Roerdepartement (blaue Umrandung), Ausschnitt aus der Karte 'Linksrheinische Departements im Rheinland 1813', Bonn 2010. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Im Früh­jahr 1798 rich­te­ten die Fran­zo­sen auf dem von ih­nen seit 1794 er­ober­ten links­rhei­ni­schen Ter­ri­to­ri­um in dem Land­strich zwi­schen Kle­ve im Nor­den und Ge­münd im Sü­den das Ro­er­de­par­te­ment ein (we­ni­ger ge­bräuch­lich: Rur­de­par­te­ment). Es war be­nannt nach dem im Ho­hen Venn süd­west­lich von Mons­chau ent­sprin­gen­den Fluss Ro­er (Rur) und um­fass­te haupt­säch­lich vor­mal­s kur­k­ölni­sches, jü­li­cher und preu­ßi­sches Ge­biet. Da­ne­ben zähl­ten da­zu die frei­en Reichs­städ­te Aa­chen un­d Köln und zahl­rei­che klei­ne­re reichs­un­mit­tel­ba­re kirch­li­che und welt­li­che Herr­schaf­ten. Mit dem Frie­den von Lun­é­vil­le wur­de das De­par­te­ment 1801 völ­ker­recht­lich an Frank­reich ab­ge­tre­ten und 1808 um das rechts­rhei­nisch ge­le­ge­ne We­sel er­wei­tert. Haupt­ort des De­par­te­ments war Aa­chen (Aix-la-Cha­pel­le).

Das De­par­te­ment mit 590.632 Be­woh­nern (1804) war zu­nächst in 40 und zu­letzt in 41 Kan­to­ne in den vier Ar­ron­dis­se­ments Aa­chen, Kle­ve, Köln un­d Kre­feld ein­ge­teilt:

Aa­chen (Aix-la-Cha­pel­le): Aa­chen, Burt­scheid (Borcet­te), Dü­ren, Eschwei­ler, Froitz­heim, Gei­len­kir­chen, Ge­münd, Heins­berg, Lin­nich, Mons­chau (Mont­jo­ie), Sit­tard.

Kle­ve (Clè­ves): Gel­dern (Gueld­res), Goch, Horst, Kal­kar, Kle­ve, Kra­nen­burg, Wan­kum, We­sel, Xan­ten.

Köln (Co­lo­gne): Berg­heim, Brühl, Dor­ma­gen, El­sen, Jü­lich, Ker­pen, Köln, Le­che­nich, Wei­den, Zül­pich.

Kre­feld (Cré­veld): Bracht, Er­kelenz, Kem­pen, Kre­feld, Mo­ers, Neer­sen, Neuss, Oden­kir­chen, Rhein­berg, Uer­din­gen, Vier­sen.

Das Ro­er­de­par­te­ment war durch sei­nen Be­völ­ke­rungs­reich­tum und sei­ne wirt­schaft­li­che Stär­ke ei­nes der be­deu­tends­ten De­par­te­ments des na­po­leo­ni­schen Frank­reich. Nach ei­ner zeit­ge­nös­si­schen Be­schrei­bung von 1809 war das De­par­te­ment ge­kenn­zeich­net durch sei­nen Wald­reich­tum und den Über­fluss an Wei­de­land. Es hob sich vor­nehm­lich durch Korn­pro­duk­ti­on, durch Ei­sen­mi­nen, den Koh­len­reich­tum und die Mi­ne­ral­quel­len her­vor. Die zahl­rei­chen Schmie­den, Hüt­ten­wer­ke, Öfen, Ka­no­nen­gie­ße­rei­en, Baum­woll­spin­ne­rei­en, Lei­nen-, Samt-, Ei­sen­draht-, Mes­sing-, Na­del- und Steck­na­del­ma­nu­fak­tu­ren, Loh­ger­be­rei­en, Kes­sel­schmie­den, Glas­hüt­ten und Pa­pier­müh­len fan­den gleich­falls be­son­de­re Er­wäh­nung.

Durch den Wie­ner Kon­gress (1814/1815) fiel der grö­ß­te Teil des Ro­er­de­par­te­ments an die preu­ßi­sche Mon­ar­chie. 1815/1816 wur­den von Preu­ßen für die vor­ma­li­gen fran­zö­si­schen Ge­bie­te die Pro­vin­zen Nie­der­rhein und Jü­lich-Kle­ve-Berg ge­schaf­fen. Die Mehr­zahl der Kan­to­ne des Ro­er­de­par­te­ments gin­gen in die­sen bei­den preu­ßi­schen Ober­prä­si­di­al­be­zir­ken auf und wur­den den Re­gie­run­gen zu Aa­chen und Trier (Pro­vinz Nie­der­rhein) be­zie­hungs­wei­se Düs­sel­dorf, Köln und Kle­ve (Pro­vinz Jü­lich-Kle­ve-Berg) un­ter­stellt. Die bei­den Ober­prä­si­di­al­be­zir­ke wur­den 1822 zur preu­ßi­schen Rhein­pro­vinz mit Sitz in Ko­blenz ver­eint.

