Siegdepartement (orange Umrandung), Ausschnitt aus der Karte 'Rechtsrheinische Territorien und Departements im Rheinland 1813', Bonn 2010. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Das Sieg­de­par­te­ment wur­de mit De­kret Kai­ser Na­po­le­ons I. (1769-1821) vom 14.11.1808 als ei­nes der vier De­par­te­ments de­s Gro­ßher­zog­tums Berg ge­bil­det. Das De­kret wur­de we­nig spä­ter im Fe­bru­ar 1809 ge­druckt und da­mit öf­fent­lich be­kannt ge­macht.

Die Ge­stalt des nach dem Fluss Sieg be­nann­ten De­par­te­ments war sehr he­te­ro­gen, denn es um­fass­te die ehe­mals nas­sau-ora­ni­schen Fürs­ten­tü­mer Beil­stein, Dil­len­burg, Ha­d­a­mar und Sie­gen, Tei­le des al­ten Her­zog­tums Berg so­wie mit Gim­born-Neu­stadt, Hom­burg, Wes­ter­burg, Wil­den­burg und den auf dem rech­ten Lah­nufer ge­le­ge­nen Tei­len der Herr­schaf­ten Run­kel und Scha­deck ei­ne Rei­he klei­ne­rer Herr­schaf­ten.

In dem De­par­te­ment mit 133.300 Ein­woh­nern, die vor­zugs­wei­se bäu­er­li­chen Schich­ten zu­ge­hör­ten, wur­de das fran­zö­si­sche Ad­mi­nis­tra­ti­ons­sys­tem mit Prä­fek­tur, Ar­ron­dis­se­ments, Kan­to­nen und Mai­ri­en ein­ge­führt. Haupt­stadt und Sitz der Prä­fek­tur war die ehe­ma­li­ge nas­sau-ora­ni­sche Re­gie­rungs­stadt Dil­len­burg (Dil­len­bourg). Der Ver­wal­tungs­be­zirk, in gro­ßen Tei­len ei­ne Wald- und Erz­re­gi­on und nur halb so groß wie das be­nach­bar­te Rhein-Mo­sel­de­par­te­ment, um­fass­te nur zwei Ar­ron­dis­se­ments mit zu­nächst 14 zu­ge­hö­ri­gen Kan­to­nen. Sie ver­teil­ten sich wie folgt auf die bei­den Ar­ron­dis­se­ments:

Dil­len­burg: Dil­len­burg, Drie­dorf, Ha­d­a­mar, Her­born, Ren­nerod, Run­kel (1811 ver­eint mit Ha­d­a­mar), Wes­ter­burg (1811 ver­eint mit Ren­nerod).

Sie­gen: Ei­torf, Gum­mers­bach, Hom­burg (Hom­bourg), Net­phen, Sie­gen, Wald­bröl, Wil­den­burg (1811 ver­eint mit Sie­gen).

Mit Be­schluss vom 17.12.1811 wur­den die drei klei­nen, je­weils nur ei­ne oder zwei Mai­ri­en um­fas­sen­den Kan­to­ne Run­kel, Wes­ter­burg und Wil­den­burg mit den je­wei­li­gen Nach­bar­kan­to­nen Sie­gen, Ha­d­a­mar be­zie­hungs­wei­se Ren­nerod ver­eint, so dass sich die Ge­samt­zahl der Kan­to­ne auf elf re­du­zier­te. Im Gro­ßher­zog­tum Berg hat­te sich vor al­lem we­gen der Kon­skrip­ti­on und der un­ge­lieb­ten fran­zö­si­schen Steu­er- und Wirt­schafts­po­li­tik Un­mut an­ge­sam­melt. Zu Be­ginn des Jah­res 1813 kam es, aus­ge­hend von Er­he­bun­gen im Rhein­de­par­te­ment, durch die er­neu­te Trup­pen­aus­he­bung für den fran­zö­si­schen Russ­land­feld­zug auch im Sieg­de­par­te­ment zu of­fe­nem Pro­test der so ge­nann­ten Knüp­pel­rus­sen, meist Kon­skri­bier­te, De­ser­teu­re, Er­werbs­lo­se, Hand­wer­ker, Gast­wir­te oder in die­sem De­par­te­ment auch Bau­ern. Von den Un­ru­hen wur­de haupt­säch­lich der Nor­den des De­par­te­ments mit den Kan­to­nen Ei­torf, Gum­mers­bach und Wald­bröl be­trof­fen. In Sie­gen sol­len sich zwi­schen 3.000 und 4.000 Auf­stän­di­sche ver­sam­melt ha­ben. Der Sü­den des Sieg­de­par­te­ments blieb bis auf den Kan­ton Her­born von den Er­eig­nis­sen ver­schont. Der Zorn der teil­wei­se ge­walt­tä­ti­gen Auf­stän­di­schen rich­te­te sich zu­meist ge­gen die lo­ka­len Ver­wal­tungs­in­sti­tu­tio­nen, es kam zu be­trächt­li­chem Sach­scha­den an pri­va­tem und öf­fent­li­chem Ei­gen­tum. Im Sieg­de­par­te­ment hat­ten die Un­ru­hen zu­dem star­ke re­stau­ra­ti­ve Zü­ge. In Her­born bei­spiels­wei­se wur­de ei­ne Kro­ne aus oran­ge­far­be­nen Blät­tern auf den Kirch­turm ge­setzt, und der Gum­mers­ba­cher Frie­dens­rich­ter si­gnier­te ein von Auf­stän­di­schen un­ter­zeich­ne­tes Pa­pier, in dem die neue fran­zö­si­sche Ord­nung auf­ge­ho­ben wur­de. Vor­über­ge­hend gab der Un­ter­prä­fekt des Ar­ron­dis­se­ments Sie­gen den Auf­stän­di­schen nach. Ins­ge­samt wur­den die In­sur­rek­tio­nen aber rasch zu­meist mit mi­li­tä­ri­scher Hil­fe bis An­fang Fe­bru­ar 1813 nie­der­ge­schla­gen.

