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3.1 Grundherrschaft
Über die grundherrlichen Verhältnisse in Neuss im Frühmittelalter ist wenig bekannt. Reichsbesitz dürften Grund und Boden des römischen Militärlagers (I 2) und seiner Umgebung, vor allem der Zivilsiedlung, gewesen sein. Auf Reichsbesitz deutet die von König Ludwig dem Jüngeren 877 gewährte Zollbefreiung in Neuss (I 3; III 2 Zoll) hin. Die Ausfertigung von Königsurkunden im 11. Jahrhundert in Neuss (I 3) ist von der älteren Forschung als Indiz für Reichsbesitz gedeutet worden (Tücking, Neuss, S. 12); doch könnten die Könige dort auch als „Kostgänger“ des Erzbischofs geweilt haben (Wisplinghoff I, S. 42). Daneben ist früher erzbischöflicher Besitz anzunehmen; nach Aufzeichnungen von Ende des 11./Anfang des 12. Jahrhundert soll Bischof Kunibert einem der Kölner Lupusbrüder Einkünfte aus einem Hof in Neuss angewiesen haben (REK I 46). Auch Adelsgut dürfte es in Neuss gegeben haben (Wisplinghoff I, S. 27-41).
Kölner Erzstift
1021 befand sich Neuss wahrscheinlich in Kölner Besitz, als Erzbischof Heribert kurz vor seinem Tod dort die letzte Ölung empfing (I 3). Die Erzbischöfe besaßen dort eine öfter von ihnen als Residenz benutzte curia (vgl. insgesamt II 1 Burg). Sie wurde im Volksmund nach einer davor befindlichen Treppe Trappengut genannt (ante palacium nostrum nussiense, quod vulgariter dicitur super Trappam) (REK III 2852). Auf dem Areal dieses Saalhofes lagen außer dem Palas und der Nikolauskapelle (IV 4) Höfe, Ställe, Scheunen und Gärten von Bürgern (vgl. Brandts, Falkenstein 166), die den Trappenzins zu entrichten hatten. 7 Häuser am Freithof (heute Münsterplatz) entrichteten 1543 den Fahrzins. Eine halla und neu bebaute Hausplätze schenkte der Erzbischof 1211 der Stadt (II 5 Gebäude; III 3). Umfangreicher war der Besitz des Erzbischofs im Burgbann. Er lag bei den Höfen Kaldenberg, Baldhof und Fetscherei. Es handelte sich teils um Zins-, teils um Lehengüter, von denen ein großer Teil vor dem 14. Jahrhundert verkauft worden ist und teilweise an die Neusser Klarissen und die Kölner Johanniter gelangte. Die Kölner Klarissen erwarben den dem Erzbischof zinspflichtigen Neuhof an der Krur. (1450) wurden die zinspflichtigen Höfe Smytten und Bottelrye parzelliert (Tücking, Neuss, S. 29; Lau, S. 11*-14*). Dem Erzbischof stand die höhere Gerichtsbarkeit (III 1 Gerichtsherrschaft) sowie die Vogtei über das Quirinstift (Lau, S. 4*f.; Kottje, S. 27) zu. Er erhob den Marktzoll, später das Standgeld (Lau, S. 3*, 13*f.). Als Landesherr besaß er das Fährrecht (I 1 Verkehrsanbindung), das Mühlenrecht (V 4 Mühlen), den Landzoll sowie den Rheinzoll (III 2 Zoll). Nach einer Aufzeichnung aus der Mitte des 15. Jahrhunderts verfügten die Erzbischöfe in Neuss über Einkünfte aus einer ehemaligen Villikation von ca. 1000 Mg (K. Flink, Weistum u. Stadtrecht. In: Geschichtliche Landeskunde d. Rheinlande. Georg Droege z. Gedenken, 1994, S. 261).
Stift St. Quirin
Der ursprünglich bedeutende Grundbesitz des Stifts in Stadt und Burgbann Neuss lässt sich nicht mehr vollständig nachweisen. Der Haupthof der Äbtissin, der im Westen der Stadt jenseits des Marktes zwischen der Oberstraße und der Straße Hinderhofen lag, ist schon früh parzelliert worden (Lau, S. 4*). Schon vor 1195 besaß die Äbtissin eine Mühle an der Erft (I 3; V 4 Mühlen). 1582 flossen Stift und Äbtissin Zinsen von 79 Häusern in der Stadt zu, 1663 waren es nur noch 37. Im Burgbann bezog das Stift 1582 von 125 Gärten einen Pachtzins (Lau, S. 14*f.). 1486 schenkte Wilhelm Graf zur Dyck den Stiftskanonikern einen Hof, seitdem Kanonichenhof genannt (Tücking, Einrichtungen, S. 35; vgl. Tafel 2, Uraufnahme). 1802 besaß das Stift außer den Klostergebäuden 2 Häuser in der Stadt sowie im Burgbann Äcker und Gärten im Schätzwert von 23.861 Francs (W. Klompen, Die Säkularisation im Arrondissement Krefeld 1794-1814, 1962, S. 56)
Oberkloster
Erzbischof Adolf I. verlieh 1195 dem Kloster die Fischerei in der Erft von der Mühle der Äbtissin bis zum Rhein, außerdem bestätigte er einen mit Zustimmung Erzbischof Philipps von Heinsberg im benachbarten Wald angelegten Hof, den später so genannten Nixhof (REK II 1393; I 3). 1802 verfügte das Kloster im Burgbann über 2 Höfe, Land, Gärten und Wiesen im Schätzwert von 55.766 Francs (Klompen, S. 55)
Abtei Gnadental
1280 schenkte Erzbischof Siegfried von Westerburg dem Kloster den Rottzehnten von 9 Mansen, ca. 270 Mg Land, in der Pfarre Neuss, den Hermann von Kothausen dem Erzbischof übertragen hatte (REK III 2852). 1296 wurden dem Kloster jährliche Einkünfte von 15 Mark von Neusser Häusern übertragen (LAV NRW R N Gnadental Urk 5). 1424 erhielt es ein Gut auf dem Hackenberg bei Neuss (ebd. Urk 45) sowie seit der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts Memorienstiftungen von Neusser Bürgerinnen und Bürgern (Wisplinghoff IV, S. 202). 1802 verfügte die Abtei außer den Klostergebäuden im Burgbann dort nur noch über Land und Wald im Schätzwert von 5.920 Francs (Klompen, S. 57). Fundamente der Klostergebäude wurden nach 1996 freigelegt (S. Sauer, Zur römischen u. klösterlichen Vergangenheit v Gut Gnadental. In: Jb f. d. Rhein-Kr. N 2006, S. 16-23)
Klarissenkloster
Nach Erwerbungen von Rode- und Ackerland im Burgbann kaufte das Kloster dort 1424 den Baldhof (Tücking, Urkunden 126-128); 1427 stiftete Jakob von Gohr gen. Vorman 24 Mg Ackerland bei dem Hof Kaldenberg (Kamberg) für eine Vikarstelle am Katharinenaltar (ebd. 132). 1302 und 1315 erwarb das Kloster das Fahrrecht über den Rhein nach Düsseldorf und Hamm (ebd., S. 83 f.; Tücking, Einrichtungen, S. 226-228). 1802 besaß es außer dem Hof Kamberg Land im Burgbann im Schätzwert von 45.325 Francs (Klompen, S. 53)
Kloster St. Michaelsberg
Seit 1413 erwarb das Kloster Immobilien. Daneben flossen ihm Vermächtnisse zu, darunter 1425 7 Mg Land vor dem Rheintor. 1802 besaß das Kloster ein Haus in der Stadt sowie Gärten und 28 ½ Mg Land im Burgbann (Wisplinghoff IV, S. 264-267; Klompen, S. 52)
Sebastianuskonvent
Außer 2 Häusern in der Stadt gehörten dem Kloster 1802 in Neuss 15 Mg Land und 13 Gärten im Schätzwert von 5.993 Francs (Klompen, S. 51)
Sepulchrinerinnen
1802 gehörten ihnen 6 Mg Land sowie 2 Gärten. Schätzwert 5110 (Klompen, S. 53)
Abtei Kamp
Die Abtei besaß in Neuss den an der Ecke Brückstraße/Trankgasse gelegenen Kamperhof, der vermutlich im 12 Jahrhundert erworben wurde. Der Bau einer Kapelle erfolgte vor 1295 (REK III 3454). Von 1316 an ist der Erwerb von Häusern und Erbrenten in Neuss belegt. 1802 wurde der Wert des Hofes auf 15.000 Francs geschätzt (G. Eckertz, Fontes adhuc inediti rerum rhenarum. Niederrheinische Chroniken II, 1864, S. 333; M. Dicks, Die Abtei Camp am Niederrhein, 1913, S. 84, 88, 185f., 238, 265, 296, 316, 387, 445, 466, 616)
Prämonstratenserinnen in Meer
Das Kloster besaß in der Neugasse (später Spulgasse) eine Kurie, in die vor 1300 eine Neusserin als conversa aufgenommen wurde. 1525 und 1543 durch 2 Häuser und einen Garten erweitert, 1586 zerstört, später wieder hergestellt und erweitert (Tücking, Einrichtungen, S. 186-188; K. Emsbach, Der Meererhof, Stadthof d. Klosters Meer in Neuss. In: Kloster Meer, 2003, S. 42-49)
Abtei Knechtsteden
Die Abtei erwarb nach 1134 Güter im Burgbann (Tücking, Neuss, S. 16), nach 1381 2 Häuser am Obertor (F. Ehlen, Die Prämonstratenser-Abtei Knechtsteden. Geschichte u. Urkundenbuch, 1904, S. 127, 129). 1717 kaufte sie die Fetscherei von dem Johanniterorden für 2.100 Taler, 1802 gehörte ihr 1 Hof mit 190 Mg Land (Tücking, Neuss, S. 30; Klompen, S. 150)
Sonstige Grundherren
Über weniger bedeutsamen Grundbesitz verfügten 1802 folgende auswärtige geistliche Institutionen im Burgbann: St. Klara, Köln, Stift Maria ad Gradus, Köln, Kloster Herrenleichnam, Köln, Kloster Engeltal, Bonn, Kanonie Linders, Vicarie Neuenhausen, Stiftskapitel Düsseldorf (Klompen, S. 149f.)
3. 1 Gerichtsherrschaft
3. 1 Schöffengericht
Gerichtsherr war nach der frühesten Quellenüberlieferung der Erzbischof von Köln. Er scheint die Vogteirechte in Neuss (advocatia Nussiensis, REK II 1268 = ca. 1185) innegehabt zu haben. Die Aufgaben des Vogteigerichts könnte allmählich das Schöffengericht übernommen haben, während der Schultheiß die Stellung des Vogtes erhielt (so Kottje, S. 26-30; vgl. auch REK III 2452). Obwohl erst die Urkunde von 1259 (III 3) von scabini et cives universi Nussienses (Lau, S. 45) spricht, dürfte das Gericht spätestens um die Mitte des 11. Jahrhunderts mit seiner Zuständigkeit für Stadt und Burgbann existiert haben (Wisplinghoff I, S. 520). 1259 wurde sein Selbstergänzungsrecht bestätigt. Die Zahl der Mitglieder betrug zunächst 12, seit 1310 14 (REK IV 513). 1771 gelang es dem Rat, ihre Zahl, die schon länger wesentlich geringer gewesen war, auf 5 festzuschreiben (StaN B.01.01 Rat 1771-1780, S. 40f.)
Zuständig war das Gericht für Zivil- und Strafsachen. Gegen die Konkurrenz der Notare bei der Erstellung von Testamenten suchte das hoge gericht van Neuss sich 1473 und 1475 durch Verfügungen des Domkapitels und Kaiser Friedrichs III. zu schützen (Lau, S. 145, 155; III 3). Es tagte unter dem Vorsitz des Schultheißen (Lau I 4). Eine wohl aus dem 16. Jahrhundert stammende Schöffenordnung enthielt Verfahrensvorschriften, die unter anderem die Beeinflussung der Urteilsfindung durch verwandtschaftliche Beziehungen der Schöffen zu unterbinden suchten (Lau I 5). Das Gericht urteilte nach Kölner Recht.
Seit Anfang des 16. Jahrhunderts war das Hochgericht Köln Appellationsinstanz (ebd., S. 5* f.). Die Polizeiordnung von 1590 (III 3) setzte an die Stelle des Schultheißen einen Vogt mit ähnlichen Befugnissen (Lau I 7, bes. S. 29-31). Gegen die 1605 erlassene Gerichtsordnung, die die entsprechenden Bestimmungen der Polizeiordnung spezifizierte (III 3), rief die Stadt das Reichskammergericht an. Ein abschließendes Urteil erging nie. Gestützt auf eine 1615 von Kaiser Matthias erhaltene Bestätigung ihrer Privilegien (III 3) gelang es der Stadt, den Einfluss des Vogtes auf die Kriminalgerichtsbarkeit wieder zurück zu drängen (Tücking, Neuss, S. 231-234). Erst 1729 büßte sie ihren Anspruch auf die Aburteilung von Schwerverbrechern ein (Lau, S. 51*; Wisplinghoff I, S. 532)
Oberhof Neuss
Die meisten Städte des Niederstifts hatten nach Neuss Konsultation, später auch Appellation (Lau, S. 5*-7*)
1228 Juli 14 verleiht Erzbischof Heinrich I. den Reeser Bürgern die Freiheit und die Rechte, die die Neusser von alters her erlangt haben (REK III 660). 1240 bestimmt Erzbischof Konrad von Hochstaden den Rechtszug der Stadt Rees nach Köln oder nach Neuss (ebd. 980)
1228 Juli 15 verleiht Erzbischof Heinrich I. den Xantener Bürgern die Rechte der Neusser (ebd. 661). Im Weistum von 1389 bezeichnen die Xantener Schöffen den Neusser Schöffenstuhl als ihr Haupt, wo sie ihre Urteile holen (ebd. IX 1778)
Rechtsbefragung der Stadt Rees bei dem Gericht Neuss as an der stat vain Reyss geboirliche hoift von 1462 (Lau II 94); Rechtsweisungen der Stadt Neuss für Xanten und Rees aus dem 15. Jahrhundert (ebd. I 2 sowie ebd. II 125 für Xanten, vgl H. Hawicks, Mittelalterliche Rechtsprechung in Xanten. Die Neusser Schöffensprüche im Privilegienbuch d. Stadt Xanten, 2004)
1233 Februar verleiht Erzbischof Heinrich I. den Bürgern von Rheinberg die Freiheit und die Rechte, die die Bürger von Neuss seit alters besitzen (REK III 769; Tücking, Neuss, S. 349; Rhein. Städteatlas VII Nr. 40: Rheinberg, 1982)
Nach den Neusser Schöffenprotokollen des 16. Jahrhunderts hatten ihren Oberhof in Neuss außerdem die kurkölnischen Städte Kempen und Uerdingen sowie die Orte Odenkirchen, Oedt und Glehn, bis in die 1660er Jahre auch Moers und Krefeld (Lau, S. 7*; UB Krefeld IV 5446, 6167; M. Wensky, Moers im Mittelalter (900-1500). In: Dies. (Hg.), Moers. Geschichte d. Stadt v. d. Frühzeit bis z. Gegenwart, Bd. 1, 2000, S. 97; Rhein. Städteatlas III Nr. 19: Uerdingen, 1976; Rhein. Städteatlas VI Nr. 32: Odenkirchen, 2. Aufl. 1996)
Hofesgerichte
Das erzbischöfliche Hofesgericht, zuständig für die Hintersassen des Erzbistums, tagte vor oder in der Kurie auf dem Freithof (heute Münsterplatz) in der Regel unter dem Vorsitz des Schultheißen. Das für die Hintersassen der Äbtissin zuständige Hofesgericht verhandelte unter dem Vorsitz des Schultheißen der Äbtissin. 1479 tagte es up eyn stede gnant de rode Moelen by dem putte hynder langerbeyns huysse gelegen in der Nähe der Gasse Hinder Hoven (Kottje, S. 31 Anm. 160; Lau, S. 10*; vor 1586 Gasse Achter Hauen,Tafel 4, Braun/Hogenberg)
Bürgermeistergericht
1473 Erste Erwähnung in einer auf Bitten der Bürger ausgestellten Urkunde des Domkapitels, die den Bürgermeistern erlaubt, die Bürger in bestimmten Zivilstreitigkeiten zu vereidigen. Im gleichen Jahr sichert ihnen ein Privileg Kaiser Friedrichs III. die Gerichtsbarkeit in allen weltlichen Sachen ausgenommen Erbangelegenheiten zu (Lau, S. 145, 148; III 3).