Heu­te lie­gen die vor­ma­li­gen Kan­tons­haupt­or­te des Ro­er­de­par­te­ments im Bun­des­land Nord­rhein-West­fa­len in Deutsch­land.

Quellen

Les dé­par­te­ments de l'Em­pi­re Français en 1809 d'après le Dic­tion­n­ai­re géo­gra­phi­que por­ta­tif, par François-Léo­pold Vos­gi­en [i.e. Jean-Bap­tis­te Lad­vo­cat], Nou­vel­le Édi­ti­on Ly­on, Pa­ris 1809.

Literatur

Feld­mann, Ire­ne, Die fran­zö­si­sche Ver­wal­tung im De­par­te­ment Ro­er: Glie­de­rung und Ar­beits­wei­se 1798-1814, in: Laux, Eber­hard (Hg.), Der neu­zeit­li­che Staat und sei­ne Ver­wal­tung: Bei­trä­ge zur Ent­wick­lungs­ge­schich­te seit 1700, Stutt­gart 1998, S. 65-83 .
Ger­lach, Bir­git (Hg.), Rei­se im Jah­re 1813 und 1814 durch das Land zwi­schen Maas und Rhein: er­gänzt durch No­ten; mit ei­ner geo­gra­fi­schen Kar­te. Von Jean Charles François le Ba­ron de La­doucet­te. Über­setzt von Ina Saf­fran und Bir­git Ger­lach, Mön­chen­glad­bach 2009.
Graumann, Sa­bi­ne, Fran­zö­si­sche Ver­wal­tung am Nie­der­rhein. Das Ro­er­de­par­te­ment 1798-1814, Es­sen 1990.
Kraus, Tho­mas R., Auf dem Weg in die Mo­der­ne. Aa­chen in fran­zö­si­scher Zeit - 1792/93, 1794-1814. Hand­buch-Ka­ta­log zur Aus­stel­lung im „Krö­nungs­saal" des Aa­che­ner Rat­hau­ses vom 14. Ja­nu­ar bis zum 5. März 1995, Aa­chen 1994
Schie­der, Wolf­gang (Hg.), Sä­ku­la­ri­sa­ti­on und Me­dia­ti­sie­rung in den vier rhei­ni­schen De­par­te­ments 1803-1813: Edi­ti­on des Da­ten­ma­te­ri­als der zu ver­äu­ßern­den Na­tio­nal­gü­ter, Teil 5, 1.2: Ro­er-De­par­te­ment, Bop­pard/Rhein 1991.
Veltz­ke, Veit, Na­po­le­on in We­sel, 1811: Zur In­sze­nie­rung ei­nes Kai­ser­be­su­ches zwi­schen im­pe­ria­ler und lo­ka­ler In­ter­es­sen­po­li­tik, in: War­t­huy­sen, Gün­ter (Hg.): We­sel und der un­te­re Nie­der­rhein: Bei­trä­ge zur rhei­ni­schen Ge­schich­te, We­sel 2006, S. 161-178.

Quellen

Dorsch, An­ton-Jo­seph, Sta­tis­tique du dé­par­te­ment de la Ro­er, Co­lo­gne an XII (1804) (In­for­ma­ti­ons­an­ge­bot des Di­gi­ta­li­sie­rungs­pro­jek­tes Gal­li­ca der Fran­zö­si­schen Na­tio­nal­bi­blio­thek. Do­ku­ment in fran­zö­si­cher Spra­che). [On­line]
Red­lich, Ot­to R., Denk­schrift des Mai­re Jo­hann Her­mann Wes­ter­mann zu We­sel dem Kai­ser Na­po­le­on I. bei sei­nem Auf­ent­halt da­selbst am 1. No­vem­ber 1811 über­reicht, in: Bei­trä­ge zur Ge­schich­te des Nie­der­rheins (7) 1893, S. 301-304. (Di­gi­ta­le Aus­ga­be auf der Web­site der Uni­ver­si­täts- und Lan­des­bi­blio­thek Düs­sel­dorf). [On­line]

Zitationshinweis

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Graumann, Sabine, Roerdepartement, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/roerdepartement-/DE-2086/lido/57d1184bc2edd4.39615379 (abgerufen am 10.12.2024)