Nach der Völ­ker­schlacht bei Leip­zig (16.-19.10.1813) brach die fran­zö­si­sche Herr­schaft im Gro­ßher­zog­tum Berg und da­mit auch im Sieg­de­par­te­ment zu­sam­men. Die ver­bün­de­ten Mäch­te rück­ten im No­vem­ber in das Gro­ßher­zog­tum ein. Für ei­nen Teil des Sieg­de­par­te­ments und den grö­ß­ten Teil des Rhein­de­par­te­ments wur­de das Ge­ne­ral­gou­ver­ne­ment Berg mit Sitz in Düs­sel­dorf ein­ge­rich­tet. Am 25.11.1813 wur­de die Über­nah­me des Ter­ri­to­ri­ums durch das Ge­ne­ral­gou­ver­ne­ment be­kannt ge­macht. Der an­de­re Teil des Sieg­de­par­te­ments fiel zu­nächst an das Haus Nas­sau zu­rück.

Aus dem Ar­ron­dis­se­ment Sie­gen wur­den die vier Kan­to­ne Ei­torf, Gum­mers­bach, Hom­burg, Wald­bröl und die Ma­rie Frie­sen­ha­gen aus dem Kan­ton Sie­gen dem Ge­ne­ral­gou­ver­ne­ment un­ter­stellt.

Am 27.1.1814 folg­te die Ein­tei­lung des Gou­ver­ne­ments in vier Krei­se, dar­un­ter Düs­sel­dorf, El­ber­feld (heu­te Stadt Wup­per­tal) und Mül­heim am Rhein aus Ter­ri­to­ri­en des vor­ma­li­gen Rhein­de­par­te­ments. Die gleich­falls die­sem De­par­te­ment zu­ge­hö­ren­den Kan­to­ne Lind­lar und Wip­per­fürth wur­den mit den fünf ge­nann­ten Kan­to­nen des vor­ma­li­gen Ar­ron­dis­se­ments Sie­gen zum Kreis Wip­per­fürth zu­sam­men­ge­schlos­sen. Die Mai­rie Frie­sen­ha­gen wur­de mit dem Kan­ton Wald­bröl ver­eint.

Im An­schluss an den Wie­ner Kon­gress (1814/1815) fie­len die vor­ma­li­gen Kan­tons­haupt­or­te des Ar­ron­dis­se­ments Sie­gen an die preu­ßi­sche Kro­ne, die Kan­tons­haupt­or­te des Kan­tons Dil­len­burg an das Haus Nas­sau. Die ter­ri­to­ria­le Zu­ord­nung war zum grö­ß­ten Teil durch Ge­biets­tausch zwi­schen den Lan­des­her­ren ent­stan­den.

1815/16 wur­de von Preu­ßen ne­ben der Pro­vinz Nie­der­rhein die Pro­vinz Jü­lich-Kle­ve-Berg ge­schaf­fen.

Die Kan­tons­haupt­or­te des Ar­ron­dis­se­ments Sie­gen ka­men an die Pro­vinz Nie­der­rhein. Ei­torf, Gum­mers­bach, Hom­burg und Wald­bröl wur­den de­m Re­gie­rungs­be­zirk Köln un­ter­stellt. Net­phen und Sie­gen wur­den zu­nächst dem Re­gie­rungs­be­zirk Ko­blenz zu­ge­ord­net und mit wei­te­ren Or­ten zum Kreis Sie­gen ver­eint. 1817 wur­de der Kreis an die Re­gie­rung von Arns­berg in der gleich­falls zum Kö­nig­reich Preu­ßen ge­hö­ren­den Pro­vinz West­fa­len über­wie­sen. Die Pro­vinz Nie­der­rhein wur­de 1822 mit der Pro­vinz Jü­lich-Kle­ve-Berg zur preu­ßi­schen Rhein­pro­vinz mit Sitz in Ko­blenz ver­eint.