1590 verfügt die Polizeiordnung die Aufhebung des auch in Strafsachen tätigen Gerichts. 1593 wird sie rückgängig gemacht (Wisplinghoff I, S. 531). Die Gerichtsordnung von 1605 (III 1 Schöffengericht) begrenzte die Gültigkeit seiner Anordnungen in Vormundschaftssachen auf die Stadt Neuss (Tücking, Neuss, S. 121, 232f.). Die Polizeiordnung von 1790 schränkte seine Kompetenz erheblich ein (Lau, S. 341f.)
3. 1 Sendgericht
Im Erzbistum Köln ist das bischöfliche Sendgericht, das in Neuss dem Domdekan als Archidiakon unterstand, spätestens im 14. Jahrhundert faktisch auf die Pastoren, die in Neuss in der Regel zugleich Dekane waren (IV 4 Bistums- und Dekanatszugehörigkeit), übergegangen (Janssen II 2, S. 133; Molitor, S. 295). Schon im Spätmittelalter scheint sich die Funktion des Pastors (Plebans) auf das Lesen einer Messe und eine ermahnende Ansprache beschränkt zu haben, während dem Bürgermeister – unterstützt von den Sendschöffen – die Aufgabe zufiel, die ordenung des hilgen seendz zo verwaeren ind die dairinne gewroegt werden zo straifen, dat die stat bi irer frijheit blive (Lau, S. 162; vgl. Wisplinghoff IV, S. 26-28). Noch 1618 musste der Rat allerdings anerkennen, dass der Send im Namen des Kölner Domdekans als Archidiakon gehalten werde. Das Sendgericht tagte zunächst in der Marienkapelle, seit dem späten 15. Jahrhundert anscheinend in der Stiftskirche. Sendtermin war der Dienstag nach dem Sonntag Reminiscere (StaN B.01. 03, 1493 fol. 63; Tücking, Einrichtungen, S. 61, 127-130, 353—357; Lau, S. 10*f.; Franzen, S. 280; vgl. auch Molitor, S. 330)
3. 1 Friedens-, Amtsgericht
1798 Einrichtung eines Friedensgerichts für den Kanton Neuss (Graumann, S. 153-155)
1821 wird ein zum Landgerichtsbezirk Düsseldorf gehörendes neues Friedensgericht in Neuss eingerichtet (Bär, Behördenverfassung, S. 406)
1879 erhält Neuss ein auf der Reichsgesetzgebung beruhendes Amtsgericht innerhalb des Landgerichtsbezirks Düsseldorf (ebd., S. 436f.). Seit 1894 befindet es sich auf der Breite Straße (vgl. Tafel 9-11, Stadtpläne nach 1909, 1925 u. 1957; Tafel 1.1, DGK). 1985 wird das Gebäude des Quirinus-Gymnasiums übernommen (www.ag-neuss.nrw.de)
1927 erhält Neuss ein Arbeitsgericht. 1974 werden ihm Dormagen, Kaarst, Korschenbroich, Meerbusch und Neuss zugewiesen (vgl. insges. Strauch, Rhein. Gerichte, 2007, S. 380f.)
3. 1 Stadtrecht, Stadtrechtsüberlieferung
Eine Kodifizierung des Neusser Stadtrechts hat anders als etwa in Kalkar oder in Kleve nicht stattgefunden (Rhein. Städteatlas XIV Nr. 76: Kalkar, 2001). Greifbar wird es in der Stadt verliehenen königlichen und landesherrlichen Privilegien und Anordnungen (III 3), in Weistümern (III 1), in Weisungen Neusser Rechts für die Städte Rees und Xanten (III 1 Oberhof) sowie in einer Aufzeichnung unter dem Titel Statuta und alte gepräuche der stat ind gerichtz in Neuss aus dem 15. Jahrhundert (Lau I 3). Hinzu kommen ebenfalls meist abschriftlich überlieferte Gerichtsordnungen aus dem 16. Jahrhundert (ebd. 5, 6), von den Amtleuten (d. h. Ratsherren) beschlossene Statuten über den Ratsgang von 1382 (ebd. II 73), ein hierüber abgeschlossener Vertrag zwischen Schöffen und Rat von 1383 (ebd. 74) sowie die Dienstverpflichtung des neu gewählten Ratsbürgermeisters von (1480) (ebd. 117)
3. 1 Weistümer
(1340) Weistum über den Burgbann und den durch Schultheiß, Schöffen und Rat am Geschworenen Montag durchzuführenden Umritt. Überliefert in 3 verschiedenen Redaktionen, in der von Anfang des 16. Jahrhunderts als achten bezeichnet (Lau I 1; Tücking, Neuss, S. 337-339)
1435 Weistum der Neusser Schöffen über die Rechte des Erzbistums in Neuss (Lau II 79)
1589 Weistum über die Grenze des Burgbanns mit dem Herzogtum Berg (StaN B.02.01 III B 1; Tücking, Neuss, S. 110)
Vgl. hierzu auch III 1 Stadtrecht
3. 1 Amtsträger und Bedienstete
1074 ministeriales nostri, qui in eodem opido Nusciensi erunt manentes (vgl. Wisplinghoff IV, S. 119; I 3)
1074 noster advocatus Nussiensis opidi (I 3)
1138 procurator de Nussia (I 3)
1143 ministeriales s. Petri: Herrardus de Nussia (vgl. U. Ritzerfeld, Das Kölner Erzstift im 12. Jahrhundert, 1994, S. 136f.; I 3)
1180 Herimannus thelonearius (UB Köln I 94; vgl. F. Lau, Die erzbischöflichen Beamten in d. Stadt Köln während d. zwölften Jahrhunderts, phil. Diss. Bonn 1891, S. 80f.)
1223 scabini (REK 404)
1223 Theodericus scultetus (L. Schmitz, Ein Archivinventar d. Oberklosters zu Neuss. In: AHVN 70, 1901, S. 7)
1255 thelonii scriptor (NrhUB II 423)
1275 iudices, scabini, consilium et cives universi Nussienses (UB Köln III 115; hierzu Lau, S. 18* Anm. 2)
1281 officiati et thelonearii (E. Liesegang, Recht u. Verfassung v. Rees. In: WDZ Erg.heft 6, 1890, Nr. 12 = REK III 2869)
1326 officiatus atrii Nussiensis (UB Altenberg I 640 = REK IV 1564)
1341 preco [Herold, Gerichtsbote] opidi et domini … archiepiscopi Coloniensis (Lau II 42)
1590 unserem voigt (Lau I 7; III 3)
3. 2 Markt
Jahrmärkte
1339 erstmalige Erwähnung von 3 Neusser Markttagen am Walburgistag (1. Mai), am Johannistag (24. Juni) und am Remigiustag (1. Oktober) (Lau, S. 65, 69, 71). Diese Jahrmärkte dürften jedoch wesentlich älter sein (ebd., S. 113*)
Vor 1419 Erwähnung des Jahrmarkts am Bartholomäustag (24. August) (ebd., S. 113*f.)
1475 verleiht Kaiser Friedrich III. der Stadt einen 5. Jahrmarkt am Martinstag (11. November) (III 3). Nach 1586 scheint dieser für längere Zeit in Vergessenheit geraten zu sein (Wisplinghoff I, S. 364)
Ab 1801 finden zunächst 4, später wieder 5 Jahr- oder Krammärkte (1. Mai, 24. Juni, 24. August, 1. Oktober, 11. November) statt (LAV NRW R Dep. Moers II fol. 6; Annuaire du Département de la Roër, pour l’année 1813; Wisplinghoff II, S. 72)
Heute finden Jahrmärkte statt am 1. Mittwoch im April (Aprilmarkt), am 1. Arbeitstag nach dem 1. Mai (Maimarkt), am 24. Juni (Johannismarkt), am 25. Juli (Jakobusmarkt), am 2. Dienstag im Oktober (Oktobermarkt), am 11. November (Martinimarkt) (www.neuss.de/bürgerservice Festsetzung Märkte 32/032 HdO)
Wochen- und andere Märkte
1211 Viehmarkt (forum pecorum) (vgl. auch Lau, S. 179*; II 5 Plätze)
1449 verleiht Erzbischof Dietrich von Moers der Stadt einen Wochenmarkt von Mittwoch bis Donnerstag (III 3)
1627 Kurfürst Ferdinand verleiht der Stadt 2 Wochenmärkte an Mittwoch und Freitag auf dem Freithof (Friedhof) (III 3)
Vor 1813 richtet die französische Verwaltung einen Fruchtmarkt ein (Neuss im Wandel, S. 406, 421). Nach der Marktordnung von 1829 findet er dienstags und freitags auf dem Marktplatz statt (LHAK 403/11602)
1820 Neueinrichtung von Weid- und Schlachtviehmärkten, die wöchentlich zwischen Juli und Dezember zunächst auf dem Viehmarkt (heute Neumarkt) (II 5 Plätze), ab 1895 am Hessentor, dann am neuen Schlachthof (II 5 Gebäude) stattfinden (Tücking, Neuss, S. 319; Engels, S. 134-136)
1821 Verlegung des Düsseldorfer Pferdemarktes nach Neuss (ebd., S. 136). 1908 werden als Daten für die Pferdemärkte der 10. März, 5. September und 11. November genannt ((LAV NRW R Reg. Düsseldorf 45765))
1897 Genehmigung eines Zucht- und Milchviehmarktes (Engels, S. 135f.)
Seit dem 19. Jahrhundert gibt es Wochenmärkte an allen Wochentagen. Gegenwärtig finden Wochenmärkte montags bis freitags auf dem Markt, samstags auf dem Münsterplatz, dienstags und donnerstags auf dem Berliner Platz, freitags auf der Otto-Wels-Straße (Ladenzentrum) und auf dem Lessingplatz, donnerstags auf der Euskirchener Straße (Parkplatz) statt (www.neuss.de/bürgerservice Festsetzung Märkte 32/032 HdO)
3. 2 Zoll
Markt- und Rheinzoll
877 befreit König Ludwig III. der Jüngere das Kloster Werden von der Abgabe jeglichen Zolls in Neuss (ab omni vectigalium exquisitione … in Neuss_) _(zur Deutung von vectigal als „vornehmlich marktbezogene Abgabe“ F. Pfeiffer, Transitzölle 1000-1500 <Geschichtl. Atlas d. Rheinlande, Beiheft VII/10>, 2000, S. 70; Pfeiffer, Transitzölle, S. 33f.; I 3)
1138 gewährt Erzbischof Arnold I. den Brüdern des Marienstifts zu Betenbur (Bedbur) für ihr Schiff Freiheit vom Zoll (tributum) vor Neuss und Freiheit von der Marktabgabe (theloneum) für die Stiftsbedürfnisse (I 3).
1145 befreit König Konrad I. die Kaiserswerther unter anderem vom Zoll in Neuss (I 3).
1147 befreit Erzbischof Arnold I. die Abtei Egmont von jedem Zoll unter anderem zu Neuss (I 3).
1169 befreit Erzbischof Philipp von Heinsberg das Kloster in Meer vom Schiff- und Marktzoll in Neuss (a thelonio … Nussie tam navali quam forensi) (I 3)
1181 befreit derselbe Erzbischof die Kirche von Corvey für ihren Wein vom Zoll zu Neuss (theloneum Nussiense) (WUB II 408 = REK II 1168)
1186 befreit derselbe Erzbischof die Kirche von Lisborn vom Zoll zu Neuss (WUB II 463 = REK II 1266)
1186 verleiht derselbe Erzbischof Graf Otto von Geldern 50 Mark Kölner Denare aus dem Zoll zu Neuss (REK II 1268)
1193/1205 teilt Erzbischof Adolf I. seinen Zöllnern in Neuss mit, dass er den Kirchen zu Cappenberg und Wesel [Oberndorf bei Wesel] den Zoll von Wein, Lebensmitteln und anderen Gütern erlassen hat (WUB III 7; REK II 1674))
1194 Kaiser Heinrich VI. bestätigt den Kaufleuten von Kaiserswerth ihre Zollfreiheit unter anderem in Neuss (REK II 1479; I 3)
1225 verfügt der Elekt Heinrich I. Zollbefreiung für die Schiffe von Kloster Kamp zu Neuss (REK III 577; M. Dicks, Die Abtei Camp am Niederrhein, 1913, S. 130)
1236 weist Erzbischof Heinrich I. Herzog Heinrich von Lothringen 3.000 Mark kölnisch auf den halben Neusser Zoll an (REK III 846)
1239 gestattet Erzbischof Konrad von Hochstaden dem Kloster Altenberg, ein Schiff Wein eigenen Wachstums zollfrei an Neuss vorbei zu führen (ebd. 970)
1241 befreit derselbe Erzbischof die Bürger von Rees vom Neusser Zoll (ebd. 1009)
1243 verleiht derselbe Erzbischof Lupert von Swansbule auf eine bestimmte Zeit einen Anteil von 6 Denaren von jedem an Neuss vorbeifahrenden und mehr als 6 Denare zahlenden Schiff (ebd. 1095)
1244 gibt derselbe Erzbischof Otto von Wickerode eine Jahresrente von 5 Mark auf den Neusser Zoll (ebd. 1150)
1248 befreit derselbe Erzbischof die Kölner Schöffen und Bürger vom Land- und Wasserzoll bei Neuss (ebd. 1398; Kuske I 20; 1262 Bestätigung durch Eb Engelbert II. (REK III 2210), erneut 1263 (ebd. 2261), 1265 (ebd. 2320, 2337, 2342) und 1271 (ebd. 2438))
1256 überweist Erzbischof Konrad von Hochstaden Theoderich von Myllendonck eine Jahresrente von 100 Mark auf den Neusser Zoll (ebd. 1878), 1263 eine Rente von 20 Mark (ebd. 2252)
1259 belehnt derselbe Erzbischof Wilhelm von Altena mit einer Rente von 20 Mark auf den Neusser Zoll (ebd. 2077)
1271 weist Erzbischof Engelbert II. Gernand, Burggraf von Kaiserswerth, 235 Mark auf den halben Neusser Zoll an (ebd. 2464; vgl. auch ebd. 3027)
1274 weist derselbe Erzbischof Gerlach von Myllendonck eine Rente von 182 Mark 10 Sol. auf den 3. Teil des Neusser Zolls an (ebd. 2543)
1280 bestätigt Erzbischof Siegfried Hermann von Kothusens Anspruch auf Rentenzahlung aus dem Neusser Zoll (ebd. 2855, vgl. auch ebd. 3242, 3799)
1280 bestätigt ein Schiedsspruch Ansprüche des Kölner Domkapitels an den Erzbischof aus dem Neusser Zoll (ebd. 2864, 2987; vgl. auch ebd. 3027)
1287 verfügt Erzbischof Siegfried, dass die Duisburger Kaufleute in Neuss nicht mehr Zoll bezahlen, als sie früher entrichtet haben (UB Duisburg I 99; vgl. II 78; REK III 3112)
1289 verpfändet derselbe Erzbischof dem Domkapitel für die bei der Einlösung der Burg Kaiserswerth ausgegebenen 1.900 Mark den Neusser Zoll (ebd. 3224, 3225)
1291 weist derselbe Erzbischof Burggraf Rabodo von Odenkirchen eine Rente aus dem Neusser Zoll an (ebd. 3336)
1298 bestätigt König Albrecht Erzbischof Wikbold und der Kölner Kirche unter anderem den Besitz des Neusser Zolls. (ebd. 3604; Erneuerung 1310 durch König Heinrich VII., REK IV 535, 1314 durch König Friedrich II., ebd. 886, 1346 durch König Johann von Böhmen, ebd. V 1330, 1355 durch Kaiser Karl IV., ebd. VI 675)
1299 belehnt Erzbischof Wikbold Graf Dietrich, Sohn Graf Dietrichs VII. von Kleve, mit einer Rente aus dem Neusser Zoll (ebd. III 3661, 3663, 3699)
1301 bestätigt König Albrecht die Zollfreiheit der Kölner Bürger unter anderem in Neuss mit Strafandrohung gegen widerrechtliche Erheber (ebd. 3794; Kuske I 53, vgl. auch ebd. 55)
1302 muss Erzbischof Wikbold auf die Erhöhung der Zollsätze in Neuss verzichten. Die Neusser Bürger sollen verpflichtet werden, eine Erhöhung nicht zuzulassen (III 3).
