt auf den auf­kom­men­den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus und auf Hit­ler? Wel­che Ein­sich­ten konn­ten bei den Re­dak­teu­ren der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ vor­aus­ge­schickt wer­den und wie war der Grad ih­rer Wahr­neh­mung des Phä­no­mens Na­tio­nal­so­zia­lis­mus?

Das Köl­ner Zen­trums­blatt setz­te sich ins­ge­samt aus ei­ner his­to­risch ge­wach­se­nen Po­si­ti­on der Mit­te her­aus in den Jah­ren bis 1933 kon­se­quent für die par­la­men­ta­ri­sche De­mo­kra­tie der Wei­ma­rer Re­pu­blik ein und sah als ei­ne Ma­xi­me im­mer das Plä­doy­er für die Ein­hal­tung der Wei­ma­rer Ver­fas­sung an. Die Aus­ein­an­der­set­zung mit al­len re­pu­blik­feind­li­chen Ten­den­zen führ­te das Blatt mit der ge­bo­te­nen Schär­fe, die sich ge­gen die ra­di­ka­len Grup­pie­run­gen links wie rechts der po­li­ti­schen Mit­te rich­te­te. Frü­her als die deut­schen Bi­schö­fe auf den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus re­agier­ten, nahm die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ seit Mit­te 1930 die Ge­fah­ren die­ser Be­we­gung nicht nur zur Kennt­nis, son­dern re­agier­te em­pört auf al­le ras­sis­ti­schen und pseu­do­re­li­giö­sen Stand­punk­te der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ideo­lo­gie, die sie bis 1930 al­lein auf welt­an­schau­li­cher Ebe­ne pu­bli­zis­tisch mit in­tel­lek­tu­el­len Schär­fen be­kämpf­te.

Die Zei­tung in­ten­si­vier­te er­neut die po­li­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit Hit­ler und der NS­DAP, als 1932 ein Er­folg Hit­lers bei der Kan­di­da­tur für das Amt des Reichs­prä­si­den­ten droh­te. Zwei Irr­tü­mer un­ter­lie­fen dem Zen­trums­blatt da­bei: Hit­ler wur­de noch bis zur Jah­res­wen­de 1932/1933 in Über­ein­stim­mung mit den gän­gi­gen Ten­den­zen der nicht-na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Pres­se als voll­kom­men un­ge­eig­ne­te Füh­rer­ge­stalt an­ge­se­hen, ei­ne po­li­ti­sche Füh­rer­schaft wur­de ihm noch kurz vor sei­ner Er­nen­nung zum Reichs­kanz­ler nicht zu­ge­traut. Statt­des­sen wur­den im­mer­zu an­de­re Prot­ago­nis­ten in­ner­halb des zu­neh­mend ra­di­kal auf­tre­ten­den rech­ten La­gers im Wei­ma­rer Par­tei­en­spek­trum aus­ge­macht – so in der frü­hen Pha­se der Re­pu­blik Erich Lu­den­dorff (1865-1937) und ins­be­son­de­re in der spä­ten Pha­se Al­fred Hu­gen­berg (1865-1951). Auch be­zo­gen auf die NS­DAP selbst er­fuh­ren Po­li­ti­ker wie Jo­seph Go­eb­bels und vor al­lem de­ren Chef­ideo­lo­ge Al­fred Ro­sen­berg (1893-1946) durch ih­re ka­tho­li­ken­feind­li­chen Äu­ße­run­gen ei­ne grö­ße­re Ge­fah­ren­be­schrei­bung im ka­tho­li­schen Mei­nungs­spek­trum als Hit­ler.

