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Das Siegdepartement wurde mit Dekret Kaiser Napoleons I. (1769-1821) vom 14.11.1808 als eines der vier Departements des Großherzogtums Berg gebildet. Das Dekret wurde wenig später im Februar 1809 gedruckt und damit öffentlich bekannt gemacht.
Die Gestalt des nach dem Fluss Sieg benannten Departements war sehr heterogen, denn es umfasste die ehemals nassau-oranischen Fürstentümer Beilstein, Dillenburg, Hadamar und Siegen, Teile des alten Herzogtums Berg sowie mit Gimborn-Neustadt, Homburg, Westerburg, Wildenburg und den auf dem rechten Lahnufer gelegenen Teilen der Herrschaften Runkel und Schadeck eine Reihe kleinerer Herrschaften.
In dem Departement mit 133.300 Einwohnern, die vorzugsweise bäuerlichen Schichten zugehörten, wurde das französische Administrationssystem mit Präfektur, Arrondissements, Kantonen und Mairien eingeführt. Hauptstadt und Sitz der Präfektur war die ehemalige nassau-oranische Regierungsstadt Dillenburg (Dillenbourg). Der Verwaltungsbezirk, in großen Teilen eine Wald- und Erzregion und nur halb so groß wie das benachbarte Rhein-Moseldepartement, umfasste nur zwei Arrondissements mit zunächst 14 zugehörigen Kantonen. Sie verteilten sich wie folgt auf die beiden Arrondissements:
Dillenburg: Dillenburg, Driedorf, Hadamar, Herborn, Rennerod, Runkel (1811 vereint mit Hadamar), Westerburg (1811 vereint mit Rennerod).
Siegen: Eitorf, Gummersbach, Homburg (Hombourg), Netphen, Siegen, Waldbröl, Wildenburg (1811 vereint mit Siegen).
Mit Beschluss vom 17.12.1811 wurden die drei kleinen, jeweils nur eine oder zwei Mairien umfassenden Kantone Runkel, Westerburg und Wildenburg mit den jeweiligen Nachbarkantonen Siegen, Hadamar beziehungsweise Rennerod vereint, so dass sich die Gesamtzahl der Kantone auf elf reduzierte. Im Großherzogtum Berg hatte sich vor allem wegen der Konskription und der ungeliebten französischen Steuer- und Wirtschaftspolitik Unmut angesammelt. Zu Beginn des Jahres 1813 kam es, ausgehend von Erhebungen im Rheindepartement, durch die erneute Truppenaushebung für den französischen Russlandfeldzug auch im Siegdepartement zu offenem Protest der so genannten Knüppelrussen, meist Konskribierte, Deserteure, Erwerbslose, Handwerker, Gastwirte oder in diesem Departement auch Bauern. Von den Unruhen wurde hauptsächlich der Norden des Departements mit den Kantonen Eitorf, Gummersbach und Waldbröl betroffen. In Siegen sollen sich zwischen 3.000 und 4.000 Aufständische versammelt haben. Der Süden des Siegdepartements blieb bis auf den Kanton Herborn von den Ereignissen verschont. Der Zorn der teilweise gewalttätigen Aufständischen richtete sich zumeist gegen die lokalen Verwaltungsinstitutionen, es kam zu beträchtlichem Sachschaden an privatem und öffentlichem Eigentum. Im Siegdepartement hatten die Unruhen zudem starke restaurative Züge. In Herborn beispielsweise wurde eine Krone aus orangefarbenen Blättern auf den Kirchturm gesetzt, und der Gummersbacher Friedensrichter signierte ein von Aufständischen unterzeichnetes Papier, in dem die neue französische Ordnung aufgehoben wurde. Vorübergehend gab der Unterpräfekt des Arrondissements Siegen den Aufständischen nach. Insgesamt wurden die Insurrektionen aber rasch zumeist mit militärischer Hilfe bis Anfang Februar 1813 niedergeschlagen.
Nach der Völkerschlacht bei Leipzig (16.-19.10.1813) brach die französische Herrschaft im Großherzogtum Berg und damit auch im Siegdepartement zusammen. Die verbündeten Mächte rückten im November in das Großherzogtum ein. Für einen Teil des Siegdepartements und den größten Teil des Rheindepartements wurde das Generalgouvernement Berg mit Sitz in Düsseldorf eingerichtet. Am 25.11.1813 wurde die Übernahme des Territoriums durch das Generalgouvernement bekannt gemacht. Der andere Teil des Siegdepartements fiel zunächst an das Haus Nassau zurück.
Aus dem Arrondissement Siegen wurden die vier Kantone Eitorf, Gummersbach, Homburg, Waldbröl und die Marie Friesenhagen aus dem Kanton Siegen dem Generalgouvernement unterstellt.