1303 weist derselbe Erzbischof Ludolf von Dicke eine Entschädigungszahlung unter anderem auf den Neusser Zoll an (REK III 3943)
1323 weist Erzbischof Heinrich II. den Kölner Bürgern 933 Mark kölnisch auf die Zölle zu Neuss und Rheinberg an (REK IV 1364)
1344 verleiht Erzbischof Walram seinem Bruder Markgraf Wilhelm von Jülich das Recht, Einkünfte im Wert von 10.000 kleinen kölnischen Gulden am Neusser Zoll erheben zu lassen (REK V 1137, 1138; vgl. weiter ebd. 1172, 1545, VI 907)
1344 verspricht derselbe Erzbischof dem Domkapitel die Zolleinnahmen unter anderem in Neuss zur Schuldentilgung zu verwenden (REK V 1168)
1344 verpfändet derselbe Erzbischof dem Domkapitel den Neusser Zoll mit Ausnahme der Anweisungen an den Markgrafen von Jülich und den Grafen von Kleve (s. o. zu 1299 und 1344 sowie REK VI 1135, 1267; ebd. V 1172; Bestätigung 1350 durch Eb Wilhelm, ebd. VI 66, 1363 durch Elekt Adolf, ebd. VII 42, 1364 Eb Engelbert v d Mark, ebd. 170, 1367 durch Koadjutor Kuno, ebd. 585, 678, 1368 ebd. 826)
1363 belehnt Elekt Adolf Gottschalk von Orsbeck mit Renten von 10 Mark aus dem Neusser Zoll (REK VII 45), Dietrich von der Leithen mit 10 Mark Jahreseinkünften aus dem Neusser Zoll (ebd. 53)
1363 gewährt derselbe Elekt Schöffen, Ratsmannen und Bürgern von Rees Vergünstigungen für ihre rheinabwärts nach Rees geführten Weine (ebd. 64)
1364 belehnt derselbe Elekt Rutger von Volmericheim mit einer Rente von 20 Florenen aus dem Neusser Zoll (REK VII 95; ebenso 1371 Erzbischof Friedrich, ebd. VIII 147)
1364 weist Erzbischof Engelbert von der Mark Adolf von der Mark eine Jahresrente von 5.000 alten Goldschilden auf den Neusser Zoll an (REK VII 143)
1364 Johann vten Venna bekundet, dass derselbe Erzbischof ihm eine Rente aus dem Neusser Zoll angewiesen hat (ebd. 203)
1366 bekundet Guyo Hagen von Glinde, dass derselbe Erzbischof ihn mit einer Rente von 20 Goldschilden aus dem Neusser Zoll belehnt hat. (ebd. 467)
1370 bekundet Administrator Kuno, dem Zimmermann Wilhelm Keutyn von Moers 6 Mark Kölner Pagaments aus dem Neusser Zoll angewiesen zu haben (ebd. 1047)
1371 liegt das Haus des Zöllners (teolonii Nussiensis) am Judensteg (Brandts, Falkenstein 302; II 5 Straßen)
1371 weist Erzbischof Friedrich seinem neuen Lehnsmann Gerhard von Vellrath eine Rente von 20 Mark Kölner Pagaments aus dem Neusser Zoll an (REK VIII 294)**
1372** belehnt derselbe Erzbischof Ritter Werner von Swalmen mit 25 alten Moutonen aus dem Neusser Zoll (ebd. 592)
1372 August verlegt derselbe Erzbischof den Neusser Zoll nach Zons (ebd. 717; Bestätigung 1376 durch König Wenzel, ebd. 1462; XII 1580, 1414 durch König Sigismund, REK XII 1094)
1373 Schiedsspruch Erzbischof Kunos von Trier (III 3), nach dem die Stadt Neuss keinen Anspruch auf Zollfreiheit am Zoll zu Zons hat (REK VIII 907)
1377 erkennt der Schiedsspruch Ulrichs von Vinstingen Stadt und Bürgern von Neuss Zollfreiheit zu in dem Maße as doe der zoll zu Neuss lach (Lau II 71; REK VIII 1597; III 3)
Landzoll
1203 legt Erzbischof Adolf I. den Satz fest, den Kaufleute aus Dinant, die den Weg über Neuss wählen, dem Kölner Landzöllner zu entrichten haben (UB Köln II 5; vgl. Pfeiffer, Transitzölle, S. 250f.)
Vor 1259 hat Erzbischof Konrad von Hochstaden den Neusser Bürgern einen zeitweiligen Zoll von Wagen (quoddam de bigis seu curribus temporale theoloneum) verliehen, von dem er das Stift St. Quirin befreit (III 3).
1455 verpfändet Erzbischof Dietrich von Moers der Stadt Neuss die Hälfte des Neusser Landzolls, die bis dahin die Bürgerin Grete Kempgyns in Pfandbesitz hatte. Für die Erhebung der Abgaben bestellt die Stadt einen Zöllner (III 3).
1496 erneuert Erzbischof Ruprecht die Verpfändung und verpfändet der Stadt auch die andere Hälfte des Landzolls. Der Erzbischof übernimmt die Bezahlung des Zöllners (Zu den wechselnden finanziellen Erträgen und der Lage der Neusser Zollstätten Lau, S. 149*-152*; Tücking, Neuss, S. 214f.; Wisplinghoff I, S. 636-642; III 3)
Zollverwaltungsstellen in Neuss seit dem 19. Jahrhundert
1798 richtet die französische Besatzungsmacht ein Hauptbüro (Bureau principal) der Zollverwaltung ein (Graumann, S. 126f.)
1819 Einrichtung des Hauptsteueramts, seit 1908 als Hauptzollamt bezeichnet. 1912 Sitz am Marienkirchplatz (Bär, Behördenverfassung, S. 378; Engels, S. 185). 1933 aufgehoben (H. Romeyk, Verwaltungs- u. Behördengeschichte d. Rheinprovinz 1914-1945, 1985, S. 389). 1908 Zollamt am Hafen (Abfertigungsstelle), 1936 Erweiterungsbau, 1954 neues Zollamt bis 1973. Das heutige Zollamt Neuss an der Duisburger Straße gehört zum Hauptzollamt Krefeld (www.neuss.de)
3. 2 Münze
Ein nach 1131 geprägter Denar (schwerer Pfennig) hat als Vorderseitenumschrift den Namen des heiligen Quirinus (S·QVIRI). Das Rückseitenbild entspricht den Kölner Prägungen Erzbischof Brunos II. (1131-37). Dies deutet auf die Existenz einer urkundlich nicht belegten Münzstätte in Neuss hin (W. Hävernick, Die Münzen v. Köln, 1935, S. 177). Nach Manfred van Rey (Einführung in d. Münzgeschichte d. Mittelalters, 1983, S. 65, 82, 94f., 133f.) handelte es sich um eine „Nebenmünzstätte“ Kölns (Zur möglichen Existenz einer Münzstätte in karolingischer Zeit vgl. A. Engel/R. Serrure, Traité de numismatique du Moyen Age, Bd. 1, 1964, S. 201; kritisch Kottje, S. 33f.; vgl. auch Huck, Neuss I, S. 5)
1352 verleiht Kaiser Karl IV. Erzbischof Wilhelm das Recht, in Neuss eine Münzstätte zu errichten. 1359 lässt der Erzbischof das Privileg im Reichsregister wieder löschen (NrhUB III 591)
1475 September 2 verleiht Kaiser Friedrich III. Neuss das Recht, goldene und silberne Münzen bis hinab zu einem halben Mörchen (1 Pfennig) under irer stat wappen schlagen zu lassen (III 3). Ein Münzmeister ist seit 1479 nachweisbar (Lau, S. 146* Anm. 7). 2 Wardeine, meist Ratsherren, überwachten die Prägungen. Prägte man zunächst kleinere Werte, so wurden seit 1539 auch ganze, halbe und viertel Taler hergestellt. Obwohl den Neusser Prägungen gelegentlich Minderwertigkeit vorgeworfen wurde, konnte die Stadt ihr Münzregal bis 1583, dem Beginn der Truchsesschen Wirren, ausüben. Bei der Eroberung der Stadt 1586 wurde die zwischen Markt und altem Friedhof gelegene Münze (II 5 Gebäude) zerstört (Tücking, Neuss, S. 363). Versuche, das Münzrecht wieder auszuüben, scheiterten endgültig in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts (Wisplinghoff I, S. 643-645; A. Noss, Die Münzen d. Städte Köln u. Neuss 1474-1794, T. 2, 1926, S. 3-45; Huck, Neuss I, S. 184-190)
3. 2 Bede
1222 setzt Erzbischof Engelbert I. die jährlich fällige Bede der Stadt Neuss auf 40 Mark fest (III 3).
1259 genehmigt Erzbischof Konrad, dass die jährliche Bede nur mit Zustimmung der Stadt erhöht werden kann (III 3).
1323 gestattet Erzbischof Heinrich II. Schöffen und Ratsherren, Zwangsmaßnahmen gegen säumige Bürger bei der Erhebung ihm zugesagten Geldes anzuwenden (III 3).
1365 quittiert Erzbischof Engelbert III. der Stadt die Zahlung der seit 11 Jahren rückständigen Bede (Lau II 64)
1373 verpflichtet der Schiedsspruch Erzbischof Kunos von Trier und des Kölner Domkapitels die Stadt zur Zahlung der seit 2 Jahren rückständigen Bede, die auch in Zukunft zu entrichten ist (ebd. 70 Nr. 15)
1435 erlegt Erzbischof Dietrich von Moers paffen ind leien, kristen ind Joeden … ind ouch alle sine stede eine allgemeine Steuer auf, gegen die sich die Neusser unter Berufung auf ihr altes Recht zu widersetzen suchen (Die Chroniken d. deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, Bd. 13, 1876, S. 171 (Zitat); Bd. 14, 1877, S. 774f.)
1446 verkauft derselbe Erzbischof die jährlich am 17. Januar fällige Bede für 400 Gulden an einen Neusser Schöffen, offenbar einen Strohmann der Stadt (Lau II 84, S. 26* Anm. 4; III 3)
1454 gewährt Neuss demselben Erzbischof van gunst ind fruntschaft und nit van rechte eine Geldsteuer in unbekannter Höhe und erhält dafür eine Bestätigung seiner Privilegien (ebd. II 86)
Zu den Leistungen der Stadt Neuss nach den Steuermatrikeln vgl. III 9
3. 2 Akzise
Wie andere kurkölnische Städte erhob Neuss Akzisen. Einschlägige Privilegien sind allerdings nicht überliefert. Der Zeitpunkt der Einführung ist deshalb nicht zu ermitteln. Nach den Stadtrechnungen wurden die zahlreichen Akzisen erhoben von Nahrungsmitteln, vom Handwerk und vom Handel. 1543 brachten sie insgesamt 364 fl., 1793 216 Rtl. ein (Lau, S. 128*-142*)
(1330) Erwähnung der Weinakzise (ebd. II 28)
1357 verpachtet der Rat die Brauakzise an 8 Brauer (ebd. 55, vgl. auch ebd. 57)
1373 wirft Erzbischof Friedrich III. der Stadt vor, Akzise ohne seine Zustimmung zu erheben (ebd. 68; REK VIII 850)
1436 ermöglicht der Schiedsspruch des Domkapitels der Stadt (III 3), zur Aufbringung der ihr auferlegten Strafe von 10.000 Gulden eine zeitlich befristete Akzise zu erheben (Lau II 80)
1513 verwirft der Schiedsspruch Erzbischof Philipps (III 3) die Forderung der Gemeinde nach Abschaffung der Akzise und bestimmt, dat die accisien, wie van alders und bis anher … oich vortan also blive und upgehaven werde (ebd. 131 Art. 2)
1596 erlässt der Rat eine neue Akziseordnung, wie es 1590 die Reformierte Polizei-Ordnung verlangt hatte (ebd. I 7 Artikel XIII § 2; II 192; erneuerte Ordnung 1634, ebd. 209; 1669, ebd. 232; 1681, ebd. 236; 1747 Reglement für die Akzisemeister ebd. 246)
1790 verlangt die Kurfürstliche Polizeiordnung, auf Verminderung und Aufhebung der sehr druckenden Accise … Bedacht zu nehmen und einen neuen Tarif zu erarbeiten, der die unentbehrlichste Lebens-Bedürfnisse, wie auch die Handlungs-Artikel so wenig wie möglich belaste (ebd. 249 §§ 112, 116)
3. 3 Stadtrechtsverleihung, Privilegierungen
Wie andere rheinische Städte „mit römerzeitlicher Wurzel“ besaß Neuss kein „gesetztes“, sondern „gewachsenes Stadtrecht“ (K. Flink, Weistum u. Stadtrecht. In: Geschichtliche Landeskunde d. Rheinlande. Georg Droege z. Gedenken, 1994, S. 264; vgl. III 1 Stadtrecht). Über den Zeitraum der Stadtwerdung lässt sich darum nur die Feststellung treffen, dass Neuss „um 1200 … Stadt im vollen Sinn des Wortes“ ist (E. Ennen, Rheinisches Städtewesen bis 1250 , 1982, S. 8)<geschichtl. 1="" atlas="" beiheft="" der="" i="" rheinlande,="">. 1190 wird Neuss erstmals als civitas bezeichnet (I 3). Diese lebte nach Kölner Recht, das in „Folgeprivilegien“ bestätigt und weitergebildet wurde (Wisplinghoff I, S. 48; Flink, Weistum u. Stadtrecht, S. 259, 280). Insgesamt wurden bis 1794 unter Einschluss der Privilegienbestätigungen mehr als 80 königliche und landesherrliche Privilegien und Anordnungen ermittelt (K. Flink, Ahrweiler unter d. Krummstab d. Fürstäbte v. Prüm u. d. Erzbischöfe v. Köln. In: Quellen z. Geschichte d. Stadt Ahrweiler, Bd. 2, 2003, S. 506-770, hier S. 511, 518-550). Im Folgenden werden die für die Stadtrechtsentwicklung wichtigeren Privilegien und Anordnungen aufgelistet:</geschichtl.>
1190 März 25 befreit König Heinrich VI. unter anderem die Bürger der civitas Neuss für ihre eigenen Waren von dem Zoll zu Kaiserswerth (NrhUB I 524; UB Duisburg I 19; REK II 1351; III 2 Zoll; III 2 Zoll)
1193 bestimmt Kaiser Heinrich VI., dass unter anderem die Bürger von Neuss in Boppard nur den alten Zoll zu entrichten haben (REK II 1449; NrhUB I 539). Bestätigung 1215 [1216] durch König Friedrich II. (REK II 49; HUB I 137), 1224 [1225] durch König Heinrich VII. (NrhUB II 111; HUB I 186), 1257 durch König Richard (UB Duisburg I 57; vgl. insgesamt III 2 Zoll)
1211 schenkt Erzbischof Dietrich I. der Stadt Neuss eine überbaute Hausstatt (area … inedificata) genannt halla mit einem anliegenden Kämmerchen (cum camerula adjacente) sowie bebaute Hausplätze am Viehmarkt (Lau II 3; REK III 89; II 5 Plätze; II 5 Gebäude)
1222 befreit Erzbischof Engelbert I. die Neusser Bürger gegen eine jährliche Bede (annuum servitium) von 40 Mark von jeglicher Abgabe (Lau II 5; REK III 374; III 2 Bede)
1248 verordnet Erzbischof Konrad von Hochstaden, dass die Orte que vulgariter gemeynde apellantur im Bruch bei Kaarst ungeteilt bleiben sollen (Lau II 7; REK III 1405). In einer weiteren Urkunde von 1248 gestattet er Schöffen und Bürgern von Neuss, dass sie die Gemeindeweide bei Neuss, Büderich und Kaarst ungehindert [mit]benutzen dürfen (Lau II 8; REK III 1407). 1335 spricht Erzbischof Walram der Stadt Neuss die Mitbenutzung der Büttger Gemeindeweide zu (Lau II 35; REK V 347, 348).