Die Re­dak­ti­on des Köl­ner Zen­trums­blat­tes durch­schau­te zwar die NS­DAP in ih­rem Macht­stre­ben und in den mög­li­chen Ent­ar­tun­gen ei­ner ein­mal er­run­ge­nen Macht, doch in­dem es sich die po­li­ti­sche Li­nie der Deut­schen Zen­trums­par­tei zu ei­gen mach­te, stütz­te es die Hal­tung des Par­tei­vor­sit­zen­den Lud­wig Kaas hin­sicht­lich des­sen Pa­ro­le ei­ner „Samm­lun­g“ al­ler na­tio­na­len Kräf­te zur Über­win­dung des Staats­not­stan­des. Ob­wohl prin­zi­pi­ell die Form des Prä­si­di­al­ka­bi­netts wie auch der ein­sei­ti­gen Par­tei­dik­ta­tur ab­ge­lehnt wur­de, re­de­te das Köl­ner Blatt ge­wis­sen Hoff­nun­gen das Wort, die NS­DAP im Spät­som­mer oder Herbst 1932 für ei­ne Mit­ar­beit an ei­ner par­tei­über­grei­fen­den „na­tio­na­len Kon­zen­tra­ti­on“ ge­win­nen zu kön­nen. Dies ge­schah aus der Er­kennt­nis her­aus, dass die ein­sei­ti­ge Prä­si­di­al­dik­ta­tur ei­ne grö­ße­re Ent­fer­nung von ver­fas­sungs­kon­for­men Zu­stän­den be­deu­tet hät­te als die Schaf­fung ei­nes vom Par­la­ment ge­tra­ge­nen Mehr­heits­wil­lens, der an der In­te­grie­rung der stärks­ten Par­tei, die 1932 im­mer­hin über ein Drit­tel der Be­völ­ke­rung hin­ter sich brach­te, nicht vor­bei­kom­men wür­de.

Nach zwölf Jah­ren im Mai 1932 mit dem Sturz Brü­nings aus der si­che­ren Po­si­ti­on des Pu­bli­ka­ti­ons­or­gans ei­ner staats­tra­gen­den Re­gie­rungs­par­tei ge­wor­fen, be­zahl­te das Blatt die­se Hal­tung am En­de mit ei­ner zu­neh­men­den Sprach­lo­sig­keit. Die Re­dak­teu­re des Köl­ner „Gör­res­hau­ses“ ha­ben aber den­noch ih­ren letz­ten Kampf für die Er­hal­tung der Re­pu­blik, für die Ein­hal­tung ver­fas­sungs­ge­mä­ßer Zu­stän­de und wi­der die Dik­ta­tur so­wie wi­der al­le ra­di­ka­len und ter­ro­ris­ti­schen Aus­fäl­le am rech­ten Rand des Par­tei­en­spek­trums mit al­ler Ent­schie­den­heit bis zum 5.3.1933 ge­führt. Als der Wahl­tag der letz­ten halb­frei­en Reichs­tags­wahl ge­kom­men war, hat­te das „zwi­schen den Zei­len schrei­ben“ der Volks­zei­tung be­reits be­gon­nen, mit dem sich das Blatt noch bis 1941 am Le­ben hal­ten soll­te.

Das Jahr 1932 be­deu­te­te für die Zei­tung so­mit ei­ne ers­te tief­grei­fen­de Zä­sur. Sie war nicht mehr das Or­gan, das engs­te Be­zie­hun­gen zu Reichs­kanz­ler Hein­rich Brü­ning un­ter­hielt, son­dern be­fand sich in Op­po­si­ti­on zu des­sen Nach­fol­ger von Pa­pen, der zu Be­ginn sei­ner Kanz­ler­schaft die Zen­trums­par­tei ver­las­sen hat­te und die Volks­zei­tung nach ei­ner hef­ti­gen Kri­tik an ihm im Som­mer 1932 so­gar für ei­ni­ge Ta­ge ver­bie­ten ließ. Im Herbst 1932 und zu Be­ginn des Jah­res 1933 wur­de die De­fi­zit­si­tua­ti­on des Un­ter­neh­mens so pre­kär, dass auch meh­re­re Sa­nie­rungs­kon­zep­te, an de­nen sich der süd­deut­sche In­dus­tri­el­le Al­bert Ha­ckels­ber­ger (1893-1940) und auch Alt­reichs­kanz­ler Brü­ning be­tei­lig­ten, nicht mehr hal­fen.[5]  Die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten, de­ren Macht­über­nah­me zeit­lich mit den Vor­bo­ten des fi­nan­zi­el­len Nie­der­gangs der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ zu­sam­men­fiel, beu­te­ten die­se Mi­se­re des Un­ter­neh­mens im Sin­ne ih­res Kamp­fes ge­gen die ge­sam­te bür­ger­li­che Pres­se, ins­be­son­de­re die Zen­trums­pres­se, schlie­ß­lich aus.