Im 1816 neu ge­grün­de­ten Her­zog­tum Nas­sau, das aus Ter­ri­to­ri­en der Li­ni­en Nas­sau-Ora­ni­en, Nas­sau-Usin­gen und Nas­sau-Weil­burg ent­stand, wur­den ins­ge­samt 28 Äm­ter ein­ge­rich­tet, dar­un­ter die Äm­ter Dil­len­burg, Ha­d­a­mar, Her­born (mit Drie­dorf), Ren­nerod (mit Wes­ter­burg) und Run­kel.

Nach dem Preu­ßisch-Ös­ter­rei­chi­schen Krieg von 1866, bei dem Nas­sau auf Sei­ten Ös­ter­reichs ge­stan­den hat­te, wur­de das Her­zog­tum Nas­sau zu­sam­men mit dem Kur­fürs­ten­tum Hes­sen an­nek­tiert und als preu­ßi­sche Pro­vinz Hes­sen-Nas­sau dem Kö­nig­reich Preu­ßen ein­ver­leibt.

Nach dem Zwei­ten Welt­krieg ka­men 1946 aus dem vor­ma­li­gen Ar­ron­dis­se­ment Dil­len­burg fast al­le al­ten Kan­tons­haupt­or­te an das Bun­des­land Hes­sen. Ren­nerod und Wes­ter­burg fie­len eben­so wie Wil­den­burg aus dem frü­he­ren Ar­ron­dis­se­ment Sie­gen an Rhein­land-Pfalz. Al­le an­de­ren ehe­ma­li­gen Kan­tons­haupt­or­te des al­ten Sieg­de­par­te­ments wur­den Nord­rhein-West­fa­len zu­ge­ord­net.

Quellen

Ge­setz-Bul­le­tin des Gro­ßher­zog­t­h­ums Berg, Düs­sel­dorf 1810-1813.
Neue In­tel­li­genz-Nach­rich­ten für das Sieg-De­par­te­ment, Her­born 1.1810-4.1813.
Ver­hand­lun­gen der Prä­fec­tur des Sieg-De­par­te­ments: für das Jahr…, Her­born 1809-1813.

Literatur

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Kan­dil, Mahmoud, So­zia­ler Pro­test ge­gen das na­po­leo­ni­sche Herr­schafts­sys­tem im Gro­ßher­zog­tum Berg 1808-1813. Äu­ße­run­gen der Be­völ­ke­rung des Gro­ßher­zog­tums 1808-1813 aus dem Blick­win­kel der Ob­rig­keit, Aa­chen, 1995 [Teil­do­ku­ment un­ter On­line auf­ruf­bar].
Ko­tul­la, Mi­cha­el, Deut­sches Ver­fas­sungs­recht 1806-1918, Band 3: Berg und Braun­schweig, Dor­drecht u.a. 2010.
Schmidt, Charles, Das Gro­ßher­zog­tum Berg 1806-1813: ei­ne Stu­die zur fran­zö­si­schen Vor­herr­schaft in Deutsch­land un­ter Na­po­le­on I. Aus dem Fran­zö­si­schen über­setzt von Lo­thar Kel­ler­mann, hg. von Burk­hard Dietz und Jörg En­gel­brecht, Neu­stadt/Aisch 1999.
Se­ve­rin-Bar­bou­tie, Bet­ti­na, Fran­zö­si­sche Herr­schafts­po­li­tik und Mo­der­ni­sie­rung. Ver­wal­tungs- und Ver­fas­sungs­re­for­men im Gro­ßher­zog­tum Berg (1806-1813), Mün­chen 2008.
Wei­den­bach, An­ton Jo­sef, Nas­saui­sche Ter­ri­to­ri­en, in: An­na­len des Ver­eins für Nas­saui­sche Al­ter­tums­kun­de und Ge­schichts­for­schung 10 (1870), S. 309-310, 320-341.

Online

Kan­dil, Mahmoud, So­zia­ler Pro­test ge­gen das na­po­leo­ni­sche Herr­schafts­sys­tem im Gro­ßher­zog­tum Berg 1808-1813, in: Brand, Pe­ter (Hg.), An der Schwel­le zur Mo­der­ne: Deutsch­land um 1800, Bonn 1999. [dig. Edi­ti­on von 2000] (Teil­do­ku­ment in der Di­gi­ta­len Bi­blio­thek der Fried­rich Ebert Stif­tung). [On­line]

Zitationshinweis

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Graumann, Sabine, Siegdepartement, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/siegdepartement-/DE-2086/lido/57d1195563a432.63169225 (abgerufen am 10.12.2024)