1255 erlaubt Erzbischof Konrad scabini et cives Nussienses, das von ihm am Rhein erbaute Kastell zu zerstören und verspricht, ohne Zustimmung der Bürger keine Befestigung in der Stadt oder im Burgbann zu errichten. Er gestattet, die durch Ansandung wachsende Insel zwischen Rhein und Erft, die die Stadt vom Rhein abzuschneiden droht, abzutragen. Er sichert den Bürgern Freiheit von etwa neu einzurichtenden Zöllen zu und bestätigt ihre Freiheiten und guten Gewohnheiten (Lau II 9; REK III 1822; III 2 Zoll)
Vor 1259 hat Erzbischof Konrad von Hochstaden den Neusser Bürgern einen zeitweiligen Zoll von Wagen (quoddam de bigis seu curribus temporale theoloneum) verliehen, von dem er das Stift St. Quirin befreit (REK III 2005; Lau II 11; III 2 Zoll)
1259 Mai 23 bestätigt Erzbischof Konrad den Schöffen ihr altes Recht (antiquam et hactenus observatam bonam consuetudinem) der Selbstergänzung. Er erlaubt die Wahl von 12 oder 14 officiati … qui amptman vulgariter appellantur. Vermutlich sind damit die seit 1255 bezeugten Ratsherren (consules) gemeint (vgl. Lau II 10, 17, 22, 31, 62). Vakant werdende Stellen sollen durch Wahl der universitas opidi Nussiensis, necnon officiales besetzt werden. Städtische Steuern sollen gerecht auf Arm und Reich verteilt werden. Der Erlass von Statuten (einyngen et kuer) soll gemeinsam durch Schultheiß, Schöffen, Amtleute und Bürgermeister (magistri civium) erfolgen. Die jährliche Bede von 40 Mark kann nur mit Zustimmung der Stadt erhöht werden (ebd. 12; REK III 2056; III 1 Gerichtsherrschaft; III 2 Bede)
1270 Die in StaN B.01.08 Privilegienbuch I fol. 69 und in StaN B.01.10 Kopiar III fol. 93f. abschriftlich überlieferte Urkunde (Lau II 13), nach der König Erich Glipping von Dänemark den Neussern völlige Zollfreiheit verliehen habe, ist als Fälschung erwiesen worden (J. Huck, Eine angebliche Urkunde d. Königs v. Dänemark f. Neuss v. 1270. In: AHVN 197, 1994, S. 63-71)
1282 bestätigt König Rudolf I. ein auf Bitten eines Neusser Bürgers ergangenes Urteil des Fürstenrats, nach dem kein geistlicher Fürst, der einer Stadt das Non-Evokationsrecht verliehen habe, einen Bürger dieser Stadt ohne vorherigen [königlichen] Richterspruch außerhalb der Stadt vor Gericht laden dürfe (Lau II 14)
1285 bestätigt Erzbischof Siegfried den Neusser Bürgern (opidani) ihre Privilegien (ebd. 15; REK III 3076)
1302 muss Erzbischof Wikbold auf die Erhöhung der Zollsätze in Neuss verzichten. Die Neusser Bürger werden verpflichtet, eine Erhöhung nicht zuzulassen (REK III 3876; vgl. 3822; IV 535; III 2 Zoll)
1310 Mai 22 setzt Erzbischof Heinrich II. die Zahl der Schöffen und der Ratsherren (consules, qui amptman vulgariter appellantur) auf je 14 fest. Neu Gewählte sollen vom Eb bestätigt werden und ihm und der Kölner Kirche den Treueid leisten (Lau II 19; REK IV 513). 1326 beauftragt Erzbischof Heinrich II. den Amtmann zu Hülchrath und Schultheiß zu Neuss, in seinem Namen die neu gewählten Ratsherren zu bestätigen (Lau II 24; REK IV 1594; III 6)
1320 genehmigt derselbe Erzbischof die Verlegung des Hospitals (Lau II 22; REK IV 1160; IV 6 Hospital)
1323 gestattet derselbe Erzbischof Schöffen und Konsuln, Zwangsmaßnahmen gegen Bürger anzuwenden, die sich der Beteiligung an der Zahlung von für ihn bestimmten Abgaben widersetzen und verspricht seine Unterstützung (Lau II 23; REK IV 1401; III 2 Bede)
1328 gewährt derselbe Erzbischof den Neusser Bürgern für ihre eigenen Waren Zollfreiheit in Bonn (Lau II 26; REK IV 1721)
1335 hebt Erzbischof Walram ein städtisches Statut auf, nach dem kein Weinzapfer Wein aus 2 Fässern gleichzeitig zapfen, 2 Schankstellen besitzen und einen anderen Weinzapfer auffordern durfte, den Ausschank so lange einzustellen, bis er selbst seinen Wein verkauft hatte (REK V 319; StaN A.01 Urk 7; vgl. Lau II 34)
1340 entscheidet derselbe in einem Streit zwischen Schöffen und Ratsmannen, die sich auf ihre Privilegien berufen hatten, und der Äbtissin und dem Konvent von St. Quirin, dass dem Stift das Recht zusteht, seine Weine unter Beachtung erzbischöflicher Statuten (REK IV 1262; V 173) zu verkaufen (ebd. 706; Lau II 39)
1364 bestätigt Erzbischof Engelbert seinen opidani Nussienses alle guten Gewohnheiten, Rechte und Privilegien (REK VII 151). 1367 gleiche Privilegienbestätigung durch Koadjutor Kuno (ebd. 591)
1373 entscheiden Erzbischof Kuno von Trier und das Kölner Domkapitel als Schiedsrichter über Streitigkeiten zwischen Erzbischof Friedrich von Saarwerden und der Stadt Neuss über die von den Parteien beanspruchten Rechte bzw. Privilegien (Lau II 70; REK VIII 907). 1377 erneuter Schiedsspruch Ulrichs Herrn zu Vinstingen mit dem Ziel, die Parteien gänzlich miteinander zu versöhnen (Lau II 71; REK VIII 1597)
1415 bestätigt Erzbischof Dietrich von Moers die städtischen Privilegien (Lau II 77), 1463 erneuert durch Elekt Ruprecht (ebd. 95)
1436 untersagt ein Schiedsspruch von Bevollmächtigten des Domkapitels, der Edlen, Ritter und Städte des Erzstifts unter anderem alle verbuntnisse ind gelofnisse, eynche burger off burgere mit den andern angegangen ind gedain hetten boven alt herkomen, ind allen gaffelen bynnen Neuss (Lau II 80)
1441 verordnet Erzbischof Dietrich von Moers, dass Liegenschaften, die durch Schenkung an Geistliche kommen, binnen Jahresfrist an Laien zu verkaufen sind (ebd. 82). 1473 erneuert das Domkapitel diese Bestimmungen und erweitert sie um Anordnungen gegen Eingriffe der geistlichen Gerichtsbarkeit und gegen die Errichtung von Testamenten vor Notaren unter Umgehung des Schöffengerichts (ebd. 98).
1445 Juni 11 vererbpachtet Erzbischof Dietrich die erzstiftischen Mühlen bei Neuss mit den zugehörigen Ländereien an die Stadt (V 4 Mühlen). Am 16. Juni verkauft er ihr den Zins von 125 fl. für 2.000 fl. (Lau II 83)
1446 Verkauf der Neusser Bede an einen Schöffen, offenbar ein von der Stadt bestellter Strohmann (ebd. 84, S. 26* Anm. 4; III 2 Bede)
1449 verleiht Erzbischof Dietrich der Stadt einen Wochenmarkt von Mittwoch bis Donnerstag (Lau II 85; III 2 Markt)
1454 bestätigt derselbe Erzbischof als Dank für eine Geldsteuer die Privilegien und Freiheiten der Stadt (Lau II 86)
1455 verpfändet derselbe Erzbischof der Stadt Neuss die Hälfte des Neusser Landzolls, die bis dahin die Bürgerin Grete Kempgyns in Pfandbesitz hatte. Für die Erhebung der Abgaben bestellt die Stadt einen Zöllner (ebd. 88; StaN 01.10 Kopiar I fol. 20f.; III 2 Zoll). 1469 erneuert Erzbischof Ruprecht diese Verpfändung und verpfändet der Stadt auch die andere Hälfte des Landzolls sowie 200 fl. aus den Schatzrenten und Gefällen des Amtes Linn (Lau II 97)
1456 gibt derselbe Erzbischof der Stadt die Erlaubnis, Wasser aus der Erft in die Krur und dann in den Stadtgraben abzuleiten (ebd. 89; I 1 Verkehrsanbindung)
1457 verordnet derselbe Erzbischof, dass neben den 6 auf Lebenszeit bestellten Ratsherren 8 weitere auf ein Jahr neu gewählt werden sollen. Die jährliche Rechnungsablage von Akzisemeister und Baumeister soll vor Bürgermeistern, Schöffen und Rat sowie einem Ausschuss von 12 Bürgern erfolgen, die dazu von den Bürgermeist[ern, Schöffen,] Rat und gemynen burgeren gewählt werden (Lau II 90; III 6)
1460 März 23 erlässt derselbe Erzbischof eine neue Ordnung, nach der Bürgermeister, Schöffen und Rat sowie ein Ausschuss von 48 von der Gemeinde gewählten Bürgern vereinbart haben, das Privileg von 1457 zurückzugeben. Die Ordnung sieht 14 lebenslänglich amtierende Ratsleute vor. Die sich selbst ergänzenden Schöffen bleiben Mitglieder des Rats. Wegen Tod oder Untauglichkeit ausscheidende Ratsherren werden durch Wahl eines vierundzwanzigköpfigen Ausschusses der Gemeinde ersetzt. Die neu Gewählten schwören vor dem Erzbischof oder seinen Kommissaren sowie vor Schöffen, Rat und Gemeinde, die Rechte des Erzbischofs und die Freiheiten der Stadt Neuss bewahren zu helfen. Die Bürger- und Akzisemeister werden jährlich durch Schöffen und Rat sowie eine gleiche Anzahl von Gemeindevertretern erkoren (ebd. 91; III 6)
1469 erneuert Erzbischof Ruprecht die Verpfändung des halben Landzolls und verpfändet der Stadt auch die andere Hälfte. Der Erzbischof übernimmt die Bezahlung des Zöllners (Lau II 97; StaN 01.10 Kopiar I fol. 47-50)
1475 September 2 verleiht Kais Friedrich III. der Stadt wegen ihres Widerstands gegen die burgundische Belagerung und der dabei erlittenen Schäden eine Reihe von Privilegien, „wie sie in dieser Fülle und Gleichzeitigkeit wohl keiner anderen Stadt zu Teil geworden sind“ (Lau, S. 29*). Außer der Bestätigung aller früheren Privilegien erhält sie unter anderem das Recht, den Rhein wieder an die Stadt zu leiten (I 1 Verkehrsanbindung), einen Anteil an der Zollerhebung in Bonn, Zons und Rheinberg, Zollfreiheit an allen Rheinzöllen für 100 Fuder Wein jährlich, Befreiung von allen Erhöhungen der Wasserzölle, Freiheit von Ladungen der Fehmgerichte, einen 5. Jahrmarkt (III 2 Markt), ein neues (?) Wappen (III 5 Wappen), das Recht, mit rotem Wachs zu siegeln (III 5 Siegel), das Münzrecht (III 2 Münze) sowie die Vorrechte einer Hansestadt (Lau II 100-105; III 6 Hansezugehörigkeit). Mit Ausnahme des Privilegs über die Befreiung von der Erhöhung der Wasserzölle (ebd. 104) lässt sich die Stadt diese Privilegien 1476 April 20 von dem päpstlichen Legaten Alexander bestätigen (ebd. 107-111). 1477 Juli 31 päpstliche Bestätigung der Privilegien Kaiser Friedrichs III. (ebd. 114)
1475 Oktober 9 bestätigt Kaiser Friedrich III. die Rechte der Schöffen und bestimmt, dass beim Ausscheiden eines Schultheißen einer der ältesten Schöffen dessen Amt übernehmen soll (ebd. 106; Tücking, Neuss, S. 358-360; III 6)
1477 schließt die Stadt mit dem Stiftsgubernator Hermann von Hessen einen Vertrag, nach dem die Zollfreiheit der Bürger am Zoll zu Linz auf ca. 600 oberl. Rheinische fl. jährlich begrenzt wird (Lau II 112; III 2 Zoll)
1477 stimmt das Domkapitel der Verpfändung des Schultheißenamts zu Neuss an den Neusser Schöffen Heinrich Kyver zu (Lau II 115)
1480 bestätigt der Elekt Hermann die Privilegien der Stadt einschließlich der von Kaiser Friedrich III. verliehenen (ebd. 116). 1509 Bestätigung durch Erzbischof Philipp (ebd. 130), 1515 durch den Elekten Hermann (ebd. 133), 1547 durch Erzbischof Adolf von Schaumburg (ebd. 166)
1513 verkündet Erzbischof Philipp einen Schiedsspruch, der die in diesem Jahr ausgebrochenen Streitigkeiten zwischen Gemeinde und Rat beendet. Einen die Ordnung von 1460 verändernden erzwungenen Verbundbrief muss die Gemeinde dem Erzbischof ausliefern. Die alte Ordnung wird bis auf das Weingeld von 50 fl. wieder hergestellt (ebd. 131; III 6)
1546 beendet ein Rezess Erzbischof Hermanns von Wied die Streitigkeiten zwischen den zum Protestantismus neigenden Vierundzwanzigern und dem Rat. Er sagt die Entsendung von neugläubigen Prädikanten zu, verstärkt den Einfluss der Vierundzwanziger auf die Finanzen, deren Verwaltung transparenter werden soll (Lau II 162; III 6; IV 9)
1557 beendet ein Rezess Erzbischof Antons von Schaumburg die Streitigkeiten zwischen dem Rat und den Vierundzwanzigern. Die Stadt wird ermahnt, am katholischen Glauben festzuhalten (Lau II 171; III 6; IV 9)
1568 bestätigt der Elekt Salentin die Privilegien der Stadt (Lau II 180).