5. Exiljahre in Essen bis zum Untergang

Für die „Gör­res­haus AG“ und so­mit für die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ war 1933 ein schick­sal­haf­tes, mit grund­le­gen­den Um­brü­chen be­haf­te­tes Jahr. Die deut­sche Pres­se nicht-na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Pro­ve­ni­enz muss­te in der Nach­wir­kung des Reichs­tags­bran­des am 27.2.1933 dras­ti­sche Ein­schnit­te be­züg­lich ih­rer bis­her grund­recht­lich ver­bürg­ten Frei­hei­ten hin­neh­men. Durch die ei­nen Tag nach dem Brand am 28.2.1933 von Reichs­prä­si­dent Paul von Hin­den­burg (1847-1934) er­las­se­ne Ver­ord­nung zum Schut­ze von Volk und Staat wur­den sämt­li­che Grund­rech­te der Wei­ma­rer Ver­fas­sung au­ßer Kraft ge­setzt.

Titelseite der 'Kölnischen Volkszeitung' vom 31.1.1933. (Universitäts- und Stadtbibliothek Köln)

 

Be­son­ders be­trof­fen war die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“, de­ren fi­nan­zi­el­le Mi­se­re den neu­en Macht­ha­bern ei­nen trif­ti­gen Grund bot, en­er­gisch ge­gen das ver­hass­te Zen­trums­or­gan vor­ge­hen zu kön­nen. Schon am 11.3.1933 ver­bo­ten die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten die Volks­zei­tung für zwei Ta­ge. Am 13. März be­set­zen SA-Trupps das „Gör­res­haus“ und ver­haf­ten die lei­ten­den Re­dak­teu­re der Zei­tung. Die Schau­fens­ter des Ver­lags­hau­ses wur­den mit den neu­es­ten Aus­ga­ben des „West­deut­schen Be­ob­ach­ter­s“ über­klebt. Am 8.4.1933 tra­ten Hein­rich Maus und Ju­li­us Sto­cky von ih­ren Äm­tern im Vor­stand der „Gör­res­haus AG“ zu­rück, vier Ta­ge spä­ter wur­de das Li­qui­da­ti­ons­ver­gleichs­ver­fah­ren vom Amts­ge­richt Köln an­ge­ord­net. Das Kon­kurs­ver­fah­ren wur­de am 21. April ein­ge­lei­tet. Mön­nig, Maus und Sto­cky wur­den fünf Ta­ge spä­ter un­ter dem Ver­dacht des be­trü­ge­ri­schen Ban­k­erotts und der han­dels­recht­li­chen Un­treue in Haft ge­nom­men und un­ter dem Trom­mel­feu­er der NS-Pres­se in das Köl­ner Ge­fäng­nis ein­ge­lie­fert. Der fol­gen­de, gro­ßan­ge­leg­te NS-Schau­pro­zess dien­te in ers­ter Li­nie da­zu, die Deut­sche Zen­trums­par­tei zu tref­fen und den stell­ver­tre­ten­den Reichs­vor­sit­zen­den und ers­ten Re­prä­sen­tan­ten der rhei­ni­schen Par­tei­or­ga­ni­sa­ti­on, Hu­go Mön­nig, mo­ra­lisch zu ver­nich­ten.

Bis zum 30.4.1933 er­schien die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ noch in Köln. Mitt­ler­wei­le hat­te der süd­deut­sche Gro­ß­in­dus­tri­el­le und Zen­trums­ab­ge­ord­ne­te Ha­ckels­ber­ger Ti­tel und Ver­lags­rech­te der Zei­tung aus der Kon­kurs­mas­se er­wor­ben, die von ihm der Es­se­ner Ver­le­ger Hu­go Koe­nen (1874-1960) über­nahm, so dass am 3.5.1933 zum ers­ten Mal die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ im Es­se­ner Druck­haus Fre­de­beul und Koe­nen er­schien. Mit der Zei­tung zo­gen zu ei­nem gro­ßen Teil auch die Re­dak­teu­re mit nach Es­sen um. Karl Ho­eber wur­de al­ters­be­dingt je­doch durch Max Horn­dasch als Lei­ter der Re­dak­ti­on er­setzt.