Am 27.1.1814 folgte die Einteilung des Gouvernements in vier Kreise, darunter Düsseldorf, Elberfeld (heute Stadt Wuppertal) und Mülheim am Rhein aus Territorien des vormaligen Rheindepartements. Die gleichfalls diesem Departement zugehörenden Kantone Lindlar und Wipperfürth wurden mit den fünf genannten Kantonen des vormaligen Arrondissements Siegen zum Kreis Wipperfürth zusammengeschlossen. Die Mairie Friesenhagen wurde mit dem Kanton Waldbröl vereint.
Im Anschluss an den Wiener Kongress (1814/1815) fielen die vormaligen Kantonshauptorte des Arrondissements Siegen an die preußische Krone, die Kantonshauptorte des Kantons Dillenburg an das Haus Nassau. Die territoriale Zuordnung war zum größten Teil durch Gebietstausch zwischen den Landesherren entstanden.
1815/16 wurde von Preußen neben der Provinz Niederrhein die Provinz Jülich-Kleve-Berg geschaffen.
Die Kantonshauptorte des Arrondissements Siegen kamen an die Provinz Niederrhein. Eitorf, Gummersbach, Homburg und Waldbröl wurden dem Regierungsbezirk Köln unterstellt. Netphen und Siegen wurden zunächst dem Regierungsbezirk Koblenz zugeordnet und mit weiteren Orten zum Kreis Siegen vereint. 1817 wurde der Kreis an die Regierung von Arnsberg in der gleichfalls zum Königreich Preußen gehörenden Provinz Westfalen überwiesen. Die Provinz Niederrhein wurde 1822 mit der Provinz Jülich-Kleve-Berg zur preußischen Rheinprovinz mit Sitz in Koblenz vereint.
Im 1816 neu gegründeten Herzogtum Nassau, das aus Territorien der Linien Nassau-Oranien, Nassau-Usingen und Nassau-Weilburg entstand, wurden insgesamt 28 Ämter eingerichtet, darunter die Ämter Dillenburg, Hadamar, Herborn (mit Driedorf), Rennerod (mit Westerburg) und Runkel.
Nach dem Preußisch-Österreichischen Krieg von 1866, bei dem Nassau auf Seiten Österreichs gestanden hatte, wurde das Herzogtum Nassau zusammen mit dem Kurfürstentum Hessen annektiert und als preußische Provinz Hessen-Nassau dem Königreich Preußen einverleibt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen 1946 aus dem vormaligen Arrondissement Dillenburg fast alle alten Kantonshauptorte an das Bundesland Hessen. Rennerod und Westerburg fielen ebenso wie Wildenburg aus dem früheren Arrondissement Siegen an Rheinland-Pfalz. Alle anderen ehemaligen Kantonshauptorte des alten Siegdepartements wurden Nordrhein-Westfalen zugeordnet.
Quellen
Gesetz-Bulletin des Großherzogthums Berg, Düsseldorf 1810-1813.
Neue Intelligenz-Nachrichten für das Sieg-Departement, Herborn 1.1810-4.1813.
Verhandlungen der Präfectur des Sieg-Departements: für das Jahr…, Herborn 1809-1813.
Literatur
Berghaus, Heinrich, Deutschland seit hundert Jahren. Geschichte der Gebiets-Eintheilung und der politischen Verfassung des Vaterlandes, 2. Abteilung, Band 3, Leipzig 1862, S. 343-358.
Kandil, Mahmoud, Sozialer Protest gegen das napoleonische Herrschaftssystem im Großherzogtum Berg 1808-1813. Äußerungen der Bevölkerung des Großherzogtums 1808-1813 aus dem Blickwinkel der Obrigkeit, Aachen, 1995 [Teildokument unter Online aufrufbar].
Kotulla, Michael, Deutsches Verfassungsrecht 1806-1918, Band 3: Berg und Braunschweig, Dordrecht u.a. 2010.
Schmidt, Charles, Das Großherzogtum Berg 1806-1813: eine Studie zur französischen Vorherrschaft in Deutschland unter Napoleon I. Aus dem Französischen übersetzt von Lothar Kellermann, hg. von Burkhard Dietz und Jörg Engelbrecht, Neustadt/Aisch 1999.
Severin-Barboutie, Bettina, Französische Herrschaftspolitik und Modernisierung. Verwaltungs- und Verfassungsreformen im Großherzogtum Berg (1806-1813), München 2008.
Weidenbach, Anton Josef, Nassauische Territorien, in: Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung 10 (1870), S. 309-310, 320-341.
Online
Kandil, Mahmoud, Sozialer Protest gegen das napoleonische Herrschaftssystem im Großherzogtum Berg 1808-1813, in: Brand, Peter (Hg.), An der Schwelle zur Moderne: Deutschland um 1800, Bonn 1999. [dig. Edition von 2000] (Teildokument in der Digitalen Bibliothek der Friedrich Ebert Stiftung). [Online]
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Graumann, Sabine, Siegdepartement, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/siegdepartement-/DE-2086/lido/57d1195563a432.63169225 (abgerufen am 10.12.2024)