1590 erlässt Kurfürst Ernst eine Reformierte Polizei-Ordnung, die in 20 Abschnitten Verfassung, Verwaltung und Gerichtswesen zugunsten des Landesherrn verändert. An die Stelle des Schultheißen tritt als erzbischöflicher Beamter der Vogt, dem umfassende Mitwirkungs- und Kontrollrechte übertragen werden. So soll er an allen Ratssitzungen teilnehmen und dort die erste Stimme haben. Neubürger, die der katholischen Konfession angehören müssen, dürfen nur mit seiner Zustimmung aufgenommen werden. Die Zahl der Gemeinsleute (Vierundzwanziger) wird auf 16 reduziert. Im letzten Abschnitt wird eine Reihe von Privilegien bestätigt, unter anderem die Zollfreiheit der Bürger zu Zons, die 5 Jahrmärkte und der Wochenmarkt, das Münzrecht sowie das Recht, den Rhein wieder an die Stadt zu leiten (Lau I 7). Der Aufstand des Peter Loer, dem die Vertreibung der kurfürstlichen Besatzung gelang, führte 1593 zur faktischen Außerkraftsetzung der Polizeiordnung. Der Vogt wurde aus der Stadtverwaltung gedrängt, die ihm ausgelieferten Stadtprivilegien musste er herausgeben. 1597 wurde die Zahl der Gemeinsleute wieder auf 24 erhöht (ebd., S. 40*; III 6)
1605 erlässt Kurfürst Ernst eine neue Gerichtsordnung, die von der Stadt am Reichskammergericht angefochten wird (LAV NRW R Kk II 2281; Tücking, Neuss, S. 121-123; III 1 Gerichtherrschaft)
1615 bestätigt Kaiser Matthias die von Kaiser Friedrich III. erteilten Privilegien betreffend der Schöffenwahl (Lau II 106), das Wappen (ebd. 101), das Münzrecht (ebd. 105) und den Rheinbau (ebd. 100) mit dem Zusatz So vil sy dero in ruhigem Herkommen haben und im Besitz seind (ebd. 202). 1674 Bestätigung durch Kaiser Leopold I. (ebd. 234), 1710 durch Kaiser Joseph I. (ebd. 240), 1713 durch Kaiser Karl VI. (LAV NRW R Kk II 2275 fol. 76-88v; StaN A.01 Urk. 680)
1627 verleiht Kurfürst Ferdinand der Stadt 2 Wochenmärkte (Lau II 207; III 2 Markt)
1652 bestätigt Kurfürst Max Heinrich Bürgermeistern, Schöffen, Rat und Gemeinde alle ihre Privilegien, Freiheiten, Rechten, auch gute löbliche Gewonheiten, alte Herkommen, Briefe und Siegelen, wie sie die bis auf diesen Tag rechtmessig erlangt und hergebracht haben (ebd. 227)
1777 verordnet Kurfürst Maximilian Friedrich, dass die noch vorhandenen 5 Schöffen und 5 Ratsherren sich in den Ämtern von Bürgermeister und Rentmeister abwechseln sollen. Mit der Einführung des „Turnus“ war die jährliche Wahl dieser Amtsträger abgeschafft (StaN B.01.01 Rat 1771-1780, S. 256-258; III 6)
1787 erlässt Kurfürst Max Franz eine Verordnung betreffend der Stimmfähigkeit der Bürgermeister (R. Bettgenhäuser, Stadtarchiv zu N, in: AHVN 74, 1897, S. 231 Nr. 22)
1790 Juli 7 erlässt derselbe Kurfürst eine umfangreiche Polizeiordnung zwecks Verbesserung der städtischen Oekonomie und Polizei-Verwaltung. Sie hebt den 1777 eingeführten Turnus auf und überträgt die jährliche Wahl der Bürgermeister der gemeinen Bürgerschaft, die auch die lebenslänglich amtierenden Rentmeister wählen soll. Sie trifft Bestimmungen über Zahl, Aufgaben und Bezahlung der Amtsträger sowie über das Finanzgebaren der Stadt, die einer straffen landesherrlichen Aufsicht unterstellt wird (Lau II 249; vgl. auch Löhrer, S. 387-391; III 6)
1798 richtet die französische Besatzungsmacht die Kantonsmunizipalität Neuss ein, deren Geschäfte im Hauptort Neuss ein Agent und ein Adjunkt besorgen. Die alte Stadtverfassung ist damit aufgehoben (S. Graumann, Neuss unter französischer Verwaltung. In: Licht u. Schatten. Die Franzosen in Neuss 1794 bis 1814, 1994, S. 10f.)
1800 Einführung der Mairieverfassung mit einem Maire (seit 1814 Bürgermeister) und 2 Adjunkten (seit 1814 Beigeordneten) sowie einem Munizipalrat (seit 1814 Stadtrat) (ebd., S. 12)
1845/46 Einführung der Rheinischen Gemeindeordnung, an deren Stelle 1850 die preußische Gemeindeordnung, 1856 die Rheinische Städteordnung tritt (Bär, Behördenverfassung, S. 278-287; R. Schütz, Von d. französischen Munizipalverfassung z. Rheinischen Städteordnung v. 1856. In: M. Wensky <Hg.>, Preußen u. d. rheinischen Städte, 1994, S. 54-68)
1934 Januar 1 Inkrafttreten des die kommunalen Vertretungsorgane als Beschlussgremien beseitigenden preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes von 1933, an dessen Stelle 1935 die Deutsche Gemeindeordnung tritt (W. R. Krabbe, Die Tendenz .z. autoritären Kommunalverfassung: Preußen, Deutschland u. d. Rheinland 1920-1935. In: Ebd., S. 89-91; Welfens, S. 5f.)
3. 4 Stadtgericht (Bannmeile, Außenbürger)
Zum Stadtgericht vgl. III 1 Gerichtsherrschaft
3. 4 Burgbann
Über die mittelalterlichen Grenzen des Burgbanns (1323 Burbann <Brandts, Falkenstein 63> = 1324 Berchbannum <ebd. 67> = 1356 Baurbann (ebd. 220)) unterrichtet ein Weistum aus der Zeit <1340> (III 1 Weistümer). Im Osten und Süden war der Burgbann durch Rhein und Erft, im Norden durch eine in ostwestlicher Richtung vom Rhein nach Neusserfurth, im Westen durch eine von dort nach Südosten verlaufende Linie, die ca. 1 km oberhalb von Selikum die Erft erreichte, begrenzt. Diese war durch verschiedenfarbige Steine markiert und durch Hecken oder „Landwehren“ gesichert sowie an den Durchgängen mit Schlagbäumen versehen. 1377 war die Stadt verpflichtet worden, auf ihre Kosten innerhalb von 3 Jahren binnen deme burbanne van Nuysse eyne gracht graven ind eyne lantwer errichten zu lassen (Lau II 71 §6; REK VIII 1597; vgl. III 3). Durch die Verlagerung des Rheins nach Osten und Norden ergaben sich langwierige Grenzstreitigkeiten mit Jülich-Berg. 1575 und 1657 einigte man sich auf einen Grenzverlauf, nach dem der Stadt Neuss das Weideland (Weide oder Wait, Hammweide und Hamfeld) zwischen Erft und einem alten Rheinarm, dem Siepen oder „bergischen Graben“, dem Herzogtum Berg die neu entstandenen Weidestücke Schandert und Typers zustanden (Tücking, Neuss, S. 95, 153f., 187, 194-197, 339f. Karte nach S. 194). Die seit dem 18. Jahrhundert entstandene Heerdter Insel wird seit dem 19. Jahrhundert als Ölgangsinsel bezeichnet. Sie ist seit ungefähr 1900 mit dem Ufer verbunden (Straßer, S. 137, 143f.). Seit 2004 wird ihre Renaturierung betrieben.
Seit Aanfang des 14. Jahrhunderts bestand der Burgbann fast ganz aus Weiden, Gärten und Ackerland. Die dort ermittelten Höfe gehörten geistlichen oder weltlichen Besitzern (V 2). Die Bewohner waren steuerpflichtig, besaßen aber nicht das Bürgerrecht. Sie waren unsers Nussischen Burbans Underthanen (Lau, S. 288; P. Stenmans, Der Burgbann. Die Landwirtschaft im alten Neuss, 1996, Karte S. 19)
3. 5 Siegel
1245 1. Großes Stadtsiegel erstmals als Abdruck überliefert (Diederich, Städtesiegel, S. 301)
1460 vereinbaren Rat und Gemeinde der stat groisse segel unter gemeinsamem Verschluss in einer Kiste aufzubewahren (III 6 Vierundzwanziger):
1475 verleiht Kaiser Friedrich III. der Stadt das Recht, mit rotem wachs zu versigeln (III 3).
1590 bestimmt die Polizeiordnung, auf dem Großen Siegel rechts neben das Bild des hl. Quirin unsers erzstifts wapen zu setzen (Lau I 7 Abschn. IX 6). Die Anordnung wird nicht umgesetzt.
1. Großes Stadtsiegel
Bild: In der Mitte eines über 2 mehrgeschossigen Türmen sich erhebenden Architekturrahmens, der mit verschiedenartigen Türmchen besetzt und unten durch eine Mauer mit Türmchen und Zinnen geschlossen ist, steht der hl. Quirin in ritterlicher Rüstung mit einer Fahnenlanze in der Rechten. Mit der Linken stützt er sich auf einen Wappenschild mit einem steigenden Löwen. Der als S(AN)C(TVS)/QVIRINVS bezeichnete Heilige steht auf einem sich windenden Drachen. Auf der rechten und linken Seite des Architekturrahmens befindet sich ein Storch oder Reiher.
Umschrift: + NVSSIA·SANCTE·COLONIENSIS·ECCLESIE·FIDELIS FILIA·
(Rhein. Siegel III Tafel 26 Nr. 1; Anfertigung nach Kölner Vorbild wohl (1200) im Zusammenhang mit der Stadtwerdung; Diederich, Städtesiegel, S. 300-304; III 3)
Gegensiegel zum 1. Großen Stadtsiegel
Bild: Schild mit dem Kölner Stiftskreuz
Umschrift: + ORA·PRO·NOBIS·Sancte·QVIRINE
(Rhein. Siegel III Tafel 26 Nr. 2; 1255 erstmals als Abdruck überliefert, ebd., S. 73)
2. Großes Stadtsiegel
Bild und Umschrift schließen sich eng an das ältere Siegel an. Abweichend hiervon fehlt der Drache, und der Löwenschild ist durch das Kölner Stiftskreuz ersetzt
(ebd. Tafel 26 Nr. 4; Entstehungszeit um 1600, nachdem das 1. Siegel in den Wirren von 1585/86 anscheinend verloren gegangen war, ebd., S. 73)
1. Siegel ad causas
Bild: Stehende Figur des hl. Quirin unter einem Baldachin mit einer Lanze in der Rechten, deren Schaft in dem aufgesperrten Rachen eines Lindwurms steht. Die Linke stützt sich auf einen Löwenschild. Rechts und oberhalb der Figur die Worte SanCtus QVIRINVS und links an den Baldachin anschließend die gezinnte Stadtmauer.
Umschrift: + Sigillum CIVITATIS NVSSIENSIS MINUS AD CAUSAS
(Rhein. Siegel III Tafel 27 Nr. 1 = 1351 Mai 13; ebd., S. 73)
2. Siegel ad causas
Bild und Umschrift schließen sich eng an Nr. 1 an
(Rhein. Siegel III Tafel 27 Nr. 2 = 1423 August 24; ebd., S. 74)
3. Siegel ad causas
Bild und Umschrift schließen sich eng an Nr. 1 an
(Rhein. Siegel III Tafel 27 Nr. 3 = E XVI. Jh.; ebd., S. 74)
Sekretsiegel
Bild: St. Quirin in Ritterrüstung. In der Linken hält er die Fahne mit 9 Kugeln, die Rechte stützt sich auf einen Schild mit dem Kölner Stiftskreuz
Umschrift: SIGILLum CIVITATIS NOVESIENSIS
(Rhein. Siegel III Tafel 27 Nr. 4 = 1657 Juli 7; ebd., S. 74)
1. Schöffensiegel
Bild: Schild mit dem Kölner Stiftskreuz, darüber Brustbild des hl. Petrus
Umschrift: SIGILLum SCHABINOrum IVDICii NOVESIENSis
(Rhein. Siegel III Tafel 27 Nr. 5 = 1632 Mai 27; ebd., S. 74)
2. Schöffensiegel
Bild: wie Schöffensiegel Nr. 1
Umschrift: SIGILLum SCABINALE IVDICii NOVESIENSis AnnO 1647
(Rhein. Siegel III Tafel 27 Nr. 6; Originalstempel im Clemens-Sels-Museum Neuss)
1. Siegel der Mairie Neuss
Siegelfeld: Mairie de Neuss – R. F.
Umschrift: ARRONDISSEMENT DE CREVELD DEPARTEMENT DE LA ROER
(Wisplinghoff II, S. 27 Abb. 5; 1801-04)
2. Siegel der Mairie Neuss
Siegelfeld: MAIRIE DE NEUSS DEPT DE LA ROER
Umschrift: ARRONDISSEMENT DE CREVELD
(ebd. Abb. 6; 1805)
3. Siegel der Mairie Neuss
Siegelfeld: Französischer Kaiseradler mit Krone
Umschrift: MAIRIE DE NEUSS. 3E. ARRONDT. (ROER.)
(ebd. Abb. 7; 1806-13)
Siegel des Bürgermeisteramts Neuss
Siegelfeld: Der preußische Adler mit Zepter und Schwert
Umschrift: KÖN:PREUSS:BÜRGERMEISTERAMT NEUSS
(Engels, S. 193 Abb. 36; ab 1815)
Siegel der Stadt Neuss
Bild: Wie altes Stadtwappen (III 5 Wappen)
Umschrift: SIEGEL DER STADT NEUSS
3. 5 Wappen
1475 hat Kaiser Friedrich III. denselben von Newss diese nachgeschriben wapen und cleinet, mit namen ein swartzgen schilde, darinne einen gulden adler mit tzwain haubten und ausgepraiten flugeln, auszgeslagen zungen und oben auf dem schilde ein gulden keiserliche crone, wie dan die in mitte diss gegenwurtigen … briefs gemalet und mit farben eigentlicher ausgestrichen sind, von newes gnediclich verlihen und gegeben (Lau II 101, nach Kop ca. 1480 ohne das verliehene Adler-Wappen. Dieses ist überliefert im Kopiar III der Stadt Neuss von 1637 <StaN B.01.10 Kopiar III fol. 12-16>; abgebildet bei R. Nagel, Zu Ursprung u. Überlieferung d. Neusser Stadtwappens. In: Neusser Jb 1987, S. 27-29, Abb. 1; hier die These, dass ein städtisches Wappen vor 1475 nicht existiert hat. In Kopiar III ist auch das heute noch gebräuchliche Wappen mit gespaltenem Schild abgebildet, das vermutlich 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts entstanden ist, so H. Horstmann, Das Neusser Stadtwappen. In: Neusser Jb 1958, S. 24-35). Vorne befindet sich ein rot bewehrter und –gezungter goldener Doppeladler, hinten ein durchgehendes silbernes Kreuz. Auf dem Schild eine goldene Kaiserkrone (Nagel, Wappenbuch, S. 89). Als Schildhalter begegnen schon 1637 2 Löwen.