Zu den ers­ten Re­pres­sio­nen na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Pres­se­po­li­tik ge­hör­te die An­ord­nung, dass han­dels­recht­li­che Ge­sell­schaf­ten, wie ei­ne AG oder GmbH, nicht mehr be­fugt sei­en, Zei­tun­gen ver­le­gen zu dür­fen. So traf den Ver­le­ger Hu­go Koe­nen schon im März 1934 ein völ­li­ges Be­rufs­ver­bot, das ihm das Ver­le­gen der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ un­mög­lich mach­te. An sei­ne Stel­le trat als neu­er Ver­le­ger Hans von Cha­mier (1884-1970), der als ehe­ma­li­ger Land­rat von Mons­chau, Gre­ven­broich und Düs­sel­dorf so­wie als Re­gie­rungs­vi­ze­prä­si­dent von Er­furt den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten schon des­halb ge­nehm war, weil er zur Er­hal­tung sei­ner Stel­lung im preu­ßi­schen Ver­wal­tungs­ap­pa­rat am 1.4.1933 in die NS­DAP ein­ge­tre­ten war, oh­ne sich aber je­mals in die­ser Rol­le ex­po­nie­ren zu wol­len.

In den fol­gen­den Jah­ren der Re­pres­sio­nen wa­ren wei­te­re Ein­schrän­kun­gen un­um­gäng­lich. So muss­te die Volks­zei­tung ne­ben der per­so­nel­len Re­du­zie­rung ih­rer Re­dak­teu­re auch auf ih­re Aus­lands­kor­re­spon­den­ten ver­zich­ten, mit ei­ner Aus­nah­me: Raitz von Fr­entz in Rom. So­lan­ge man noch aus­län­di­sche Zei­tun­gen be­zie­hen konn­te, wur­den vor al­lem die Be­rich­te aus eng­li­schen und fran­zö­si­schen Zei­tun­gen aus­ge­wer­tet und als ei­ge­ne Be­rich­te aus Lon­don oder Pa­ris aus­ge­ge­ben. Ei­ne wei­te­re In­for­ma­ti­ons­quel­le er­schloss sich den Re­dak­teu­ren aus dem Ab­hö­ren aus­län­di­scher Ra­dio­sen­der, bis auch dies spä­ter ver­bo­ten wur­de.

Im Jahr 1938 fiel es den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten schlie­ß­lich auf, dass es in ih­rem Staat ei­ne im­mer noch nicht ganz be­deu­tungs­lo­se Zei­tung gab, de­ren Re­dak­teu­re aus­nahms­los nicht Mit­glie­der der NS­DAP wa­ren. Um schon da­mals ei­nem Ver­bot der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ zu ent­ge­hen, sah sich Max Horn­dasch als ihr Chef­re­dak­teur am En­de ge­zwun­gen, den Par­tei­ein­tritt ge­gen sei­ne Über­zeu­gung zu voll­zie­hen. Das end­gül­ti­ge Aus für die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ kam im Jahr 1941. Nach jah­re­lan­ger Schi­ka­nie­rung durch die Pro­pa­gan­da­ma­schi­ne­rie Jo­seph Go­eb­bels wur­de mit der Be­grün­dung der für die Kriegs­wirt­schaft er­for­der­li­chen Zu­sam­men­zie­hung al­ler Kräf­te das Blatt mit der letz­ten Aus­ga­be vom 31.5.1941 ein­ge­stellt. Am En­de blie­ben ihr noch et­wa 14.000 Abon­nen­ten, cir­ca 5.000 bis 6.000 wur­den nach der Ein­stel­lung des Blat­tes von der „Köl­ni­schen Zei­tun­g“ über­nom­men. So en­de­te die rund 81-jäh­ri­ge Ge­schich­te die­ser gro­ßen ka­tho­li­schen Ta­ges­zei­tung in be­eng­ten Re­dak­ti­ons­räu­men im Es­se­ner Exil, ab­ge­schnit­ten von den Haupt­nach­rich­ten und Mel­dun­gen der üb­ri­gen frei­en Welt, de­ren Feld die Zei­tung ei­gent­lich sein woll­te.

