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Das Ourthedepartement, auch Ourtedepartement, benannt nach dem Fluss Ourthe, wurde am 1.10.1795 nach der Besitzergreifung der österreichischen Niederlande durch Frankreich als eines der neun belgischen Departements auf dem Gebiet zwischen Lüttich im Norden und Vielsalm im Süden gebildet. Es bestand aus Teilen des vormaligen Fürstbistums Lüttich und der Abteiherrschaft Stavelot-Malmedy, aus einem Teil der Provinz Luxemburg und aus verschiedenen Teilen der Grafschaften von Namur und Brabant. Hauptort des Departements war Lüttich (Liège). Das Departement mit 327.121 Einwohnern (1804) war in die Unterpräfekturen Lüttich, Huy und Malmedy gegliedert. In diesen drei Arrondissements bestanden nach mehrfachen Änderungen der Kantonsumschreibungen 26 Kantone nebst der Stadt Lüttich; Lüttich zerfiel in vier Kantone. Die Kantone insgesamt verteilten sich wie folgt:
Lüttich: Dalhem, Fléron, Glons, Herve, Hollogne, Lüttich (4 Kantone), Louveigné, Seraing und Waremme.
Huy: Avennes, Bodegnée, Ferrières, Héron, Huy, Landen und Nandrin.
Malmedy: Aubel, Eupen, Kronenburg, Limburg (Limbourg), Malmedy, St. Vith, Schleiden, Spa, Stavelot, Verviers und Vielsalm.
Nach der Völkerschlacht bei Leipzig (16.-19.10.1813) brach die französische Herrschaft zusammen. Das Ourthedepartement wurde am 12.1.1814 zunächst dem von den verbündeten Mächten gebildeten Generalgouvernement vom Niederrhein mit Sitz in Aachen unterstellt. Wenige Monate später wurde es dem neu organisierten Generalgouvernement vom Nieder- und Mittelrhein zugeordnet und am 12.9.1814 mit Teilen der Departements Niedermaas und Sambre und Maas zum Maas-und-Ourthedepartement (Département de Meuse-et-Ourthe) mit dem Departementshauptort Lüttich vereint. Mit dem Wiener Kongress (1814/1815) kam der größte Teil des vormaligen Ourthedepartements an die Vereinigten Niederlande und fiel nach der Belgischen Revolution (1830) und Gründung des Königreiches Belgien (1839) an Belgien.
Der östliche Teil des Ourthedepartements mit den Kantonen Eupen, Kronenburg, Malmedy, Schleiden, St. Vith und ein kleiner Teil des Kantons Aubel kamen 1815 als Kreis Malmedy an den Regierungsbezirk Aachen in der preußischen Provinz Niederrhein (1822 Rheinprovinz). 1816 wurden Eupen und St. Vith eigene Kreissitze. St. Vith und Malmedy wurden 1821 zum Kreis Malmedy vereint. Kronenburg wurde 1816 dem Kreis Blankenheim, Schleiden dem Kreis Gemünd unterstellt. 1818 wurde der Kreis Blankenheim mit dem Kreis Gemünd zusammengeschlossen, dieser wurde 1829 in Kreis Schleiden umbenannt.
Vorübergehend waren zuvor Schleiden und fast der gesamte Kanton Kronenburg 1816 dem Haus Mecklenburg-Strelitz zugeordnet worden. Das Gebiet verblieb in dieser Zeit unter preußischer Verwaltung und sollte möglicherweise an Mecklenburg-Strelitz abgetreten werden. 1819 wurde es gegen Abschlagszahlung an Preußen verkauft.
Eine besondere Rolle unter den vormaligen Territorien des Ourthedepartements nahm das Dorf Moresnet im Kanton Eupen ein. In der Schlussakte des Wiener Kongresses (1815) bestand Uneinigkeit darüber, ob ein Teil des Dorfes mit einer der bedeutendsten Erzlagerstätten Europas an Preußen oder an das Vereinigte Königreich der Niederlande fallen sollte. Beide Staaten beanspruchten es für sich und einigten sich 1816 darüber, „Neutral-Moresnet" vorläufig gemeinsam zu verwalten und nicht zu besetzen. Bis zur endgültigen Regelung sollte napoleonisches Recht gelten. Die Rolle der Niederlande übernahm 1839 das neu gegründete Königreich Belgien.
Im Anschluss an den Ersten Weltkrieg (1914-1918) fielen Eupen, Malmedy und St. Vith 1920 an Belgien. Das zu Beginn des Krieges von deutschen Truppen okkupierte Neutral-Moresnet kam gleichfalls an Belgien und wurde in Kelmis (La Calamine) umbenannt. Im Zweiten Weltkrieg (1939-1945) wurden die 1920 verlorenen Gebiete wieder von Deutschland annektiert und nach 1945 erneut mit Belgien vereint.
Heute liegen fast alle vormaligen Kantonshauptorte des Ourthedepartements in Belgien. Kronenburg und Schleiden gehören zum Bundesland Nordrhein-Westfalen in Deutschland.
Quellen
Desmousseaux, Antoine-François-Ehrard-Marie-Catherine, Tableau statistique du department de l’Ourthe, Paris, an IX [1801].
Literatur
Bergeron, Louis, Chaussinand-Nogaret, Louis (Hg.), Grands notables du Premier Empire, Band 22/23: Douxchamps-LefeÌvre, Cécile: Sambre-et-Meuse; Hansotte, Georges: Ourthe, Paris 1995.
Pabst, Klaus, Das Problem der deutsch-belgischen Grenze in der Politik der letzten 150 Jahre, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins (77) 1965, S. 183-210.
Schmidt, Johannes, Geographie und Geschichte des Herzogthums Berg, seiner Herrschaften, der Grafschaft Homburg und der Herrschaft Gimborn-Neustadt, der Grafschaft Mark, der ehemaligen Stifter Essen und Werden, der Grafschaft Limburg und der Stadt Dortmund, des Rurdepartments und des ehemaligen österreichischen Herzogthums Limburg, jetzt ein Theil der Ourte- und Niedermaasdepartmente, Nachdruck der Ausgabe Aachen 1804, Remscheid 1984.
Online
Desmousseaux, Antoine-François-Ehrard-Marie-Catherine, Statistique du Département de l'Ourthe, Paris an X [1802] (Informationsangebot des Digitalisierungsprojektes Gallica der Französischen Nationalbibliothek. Dokument in französischer Sprache). [Online]
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Graumann, Sabine, Ourthedepartement, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/ourthedepartement-/DE-2086/lido/57d117b9060fe0.31040579 (abgerufen am 10.12.2024)