1597 fertigt der Steinmetz Wolter zum Abschluss der Bauarbeiten am Niedertor ein Wappen an (Wisplinghoff I, S. 658)
1821 wird das auf Holz gemalte Stadtwappen am Rathaus angebracht. Das alte in Stein ausgehauene Wappen war unter der französischen Herrschaft entfernt worden (E. Wisplinghoff, Das Neusser Stadtwappen im 19. Jahrhundert. In: Neusser Jb 1993, S. 33f.; Abb. des heute verwendeten Wappens unter www.neuss.de/neuss/stadtportrait)
3. 6 Gemeinde, Bürgermeister und Rat
1255 Januar 31 scabini et cives (III 3)
1255 Mai 23 scabini, consules ac universi cives oppidi Nussiensis (III 6 Städteverträge)
1259 officiati … qui amptman vulgariter appellantur; universitas opidi Nussiensis; magistri civium Nussiensium (III 3)
1293 scabini, … consules … ac ceteri opidani Nussienses (III 6 Städteverträge)
1310 consules, qui amptman vulgariter appellantur (III 3)
1334 scabini et consules Nussienses (Lau II 31)
1335 scheffene, rait ind burgere van Nusse gemeyne (ebd. 35)
1366 nehmen die Geschworenen des Landfriedens zwischen Maas und Rhein die bescheiden lude, burgermeistere, scheffene, raid ind gemeyn burgere der stat van Neuss in ihren Bund auf (ebd. 65)
1381 nehmen burgermestere, scheffene ind rait gemenlichen der stat van Neuss Hermann von Goch zu ihrem Mitbürger (medeburgere) an (ebd. 72)
1441 trifft Erzbischof Dietrich Bestimmungen über die Schenkung von Liegenschaften an Geistliche, um die ihn magistri civium, scabini, consules et communitas opidi … Nussiensis gebeten haben (ebd. 82)
1456 verpflichten sich burgermeistere, scheffene, rait ind gantze gemeynde zur Einhaltung der Bedingungen für die Ableitung der Erft (III 3)
Seit dem späten 16. Jahrhundert urkundete das Stadtregiment meist unter dem Titel burgermeistere, scheffen ind rait der stat Neuss. Die Bürgeraufnahme war Sache der Bürgermeister, vor denen ein Treueid (Wortlaut um 1637, Lau II 216) abzulegen und denen ein Nachweis über die Zahlung des Bürgergeldes vorzulegen war. 1561 betrug es 6 Taler für Fremde und 3 Taler für Einheimische, 1790 20 bzw. 5 Rtl. Ende des 15. Jahrhunderts musste der Bewerber vor der Vereidigung versichern, dass er nicht leibeigen sei, keinen Totschlag verübt habe und sich nicht in ungesühnter Fehde befinde (ebd. 117, 176, 249 § 100). Der Eintritt in eine Zunft setzte in der Regel den Erwerb des Bürgerrechts voraus.
1790 trifft die Polizeiordnung Bestimmungen über den Stadtrath zu Neuss_._ Das Rathspersonale besteht aus fünf kurfürstlichen Scheffen und fünf bürgerlichen Rathsverwandten (Lau II 249)
3. 6 Rat
Der Rat (consules), seit 1255 belegt (Lau II 10), dürfte schon in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts neben das zunächst die Stadt allein im Auftrag des Erzbischofs leitende Schöffenkollegium getreten sein. 1259 bestätigte Erzbischof Konrad von Hochstaden dessen Selbstergänzungsrecht und gestattete die Besetzung frei werdender Ratsherrenstellen durch Wahl der Gemeinde und der Ratsherren (officiales) (III 3). Scabini et consules, später burgermestere, scheffene ind rait (Lau II 72) war die Bezeichnung der obersten Stadtbehörde. Die Zahl der Schöffen und Ratsherren setzte Erzbischof Heinrich II. 1310 auf je 14 fest (III 3), 1677 wurde sie auf je 10 reduziert, 1771 auf je 5 (Lau, S. 48*-50*; StaN B.01.01 Rat 1771-1780, S. 40). Bestätigung und Amtseinführung neu gewählter Schöffen und Ratsmänner erfolgte im Auftrag des Landesherrn durch den Amtmann von Hülchrath (Lau II 19, 24). Die Ämter wurden auf Lebenszeit verliehen. Für ihre ehrenamtliche Tätigkeit stand den Ratsmitgliedern erst seit 1790 ein festes Gehalt zu, vorher hatten sie nur Anspruch auf Präsenzgelder und Aufwandsentschädigungen (Wisplinghoff I, S. 571-574). Zu den städtischen Ämtern (publica officia) sollte nur zugelassen werden, wer in hiesiger Stat oder Bourbahn … begutet und erblich possessionirt war (Lau II 231 § 2). Mit Mitgliedern des Rats wurden die städtischen Beamtenstellen besetzt: die Kirchen- oder Kirchmeister waren zuständig für die Erhaltung kirchlicher Bauten und die Erhaltung des Grundbesitzes der Pfarrei sowie für das Spendhäuschen (IV 6); für die Beaufsichtigung der Armenpflegeeinrichtungen wurden Provisoren eingesetzt (Lau, S. 56*; Laux, S. 106f.). Nach einem Ratsbeschluss von 1346 (Lau II 48) fanden wöchentlich am Freitag durch den Stadtboten angesagte Sitzungen im Rathaus statt. Für unentschuldigtes Fernbleiben waren Strafen vorgesehen. Die Ratsgangstatuten von 1382 und 1383 (ebd. 73, 74) enthielten keine Bestimmungen über Zahl und Zeitpunkt der Sitzungen, zu denen durch die Ältesten der Schöffen und der Ratsherren, in deren Abwesenheit auch durch die Bürger- und Akzisemeister dass Gebot erging. Sie trafen des Weiteren Regelungen für die Beilegung von Konflikten zwischen Ratsmitgliedern. In der Neuzeit fanden 1 oder 2 Ratssitzungen in der Woche statt (ebd., S. 55*). Die Kompetenz des Rats erstreckte sich auf alles, „was nur irgendwie in das Blickfeld der Stadt geriet“ (Wisplinghoff I, S. 571). Da er sich in der Regel aus Familien der Oberschicht rekrutierte, rief seine Amtsführung nicht selten Kritik und Widerstand der gemeinen Bürgerschaft hervor, die schließlich im 15. Jahrhundert Anteil an der Stadtregierung erhielt.
3. 6 Die Vierundzwanziger oder Gemeindsfreunde
Nachdem Erzbischof Dietrich von Moers 1457 eine Beteiligung von 12 Bürgern an der jährlichen Rechnungsablage vorgeschrieben hatte, erließ er 1460 März 23 eine neue Ordnung, die die Wahl von 24 Bürgern aus den Kirchspielen vorsah. Sie sollten künftig die Ratsherren wählen und waren mit gleicher Stimmenzahl wie Schöffen und Ratsmänner an der Wahl der Bürger- und Akzisemeister zu beteiligen (III 3). 1460 Oktober 10 kamen Bürgermeister, Schöffen und Rat mit den Vierundzwanzigern überein, dass die Gemeinde aus jedem Kirchspiel (III 6 Einteilung der Stadt) 4 ihrer Mitglieder wählen sollte. Die Vierundzwanziger sollten mit Schöffen und Rat bei jeder Rechnungslegung sowie bei allen Verpachtungen und Verkäufen von städtischen Gütern zugegen sein. Sie sollten Beschwerden der Gemeinde bei Schöffen und Rat vorbringen. Das große Stadtsiegel (III 5), alle Privilegien und Erbbriefe waren in einer Kiste aufzubewahren, zu der Schöffen, Rat und Vierundzwanziger je 2 Schlüssel haben sollten (Lau II 92). Die Polizeiordnung von 1590 reduzierte die Zahl der dort gemeinsleute genannten Vierundzwanziger auf 16 (Lau I 7 Art. V), 1597 wurde sie wieder auf 24 erhöht (ebd., S. 40*). 1667 werden sie als Gemeindsfreunde, in der Polizeiordnung von 1790, die ihre Zahl auf 8 fixierte, als Gemeinheits-Freunde bezeichnet (ebd. II 231 § 12, 249 § 93). Hiernach mussten jährlich 4 ordentliche Vorsteher-Tage stattfinden. Bei den Wahlen sollten außer den bis dahin vorherrschenden Bierbrauern und Bäckern auch Angehörige anderer Zünfte berücksichtigt werden (ebd. § 94-99), ein Hinweis darauf, dass die Gemeindsfreunde überwiegend „dem vermögenderen Teil der Bürgerschaft angehörten“ (Wisplinghoff I, S. 583), was sie jedoch nicht daran hinderte, immer wieder Kritik an der Politik des Rates zu üben und Konflikte mit ihm auszutragen.
3. 6 Die Bürgermeister
Bürgermeister werden zuerst 1259 erwähnt (III 6 Gemeinde, Bürgermeister und Rat). Seit spätestens 1339 wurde je 1 Bürgermeister aus den Schöffen und den Ratsherren gewählt (Lau II 37, 49). Gleiches gilt für die übrigen Ämter, die mit Mitgliedern des Rats zu besetzen waren (ebd., S. 55*). Wahltag war in der Regel der 25. Januar, seit 1696 der Mittwoch vor Laetare (4. Fastensonntag). Die Bürgermeister vertraten die Stadt nach außen und innen, hatten vielfältige polizeiliche und jurisdiktionelle Befugnisse (Wisplinghoff I, S. 586f.)
3. 6 Die Rentmeister
1339 wird erstmals ein dem Ratsbürgermeister beigegebener Rentmeister (redditarius) erwähnt (Lau II 37). Im 15. Jahrhundert scheint das Amt mit dem der seit 1335 erwähnten Akzisemeister (magistri assissiarum) (ebd. 33) verschmolzen zu sein, die aus Schöffen- und Ratsherrenkollegium zugleich mit den Bürgermeistern gewählt wurden. Seit Anfang des 16. Jahrhunderts werden die Akzisemeister (zijssmeister) als Rentmeister bezeichnet. Sie bezogen ein festes Gehalt (ebd., S. 61*f.)
3. 6 Städtische Bedienstete
1242 Heinricus notarius civium (NrhUB II 273). 1355 verleiht die Stadt magistro Johanni, nostro prothonotario ein Haus an der Rheinpforte (Lau II 53; vgl. auch ebd. III 8); (1480) statschriver (ebd. 117). 1554 wird dem Stadtsekretär oder Stadtschreiber die Führung der Rentkammergeschäfte entzogen und dem Türwärter (s. u.) übertragen (ebd., S. 99f.).
(1330) nuncius civitatis (ebd. II 28), 1346 nuncius opidi (ebd. 48). Das Ratsgangstatut von 1382 spricht von unsen geschworen botten (ebd. II 73 § 10). 1493-1583 beschäftigte die Stadt 2, im 17. Jahrhundert nur noch 1 Boten (ebd., S. 99)
1389 Erwähnung von modiatores (Müdder), die vor allem für das Kornmessen zuständig sind (ebd., S. 116*, 145*; II 140)
1400 Erwähnung eines kraenmeisters (LAV NRW R Kk II 2337 fol. 11). Seit dem 16. Jahrhundert beschäftigte die Stadt außerdem einen Kranenschreiber (Lau, S. 143*).
1400/01 Erwähnung der stat piperen van Neuss (M. Mihm/A. Mihm, Mittelalterliche Stadtrechnungen im historischen Prozess. Die älteste Duisburger Überlieferung (1348-1449), Bd. 1, 2007, S. 306; vgl. auch Wisplinghoff I, S. 240)
1457 verordnet Erzbischof Dietrich von Moers, dass jährlich neue buwemeistere zu wählen seien (Lau II 90). Ihr Eid verpflichtete sie zur Überwachung bestimmter Bauten und technischer Einrichtungen (ebd. 165).
1496 verpflichtet sich Erzbischof Ruprecht, den für die Erhebung des Landzolls zuständigen städtischen Zöllner zu besolden (ebd. II 97, S. 149*; III 2 Zoll)
1475 erstmalige Erwähnung des auf dem Turm von St. Quirin wohnenden _wechter_s (Wierstraet, S. 46f., 52f.; Tücking, Neuss, S. 68, 231). 1493 Erwähnung eines toernbleser (StaN B.01.03, 1493 fol. 52). 1509 werden 2 Turmwächter besoldet (Lau, S. 104*), 1716 Ersetzung durch 2 Nachtwächter (StaN B. 01.01 Rat 1714-1724 fol. 70v-71)
1479 Erwähnung eines Münzmeisters (Lau, S. 146* Anm. 7)
(1480) Erwähnung des burgermeisterknecht (ebd. 117, sein Eid ebd. 158). Seit der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts burgermeisterdiener (ebd. 183), statdiener (ebd. 186). Seit dem 16. Jahrhundert werden meist 3 Diener beschäftigt, die neben Dienstleistungen für die Bürgermeister auch polizeiliche Aufgaben übernehmen (ebd., S. 103f.)
(1520) winrueder (Weinröder) (ebd. II 194 § 9)
1526 Erwähnung eines doerewerter (ebd. 135 § 5), 1541 doirwechter (ebd. 158) = 1579 duerwechter (ebd. 186) = 1790 anderer Stadtschreiber (ebd. 249 § 84). Der alte Titel des Türwärters war seit (1750) verschwunden (ebd., S. 102 Anm. 2)
1539 Eid des den Frachtverkehr regelnden städtischen Bestätters (ebd. II 154). Seit spätestens 1373 erhebt die Stadt ein ihr vom Erzbischof streitig gemachtes Bestadegelt (ebd. 68 § 11, ebd., S. 144*)
1546 Instruktion und Festsetzung des Gehalts der Stadtspielleute (ebd. II 164)
1792/93 besoldet die Stadt folgende Bedienstete: 1 Stadtsekretär, 1 Stadtschreiber, 2 Ärzte, 1 Trivialschulrektor, 1 Schreibmeister, 2 Deutsche Schulmeister, 1 Stadtküster, 1 Bauinspektor, 1 Stadtaccißmeister, 1 Bürgerwachtmeister, 1 Rentkammerdiener, 2 Stadtdiener, 6 Pförtner an den Stadttoren, 1 Kaminfeger, 2 Hebammen, 2 Bürgertambure, 2 Nachtwächter, 1 Armenjäger (StaN B.01.03, 1792/93 fol. 51v-53)
3. 6 Einteilung der Stadt
Die Einteilung der Stadt in 6 Kirchspiele, die als Wahlbezirke der Vierundzwanziger dienen sollten, wird 1460 erstmals erwähnt, dürfte aber älter sein, denn das Stift St. Quirin zählte das Reinportzen Kirspell zum Bannbezirk seiner 1195 zuerst erwähnten Mühle an der Erft (LAV NRW R N St. Quirin Akt 25 fol. 10). Ihre Namen leiteten sich ab von den 5 mittelalterlichen Stadttoren und vom Judensteg (Lau, S. 366f; II 5 Straßen). Im 17. Jahrhundert werden sie als Quartiere bezeichnet. 1698 wird ihre Zahl auf 4 reduziert, nunmehr bezeichnet nach den 4 Hauptstraßen, Ober-, Nieder-, Rhein- und Zollstraße (StaN B.01.01 Rat 1692-1703 fol. 190v; Tücking, Neuss, S. 198 Anm. 608). Die Kirchspiele stellten für den Wachtdienst von Hauptleuten befehligte Aufgebote, die in Rotten unter einem Gefreiten eingeteilt waren. Nach der Wachtordnung von 1608 hatte jedes Kirchspiel oder Quartier 2 Tage und Nächte hintereinander Dienst zu tun. Je eine Rotte bewachte die Stadttore, jeweils halbe Rotten besetzten andere wichtige Punkte, vor allem das Rathaus (Wisplinghoff I, S. 562; Lau II 210).