Literatur

Ba­chem, Ju­li­us, Er­in­ne­run­gen ei­nes al­ten Pu­bli­zis­ten und Po­li­ti­kers, Köln 1913.
Ba­chem, Karl, Jo­sef Ba­chem. Sei­ne Fa­mi­lie und die Fir­ma J. P. Ba­chem in Köln. Die Rhei­ni­sche und die Deut­sche Volks­hal­le. Die Köl­ni­schen Blät­ter und die ­K­öl­ni­sche Volks­zei­tung, 3 Bän­de, Köln 1912-1938.
Bier­ganz, Man­fred, Her­mann Car­dauns (1847-1925), in: Rhei­ni­sche Le­bens­bil­der 8 (1980), S. 305-323.
Braun, Lo­thar, Karl Ho­eber, in: Koss, Sieg­fried/Löhr, Wolf­gang (Hg.), Bio­gra­phi­sches Le­xi­kon de­s KV, Teil 2, Schern­feld 1993, S. 55-57.
Buch­heim, Karl, K­öl­ni­sche Volks­zei­tung, in: Staats­le­xi­kon. Recht – Wirt­schaft – Ge­sell­schaft, 6. Auf­la­ge, Band 4, Frei­burg 1959, Sp. 1127-1129.
Burt­scheidt, An­dre­as, Ed­mund Frei­herr Raitz von Fr­entz. Rom-Kor­re­spon­dent der deutsch­spra­chi­gen ka­tho­li­schen Pres­se 1924-1964, Pa­der­born u.a. 2008.
Burt­scheidt, An­dre­as, Hit­ler und der Na­tio­nal­so­zia­lis­mus im Spie­gel der Köl­ni­schen Volks­zei­tung 1923 bis 1933, in: His­to­ri­sches Jahr­buch der Gör­res-Ge­sell­schaft (2011), im Druck.
Car­dauns, Her­mann, Fünf­zig Jah­re ­K­öl­ni­sche Volks­zei­tung. Ein Rück­blick zum Gol­de­nen Ju­bi­lä­um der Zei­tung am 1. April 1910, Köln 1910.
Fi­scher, Heinz-Diet­rich, Die „Köl­ni­sche Volks­zei­tun­g“ im Jah­re 1932/33, in: Com­mu­ni­ca­tio So­cia­lis, Band 6,1 (1973), S. 27-37.
Häus­ser­mann, Ekkhard, Kon­rad Ade­nau­er und die Pres­se vor 1933, in: Steh­käm­per, Hu­go (Hg.), Kon­rad Ade­nau­er. Ober­bür­ger­meis­ter von Köln. Fest­ga­be der Stadt Köln zum 100. Ge­burts­tag ih­res Eh­ren­bür­gers am 5. Ja­nu­ar 1976, Köln 1976, S. 207-247.
Hei­nen, Ernst, Zen­trums­pres­se und Kriegs­ziel­dis­kus­si­on un­ter be­son­de­rer Be­rück­sich­ti­gung der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ und der „Ger­ma­ni­a“, Köln 1962.
Hof­mann, Jo­sef,Jour­na­list in Re­pu­blik, Dik­ta­tur und Be­sat­zungs­zeit. Er­in­ne­run­gen 1916-1947, be­ar­bei­tet und ein­ge­lei­tet von Ru­dolf Mor­sey, Mainz 1977.
Höl­scher, Ge­org, Hun­dert Jah­re J. P. Ba­chem, Buch­dru­cke­rei – Ver­lags­buch­hand­lung – Zei­tungs­ver­lag, Köln 1918.
Kra­mer, Rolf, K­öl­ni­sche Volks­zei­tun­g 1860-1941, in: Fi­scher, Heinz-Diet­rich (Hg.), Deut­sche Zei­tun­gen des 17. bis 20. Jahr­hun­derts, Band 2, Pul­lach bei Mün­chen 1972, S. 257-267.
Mor­sey, Ru­dolf, Der Un­ter­gang des po­li­ti­schen Ka­tho­li­zis­mus. Die Zen­trums­par­tei zwi­schen christ­li­chem Selbst­ver­ständ­nis und „Na­tio­na­ler Er­he­bun­g“ 1932/1933, Stutt­gart/Zü­rich 1977.
Ro­ege­le, Ot­to B./Wag­ner, Hans, Die ka­tho­li­sche Pres­se in Deutsch­land, in: Do­vi­fat, Emil (Hg.), Hand­buch der Pu­bli­zis­tik, Band 3/2, Ber­lin 1969, S. 496-507.
Schnei­der, Ecke­hard, Der Pres­se­ver­le­ger Jo­seph Wil­helm Pe­ter Ba­chem (1821-1893). Ein Bei­trag zur Ge­schich­te der ka­tho­li­schen Pu­bli­zis­tik des Rhein­lan­des im 19. Jahr­hun­dert, in: Ge­schich­te in Köln 8 (1980), S. 81-100.
Steh­käm­per, Hu­go, Ju­li­us Ba­chem (1845-1918), in: Rhei­ni­sche Le­bens­bil­der 5 (1973), S. 213-226; auch ab­ge­druckt in: Aretz, Jür­gen/Mor­sey, Ru­dolf/Rau­scher, An­ton (Hg.), Zeit­ge­schich­te in Le­bens­bil­dern: Aus dem deut­schen Ka­tho­li­zis­mus des 19. und 20. Jahr­hun­derts, Band 1, Mainz 1973, S. 29-42.