Die Nachbarschaften, die seit dem späten 15. Jahrhundert nachweisbar sind, nahmen unterschiedliche weltliche und religiöse Aufgaben wahr; im 19. Jahrhundert organisierten sie in der Karnevalszeit die Maskenumzüge. Vor allem aber waren sie zuständig für die Unterhaltung der 1340 erstmals erwähnten Pütze. Sie wählten einen Vorstand, der über Reparaturen befand und für die Einziehung der Gelder von den Hauseigentümern sorgte (J. Huck/A. Caprasse, Wasser f. Neuss v. d. Römerzeit bis z. Gegenwart, 1982, S. 6-12; Engels, S. 346; II 2 Versorgungseinrichtungen)
3. 6 Städteverträge
1255 Schöffen, Ratsherren und die Neusser Bürger (scabini, consules et universi cives oppidi Nussiensis) sind von den Kölner Bürgern in den allgemeinen Landfrieden (Rheinischer Städtebund) aufgenommen worden, den sie 10 Jahre einhalten werden (Lau II 10)
1293 vereinbart die Stadt Neuss vertraglich mit der Stadt Koblenz, dass die Bürger beider Städte nur für eigene Schulden, nicht jedoch für die ihrer Mitbürger haftbar gemacht werden sollen (ebd. 17)
1360 verständigen sich Neuss und die Stadt Roermond über die wechselseitige Begünstigung (geleyde) ihrer Bürger (ebd. 58)
1485 Einigung mit der Stadt Köln unter anderem über die Neuss vom Kaiser am Kölner Zoll verliehenen Privilegien (Beschlüsse d. Rates d. Stadt Köln 1320-1550, Bd. 1, 1990, S. 395f.)
3. 6 Hansezugehörigkeit
1475 September 2 sagt Kaiser Friedrich den Neussern zu, das sij alle und iglich ere, wirde, vorteil, recht und gerechtikeit der Hansz haben, … die andere stette von der Hansz in dem heilgen reich von uns … haben (III 3). Eine Zugehörigkeit der Stadt Neuss zur Hanse kann daraus nicht abgeleitet werden (Kuske, Eigenart, S. 102f.; Huck, Neuss II, S. 300-309)
3. 7 Bruderschaften
vgl. III 7 Zünfte und III 8 Wehrwesen
1302 stiften 9 Priester die Liebfrauenbruderschaft der armen Kleriker an der Marienkapelle, die den ihr angehörenden Geistlichen und Laien ein feierliches Begräbnis gewährleisten soll. 1311 Bestätigung der Statuten durch Erzbischof Heinrich II. (REK IV 601). 1595 überträgt Kurfürst Ernst ihr beträchtliches Vermögen den Jesuiten (Tücking, Einrichtungen, S. 64f., 331-334; Tücking, Gymnasium, S. 20; Wisplinghoff IV, S. 35f.; Gilliam, S. 122; Remmen, Bruderschaften, S. 69-99)
1415 gründen die Neusser (Armbrust-)Schützen eine Sebastianusbruderschaft, die 1420 von Erzbischof Dietrich von Moers bestätigt wird. 1620 vereinigt sie sich mit der vor 1456 ins Leben gerufenen Sebastianusbruderschaft der jungen (Büchsen-)Schützen (StaN A.01 Urk 23; Tücking, Einrichtungen, S. 124, 245, 349-352; Wisplinghoff IV, S. 37f.; J. Lange, Neusser Schützenwesen, Bd. 1, 1991, S. 60-65; Remmen, Bruderschaften, S. 99-124). Die älteste, seit 1496 bezeugte Schießbahn lag entlang der Stadtmauer zwischen Zolltor und Windmühlenturm (Tücking, Neuß, S. 200-204; Lange, Schützenwesen, S. 90-92). Nach zeitweiligem Verbot des Schützenwesens durch die französische Besatzung wird 1801 am Quirinusmünster die marianische Junggesellensodalität gegründet, die 1823 eine Vogelschützen-Gesellschaft, seit 1836 als Neußer Bürger-Schützen-Gesellschaft oder Bürger-Schützen-Verein bezeichnet, ins Leben ruft. Die Sebastianusbruderschaft von 1415 wird 1802/04 als Scheibenschützengesellschaft unter dem Patronat des hl. Jakobus erneuert. Schützenfest am Sonntag nach Bartholomäus (J. Lange, Bürger u. Bürgerssöhne, 175 Jahre Neusser Bürger-Schützen-Verein 1823-1998, 1998, bes. S. 7-101).
1424 erste Erwähnung der vielleicht schon im 14. Jahrhundert gegründeten Liebfrauenbruderschaft an der Obertorkapelle (LAV NRW R N Gnadental Urk 45; Wisplinghoff IV, S. 39-42; IV 4)
1426 besteht an der Nikolauskapelle eine Bruderschaft dieses Namens. Sie wird später an den Nikolausaltar in der Stiftskirche übertragen. Kurfürst Ferdinand löst sie 1616 zugunsten der Jesuiten auf (Tücking, Einrichtungen, S. 123f.; Wisplinghoff IV, S. 46)
1470 wird erstmals die Antoniusbruderschaft an der Marienkapelle erwähnt. Sie wird 1616 zugunsten der Jesuiten aufgelöst (Tücking, Einrichtungen, S. 124; Wisplinghoff IV, S. 46)
1489 erste Erwähnung der wohl nach 1480 gegründeten Annabruderschaft an der Annakapelle in St. Quirin. 1616 löst Kufürst Ferdinand sie zugunsten der Jesuiten auf (Wisplinghoff IV, S. 42-44)
1495 wird die Matthiasbruderschaft an St. Quirin erstmals erwähnt. Im 18. Jahrhundert organisiert sie die Neusser Wallfahrten nach St. Matthias in Trier. 1787 Bestätigung durch Papst Pius VI. (Tücking, Einrichtungen, S. 125, 348f.; Wisplinghoff IV, S. 47; Remmen, Bruderschaften, S. 139f.)
1496 wird die Quirinusbruderschaft erstmals in einem vom Rat erlassenen Almosenbittbrief zum Wiederaufbau des durch Blitzschlag schwer beschädigten Turmes von St. Quirin erwähnt (StaN B.01.05 Schöffenbuch I, S. 386f.). 1563 hebt der Rat sie auf. Ihre Renten verwendet er zur Besoldung des Rektors der Lateinschule und des deutschen Schulmeisters. Außerdem werden genannt die Bruderschaften zum hl. Kreuz, zur hl. Anna, zum hl. Jakob, zum hl. Sebastian, zum hl. Antonius, zum hl. Nikolaus, zum hl. Matthias, zum hl. Joseph und zum hl. Urban (Tücking, Einrichtungen, S. 37, 348; Remmen, Bruderschaften, S. 134-152)
1505 4 Brudermeister und 9 Brüder der St. Eligius- oder St. Loygenbruderschaft, der überwiegend Handwerker metallverarbeitender Gewerbe angehören, verlegen den Sitz der Bruderschaft aus der Nikolauskapelle an den Bartholomäusaltar der Minoritenkirche (Lau, S. 73*; Wisplinghoff IV, S. 44)
1502-07 werden in Testamenten eine Annabruderschaft, eine Katharinenbruderschaft sowie eine Severusbruderschaft an der Minoritenkirche erwähnt (Tücking, Einrichtungen, S. 214; Wisplinghoff IV, S. 44-46, 212)
1617 gründen die Jesuiten, denen die Kurfürsten die Renten verschiedener Bruderschaften übertragen hatten, die Muttergottessodalität der Schüler (Litterae Annuae, S. 21). 1618 folgen eine Sodalität für Geistliche und Bürger sowie für ledige Frauen, 1623 für verheiratete Frauen, 1686 die Sodalität des Todeskampfes Christi (ebd., S. 24, 42, 51, 98, 203). Nach der Aufhebung des Jesuitenordens gehen diese Bruderschaften wohl ein; nur die Todesangstbruderschaft wird zunächst von einem Geistlichen an der Jesuitenkirche weitergeführt, 1783 nach deren Abriss an die Franziskanerkirche verlegt. 1802 geht sie ein (Tücking, Einrichtungen, S. 124f.; Wisplinghoff IV, S 305f.)
1624 gründen die Franziskanerobervanten die Bruderschaft vom Gürtel des hl. Franz, 1654 folgt die Bruderschaft der Unbefleckten Empfängnis Mariens (Wisplinghoff IV, S. 285, 289)
Die Aufhebung des Jesuitenordens und die Auflösung der mit den Bruderschaften zum Teil eng verbundenen Zünfte überlebten im 19. Jahrhundert nur die - heute nicht mehr bestehende - Matthiasbruderschaft als kirchlicher Verein zur Pflege der Wallfahrt nach Trier sowie die Sebastianus- bzw. seit 1802/04 die Jakobusbruderschaft als Schützengesellschaften.
3. 7 Zünfte
1339 scabini et consules Nussienses haben cum universitate de officio braxatorum (Braueramt) Nussiensium den Bierpreis festgesetzt (LAV NRW R Kk II 2270 Ratsmemorialbuch fol. 5; Lau II 38). 1595 und 1649 erneuern Bürgermeister, Schöffen und Rat den (verlorenen) Amtsbrief der Brauer (ebd. 191, 226; vgl. Tücking, Neuss, S. 248f.)
(1339/41) Der Rat beschließt de consensu communis officii textorum (Wollenamt), die Herstellung unvorschriftsmäßigen oder verbotenen Tuches mit Strafe zu belegen (LAV NRW R Kk II 2270 Ratsmemorialbuch fol. 6 undatiert, zwischen Einträgen von 1339 und 1341; Lau II 40; vgl. Bömmels, S. 91f.). Der erste erhaltene Amtsbrief für das Wollenamt stammt von 1498 (Lau II 124), 1620 erneuert (ebd. 205).
1351 beschließt der Rat, dass die pistores Nussienses (Neusser Bäcker) die Malterwecken nicht teurer als erlaubt verkaufen dürfen. Ein Amt wird nicht ausdrücklich genannt, seine Existenz ist aber wahrscheinlich (ebd., S. 79*; II 52). 1545 wird 13 Bäckern vom Rat die Ausübung ihres Gewerbes untersagt. Die Bäcker lösen daraufhin ihr Amt auf. 1579 erhalten sie vom Rat einen neuen Amtsbrief, 1592 und 1626 erneuert (ebd., S. 79*f.; II 186; Tücking, Neuss, S. 247f.)
1424 Erzbischof Dietrich von Moers und Bürgermeister Eberhard König verleihen den Schneidern nach twist ind irringen under dem schroederamte (Schneideramt) in Neuss einen Amtsbrief, erneuert 1575 (Lau II 78, 183)
1440 Amtsbrief des Rats für die Weinschröder, der ihre Zahl auf 12 festsetzt (ebd., S. 92*; II 81)
1461 Amtsbrief des Rats für die Leinenweber (ebd. 93), erneuert 1549, 1594, 1627, 1716, 1792 (ebd. 167, 189, 208, 241, 250)
1487 Amtsbrief des Rats für die zu einer Zunft vereinigten steinmetzer, zimmerlude, leiendecker [Dachdecker] und segensnider [Sägenschneider] (ebd. 118). 1489 erhalten die Pflugmacher und Rademacher die Erlaubnis, sich dem Amt anzuschließen (ebd. 119); 1579 wird der Amtsbrief erneuert für die vier grossen amter, als meurer, zimmerleut, leidecker und radermecher (ebd. 184)
1493 erste Erwähnung der Ämter der Schumacher und Löher, der Fleischer, der Krämer, der Pelzer sowie der Kuchenbäcker, deren Amt wohl im 17. Jahrhundert eingegangen ist (ebd., S. 72*, 80*f.)
1495 gibt der Rat den zu einem Amt zusammengeschlossenen Sackträgern eine Ordnung, erneuert 1562 und 1594 (ebd. II 122, 177)
1496 verleiht der Rat den Tuchscherern einen Amtsbrief, 1603 erneuert. Im 17. Jahrhundert scheint das Amt eingegangen zu sein (ebd., S. 76*; II 123, 197)
1502 wird die Bruderschaft St. Crispini et Crispiniani erwähnt, die wohl mit dem in der Stadtrechnung von 1493 genannten Amt der Schuhmacher und Löher gleichzusetzen ist. 1626 erhalten diese einen neuen Amtsbrief, nach dem die Amtsgenossen am St. Crispinustag der Messe beizuwohnen haben (ebd., S. 72*, 84*; II 206; Wisplinghoff IV, S. 32)
1506 erhalten die Fassbinder vom Rat einen Amtsbrief. Nach dem 1554 verliehenen Amtsbrief gehören dem Amt auch die Weinzapfer an (Lau II 127, 170)
1509 erhält das schon 1493 bezeugte Krämeramt einen Amtsbrief, erneuert 1595 (ebd., S. 72*; II 128, 190)
1509 Amtsbrief der snitzeler (Schreiner), erneuert 1597 und 1732 (ebd. 129, 193, 245)
(1520) erteilt der Rat dem Weinamt mit dessen Zustimmung eine Ordnung (ebd. 134)
1531 sind die Goldschmiede, Glaser, Maler und Kannegießer in einem Amt vereinigt. Nach dem Amtsbrief von (1568) (ebd. 178) bilden nur noch die Goldschmiede und Kannegießer eine Zunft. Sie scheint im 17. Jahrhundert eingegangen zu sein (ebd., S. 74f.; Tücking, Neuss, S. 267f.)
1554 Erwähnung des Fischamts, 1590 seiner Amtsmeister (Lau, S. 91)
1550 erste Erwähnung des Barbieramts. 1673 erhalten die Wundärzte einen Amtsbrief (ebd., S. 86*; II 233)
1568 Amtsbrief für das Fleischeramt, erneuert 1598. Die bereits in der Stadtrechnung von 1493 genannte Zunft scheint in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts aufgelöst worden zu sein (ebd., S. 72*, 79*; II 179, 195)
1570 Amtsbrief für die Glaser, Maler, Bildschneider und Wappensticker (ebd. 181)
1570 Amtsbrief für die Hutmacher, die sich schon 1561 vergeblich um die Einrichtung eines Amtes bemüht hatten. Die Zunft geht in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts ein (ebd., S. 85*; II 182)
1582 Amtsbrief für die Gewandschneider, die etliche jair zoruckher sonder amtzbreif und ordnung gewesen (ebd. II 187)
1584 erhalten die Posamentierer einen (nicht erhaltenen) Amtsbrief, gegen den die Krämer Einwände erheben. Die Zunft scheint Anfang des 17. Jahrhunderts erloschen zu sein (ebd., S. 77*)
1592 erhalten die Schmiede einen neuen Amtsbrief. Dem Amt sind inkorporiert die Schlosser, Hufschmiede, Büchsenschmiede, Waffen- und Beilschmiede, Nagelschmiede, Kesselschläger, Messerschmiede, Bohrmacher, Spornmacher, Windenmacher und Schwertfeger (ebd. II 188)
1592 werden Amtsmeister der Fettmenger eingesetzt (ebd., S. 90f.)