Titelseite der 'Kölnischen Volkszeitung' vom 5.3.1933. (Universitäts- und Stadtbibliothek Köln)

 
Anmerkungen
  • 1: Vgl. GStA PK Rep. 77 Tit. 332bb Nr. 30, Bd. 2, Schreiben des Innenministers an den Regierungspräsidenten in Köln 17.9.1914.Hierzu ausführlich: Burtscheidt, Edmund Freiherr Raitz von Frentz, S. 35-49, 53-67, 132-190, mit entsprechenden Literaturnachweisen; Burtscheidt, Hitler und der Nationalsozialismus. - Die Ergebnisse der Forschungen aus dem privaten Nachlass eines langjährigen Redakteurs bei der „Kölnischen Rundschau“, Peter-Joseph Hasenberg (1909-1984), der sich mit der Kölner Zeitungsgeschichte allgemein und besonders mit der Geschichte der „Kölnischen Volkszeitung“ beschäftigt hat, konnten ebenfalls berücksichtigt werden. So fanden sich darin mehrere Dossiers über die letzten zwei Jahrzehnte des Blattes, die wohl für eine Publikation vorgesehen waren, die vom Verfasser aber nicht mehr zu Ende geführt werden konnte. Hasenberg war als junger Berufsanfänger noch selbst Redakteur bei dem Blatt. Vgl. Hasenberg, Peter-Joseph, „Die Kölnische Volkszeitung zur Zeit der Weimarer Republik“, Skript, 13 S.; „Schicksale einer Zeitung“, Skript,10 S.; „Der Görreshaus-Prozeß 1933“, Skript 7 S.; „Die Geschichte der Kölnischen Volkszeitung bis Mai 1941“, Skript 12, S.; der Nachlass Hasenberg befindet sich mittlerweile im Archiv der Kommission für Zeitgeschichte, Bonn.
  • 2: Vgl. Aufruf von Peter Reichensperger in der „Kölnischen Volkszeitung“ vom 11.6.1870, abgedruckt bei: Bachem, Karl, Vorgeschichte, Geschichte und Politik der Deutschen Zentrumspartei. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der katholischen Bewegung, sowie zur allgemeinen Geschichte des neueren und neuesten Deutschland 1815-1914. Nebst einem kurzen Überblick über die Zeit von 1914-1930, Band 3, Köln 1927, S. 106.
  • 3: Vgl. Bachem, Julius, Wir müssen aus dem Turm heraus!, in: Historisch-Politische-Blätter für das katholische Deutschland, Band 137/5 (1906), S. 376-386.
  • 4: Vgl. Fischer, Heinz-Dietrich, Handbuch der politischen Presse in Deutschland 1480-1980. Synopse rechtlicher, struktureller und wirtschaftlicher Grundlagen der Tendenzpublizistik im Kommunikationsfeld, Düsseldorf 1981, S. 251-252, 256.
  • 5: Vgl. Hasenberg, Peter-Joseph, Die Kölnische Volkszeitung, S. 13. Brüning erklärte gar, dass er noch im Februar 1933 200.000 RM aus den Mitteln der Zentrumspartei für Schulden des Blattes aufbringen musste, vgl. Brüning, Heinrich, Memoiren 1918-1934, Stuttgart 1970, S. 446-447 sowie über den finanziellen Ruin der Zeitung: Fischer, Heinz-Dietrich, Die „Kölnische Volkszeitung“ im Jahre 1932/33; in diesem Zusammenhang auch: Morsey, Rudolf, Heinrich Lübke. Eine politische Biographie, Paderborn u. a. 1996, S. 66-67.
Zitationshinweis

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Burtscheidt, Andreas, Die Geschichte der „Kölnischen Volkszeitung“ (1860-1941), in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/die-geschichte-der-koelnischen-volkszeitung-1860-1941/DE-2086/lido/57d1298b7c01f6.32960731 (abgerufen am 24.09.2023)