1595 klagen die Seiler, ihr Amt drohe durch auswärtige Konkurrenten vernichtiget zu werden. Wie lange das Amt bestand, ist nicht bekannt (ebd., S. 93)
1597 erneuern die Ämter der Schnitzler und Zimmerleute einen Vergleich über die Abgrenzung ihrer Arbeitsbereiche (ebd. II 194)
1602 Neuer Amtsbrief für die Kürschner, Buntwirker und Weißgerber. Die Zunft der Pelzer, die zuerst in der Stadtrechnung von 1493 erwähnt wird, geht im 17. Jahrhundert ein (ebd., S. 72*, 85*f.; II 196)
1766 Amtsbrief für die von den Schuhmachern abgesonderten Rotgerber (Tücking, Neuss, S. 256)
1785 werden in der Stadtrechnung noch 14 Zünfte, die Ämter der Leinenweber, Wollweber, Schreiner, Krämer, Brauer, Fassbinder, Schmiede, Rotgeber, Maurer mit den Zimmerleuten, Leiendeckern und Radermachern, Bäcker, Barbiere, Schuster, Schneider und Glaser genannt (StaN B.01.03, 1785; Lau, S. 94*)
1798 Regierungskommissar Rudler ordnet am 26. März die Aufhebung der Zünfte in den 4 rheinischen Departements an (Hansen IV, S. 635f.)
3. 7 Wirtschaftsorganisationen seit dem 19. Jahrhundert
Handelskammern
1860 beantragen Kaufleute die Einrichtung einer Handelskammer. Sie wird am 18. März 1861 genehmigt und geht 1930 in der Industrie- und Handelskammer Gladbach-Rheydt-Neuss auf, 1942 aufgelöst.
1945 Neugründung der Industrie- und Handelskammer Neuss
1977 Zusammenschluss der Kammern von Krefeld, Mönchengladbach und Neuss zur Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein (N. Bömmels, 90 Jahre Industrie- u. Handelskammer zu Neuß, 1951; 200 Jahre IHK Mittlerer Niederrhein, 2004)
Innungen
1884 gründen 23 Fleischermeister die erste freie Innung in Neuss. 1912 errichten die Stellmacher eine Zwangsinnung.
1925 gibt es 11 Zwangs- und 7 freie sowie 4 gemischte Innungen für Stadt und Land. Gegenwärtig gehören der Kreishandwerkerschaft Kreis Neuss 18 Innungen an (J. Lange, 75 Jahre freie Fleischer-Innung Neuss/Rhein. 1884-1959, 1959; VB 1913-1924, S. 48f.; www.kreishandwerkerschaft-neuss.de)
Gewerkschaften
1890 wird ein Fachverein der Feilenhauer und verwandter Berufsgenossen gegründet. 1891 wird er Verwaltungsstelle des Deutschen Metallarbeiterverbandes (R. Kiefer, Sozialdemokratische Arbeiterbewegung in d. Stadt Neuss vom Sozialistengesetz bis zum Ersten Weltkrieg, 1982, S. 50f.)
1900 Gründung eines katholischen Arbeitervereins
Bis 1914 entstehen in Neuss christliche Gewerkschaften bzw. Arbeitervereine mit etwa 1.700, freie Gewerkschaften mit etwa 438 Mitgliedern sowie
3. 8 Wehrwesen (Schützen)
Zu den Schützenbruderschaften vgl. III 7 Bruderschaften
1205 setzt Neuss Bogenschützen gegen das Heer König Philipps von Schwaben ein (Chronica Regia Coloniensis, ed. G. Waitz, 1880, S. 178)
1217/19 nehmen Neusser Kämpfer am Kreuzzug teil (ebd., S. 342, 345)
1363 wird erstmals die Verpflichtung der Bürger erwähnt, einen Harnisch zu besitzen (Lau, S. 96*; II 59 § 3). 1415 stehen bei der Huldigung für Erzbischof Dietrich von Moers auf der einen Seite der Oberstraße die Bürger in ieren harneschen, auf der anderen de schutzen (ebd., S. 113). Zunftbriefe des 16. und frühen 17. Jahrhundert erwähnen die Verpflichtung neuer Meister, eine Hellebarde oder Muskete zu stellen (ebd. Register s. u. Hellebarden, Musketen). Für die Beschaffung von Kanonen und Schießpulver ist die Stadt zuständig (Wisplinghoff I, S. 563; J. Lange, Neusser Schützenwesen, Bd. 1, 1991, S. 143-148)
(1370) Entwurf eines Bündnisvertrages mit der Stadt Köln, der Neuss zur Stellung von 100 Mann und 25 Schützen verpflichtet (ebd., S. 33-35; Lau, S. 98*)
1373 bekräftigt der Schiedsspruch Erzbischof Kunos von Trier und des Kölner Domkapitels die Verpflichtung der Stadt, dem Erzbischof Heeresfolge zu leisten (Lau, S. 23f.; III 3)
1419 sagt Neuss der Stadt Köln als einer Gegnerin des Erzbischof die Fehde an (Lau, S. 96 mit Anm. 1)
1759 muss Neuss 4 Mann für das kurkölnische Kontingent der Reichsarmee ausrüsten (Tücking, Neuss, S. 205)
3. 9 Stellung im Territorium
Das römische Neuss gehörte zur civitas Agrippinensium. Dem Gau Nievenheim an der unteren Erft scheint Neuss nicht angehört zu haben (Tücking, Neuss, S. 11; Th. Bauer, Die mittelalterlichen Gaue <Geschichtl. Atlas d. Rheinlande, Beiheft IV/9>, 2000, S. 41). Die 877 von König Ludwig III. dem Kloster Werden gewährte Zollbefreiung in Neuss (I 3; III 2 Zoll) deutet auf die Existenz von Reichsgut in diesem Raum hin. Bis 1021 gelangte dieses an die dort wohl schon begüterten Erzbischof von Köln und gehörte damit zum rheinischen Dukat der seit Erzbischof Philipp von Heinsberg so bezeichneten terra Coloniensis (O. Engels in: Hohes Mittelalter, 1983 <Rheinische Geschichte I 3>, S. 226; W. Janssen, Eine Vereinbarung über d. Bischofswahl zwischen d. Kölner Domkapitel u. d. Landständen aus d. Zeit d. Erzbischofs Dietrich v. Moers. In: Studien z. 15. Jahrhundert. FS f. E. Meuthen, Bd. 2, 1994, S. 996; vgl. auch REK II 502, 1286). Da die Erzbischöfe ihre Landeshoheit in Neuss nicht voll durchsetzen konnten, wurde die Stadt nicht Sitz eines Amtmannes. Auch die Eingriffe des Hülchrather Amtmannes, der im 14. und 15. Jahrhundert zeitweise zugleich Neusser Schultheiß war, blieben begrenzt (H. Aubin, Die Weistümer d. Kurfürstentums Köln I: Amt Hülchrath, 1913, S. 9 Anm. 1, 331 f.; W. Janssen, Zur Verwaltung d. Kölner Erzstifts unter Erzbischof Walram v. Jülich <1332-1349>. In: Aus Kölnischer u. rheinischer Geschichte. Festgabe Arnold Güttsches, 1969, S. 33f.; ders., Stadt u. Stadtherr am Niederrhein im späteren Mittelalter. In: RhVjbl 42, 1978, S. 199f.; Lau, S. 9*, 23*, 42*)
1242 bürgt Neuss neben anderen Städten für die Einhaltung der Friedensvereinbarungen zwischen Erzbischof Konrad und dem Grafen von Jülich (REK III 1056)
1263 Mitbesiegelung des Friedensschlusses zwischen Erzbischof Engelbert II. und der Stadt Köln durch die Stadt Neuss (ebd. 2276; vgl. auch UB Köln II 462; NrhUB II 550)
1302 werden die Bürger von Bonn, Rheinberg, Neuss und Andernach verpflichtet, die Einhaltung der Zollbestimmungen im Friedensschluss zwischen Erzbischof Wikbold und König Albrecht I. zu überwachen. Aufhebung dieser Bestimmungen 1308 (REK III 3876; IV 380)
1329 Mitbesiegelung des Friedensvertrages zwischen Erzbischof Heinrich II. und der Stadt Köln durch die Städte Andernach, Bonn und Neuss (REK IV 1838)
1344 Siegelankündigung van gebode uns herren van Colne der Städte Andernach, Bonn, Neuss und Rheinberg für den Schuldenregelungsvertrag zwischen Erzbischof Walram und dem Domkapitel (REK V 1168; vgl. auch ebd. 1172)
1345 Siegelbürgschaft der Städte Andernach, Ahrweiler, Bonn, Neuss, Kempen und Rheinberg für die Verpfändung des Rheinberger Zolls an das Domkapitel (ebd. 1213)
1351 Mitbesiegelung des von Erzbischof Wilhelm, Herzog Johann III. von Brabant, dessen Sohn sowie den Städten Köln und Aachen für das Gebiet zwischen Maas und Rhein vereinbarten Landfriedens durch die darum gebetenen Städte Andernach, Bonn, Neuss und Rheinberg (REK VI 166)
1362 bekunden Graf Gerhard von Virneburg und sein Bruder Adolf, dass die Städte Andernach, Bonn und Neuss versprochen haben, auf die Seite ihres Bruders Johann zu treten, wenn dieser von der Mehrheit des Domkapitels zum Erzbischof gewählt wird (REK VII 3)
1362/63 landständische Einung der Städte Andernach, Bonn, Neuss, Ahrweiler und Linz zur gegenseitigen Hilfe (ebd. 340)
1365 tritt Erzbischof Engelbert III. der niederrheinischen Landfriedenseinung von 1364 bei. Siegelankündigung der Städte Bonn, Neuss, Ahrweiler, Rheinbach, Rheinberg, Kempen, Uerdingen, Brühl und Lechenich (ebd. 317)
1366 verpflichtet sich die Stadt Neuss, den Landfrieden zwischen Maas und Rhein einzuhalten (Lau II 65; REK VII 480)
1369 Siegelankündigung der Städte Bonn und Neuss für eine Abmachung über den Verkauf der Grafschaft Arnsberg an das Erzstift Köln (REK VII 927)
1392 beschwören die Städte Rheinberg, Uerdingen, Linn, Kempen, Neuss, Zons, Brühl, Lechenich, Zülpich, Bonn, Ahrweiler, Rheinbach, Linz und Andernach das Bündnis Erzbischof Friedrichs mit Graf Adolf von Kleve (REK X 181)
1411 kündigt Neuss Mitbesiegelung des Friedens zwischen Erzbischof Friedrich und Herzog Adolf von Berg an (REK XII 370)
1423 garantieren zahlreiche Städte, unter ihnen Neuss, einen verbunt zwischen Kurköln und Jülich-Berg (LAV NRW R Kk Urk 1645)
1424 besiegeln Neuss und Bonn eine Schuldverpflichtung Erzbischof Dietrichs von Moers (G. Rotthoff <Bearb.>, Urkundenbuch d. Stadt u. d. Amtes Uerdingen, 1968, Nr. 384)
1444 bürgen Bonn, Andernach, Neuss, Linz, Ahrweiler und Rheinbach für eine für Erzbischof Dietrich von der Stadt Köln verkaufte Jahresrente (Quellen z. Geschichte d. Stadt Ahrweiler 856-1812, Bd. 1, 1998, 655, 733)
1450 Mitbesiegelung des Bündnisses zwischen Erzbischof Dietrich, Herzog Gerhard von Jülich-Berg und Gerhard Graf von Loen durch die kurkölnischen Städte Andernach, Bonn, Neuss, Linz, Ahrweiler, Rheinberg, Kempen, Rheinbach, Zülpich Lechenich, Brühl und Uerdingen (J. Hansen, Westfalen u. Rheinland im 15. Jahrhundert, Bd. 2, 1890, Nr. 30)
1463 März 16 einigen sich das Domkapitel und 13 kurkölnische Städte, darunter an 3. Stelle Neuss, darauf, dass jeder neu zu wählende Erzbischof bestimmte, im einzelnen aufgeführte Punkte, die eine Art kurkölnisches Landgrundgesetz darstellen, beschwören soll. Am 26. März 1463 treten Edelmannen und Ritterschaft dieser Vereinigung bei (Erblandesvereinigung) (G. Rotthoff <Bearb.>, Urkundenbuch d. Stadt u. d. Amtes Uerdingen, 1968, Nr. 452; NrhUB IV 325; G. Droege, Verfassung u. Wirtschaft in Kurköln unter Dietrich v. Moers 1414-1463, 1957, S. 100-108; W. Janssen, Eine landständische Einung kurkölnischer Städte aus d. Jahren 1362/63. In: Die Stadt in d. europäischen Geschichte. FS Edith Ennen, 1972, S. 400f.)
Im Städtekollegium der landständischen Vertretung des rheinischen Erzstifts, zu der sich capitell, edelmanne, ritterschaft und stede 1463 vereinigten, führte Neuss das Direktorium für das Niederstift. Es entsandte 3 Deputierte zu den Landtagen (F. Walter, Das Erzstift u. d. Reichsstadt Cöln, 1886, S. 73f.; K. Essers, Zur Geschichte d. kurkölnischen Landtage im Zeitalter d. französischen Revolution <1790-1797>, 1909, S. 13f.; K. Ruppert, Die Landstände d. Erzstifts Köln in d. frühen Neuzeit. In: AHVN 174, 1972, S. 65)
Nach den für das 16. Jahrhundert erhaltenen Steueranschlägen zahlte Neuss unter den kurkölnischen Städten die höchsten Steuern. Nach 1586 sank seine Steuerleistung erheblich ab. Es rangierte nun meist hinter Bonn (vgl. zum Jahre 1670 LAV NRW R Kk II 1135 fol. 113, 151; Wiplinghoff I, S. 177-182)
1467 bittet der gewählte Erzbischof Ruprecht unter anderem die Stadt Neuss zur Mitbesiegelung seines Bündnisses mit Herzog Adolf von Geldern (NrhUB IV 334)
1470 geloben die Städte Andernach, Linz, Bonn, Ahrweiler, Neuss, Kempen, Linn und Uerdingen, nichts gegen die Verpfändung von Rheinberg durch den Erzbischof zu unternehmen (Quellen z. Geschichte d. Stadt Ahrweiler, 856-1812, Bd. 1, 1998, S. 218, Nr. 749)
1473 beschließen capittell, edelmanne, ritterschafft, stede, __[darunter Neuss], ind gemeyne lantschaft dem vom Domkapitel gewählten Stiftsverweser Landgraf Hermann von Hessen gehorsam zu sein (NrhUB IV 363). Im gleichen Jahr schließen Hermann von Hessen, das Domkapitel, die Ritterschaft sowie stede und lantschafft des stiffts Colne ein hundertjähriges Bündnis mit der Stadt Köln (ebd. 366)
1508 Edelherren, Ritterschaft und Städte des Erzstifts Köln erklären, keine neuen Steuern wie Schatz oder Bede bewilligen zu wollen (ebd. 496)
1794 Kanton Neuss im aus Kurköln und Stadt Köln gebildeten Bezirk (Arrondissement) (Hansen III, S. 325f.)
1798 Hauptort des Kanton Neuss im Arrondissement Krefeld des Roerdepartement (ebd. IV 694)
1800 Mairie im Arrondissement Krefeld (I 7)
1814 Bürgermeisterei im Generalgouvernement Nieder- und Mittelrhein
1816 Bürgermeisterei im Kreis Neuss (Bär, Behördenverfassung, S. 251f.), Reg.-Bez. Düsseldorf
1913 Stadtkreis Neuss (ebd.)
1975 Kreis Neuss, seit 2003 Rhein-Kreis Neuss
Zur kommunalen Neugliederung vgl. I 7
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Müller, Klaus, Rheinischer Städteatlas Neuss. Teil 3: Herrschaft und Gemeinde, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/rheinischer-staedteatlas-neuss.-teil-3-herrschaft-und-gemeinde/DE-2086/lido/5c890984db88c6.22686811 (abgerufen am 10.12.2024)